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Full text of "Allgemeines Handbuch der Freimaurerei"

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John  Burtis  Saxe  '23 


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Allgemeines 

Handbuch  der  Freimaurerei. 


Erster  Band 


I 


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Allgemeines 


Handbuch  der  Freimaurerei. 


Dritte, 

völlig  umgearbeitete  und  mit  den  neuen  wissenschaftlichen 
Forschungen  in  Einklang  gebrachte  Auflage 


Lennlngs 
Encyklopädie  der  Freimaurerei. 


Herausgegeben  vom  Verein  deutscher  Freimaurer. 


Erster  Band. 

A-li. 


Leipzig. 

Max  Hesse's  Verlag. 

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Die  letzten  Jahrzehnte  des  19.  Jahrhunderts  haben  die  Aufmerksamkeit 
in  hervorragender  Weise  auf  die  Freimaurerei  gelenkt.  Nicht  nur,  dass  die 
Angriffe  auf  sie,  namentlich  von  kirchlich-orthodoxer  Seite  und  von  dem  ultra- 
montanen Klerus  in  geradezu  unglaublicher  Verkennung  des  eignen  Interesses 
besonders  scharf  hervorgetreten  sind,  haben  auch  die  ethischen  Bestrebungen  der 
Neuzeit  und  die  Forschungen  auf  dem  Gebiet  der  Reformationsgeschichte  wesent- 
lich auf  die  Freimaurerei  hingewiesen.  Die  allgemeine  Bildung  steht  dabei  nicht 
in  letzter  Linie.  Sie  und  die  Freimaurerei  haben  einen  innigen  Zusammenhang. 
Von  aller  äussern  Thätigkeit  hinweg  übt  die  Freimaurerei  in  ihren  stillen,  ab- 
geschlossnen  Kreisen  die  edle  Menschlichkeit,  die  über  die  Trennschaften  und 
Zufälligkeiten  der  bürgerlichen  Gesellschaft  das  Wohl  der  gesamten  Menschheit 
als  eines  ungeteilten  Ganzen  im  Auge  hat  und  überallhin  durch  Bildung  und 
Aufklärung  versöhnend  wirken  will.  Der  lange  Bestand  und  die  grosse  Ver- 
breitung des  Freimaurerbundes  haben  nicht  wenig  dazu  beigetragen,  jene  Auf- 
merksamkeit zu  steigern.  Die  auch  hier  im  18.  Jahrhundert  vorgekommnen 
Verirrungen  und  die  bedauerliche  Verquickung  freimaurerischer  Formen  mit 
fremden  Verbindungen  dienen  noch  heute  vielfach  als  Unterlage  mannigfacher 
Anfeindungen,  wozu  leider  auch  einige  ausländische  Freimaurerlogen  durch 
bedauerliche  Abweichungen  von  den  ursprünglichen  Grundsätzen  der  Neutralität 
in  politischer  und  kirchlicher  Hinsicht  das  Ihre  beitragen.  Die  deutsche  Frei- 
maurerei hat  sich,  abgesehen  von  einigen  noch  erhalten  gebliebenen,  nicht  all- 
gemein mehr  gebilligten  Formen,  in  theoretischer  und  ritueller  Hinsicht  zu  ihrem 
Yorteil  herausgebildet  zu  einer  idealeren  Richtung,  wie  sie  von  Anfang  an  in 
Übung  war,  und  auf  die  Höhe  der  Zeit  geschwungen,  die  reinigend  und  läuternd 
auf  sie  eingewirkt  hat,  so  dass  sie  als  Ganzes  eine  beachtenswerte  Stellung  in 
der  Kulturentwicklung  der  Gegenwart  einnimmt. 

Es  ist  deshalb  von  hohem  Interesse,  an  der  Wende  des  19.  Jahrhunderts 
über  Entstehung  und  Fortbildung,  Wesen  und  Aufgabe,  Einrichtung  und  Stand 
der  Freimaurerei,  namentlich  in  Deutschland,  genaue  und  sachgemässe  Kenntnis 
aus  glaubwürdiger  Quelle  zu  erhalten,  und  zwar  um  so  mehr,  als  gerade  die 
Neuzeit  bemüht  ist,  aus  unlautern  Quellen  durchaus  irrige  und  falsche  Nach- 
richten zu  verbreiten,  die  geeignet  sind  und  dazu  dienen  sollen,  die  Frei- 
maurerei und  ihre  Anhänger  zu  verdächtigen  und  den  Bestand  des  Bundes  zu 
erschüttern. 

Das  vorliegende  ^ Allgemeine  Handbuch  der  Freimaurerei*  soll  jenen  Zweck 
verfolgen  und  diese  Bemühungen  aus  dem  Felde  schlagen.  Es  will  mit  voller 
Offenheit  die  geschichtliche  Entwicklung  der  Freimaurerei  darlegen  und  selbst 
deren  Verirrungen  nicht  verschweigen,  denen  jedes  Menschen  werk  mehr  oder 
weniger  ausgesetzt  ist.  Zugleich  wird  sich  aus  der  Behandlung  der  innem  Ge- 
staltung des  Bundes  und  seiner  Einrichtungen  klar  ergeben,  dass  dieser  kein 
geheimer  Bund  ist,  als  den  man  ihn  vielfach  noch  heute  hinzustellen  sucht,  und 
seine  idealen  Ziele  und  ethisch  -  religiösen ,  wahrhaft  erzieherischen  Gebräuche 
werden  ins  rechte  Licht  treten  und  darthun,  dass  der  Freimaurerbund  weder 
dem  Staat,  noch  der  Kirche  feindlich  gegenübertritt  und  noch  gegenwärtig  eine 
Einrichtung  bildet,  die,  wie  Fichte  einst  sagte,  ebenso  nützlich,  als  wünschens- 
wert für  die  Menschheit  im  allgemeinen  ist. 

Das  Handbuch  ist  für  das  Verständnis  der  nichtmaurerischen,  wie  der 
maurerischen  Welt  berechnet.  Deshalb  gilt  es  zunächst  der  Darstellung  der 
Freimaurerei  von  dem  Standpunkt  aus,  auf  dem  gegenwärtig  die  Kulturwissen- 
schaft steht^  somit  der  wissenschaftlichen  Behandlung  als  eines  Teils  der  letztern. 


VI 

Dadurch  kommt  dem  Werke  ein  eigentümlicher  Zug  zu  statten,  vielleicht  einer 
der  edelsten,  des  Geistes  unsrer  Zeit  überhaupt:  die  Würdigung  des  Welt- 
bürgertums, dessen  Bedeutung  immer  deutlicher,  wenn  auch  zunächst  und  in 
erster  Linie  von  praktischer  Seite,  hervortritt.  Es  ist  für  die  Allgemeinheit 
Teilnahme  erweckend  und  wissenswert,  zu  erfahren,  wie  die  Gesellschaft  der 
Freimaurer  entstanden  und  fortgebildet  worden,  wie  weit  sie  verbreitet,  wie  sie 
thätig,  wie  sie  geordnet  und  gegliedert  ist.  Ein  Gesamtbild  von  dem  Wesen 
und  der  Geschichte,  der  Verfassung,  den  Zuständen  und  der  Wirksamkeit  der 
Freimaurerei  in  allen  Ländern  der  Erde  ist  für  den  Mann  der  Wissenschaft, 
wie  für  jeden  Gebildeten  ebenso  belehrend,  wie  anziehend  und  erhebend,  min- 
destens aufklärend. 

Der  Freimaurer  wird  eine  reiche  Fundgrube  der  Belehrung  finden,  wie  sie 
ihm  sonst  kaum  anderswo  geboten  werden  kann.  Der  weite,  so  grossartig 
und  weltumfassend  gestaltete  Bund  hat  eine  solche  Fülle  des  lehrreichsten 
Stoffs  nicht  bloss  nach  der  Seite  seiner  geschichtlichen  Entfaltung  in  den 
verschiedensten  Staaten  und  Zeiten,  sondern  auch  nach  seiner  gegenwärtigen, 
unendlich  gegliederten  und  ausgebreiteten  Erscheinung  und  nach  den  Summen 
von  tiefen  und  mächtigen  Gedanken  aufzuweisen,  die  er  in  seinen  Lehren 
und  Symbolen  birgt,  dass  hiervon  nur  der  kleinste  Teil  auf  jenen  Wegen 
(durch  die  innerhalb  des  Bundes  selbst  vorhandnen  Mittel)  mitgeteilt  werden 
.  kann.  Diese  in  der  Lage  der  Sache  selbst  begründete  Lücke  auszufüllen,  ist 
das  Handbuch  bestimmt.  Es  soll  gründliche  Belehrung,  deutliche  Nachweisung, 
anregende  Erhebung  jedem  Maurer  gewähren,  der  über  die  eine  oder  die  andre 
Seite  des  so  überaus  mannigfaltigen  Bundes -Ganzen  sich  näher  unterrichten 
will,  —  es  soll  aber  im  einzelnen  auf  das  Ganze  wirken,  und  das  thut  es,  indem 
es  dazu  führt,  den  einzelnen  Bundesgliedem  von  der  Stellung,  der  Entwicklung, 
den  Mitteln  und  den  Zwecken  des  Freimaurerbundes  klare  Einsicht  zu  gewähren. 
Diese  Einsicht  aber  muss  allgemein  verbreitet  werden  unter  den  Maurern,  wenn 
der  Freimaurerbund  seine  wahre  geistige  Geltung  und  Wirksamkeit  erhalten  und 
immer  erweitern  soll. 

Im  allgemeinen  ist  bei  der  Bearbeitung  des  Handbuchs  der  Standpunkt  der 
verbesserten  Freimaurerei,  wie  sie  in  Deutschland  bei  weitem  vorherrschend  auf- 
gefasst  und  verfolgt  wird,  zu  Grunde  gelegt,  jedoch  sind  ohne  Eingenommenheit 
sachlich  alle  Verhältnisse  geschildert,  und  selbst  wesentlichen  Meinungsverschieden- 
heiten ist  genügend  Kechnung  getragen  worden.  Die  fortgeschrittnen  neuern 
Forschungen  sind  berücksichtigt,  auch  wenn  sie  manchen  bisherigen  Anschauungen 
entgegentreten,  was  namentlich  von  einzelnen  englischen  Zuständen  gilt. 

Das  Handbuch  erscheint  als  dritte  völlig  umgearbeitete  Auflage  von 
Lemiings  „Encyklopädie  der  Freimaurerei*  und  als  neue  Auflage  des  »All- 
gemeinen Handbuchs  der  Freimaurerei*.  Da  seit  des  letztern  Erscheinen  30 
Jahre  verflossen  sind,  hat  sich  mancherlei  verändert,  die  geschichtliche  Forschung 
ist  weiter  vorgeschritten,  und  vieles  zeigt  gegenwärtig  ein  andres  Gepräge. 
Dadurch  allein  ist,  abgesehen  davon,  dass  die  letzte  Auflage  vergriffen  ist,  eine 
neue  notwendig  geworden. 

Der  Umfang  ist  wesentlich  eingeschränkt  worden,  um  den  Preis  zu 
ermässigen  und  die  Anschaffung  zu  erleichtern.  In  der  Hauptsache  ist  Kück- 
sicht  auf  deutsche  Verhältnisse  genommen  worden,  ohne  dass  das  Ausland,  nament- 
lich in  der  geschichtlichen  Entwicklung,  vernachlässigt  worden  wäre.  Weg- 
gefallen sind  als  selbständige  Artikel  die  ausländischen  Orte  mit  nichtdeutschen 
Logen,  während  um  so  mehr  Aufmerksamkeit  den  deutschen  Logen  und  ihren 
Grosslogen  gewidmet  worden  ist.  Bei  den  Lebensbeschreibungen  ist  in  der 
Hauptsache  der  freimaurerischen  Thätigkeit  gedacht,  die  sonstigen  Lebens- 
beziehungen sind  nur  kurz  berührt  und,  wo  sie  sonst  leicht  zu  erlangen  sind, 
ganz  weggelaasen  worden.     Von  den  zahlreichen  Geheimbüpd^ij.  ^^elfach  mit 


VII 

der  Freimaurerei  verquickt  erscheinen,  sind  nur  die  erwähnt  und  aus  der  vorigen 
Auflage  beibehalten  worden,  die  in  irgend  welcher  Beziehung  zur  Freimaurerei 
wirklich  gestanden  haben  oder  zu  bringen  versucht  wurden.  Vorzügliche  Be- 
achtung haben  die  ethischen  Beziehungen  und  die  Einrichtungen  der  Freimaurerei 
gefunden,  so  weit  solche  allgemeines  Interesse  haben.  Bei  der  Knappheit  der 
Darstellung,  die  durch  den  Umfang  geboten  war,  ist  die  einschlagende  Litteratur 
um  so  eingehender  beigefügt,  um  Gelegenheit  zu  weitern  Belehrungen  zu  geben. 
Die  desfallsigen  Abkürzungen  der  freimaurerischen  Fachpresse  sind  nachstehend 
aufgeführt  und  erläutert. 

Fremdwörter  sind,  so  weit  nur  immer  thunlich,  vermieden  und  auch  für 
die  sog.  Logensprache  die  entsprechenden  deutschen  Ausdrücke  verwendet,  um 
so  den  deutschen  Geist  mehr  und  mehr  einzubürgern  und  den  Sinn  von  dem 
Fremdartigen,  das  oft  verwirrt,  abzulenken. 

Die  Einwohnerzahlen  sind  nach  den  letzten  amtlichen  Volkszählungen,  wie  in 
andern  ähnlichen  Werken,  aufgeführt,  um  eine  notwendige  Gleichmässigkeit  zu 
erlangen.  Für  das  Deutsche  Reich  war  das  Jahr  1895  massgebend,  das  deshalb 
nicht  mit  beigefügt  ist. 

Wenn  auch  der  Umfang  des  Ganzen  wesentlich  gekürzt  erscheint,  ist  doch 
der  geistige  Inhalt  eher  erhöht  und  vermehrt,  obgleich  in  kürzerer  Form 
geboten.  Nichts  Wesentliches  wird  man  gegenüber  der  vorigen  Auflage  ver- 
missen, wohl  aber  vieles  Neue  finden. 

Das  ausführliche  Sachregister  bringt  alles  das,  was  in  besondern  Artikeln 
nicht  behandelt  ist,  sondern  sich  zerstreut  im  Werke  selbst  findet.  Dort  wird 
sich  auch  fast  alles  das  zeigen,  was  bisher  eigens  behandelt  wurde,  einer  solchen 
Darstellung  aber  nicht  bedurfte.  Man  suche  daher,  was  unter  den  besondern 
Artikeln  nicht  steht,  zunächst  in  diesem  Sachregister,  und  meistens  wird  es  nicht 
vergeblich  sein.     Verweisungen  sind  nur  für  besondere  Artikel  angebracht. 

Wir  haben  die  Herausgabe  dieser  neuen  Auflage  nach  Beschluss  unsrer 
Jahresversammlung  vom  Jahre  1898  unter  gleichzeitig  finanzieller  Unterstützung 
in  die  Hand  genommen,  um  durch  die  That  auch  hierdurch  zu  beweisen,  dass, 
wie  bisher  schon,  unsre  Aufgabe  zugleich  in  der  Förderung  freimaurerischer  Wissen- 
schaft besteht.  Wir  sind  dabei  von  einzelnen  deutschen  Grosslogen  in  dankens- 
werter Weise  unterstützt  worden,  und  eine  Anzahl  bewährter  und  anerkannter 
Männer  der  freimaurerischen  Wissenschaft  haben  mitgewirkt,  um  das  Handbuch 
in  möglichst  vollkommner  Gestalt  herzustellen.  Die  Hauptleitung  liegt  in  der 
Hand  unsres  Vorsitzenden,  des  bekannten  freimaurerischen  Schriftstellers,  Geh. 
Regierungsrats  Robert  Fischer,  und  dessen  Sohnes,  Landrichters  Paul  Fischer, 
beide  in  Gera,  wobei  der  bekannte  Bücherkundige  Reinhold  Taute  in  Stuttgart 
allenthalben  hilfreiche  Hand  geleistet  hat.  Dem  allseitigen  bereiten  Streben  ist 
es  zu  danken,  dass  der  gesamte  bedeutende  Stoff  in  kurzer  Zeit  bewältigt  und 
schon  jetzt,  nach  kaum  zwei  Jahren,  der  erste  Band  hinausgegeben  werden  kann, 
dem  der  zweite  in  kürzester  Frist  folgen  wird.  Immerhin  schreitet  die  Zeit  mit 
ihren  Veränderungen  unaufhaltsam  vorwärts,  so  dass  wir  genötigt  sind,  dem  zweiten 
abschliessenden  Band  Nachträge  beizufügen,  mit  denen  zugleich  notwendige  Be- 
richtigungen und  Bekanntgabe  unterlaufner  Druckfehler  folgen  wird. 

Ebenso  beabsichtigen  wir,  ein  alphabetisches  Verzeichnis  der  Namen  sämt- 
licher deutscher  Logen,  sowohl  der  bestehenden,  als  der  eingegangnen,  anzu- 
schliessen,  um  eine  bisher  fühlbare  Lücke  auszufüllen,  der  die  mehrfach  vorhandnen 
Verzeichnisse  der  Logenorte  nicht  abhelfen. 


Gera,  August  1900. 


Der  Verein  deutscher  Freimaurer. 

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Abkürzungen. 


1)  Zeitsebriften. 

A.  s=  Asträa.  Taschenbuch  für  Freimaurer. 
30  Bde.  1824—1870  (nach  Bänden  ange- 
geben). Neue  Folge  von  1882  an  (mit 
Jahreszahlen  angegeben). 

A.  J.  =  (Altenburger)  Journal  für  Frei- 
maurerei, 1804  u.  1805;  fortgesetzt  als: 
Neues  J.  f.  Fr.,  4  Hefte.  1812,  1819, 
1820. 

AQC.  =  Ars  Quatuor  Coronatorum.  Zeit- 
schrift der  Loge  Quatuor  Coronati  in 
London,  von  1888  an. 

A.  Z.  =  (Altenburger)  Zeitschrift  für  Frei- 
maurerei, 1823 — 1827;  fortgesetzt  als: 
NeueZ.  f.  Fr.,  1832/33,  1833/34,  1834, 
1835,  1836  und  Neueste  Z.  f.  Fr.  1838, 
1839/40,  1841. 

Bbl.  =  Bundesblatt.  Organ  der  Grossen 
National-Mutterloge  Zu  den  drei  Welt- 
kugeln in  Berlin,  von  1887  an. 

Bh.  =  Die  Bauhütte.  Zeitung  für  Frei- 
maurer, von  1858  an. 

Bst.  F.  =  Bausteine.  Mittheilungen  der 
Grossen  Freimaurer-Loge  von  Preussen, 
genannt  Kaiser  Friedrich  zur  Bundes- 
treue in  Berlin,  von  1892  an. 

Bst.  R.  =  Bausteine  gesammelt  von  Brü- 
dern des  Logen-Bunds  Royal  York  zur 
Freundschaft  in  Berlin,  1881—1884. 

Br.  L.  =  Braunschweiger  Logen-Correspon- 
denz,  herausgegeben  von  der  Loge  Carl 
zur  gekrönten  Säule  in  Braunschweig, 
von  1882  an. 

BZC.  =  (Berliner)  Zirkelcorrespondenz 
unter  denSt.  Johannis-Logenmeistem  der 
Grossen  Landesloge  der  Freimaurer  von 
Deutschland,  von  1872  an. 

Dr.  L.= Dresdener  Lo^enblatt.  Handschrift 
für  die  Brüder-Mitglieder  der  Freimaurer- 
logen in  Dresden,  von  1871  an. 

FZ.  =  Freimaurer -Zeitung,  von  1847  an. 

H.  L.  =  (Hamburger)  Logenblatt.  Hand- 
schrift für  die  Brüder- Mitglieder  der 
unter  Constitution  der  Grossen  Loge 
von  Hamburg  arbeitenden  fünf  ver- 
einigten Logen,  von  1868  an. 

Die   übrigen  Abkürzungen  bedürfen  keiner  weitern  Erklärung  (MS.  =  Manuskript). 


HMW.  =  (Hamburger  Medaillenwerk).  Ab- 
bildungen freimaurerischer  Denkmünzen 
und  Medaillen.     Hamburg  1898,    1899. 

HZC.  =  Hamburgische  Zirkel-Correspon- 
denz.  Maurerische  Arbeiten  aus  dem 
Kreise  der  Grossen  Loge  von  Hamburg. 
Bis  1867  nur  nach  Nummern  (147);  dann 
in  Jahrgängen  von  1896  an. 

L.  =  Latomia.  Freimaurerische  Viertel- 
jahrs-Schrift (von  1868  ab  als  Jahrbuch). 
29  Bde.  1842—73  (nach  Bänden  ange- 
geben). Neue  Folge  von  1878  an  (nach 
Jahreszahlen  angegeben). 

Mh.  =  Die  Maurerhalle.  Zeitschrift  fttr 
Freimaurerei.    1842—1845. 

M.L.= Mecklenburgisches  Logenblatt,  von 
1871  an. 

O.  =  Orient.  Amtliches  Organ  der  Jo- 
hannnis- Grossloge  von  Ungarn,  von 
1873  an. 

R.=  Am  Reissbrete.  Handschriftliche  Mit- 
theilungen aus  den  fünf  unabhängigen 
Logen,  von  1875  an. 

Sl.  =  Signale  für  die  deutsche  Maurerwelt, 
herausgegeben  von  J.  G.  Findel,  von 
1895  an. 

S.  L.  =  Schlesisches  Logenblatt,  von 
1881  an. 

W.  J.  =  (Wiener)  Journal  für  Freymaurer. 
1784—1786. 

Z.  =  Der  Zirkel.  Eigentum  und  Organ  der 
Humanitas  in  Wien,  von  1871  an. 

Zd.=Der  Ziegeidecker  im  Osten  von  Alten- 
burg.   1837—1854. 

2)  Ortsnamen. 

Altbg.  =  Altenburg. 
Brl.  =  Berlin. 
Brsl.  =  Breslau. 
Dresd.  =  Dresden. 
Frkf.  =  Frankfurt. 
Hmbg.  =  Hamburg. 
Hann.  =  Hannover. 
Lpz.  ==  Leipzig. 
Nürnb.  =  Nürnberg. 
Stuttg.  =  Stuttgart. 


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A. 


A,  als  Abkürzung  bei  Jahresbestimmun- 
gen  =  anno  (im  Jahre),  kommt  in  der  frei- 
maurerischen Zeitrechnung  (8.d.)  in  mannig- 
fachen Zusammensetzungen  vor,  die  unter 
Zeltreohnung  aufgeführt  sind. 

Aachen  (St  in  der  preuss.  Bheinproyinz, 
110551  E.].  1)  Johannis-Loge  das.  unter  der 
Grossen  National-Mutterloge  Zu  den  drei 
Weltkugeln:  Zur  Beständigkeit  und 
Eintracht,  MitgUederzahl  (1899):  121. 
Vers.  2.  Mittwoch  Ferien:  Juli  und  August. 

—  Die  Loge  Zur  Beständigkeit  wurde 
16.  Sept.  1778  (von  einer  frühem  Loge 
kennt  man  nur  den  Namen  eines  Mitglieds) 
durch  den  Visitator  von  Oberdeutschland, 
V.  Bestell,  im  Auftrag  der  grossen  schotti- 
schen Direktorialloge  in  Wetzlar  errichtet 
und  dies  von  ihr  5.  März  1779  den  be- 
freundeten Logen  mitgeteilt.  Meister  vom 
Stuhl  war  Phil,  de  Witte,  Baron  v.  Lim- 
menghe  und  Schuppe  beim  königl.  Stuhl 
in  A.;  unter  den  Mitgliedern  findet  sich 

—  was  wegen  des  unter  2  zu  erwähnen- 
den Vorgangs  von  Literesse  ist  —  der 
»Vice -Meyer«  der  Stadt  Aachen,  ein  Dr. 
der  Bechte  und  Stadtsyndikus  und  ein 
Konventualordensgeistlicher.  Sie  war  eine 
der  ersten  Logen,  die  sich  dem  Eklekti- 
tischen  Bunde  anschloss,  28.  Juli  1788 
(eingetragen  1789  in  das  Register  der  Gross- 
loge von  London  unter  Nr.  565  v.  1781 
und  Nr.  424  v.  1792),  ging  zwar  1794  ein, 
wurde  aber  nach  der  französischen  Be- 
setzung 22.  Mai  1799  unter  dem  Namen 
La  constance  vom  Grossorient  von 
Frankreich  neu  gegründet  und  mit  der 
ebendaselbst  von  Paris  aus  8.  Aug.  1799 
(nach  andern  Angaben  8.  Mai  1808)  ge- 
gründeten Loge  La  concorde  unter  dem 
jetzigen  Namen  5.  Mai  1814  vereinigt,  wo- 
rauf sie  sich  nach  dem  Anfall  A.'s  anPreussen 
dem  Logenbund  der  drei  Weltkugeln  7. 
Mai  1816  anschloss,  auch  die  delegierte  alt- 
schottische Loge  Borussia  zur  Heil- 
quelle 17.  März  1829  eingesetzt  wurde. 
[Vgl.C.H.Georgi,  Geschichte  der  Loge.  Zur 
lOOjähr.  Jubelfeier  9.  Sept.  1878  (Aachen 
1878).  Merzdorf,  Denkm.,  S.  1.]  —  2)  Die 
Freimaurerverfolgungin  A.  imJ.1779. 
In  der  Fastenzeit  des  gedachten  Jahres 
hielten  zwei  Mönche,  der  Dominikaner  P. 
Greinemann  und  der  Kapuziner  P.  Schuff, 
in  A.  mehrere  Predigten,  in  denen  sie  die 
Freimaurer,  die  kurz  zuvor  erst  eine  Loge 
daselbst  gegründet  hatten,  des  Atheismus, 
der  Betrügerei  und  andrer  Laster  beschul- 
di^n  und  dadurch  den  Pöbel  zu  thät- 
lichen  Verletzungen  aufreizten.  Auch  der 
Magistrat  zu  A.  erliess  26.  März  1779  in 
dessen  Folge  einen  Befehl,  der  bei  Strafe  von 

Allgemeines  Handbuch  der  Freimaurerei. 


100  Fl.,  die  im  Wiederholungsfalle  ver- 
doppelt und  sogar  bis  zur  Verweisung  aus 
dem  Stadtgebiet  gesteigert  werden  sollte, 
den  Bürgern  untersagte,  den  Freimaurern 
die  Abhsitung  von  Versammlungen  in  ihren 
Häusern  zu  gestatten.  Die  Loge  suchte 
sofort  an  mehreren  Orten,  namenüich  auch 
bei  dem  damaligen  Grossmeister  Herzog 
Ferdinand  von  Braunschweig,  sowie  bei 
dem  Bischof  zu  Lüttich,  zu  dessen  Sprengel 
A.  gehörte,  um  Schutz  und  Verwendung 
nach.  Dies  hatte  den  besten  Erfolg.  Noch 
im  J.  1780  wurden  die  Arbeiten  der  Loge 
wieder  aufgenommen.  —  Dieser  Vorgang 
rief  mehrere  apologetische  Schriften  her- 
vor; irrig  aber  ist  die  Annahme,  als  habe 
Friedrich  der  Grosse  eins  dieser  anonym 
veröffentlichten  Schreiben  verfasst;  s.  hier- 
über den  Aufsatz  von  Schletter:  »Friedrich 
der  Grosse  und  die  Freimaurer  Verfolgung  in 
A.«  in  der  FZ.  1860,  S.  216.  [Litteratur, 
ausser  dem  letztgedachten  Aufsatz:  Ddr. 
fense  des  F.  M.  contre  les  calomnies  des 
deux  religieux,  Philantropol.  (Holland) 
5779;  übersetzt  u.  d.  T.:  Vertheidigung  der 
F.  M.  wider  die  Verläumdungen  zweener 
Geistlichen  etc.  (Frkf.1779).  — Frejrmäurer- 
BibUothek  TBrl.  1779),  H,  216  fg.  —  Auf- 
sätze: in  der  Brl.  FZ.  v.  26.  Juli  17»2, 
wieder  abgedr.  A.  1826,  S.  95  fg.;  im 
Courrier  du  Bas-Rhin  v.  22.  Mai  1779, 
deutsch  in  A.  1830,  S.  858  fg.;  im  W.  J. 
n,  2  (1785),  S.  94  fg.] 

Aaraa  (Hauptstadt  des  Schweiz.  Kantons 
Aargau,  [1898]  6809  E.).  Fünf  Freimaurer, 
von  denen  drei  kurz  vorher  in  der  Loge 
Zur  edeln  Aussicht  in  Freiburg  im  Breis- 
gau aufgenommen  worden  waren,  ver- 
einigten sich  hier  5.  Okt.  1810  zu  maure- 
rischen Arbeiten.  Unter  ihnen  waren  H. 
K  Sauerländer  (s.  d.),  Heldmann  (s.  d.)  und 
H.  Zschokke  (s.  d.).  Um  ihre  wohlthätige 
Wirksamkeit  leichter  auf  den  ganzen  Kan- 
ton auszudehnen,  begannen  sie  damit,  einen 
allgemeinem  Verein  zu  gründen,  die  Ge- 
sellschaft fdr  vaterländische  Kultur,  die 
heute  noch,  über  alle  Gegenden  des  Kantons 
verbreitet,  fortfährt,  wohlthätig  als  Grün- 
derin mancher  gemeinnützigen  Institute 
zu  wirken.  Ais  die  Zahl  der  dem  Frei- 
maurerbunde Angehörigen  auf  ^  sieben 
gewachsen  war,  wandten  sie  sich  um 
Gründung  einer  eignen  Loge  Wilhelm 
Teil  an  das  Schweiz.  Direktorium  der 
rektifizierten  schottischen  Maurerei  in  Basel. 
Diese  bewilligte  ihnen  11.  Dez.  1811  eine 

Srovisorische  Gründung,  schickte  ihnen 
en  Code  ma9onnique  und  gestattete,  dass 
sie  die  französischen  Bituaie  übersetzten. 
Li    dem    maurerischen    Gesetzbuch    aber 

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Aarons  Rute  —  Abkürzungen. 


fanden  sie  Bestimmungen,  die  dem  Wesen 
der  Maarerei  fremd  waren.  Durch  Unter- 
handlungen mit  dem  Direktorium  erhielten 
sie  die  gewünschten  Freiheiten  und  Vor- 
rechte,  und  es  wurde  dann  11.  Dez.  1811 
die  neue  Loge  eröffnet,  die  aber,  beson- 
ders infolge  der  Kriegpverh&ltnisse,  schon 
27.  Dez.  1812  ihre  Arbeiten  einstellte.  Nach 
Jahresfrist  wurden  von  13  Mitgliedern 
wieder  neue  Unterhandlungen  mit  dem 
Direktorium  angeknüpft,  das  12.  Juli  1813 
abermals  nur  eine  provisorische  Gründung 
bewilligte  und  die  frühere  Übereinkunft  be- 
stätigte. In  einem  neuen  Lokal  begannen 
15.  Nov.  1814  die  Arbeiten,  und  27.  Febr. 
1815  wurde  die  nach  dem  Wunsche  des 
Direktoriums ZurBrudertreue  genannte 
Loge  förmlich  eingesetzt.  Vielfache  An- 
griffe gegen  die  Maurerei  in  der  Schweiz 
bewogen  sie  27.  Dez.  1820,  ihre  regel- 
mässigen Arbeiten  auszusetzen.  Während 
zweier  Jahre  beschränkte  man  sich  auf 
maurerische  Privatversammlungen.  Vom 
27.  Dez.  1822  an  nahm  die  Loge  wieder 
einen  erfreulichen  Fortgang  und  legte  den 
Grund  zu  einer  Unterstützungskasse  für 
bedürftige  Witwen  und  Waisen  von  Frei- 
maurern. Die  politischen  Stürme  und 
.Wirren  im  Ajifang  der  dreissiger  Jahre, 
nicht  minder  der  Tod  lichteten  die  Eeihen ; 
zwei  Jahre  lang  entbehrte  man  auch  ein 
Logenlokal.  Doch  wurde  nach  dessen 
Wiedereinrichtung  die  Loge  durch  neue 
Aufnahmen  bald  wieder  stark,  besonders 
nachdem  die  Gründung  der  Grossloge  Al- 

Sina  (s.  Sohweis)  1844  der  Freimaurerei  in 
er  Schweiz  einen  neuen  Aufschwung  ge- 
geben hatte.  1849  stifteten  neun  Mit- 
§lieder  der  Brudertreue  eine  Tochterloge 
lur  Bundestreue  in  Liestal  (s.  d.).  Während 
der  letzten  Jahre  vermehrte  sich  die  Zahl 
der  erstem  nicht  nur  in  den  Städten  und 
Dörfern  des  eignen  Kantons,  sondern  auch 
in  den  Nachbarkantonen  Solothum  und 
Luzem  auf  eine  erfreuliche  Weise.  Zu 
den  hervorragendem  Mitgliedern  der  Bru- 
dertreue gehörte,  ausser  den  oben  ge- 
nannten, auch  Dr.  J.  Wieland.  Mitglieder- 
zahl (1899):  140.  Klub:  Montags.  Eignes 
Logenhaus  hinter  dem  Bahnhof,  eingew. 
1865.  Milde  Stiftung:  Witwen-  und 
Waisenkasse,  Kapital:  50000  Fr.  —  [Vgl. 
Fragmente  zur  Geschichte  der  schwei- 
zerischen Maurerei  (Bern  1840)  S.  16.  Al- 
pina 1895,  S.  135.] 

Aarons  Rate  oder  Stab,  eins  der  Haupt- 
symbole    der  Royal -Arch- Maurerei,    aas 
als    Zeichen    der    Wiedererweckung    und 
der  Bückkehr  vom  Lrtum  zur  Wahrheit 
im  Allerheiligsten  des  Tempels  aufbewahrt 
wird.    Vgl.  4.  Mos.  17,  18;  Hebr.  9,  4. 
Aball,  s.  Aigner,  Ludwig. 
AbbreTiataren,  s.  Abkürstingen. 
Abd  el  Kader,  eigentlich  Sidi  el  Hadschi 
Abd   el  Kader  TJled   Mahiddin,   Araber- 
häuptling, geb.  1807  in  Ghetna  in  Alge- 
rien,  gest.  26.  Mai    1883   in   Damaskus, 


wurde  in  den  Freimaurerbund  18.^  Juni 
1864  in  der  Lo^e  Zu  den  Pyramiden  Ägyp- 
tens in  Alexandrien  für  die  Loge  Henri  Iv . 
in  Paris  aufgenommen.  Die  Beantwortung 
der  ihm  vorgelegten  Fragen,  die  in  hohem 
Grade  bedeutungsvoll  sind,  finden  sich 
u.  a.  abgedruckt  in  FZ.  1894,  S.  411.  [Vgl. 
FZ.  1864,  S.  249.  Bh.  1864,  S.  324.  Zille, 
Spitzhammer  u.  Kelle  (Lpz.  1872),  S.  80.] 

Abeliten,  nach  Abel,  Adams  Sohn,  so 
genannt:  1)  eine  Sekte  im  nördlichen 
Afrika,  wohl  eine  Abschwächung  der  in 
Afrika  in  jener  Zeit  vorkommenden  Ma- 
nichäer.  [Vgl.  Baur,  Das  manichäische 
ßeligionssystem  (1881)  S.  366.]  2)  Ein  ge- 
heimer Orden,  1745  in  Greifswald  gestiftet, 
mit  christlich-moralisch-philanthropischen 
Grundsätzen,  geheimen  Zeichen,  Worten, 
Symbolen  und  Zeremonien.  Ordenswahl- 
spruch: Aufrichtigkeit,  Freundschaft  und 
Hoffnung.  Auszüge  aus  den  Statuten  in  v. 
Biedenfeld,  Geschichte  und  Verfass.  aller 
Ritterorden,  I,  181—183,  und  der  Schrift: 
Der  Abelit  (Lpz.  1746).  [Vgl.  R.  1891,  S. 
30  fg.] 

Abend.  Die  gewöhnlichen  Logenver- 
sammlungen werden  abends  gehalten,  weil 
zu  dieser  Tageszeit  die  Mitglieder  am  we- 
nigsten durch  Geschäfte  abgehalten  sind. 
Festversammlungeu  finden  auch  vom  Mit- 
tag au  statt,  in  der  Regel  an  Sonntagen  oder 
Feiertagen.  (S.  auch:  Himmeligegenden.) 

Aberglaube  drückt  eine  gewisse  Schwäche 
und  Befangenheit  in  Bezug  auf  den  Glau- 
ben an  das  Göttliche  aus;  in  der  Regel 
und  der  Hauptsache  nach  sind  abergläu- 
bische Meinungen  solche,  die  das  als 
Wirkung  aus  der  Geisterwelt  ansehen,  was 
auf  naturgemässe  Weise  erklärt  werden 
müsste,  z.  B.  Glaube  an  Hexerei,  Schutz- 
kraft der  Amulette,  Heilkraft  geweihten 
Wassers  etc.  Die  Fortschritte  der  Natur- 
wissenschaften haben  sich  als  das  kräftigste 
Mittel  gegen  den  A.  bewährt.  Der  A. 
wirkt  für  das  bürgerliche  Leben  verderb- 
lich, und  es  ist  Pflicht,  ihm  entgegen- 
zuarbeiten. Dieser  Pflicht  unterzieht  sich 
auch  die  Freimaurerei ,  die  mit  A.  nichts 
zu  thun  hat  und  überallhin  Bildung  und 
Aufklärung  zu  verbreiten  sucht.  [Vgl. 
FZ.  1851,  S.  180,  192,  198;  1892,  S.  297.] 

Abgeordneter  Meister  vom  Stuhl,  s. 
Zageordneter  K.  v.  8t. 

Abif,  d.  h.  sein  Vater,  s.  Hiram. 

Abkünmigen  (Abbreviaturen)  sind  zu- 
erst 1774  vom  Grossorient  von  Frankreich 
angewendet  worden.  Sie  bestehen  meisten- 
teüs  bloss  in  deo  Anfangsbuchstaben  des 
betrefl^enden  Wortes,  hinter  denen  mitunter 
drei  Punkte  in  Dreieckform  gesetzt  wer- 
den, wie:  A.  L.  G.  D.  G.  A.  D.  TU.  =  k  la 
Gloire  du  Grand  Architecte  de  TUnivers; 
A. B.a.w.  =  Allmächtiger  Baumeister  aller 
Welten;  A.M.=Anno  Mundi;  A.L.=Anno 
Lucis;  Br.'.  =  Bruder,  Brother;  F.*.  = 
Frfere;  G.'.L.-.  =  Grossloge,  Grande  Loge, 
Grand  Lodge.  ,      ^r^r^ir> 

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Abrao  —  AbwasohuDgen. 


Abrae  (Kunst  des).  Sie  wird  erwähnt 
im  Verhör  Heinrichs  VI.  (s.  d.),  Frage  8, 
unter  den  übrigen  Künsten,  die  die  Maurer 
bergen  und  h^en.  Abracadabra  ist  ein 
magisches  Wort,  wodurch  man  Krank- 
heiten, vorzüglich  die  Fieber,  heilen  zu 
können  glaubte.  Dieses  Wort  heisst  eigent- 
lich Abrasadabra,  wie  die  griechischen 
Amulette  mit  der  Inschrift  ABPÄCAJÄBPA 
beweisen,  und  ist  von  dem  heiligen  Namen 
des  höchsten  Wesens  (nach  den  Ansichten 
der  Gnostiker)  Abraxas  oder  Abrasax  so 
benannt.  [Vgl.  Dieterich,  Abraxas,  Stu- 
dien (Lpz.  1891).  Barzilai,  Gli  Abraxas 
(Triest  1878).]  In  dem  Verhör  wird  den 
Maurern  die  Kunst  zugeschrieben,  solche 
Talismane  anzufertigen.  [Vgl.  Hutchinson, 
Spirit  of  Masonry,  S.  86.  Preston,  Illustra- 
tionsonMasonry  (1792),S  156—158.  Krause, 
Kunsturkunden,  I,  1  (1819),  75—78.  Oliver 
Historical  landmarks  (1846),  I,  177  und 
Note  61.] 

Abraham,  Antoine  Firmin,  lebte  zu 
Anfang  des  19.  Jahrb.,  früher  als  Beamter  bei 
der  Militärverwaltung,  später  als  homme 
de  lettres  zu  Paris,  war  Stifter  mehrerer 
Logen  und  seit  1802  Meister  vom  Stuhl 
der  Loge  Les  ^l^ves  de  Minerve.  Er  gab 
von  1800—2  eine  freimaurerische  Monats- 
schrift »Miroir  de  la  v^rit^«  heraus,  die 
mehrere  interessante  historische  Akten- 
stücke in  nicht  immer  ganz  getreuem  Ab- 
druck enthält.  Diese  Zeitschrift  füllt  die 
Lücke  im  Erscheinen  des  «Etat  du  Grand 
Orient  de  France«  aus.  Durch  die  Ver- 
öffentlichung von  Ritualen  u.  d.  T.:  ,L'art 
du  Tuileur«  (1804)  und  des  »B^^lements 
^^n^raux  de  la  ma^onnerie  ^cossaise«,  die 
ihm  auch  begemessen  wird,  kam  er  1812 
in  Streit  mit  dem  Grand  Orient  sowo)il, 
als  dem  Supr^me  Conseil  de  France.  Vor 
allem  aber  hatte  erZwistigkeiten  im  Schosse 
der  französischen  Freimaurerei  durch  sein 
Zirkular  vom  Juni  1802  hervorgerufen,  in 
dem  er  die  sog.  schottische  Maurerei  wieder 
ins  Leben  zu  rufen  sich  bemühte;  über- 
haupt war  er  für  die  Einführung  der  Hoch- 
grade  sehr  thätig,  errichtete  sogar  auf 
eigne  Hand  zahlreiche  Kapitel  etc.  [Kloss, 
Gesch.  d.  Freimaurerei  in  Frankreich  I, 
8.  388,  398,  550,  566.] 

Abrahamson,  Werner  Hans  Fried- 
rich, geb.  10.  April  1744  in  Schleswig,  gest. 
22.  Sept.  1812  in  Kopenhagen,  Artillerie- 
offizier, Lehrer  an  der  Artillerieschule 
und  bei  seinem  Tode  Inspektor  an  der 
Landkadettenakademie,  wurde  10.  Febr. 
1770  in  der  Kopenhagener  Loge  Zorobabel 
zum  Freimaurer  aufgenommen,  nahm  1778 
am  Wolfenbütteler  Konvent  Teil  und  war 
vom  30.  Okt.  1782  bis  19.  Nov.  1794  Meister 
vom  Stuhl  in  der  Loge  Friedrich  zur  ge- 
krönten Hoffnung,  die  in  Kopenhagen  in 
der  deutschen  Sprache  nach  dem  Kitual 
der  strikten  Observanz  arbeitete;  ihm  folgte 
als  Meister  vom  Stuhl  Bischof  Munter  fs.d.). 
Ausser  mehreren   militärischen  Schriften, 


Gedichten  und  ästhetischen  Rezensionen 
hat  er  mehrere  Sammlungen  seiner  frei- 
maurerischen Eeden  u.  d.  T.  »Deklama- 
tionent  (Kopenhagen  1776, 1779.  1785)  und 
ausserdem  noch  eine  «Trauerrede  zum  An- 
denken des  Provinzialgrossmeisters  der 
vereinigten  Freimaurerlogen  in  Deutsch- 
land und  Dänemark«  (Kopenhagen  1777J 
herausgegeben.  Sein  wohlgetroffenes  Bila 
hängt  im  Vorzimmer  des  Arbeitslokals  in 
Kopenhagen.  [Vgl.  seine  Biographie  in 
FZ.  1874,  S.  13.] 

Abgchied,  s.  EntlaMungssoheln. 

Abstimmaiig  über  fireimaurerische  An- 
gelegenheiten in  Logen,  Beratungen  u.s.w. 
geschieht,  insoweit  sie  nicht  durch  oflöie 
Stimmgebung  erfolgt,  entweder  durch  Ku- 
gelung  (s.  d.)  oder  durch  Skrutinium  (s.  d.) 
mittels  Stimmzetteln;  jenes  ist  die  bei 
Aufnahmen,  dieses  die  bei  Beamtenwahlen 
übliche  Form.  In  minder  wichtigen 
Sachen  tritt  an  deren  Stelle  häufig  Zu- 
ruf (s.  d.)  oder  Erteilung  des  Beifalls- 
zeichens  (s.  d.). 

Abt,  Franz,  Liederkomponist,  geb.  22. 
Dez.  1819  in  Eilenburg,  gest.  31.  März  1885 
in  Wiesbaden,  wurde  in  den  Freimaurer- 
bund aufgenommen  in  der  Loge  Karl  zur 
gekrönten  Säule  in  Braunschweig  17.  März 
1853  und  blieb  dieser  Loge  treu  bis  zu 
seinem  Tode,  obgleich  sein  Besuch  der 
Arbeiten  kein  regelmässiger  war.  Er  wid- 
mete ihr  aber  sehr  wertvolle  Kantaten. 
Auf  seinen  auswärtigen  Reisen  verkehrte 
er  mit  Vorliebe  in  den  Logen,  hing  über- 
haupt der  Maurerei  mit  warmer  Liebe  an. 
[Vgl.  FZ.  1885,  S.  241.] 

Abteilangen  des  Meistergrads  (afdee- 
lingen  van  den  Meestergrad)  heissen  die 
beiden  Grade  des  auserwählten  (uitver- 
koren)  und  hochauserwählten(opper-uitver- 
koren)  Meisters,  die  im  System  des  Gross- 
ostens der  Niederlande  auf  Vorschlag 
des  Nationalgrossmeisters  Prinz  Friedrich 
der  Niederlande  seit  25.  April  1819  ein- 
^efQhrt  und  ausdrücklich  als  »Abteilungen 
des  Meistergrads«,  nicht  als  neue  Hoch- 
grade bezeichnet  sind.  Sie  haben  zum  Zweck 
nähere  Darlegung  der  Lehren  der  Frei- 
maurerei und  stehen  somit  den  »Erkennt- 
nisstufen« oder  »Engbünden«  der  deutschen 
Maurerei  nahe.  Die  Mitglieder  tragen  nur 
ein  kleines  silbernes  Abzeichen  und  führen 
keine  besondem  Titel.  Die  A.  d.  M. 
hatten  anfangs  sehr  mit  Anfeindungen  der 
Hochg^ade  zu  kämpfen,  haben  sich  aber 
neuerlich  in  der  niederländischen  Maurerei 
befestigt.  Am  22.  Jan.  1845  wurde  das 
25jährige  Bestehen  der  Abteilungen  im 
Haag  in  Gegenwart  des  Nationalgross- 
meisters feierlich  begangen  und  ihm  dabei 
eine  silberne  Denkmünze  überreicht.  [HMW. 
n,  S.  62  a.  E.] 

Abwasehangen  fanden  schon  bei  den 
Mysterien  (s.  d.)  der  Alten  statt,  als  Vor- 
bereitungen zur  Aufnahme  in  den  Geheim- 
bund.   Li  einigen  Graden 

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Ahjs  Royet  —  Adoptionsmaarerei. 


tischen  Bitos  sind  ebenfalls  A.  in  Ge- 
brauch. 

AbTS  Royet  (langjähriger  eidgenössischer 
Oberkriegskommissar),  geb.  16.  März  1790 
in  Ghur,  gest.  16.  Sept.  1868,  schloss  sich 
in  den  Niederlanden  dem  Freimaurer- 
bunde an,  dem  er  bis  an  sein  Lebensende 
mitUnverbrdchlichkeit  anhing;  1822  kehrte 
er  in  seine  Heimat  zurück,  wo  er  der  Loge 
Concordia  cum  libertate  beitrat.  Schon 
im  folgenden  Jahre  wurde  er  zum  Vor- 
sitzenden Meister  gewählt  und  behielt 
diese  Stelle  bis  zur  Deckung  der  Loge, 
die  14  Jahre  später  erfolgte,  weil  die  Frei- 
maurerei in  Graubünden  noch  keinen 
günstigen  Boden  fand  und  ihr  namentlich 
auch  von  dem  katholischen  Klerus  ent- 
gegengearbeitet wurde.  (S.  Chur.)  Bei  der 
Deckung  der  Loge  1887  nahm  A.  das 
Archiv  der  Loge  in  Verwahrung.  Als  sich 
1856  in  Chur  eine  neue  Loge  Concordia 
cum  libertate  bildete,  überlieferte  er  ihr 
sämtliche  Akten  und  Gegenstände  der  alten 
Loge. 

A bleichen,  maurer Ische.  Als  solche 
gelten  z.  B.  die  drei  Punkte  im  Dreieck  [vgl. 
Öchauberg,  Symbolik  der  Freimaurerei 
(SchaflTh.  1801),  I,  S.  92],  auch  sonstige 
äussere  Dinge  an  Uhrketten,  Busennadeln 
u.  dgl.  Sie  waren  früher  sehr  in  Aufnahme, 
kommen  aber  mehr  und  mehr  ab.  Der 
Deutsche  Grosslogentag  hat  ihren  Gebrauch 
zu  Geschäftszwecken  für  unzulässig  er- 
klärt. Wegen  Logen-A.  vgl.  Mitglieder- 
seiohen. 

Accepted,  s.  Angenommene. 

Acerrellos,  s.  Böesler. 

Acht,  s.  Zahlen. 

Ackermann,  Konrad  August,  geb.  5. 
Okt.  1791  zu  Kröplin  in  Mecklenburg,  gest. 
2.  Juli  1862  in  Bützow,  seit  1888  Krimmal- 
rat  daselbst,  welches  Amt  er  körperlicher 
Schwäche  wegen  1858  niederlegte,  wurde 
27.  April  1814  in  der  Loge  Zu  den  drei 
Sternen  in  Bostock  Freimaurer  und  später 
der  Loge  Zur  Vaterlandsliebe  in  Wismar 
angescMossen,  woselbst  er  auch  verschie- 
dene Logenämter  bekleidete.  Als  er  nach 
Bützow  versetzt  wurde,  schloss  er  sich  der 
dortigen  Loge  am  16.  Jan.  1884  an  und  wurde 
sofort  am  18.  März  zum  Logen meister  er- 
wählt, in  welcher  Stellung  er  bis  zu  seinem 
Tode  verblieb. 

Adel.  Es  ist  vielfach  darauf  hingewiesen 
worden,  dass  in  neuerer  Zeit  der  A.  in 
den  deutschen  Logen  zurückgegangen  ist 
und  dass  dies  als  ein  Bückgang  der  Frei- 
maurerei überhaupt  zu  bezeichnen  sei.  Dass 
im  18.  Jahrhundert  der  A.  der  Aristo- 
kratie eine  Hauptrolle  in  den  Logen  spielte, 
ist  richtig.  Es  hatte  das  seinen  Grund  in 
den  damaligen  Bildungsverhältnissen  und 
dem  ganzen  Geist  der  Zeit.  Im  19.  Jahr- 
hundert hat  der  Geburtsadel  abgenommen. 
1881  waren  in  49  Logen  unter  4658  Mit- 
gliedern 8®/o  adelige,  während  1890  bei 
7715  Mitgliedern  nur  noch  2^/^  vorhanden 


waren.  Es  ist  demnach  eine  Verminderung 
um  58,8 */o  eingetreten,  wogegen  sich  die 
Mitgliederzahl  um  65,6  ^/a  vermehrt  hat. 
Ln  Durchschnitt  kamen  1881  auf  eine  Loge 
7,6,  1890  nur  noch  8,1  «/o  Adlige.  Damit  ist 
nicht  nachgewiesen,  dass  die  Intelligenz,  die 
ja  ohnehin  nicht  ausschliesslich  in  dem  Ge- 
burtsadel zu  finden  ist,  abgenommen  habe; 
denn  es  sind  1890  21^1^^  Doktoren  nur  an 
der  Spitze  der  Logen  gezählt  worden.  Der 
Geburtsadel  hat  gegenwärtig  in  Deutsch- 
land nicht  mehr  die  frühere  Bedeutung,  wie 
es  z.  B.  noch  in  England  der  FaU  ist.  Hier 
findet  er  sich  noch  zahlreich  vertreten.  [Vgl. 
A.  Z.  1882/88.  Hefb8,  S.126.  A.  1891,S.114.] 

Aden  (englische  Halbinsel  an  der  ara- 
bischen Küste).  Hier  besteht  unter  der 
Grossloge  von  Schottland  die  Loge  Felix, 
gestiftet  1850. 

Adept  (adeptus,  wörtlich:  der  etwas  er- 
langt nat),  der  Name  der  in  die  Alchemie 
(s.  d.)  Eingeweihten  (weil  sie  vorgaben,  die 
Ofibnbarung  geheimer  Wissenschaft  erlangt 
zu  haben),  kommt  als  Benennung  zahl- 
reicher Hochgrade  vor. 

Adhnc  stat,  d.  h.  noch  steht  [sie],  wird 
mit  dem  dazu  gehörigen  Sinnbild  eines 
Säulenstumpfes  als  eine  der  im  Mittelalter 
üblichen  Wahlsprüche  (s.  d.)  gebraucht  und 
im  System  der  strikten  Observanz  zu  einem 
freimaurerischen  Symbol  gemacht,  durch 
das  man  bezeichnen  wollte,  dass  der  Tempel- 
herrenorden ,  ungeachtet  er  unter  Philipp 
dem  Schönen  gewaltsam  unterdrückt  (seines 
Kapitals  beraubt)  worden,  doch  im  stillen 
auf  festem  Grunde  fortbestehe.  Dieses 
Symbol  kommt  auch  auf  mehreren  maure- 
rischen Denkmünzen  vor.  [HMW.  Nr.  87, 
78.]  —  Unter  diesem  Titel  erschien  eine 
Schrift  von  Henne- Am-Rhyn  (s.  d.J. 

Adonai  (hebr.  =  der  Herr),  Bezeichnung 
der  Gottheit,  zugleich  das  Wort,  das  stets 
statt  des  unaussprechlichen  Jehovah  ge- 
lesen wird.  —  In  einigen  Hochgraden  dient 
dieser  Name  als  Erkennungswort. 

Adon-Hiram,  Adonlram,  s.  Hiram. 

Adoption  eines  Luftons,  s.  Lufton  und 
Taufe  (maureris(;he). 

Adoptionsmanrerei ,  Ma9onnerie 
d'Adoptio  n(Adoptive  Masonr  jr,  Angenom- 
meneFreimaurerei,Freimaurerei  der  Damen, 
Adoptie-Ma9onnerie,  Ma9onnerie  blanche). 
Frankreich,  das  vielen  maurerischen  Ver- 
irrungen  den  Ursprung  gegeben  hat,  ist 
auch  der  Urheber  dieses  Zwitterdings,  der 
Frauen-Freimaurerei.  Die  Aufnahmefähig- 
keit erstreckte  sich  von  Beginn  der  Frei- 
maurerei an  nur  auf  die  Männer,  nicht  auf 
die  Frauen,  und  schon  frühzeitig  ist  in 
Schriften  untersucht  worden,  worin  die 
Ausschliessung  des  schönen  G^hlechts  be- 
gründet sei.  [Sendschreiben  eines  Freimau- 
rers an  Mylord  Robert  Truell,  Mitglied 
der  Gesellschaft  der  Plauderer,  über  die  Aus- 
schliessung des  schönen  Geschlechts  aus  der 
GesellschcSt  der  Freimaurer,  aus  dem  Engl. 
(Halberstadt,  1741)].  Seit  1780  entstanden 
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Adoptionsmaurerei. 


verschiedene  GesellBchaften  mit  mehr 
oder  weniger  maurerisch  ausgeprägten 
Formen,  die  den  Frauen  Zutritt  gestat- 
teten: so  der  Orden  der  Möpse,  rordre 
de  ia  F^licit^  ou  des  F^licitaires,  Tordre 
des  Dames  ^cossaises  de  Thospice  du 
Mont-Tabor,   des  berüchtigten  Cagliostro 

};.  d.)  Ma^onnerie  ägyptienne  u.  a.  m. 
ede  dieser  Genossenschaften  hatte  ihre 
verschiednen  Grade,  z.  B.  den  der  erha- 
benen schottischen  Dame  oder  den  der 
vollkommenen  Schottin,  und  ihre  eignen 
Eituale.  Beauchaine  (s.  d.)  führte  1744 
dies  Zwitterspiel  ein,  und  der  zugeordnete 
Grossmeister  Lacome  (s.  d.)  veranstaltete 
Frauenlogen  für  den  Grossmeister,  den 
Grafen  von  Clermont  (Louis,  Prinz  von 
Bourbon).  Die  Neugier,  der  Eigensinn  und 
die  Eitelkeit  der  Frauen  einerseits  und  an- 
drerseits die  Galanterie  und  Ver^ü^ungs- 
sucht  der  vornehmen  Herren,  die  sich  in 
der  Gesellschaft  der  Damen  belustigen  und 
ergötzen  wollten,  leisteten  dem  Umsich- 
greifen dieses  maurerischen  Unwesens  vielen 
Vorschub.  Der  Grossorient  beschloss  1  I.Juni 
1774,  «dass  sich  kein  Maurer  in  einer 
Adoptionsloge  befinden  dürfe  ausser  mit 
regelmässigen  Maurern,  und  wenn  sie  vom 
Meister  einer  regelmässigen  Loge  oder  in 
seiner  Abwesenheit  von  dessen  Beamten 
abgehalten  werden.«  Damit  war  die  A. 
anerkannt  Statt  dessen  und  anstatt  sogar 
ihre  Eituale  zu  genehmigen,  hätte  der 
Grossorient  diese  ganze  Einrichtung  für  iin- 
re^elmässi^e  Arbeit  erklären  sollen.  Die 
Stimmen  über  die  A.  sind  sehr  geteilt.  [Vgl. 
Thory,  Hist.  de  la  fondation  du  Gr.  Or.  de 
France  S.  360  ff.  Bonneville,  Les  J^uites 
chass^  delaMa^onnerie,  11,80.  Abb^Bobin, 
Becherches  sur  les  initiations  anciennes  et 
modernes  (Amsterdam  1779)  S.  151  ff.  172. 
Köthener  Taschenbuch  1801,  S.  237  ff. 
Encycl.  Ma^.  I,  193  ff.  Freemas.  Quaterly 
Beview  1837,  8.  466.]  Die  Herzogiu  von 
Bourbon  war  seit  1775,  die  Prinzessin  von 
Lamballe  seit  1780  Grossmeisterin  der  schot- 
tischen Adoptionsmutterloge.  Die  Frauen- 
logen wurden  mit  viel  Aufwand  und  grosser 
Pracht  abgehalten.  Der  höchste  Adel  (&ängte 
sich  dazu,  die  berühmtesten  Künstler  fanden 
sich  ein,  gelehrte  und  künstlerische  Vor- 
trJlge  wurden  gehalten,  Konzerte  veran- 
staltet, Preise  ausgesetzt,  Denkmünzen  für 
verdienstvolle  Handlungen  der  Menschen- 
liebe gestiftet,  Sammlungen  veranstaltet  und 
zum  Schluss  wurde  die  Nacht  hindurch 
das  Vergnügen  eines  glänzenden  Balles 
genossen.  Mangourit  (s.  d.)  versuchte  1809 
die  Adoptionsmaurerei  dadurch  zu  veredeln, 
dass  er  als  ihren  Hauptzweck  die  Wohl- 
thätigkeit  am  weiblichen  Geschlecht  in 
ihren  manni^achen  Beziehungen  hinstellte ; 
aber  dieser  Reformversuch  misslang.  Auch 
in  Nimwegen  und  Loo  wird  eine  Adoptions- 
loge unterm  Vorsitz  des  Prinzen  von  Waldeck 
und  der  Prinzessin  von  Oranien  und  in 
Prag  bei  der  Loge  Wahrheit  und  Einigkeit 


zu  den  drei  gekrönten  Sternen  erwähnt. 
In  Warschau  bestanden  seit  1783  Adoptions- 
logen, die  vom  Grossorient  von  Polen  an- 
erkannt und  von  denen  die  eine  1810 
wieder  eröfihet  wurde  und  Anna  Potocka, 
geb.  Fürstin  Sapieha,  zur  Grossmeisterin 
hatte.  Das  Rituelle  der  A.  ist  in  den 
Schriften  bei  Kloss,  Bibl.  Nr.  2112—2119, 
2122,  2128,  2131  und  in  Lachmann,  Ge- 
schichte und  Gebräuche  der  Hochgrade 
(Braunschweig  1866)  S.  230  fr.  behandelt, 
in  denen  zum  Teil  auch  ihre  Statuten  una 
Reglements  vorkommen.  Für  gewöhnlich 
bearbeitete  man  3  Grade,  doch  kamen  auch 
5  und  sogar  10  Grade  vor.  [Essai  sur  le 
myst^re  et  le  v^ritable  objet  de  la  con- 
frSrie  des  Francs  MaQons  (Haye  1771,  H.^. 
Amsterdam  1776);  abge<u:.  im  Abr^gä  de 
rhist.  de  la  F.-M.  (Londres,  Lausanne  1779); 
übers,  in  der  Freym.-Bibl.,  I,  S.  99  flf. 
B.  1884,  S.  22  (wo  die  ritualgemässe  Be- 
förderung in  den  zweiten  Grad  abgedruckt 
ist).  Dr.  L.  1895,  S.  2126.  MiUheilungen  a.  d. 
Verein  deutscher  Freimaurer,  I,  3,  S.  9; 
n,  1,  S.  40  (wo  das  Bitual  der  französischen 
Logen  mitgeteilt  ist).  FZ.  1892,  S.  62.]. 
Nachdem  die  Adoptionsmaurerei  seit  An- 
fang des  19.  Jahrhunderts  eingegangen  war, 
ist  sie  in  Frankreich  neuerdings  wieder 
aufgelebt,  indem  Maria  Deraismes  1893 
eine  Loge  mixte  gründete,  die  sich  zur 
Grossloge :  Grande  Loge  Symbolique  Ecos- 
saise  «Le  Droit  Humain«  ausbildete  und 
«gemischte  Logen«  nicht  nur  in  Frankreich, 
sondern  auch  in  der  Schweiz  und  Bumä- 
nien  ins  Leben  rief  [vgl.  L.  1896,  S.  142, 
192;  1897,  S.  24J.  In  Spanien  ist  die 
Adoptionsmaurerei  sogar  um  dieselbe  Zeit 
(1892)  offiziell  anerkannt  worden  durchGrün- 
dung des  Bito  de  adopcion  ä  de  sefioras 
durch  den  Grossorient  von  Spanien,  und 
zwar,  wie  es  in  dem  betreffenden  Bund- 
schreiben heisst,  um  der  wilden  Aufiiahme 
der  Frauen  in  den  Logen  zu  steuern.  [Die 
Statuten  s.  FZ.  1892,  S.  62.]  Ebenso  hatte 
die  1890  gegründete  Gran  Dieta  Symbolica 
in  Mexiko  die  Aufnahme  von  Frauen 
zugelassen  und  Frauenlogen  gegründet, 
musste  aber  1895  von  dieser  Praxis  ab- 
lassen. Dafür  hat  die  mexikanische  Gran 
Logia  del  Distrito  Federal  einen  »Orden 
Estrella  Nacional«  für  Frauen  eingerichtet 
Pygl.  L.  1896,  S.  16].  Auch  aus  Spanisch- 
Westindien  und  Argentinien  ist  im  letzten 
Jahrzehnt  die  Existenz  von  Frauenlogen 
gemeldet  worden.  Li  England  hat  man 
aus  Gefälligkeit  gegen  die  Frauen  freim. 
Bälle  ins  Leben  gerufen,  an  denen  Nicht- 
maurer  teilnehmen  dürfen  und  die  Maurer, 
wie  es  dort  und  in  Nordaro erika  Sitte  ist,  mit 
allen  maurerischen  Abzeichen  geschmückt 
erscheinen.  In  Nordamerika  hat  sich  das 
System  der  A.  zwar  nicht  ausgebildet,  es 
werden  aber  die  verschiedenartigsten  Grade 
(ladies  degrees)  als  Ehrenzeichen  an  Maurer- 
witwen, -firauen,  -Schwestern  und  -töchter 
mit  und  ohne  Feierlichkeiten  verteilt;  am 
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6 


Adressbuch  —  Afrikanische  Bauherren. 


bekanntesten  von  ihnen  ist  der  Orden  vom 
östlichen  Stern.  In  Deutschland  blieb  es 
bei  einem  Versuche  durch  den  Baron 
V.  Hund  (s.  d.)  und  den  Besen-Orden  (s.  d.), 
die  A.  einzuführen. 

Adressbnoli  für  Freimaurer,  in  dem 
jeder  Geschäftszweig,  bez.  Beruf  eine  eigne 
Abteilung  eröffnet,  ist  ein  Gedanke,  der 
FZ.  1892,  S.  80  aufgetaucht  ist,  aber  nicht 
verwirklicht  wurde  und  zwar  mit  Becht, 
weil  die  Freimaurerei  allen  geschäftlichen 
Dingen  fem  steht.  Deshalb  ist  auch  der  in 
Berlin  erscheinende  «Herold«  (s.d.),  der  zum 
Teil  nur  geschäftliche  Bekanntmachungen 
und  Empfehlungen  enthält,  vielfach  be- 
kämpft und  verworfen  worden. 

Affen«  nnd  Löwenritter  (Orden  der), 
ein  ganz  bedeutungsloser  und  ziemlich  un- 
bekannter Auswuchs  der  sog.  schottischen 
Maurerei  in  den  Jahren  1776—80,  der  sich 
im  Besitz  der  Geheimnisse  der  alten  Tem- 
pelherren zu  sein  rühmte  und  nach  den 
beiden  Symbolen  des  (mit  offnen  Augen 
schlafenden)  Löwen  als  Sinnbilds  der  Wach- 
samkeit und  des  Affen  als  Sinnbilds  der 
Nachahmung  benannt  war. 

Afftliation,  8.  Annahme. 

Afghanistan  (asiatisches  Emirat).  Hier 
hat  kurze  Zeit  in  Kabul  eine  Loge  be- 
standen, die  von  der  Grossloge  von  Eng- 
land 3.  Juni  1880  gestiftet  wurde,  aber 
mit  der  Aufgabe  Kabuls  durch  die  Eng- 
länder 1881  wieder  einging. 

Afrika.  Bereits  1747  soll  in  Alexan- 
drien  von  Schottland  aus  eine  Loge  ^e- 
eründet  worden  sein,  deren  Bestand  in- 
dessen nicht  erweislich  ist.  Dagegen  wurde 
schon  1764  eine  Loge  in  St.  Helena  von 
England  aus  gestiftet.  Die  älteste  noch 
bestehende  Loge  auf  dem  afrikanischen 
Festlande  ist  die  holländische  Loge  De 
goede  hoop  in  Kapstadt,  die  1772  errichtet 
wurde.  Demnächst  fand  die  Freimaurerei 
Eingang  1775  auf  B^union  und  1778  auf 
Mauritius  von  Frankreich  aus,  1792  in 
Sene^unbien  und  1810  an  der  Goldküste 
von  England  aus,  1811  in  Ägypten  von 
Frankreich  aus,  1820  auf  den  Kanarischen 
Inseln  und  1822  in  Sierra  Leone  von  Eng- 
land aus,  1882  in  Algerien  von  Frankreich 
aus,  1851  im  Oranje- Freistaat  und  1858 
in  Natal  von  England  aus,  1861  in  Tunis 
von  Frankreich  aus,  1864  in  Tripolis  von 
Italien  aus,  1864  auf  Ascension  und  1867 
in  Lagos  von  England  aus,  1867  in  Li- 
beria« wo  sich  eine  eigne  Grossloge  bil- 
dete, 1869  auf  den  Seschellen  von  Frank- 
reich und  in  der  Südiufrikanischen  Bepublik 
von  den  Niederlanden  aus.  Neuerdings 
sind  endlich  britische  Logen  in  Britisch- 
Betschuana-  und  Matabeleland,  italienische 
in  Erythräa  und  eine  französische  in  Ma- 
daga^ar  entstanden.  Ferner  hatte  die 
Freimaurerei  auch  vorübergehend  Fuss  ge- 
fasst  in  Angola  und  Mosambik,  wo  portu- 

§iesische  Logen  in  den  siebziger  Jahren 
es  19.  Jahrhunderts  thätig  waren.    Auch 


in  Marokko  und  auf  Madeira  entstanden 
Logen,  über  deren  gegenwärtige  Thätigkeit 
nidits  bekannt  ist.  Ausser  in  Liheria  giebt 
es  noch  eine  einheimische  Grossloge  in 
Ägypten;  die  1879  errichtete  Grossloge  von 
Tunis  ist  wieder  eingegangen.  Dagegen 
haben  die  Grosslogen  von  England  und 
Schottland  und  der  Grossosten  der  Nieder- 
lande in  Südafrika  Distrikts-  und  Provin- 
zialgrosslogen  geschaffen.  1898  bestanden 
in  A.  etwa  228  Logen,  und  zwar:  I.  Unter 
der  Grossen  Nationalloge  von  Ägypten 
etwa  20.  H.  Unter  der  Grossloge  von 
Liberia:  7.  HI.  Unter  der  Grossloge  von 
England:  102,  nämlich  im  Kapland  (3 
Distriktsgrosslogen)  89,  in  Natal  18,  der 
Südafrikanischen  Bepublik  22,  im  Oranje- 
Freistaat  4,  in  Britisch-Betschuanaland  2, 
in  Bhodesia  3,  in  Ägypten  4,  in  Tunis  1, 
auf  St.-Helena  2,  an  der  Goldküste  2,  in 
Sierra  Leone  2,  in  Lagos  2,  auf  Mauri- 
tius 1.  IV.  Unter  der  Grossloge  von  Schott- 
land: 80,  nämlich  im  Kapland  9,  in  Natal 
3,  im  Oranje-Freistaat  1,  in  der  Südafri- 
kanischen Bepublik^  13,  in  Bhodesia  2, 
auf  Mauritus  1,  in  Ägypten  1.  V.  Unter 
der  Grossloge  von  Irland:  3,  nämlich  in 
der  Südafrikanischen  Bepublik  2  und  auf 
Mauritius  1.  YI.  Unter  dem  Grossorient 
von  Frankreicn:  19,  nämlich  in  Algerien  11, 
in  Senegambien  1,  in  Ägypten  3,  in  Tunis  1, 
auf  B^union  1  und  auf  Mauritius  2.  VII. 
Unterm  Supr^me  Conseil  von  Frankreich: 
12,  nämlich  in  Ägypten  7,  in  Algerien  4 
und  auf  Madagaskar  1.  Vin.  Unter  dem 
Grossosten  der  Niederlande:  22,  nämlich 
im  Kapland  8,  im  Oranje-Freistaat  5,  in 
der  Südafrikanischen  Bepublik  8  und  in 
Bhodesia  1.  IX.  Unter  dem  Grossorient 
von  Italien:  8,  nämlich  in  Ä^pten  5  und 
in  Erythräa,  Tripolis  und  im  Kapland  je  1. 
X.  Unterm  Grossorient  von  Griechenland: 
1,  in  Ägypten.  Ob  und  wieviel  Logen  unter 
den  spanischen  Grosslogen  und  dem  Gross- 
orient von  Lusitanien  in  A.  bestehen,  ist 
unbekannt.  Deutsche  Lo^en  befinden  sich 
in  Kapstadt  und  Johannesburg,  früher  auch 
in  Kairo.  S.  diese  Städte  und  die  ein- 
zelnen Länder. 

AfriluuiiBohe  BanlierreB.  Unter  diesem 
auf  Beschäftigung  mit  Mathematik  und  zu- 
gleich auf  Zusammenhaue  mit  den  ägypti- 
schen Geheimlehren  hindeutenden  Namen 
kommt  in  den  sechziger  Jahren  des 
18.  Jahrhunderts  ein  freimaurerisches  Sy- 
stem in  Deutschland  vor,  das  aber  nur  ge- 
ringe Ausbreitung  fand,  seinen  Haupt- 
träger in  dem  Knegsrat  Küppen  (s.  d.)  in 
Berlin,  der  seiner  eignen  Angabe  zufolge 
im  Oktober  1767  zum  Grossmeister  der 
A.  B.  erwählt  wurde,  hatte,  1775  in  Berlin 
und   1785  überhaupt   gänzlich    aufhörte. 

K'gl.   Q<«chichte   der   Grossen   National- 
utterloge  Zu  den  drei  Weltkugeln  (Brl. 
1890J,   S.   54.1     Es  unterschied   sich   da- 
durck  vorteilhaft  von  andern  zahlreichen 
Systemen  jener  Periode,  dass  es  gelehrte, 
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Agapen  —  Agdollo. 


freilich  immerhin  sehr  unwissenschaftlich 
betriebene  Forschungen  über  Geschichte 
imd  Geheinmisse  der  Freimaurerei  zum 
Zweck  hatte,  daher  auch  Mitglieder  dieses 
Ordens  nur  Gelehrte  und  Künstler  sein,  in 
den  Kapiteln  in  lateinischer  Sprache  ver- 
handelt und  alljährlich  an  einem  der  bei- 
den Hauptfesttage,  am  5.  Okt.  (der  andere 
Festtag  war  der  Himmelfahrtstag),  ein 
Preis  von  50  Dukaten  für  die  beste  Ar- 
beit erteilt  werden  sollte,  wie  denn  die 
ganze  Einrichtung  den  Charakter  einer  ge- 
lehrten Gesellschaft  trug  und  der  der  Pari- 
ser Akademie  nachgebildet  war.  Über- 
haupt scheint  ein  Zusammenhang  mit  der 
Gesellschaft  der  Alethophilen  (s.  d.)  bestan- 
den zu  haben,  worauf  namentlich  auch  der 
5.  Grad  des  Ordens  hinweist  Andrerseits 
trftgt  die  Gliederung  und  die  überladne 
und  vielfach  geradezu  geschmack-  und 
sinnlose  S3rmbolik  des  Ordens  deutliche 
Spuren  der  Abstammung  von  dem  franzö- 
sischen Hochgradwesen  jener  Zeit,  und  es 
ist  leicht  möglich,  dass  er  mit  einer  bereits 
1747  in  Hamburg  errichteten,  aber  gleich- 
falls bald  spurlos  verschwundnen  sog. 
afrikanischen  Loge  zusammenhing.  —  Die- 
sem doppelten  Cnarakter  des  Ordens  ent- 
spricht, was  wir  über  die  Tendenz  und  das 
Rituelle  der  vier  ersten  Grade  desselben 
wissen.  (Näheres  über  Tendenz  und  Bitual 
siehe  in  der  vorigen  Auflage  I,  S.  7.)  —  Von 
Erfolgen  der  wissenschaftlichen  Thätig- 
keit  der  A.  B.  ist  nichts  bekannt;  nur 
im  «Taschenbuch  der  höheren  Magie« 
(Altbg.  1804),  liegt,  wie  es  darin  aus- 
drücklich heisst,  »ein  Produkt  ihrer  Be- 
mühungen nach  ihrer  Auflösung«  vor.  Es 
enthält  auf  die  sog.  geheimen  Wissen- 
schaften bezügliche  Auuätze,  die,  soweit 
sie  geschichtlich  sind,  ziemlich  unkritische 
Wi^erholungen  früherer  Untersuchungen 
und  Aufstellungen  sind.  —  Der  Orden  der 
A.  B.,  schon  seiner  ganzen  Anlage  nach 
nur  auf  einen  engern  Kreis  von  Genossen 
angewiesen,  fand  diese  nur  in  sehr  geringer 
Zahl.  Er  scheint  hauptsächlich  nur  in 
Berlin  —  den  Sitz  des  Hauptkapitels  — , 
hiemächst  in  der  Oberlausitz  Jjogen  ge- 
habt zu  haben;  auch  in  Köln  und  Worms, 
sowie  in  Paris  unter  Leitung  eines  gewissen 
Kühn  sollen  Logen  bestanden  haben. 
Mit  V.  Hund  (s.  d.)  und  dessen  Svstem  der 
strikten  Observanz  (s.  d,)  kam  der  Orden 
in  Streit,  den  Koppen  leohaft  führte;  von 
andrer  Seite  fand  der  unzweifelhaft  auf 
Edleres  gerichtete  Zweck  imd  die  würdige 
Haltung  der  A.  B.  auch,  wiewohl  nur  ver- 
einzelt, Anerkennung.  Der  Mangel  an 
Lebensfähigkeit  des  Ordens  trat  bald  zu 
Tage;  nur  aus  den  J.  1766—71  sind  Kapitel- 
beschlüsse als  Lebenszeichen  vorhanden; 
bald  daraufscheint  er  ganz  erloschen  zu  sein, 
wohl  schon  lange  vorher,  ehe  ein  von  Kop- 
pen verfasstes  originelles  lateinisches  Aus- 
schreiben, das  Scnlözer  in  seinen  »Staats- 
anzeigen«,  Bd.  IX,  St  38  (vgl.  Bd.  X,  St.  42) 


abgedruckt  hat,  1781  das  Kapitel  der  Bitter 
des  Stillschweigens  für  aufgenoben  erklärte. 

C7gl.  Die  entdeckten  Trümmer  der  Bau- 
erren Loge,  (Berl.  1790).    Das  angeführte 
Taschenbuch,  S.  1—17.] 

Agapen.  Unter  A.  versteht  man  die 
Liebesmahle  der  ersten  Christen,  die 
mit  der  Feier  des  Abendmahls  verbunden 
waren.  Sie  wurden  Liebesmahle  genannt, 
weil  sich  auch  die  Armem  dabei  beteiligen 
durften.  Anfönglich  wurden  sie  tätlich 
gefeiert.  Als  sich  die  Barche  ausbreitete, 
vollzog  sich  im  2.  Jahrh.  die  Trennung 
des  agapischen  Mahls  von  der  Abendmahls- 
feier. Ersteres  wurde  an  Gedenktagen,  an 
Todestagen  der  Märtyrer,  bei  Hochzeiten 
oder  Leichenfeierlichkeiten  in  der  Kirche 
oder  in  Privathäusem  unter  geistlicher 
Aufsicht  gehalten.  Trotzdem  erregte  es 
Anstoss,  und  es  kamen  auch  in  der  That 
Missbräuche  vor.  Daher  schafite  man  zu- 
erst die  A.  in  den  Kirchen  ab  und  unter- 
sagte den  Geistlichen  die  Teilnahme.  Ende 
des  7.  Jahrh.  hören  sie  ganz  auf.  Wieder 
eingeführt  sind  diese  Liebesmahle  von  den 
Baptisten,  Methodisten  und  der  Brüder- 
gemeine. An  die  A.  erinnern  im  allge- 
meinen die  Tafellogen  (s.  d.)  der  Frei- 
maurer und  die  in  freierer  Form  gehaltenen 
Brudermahle  (s.  d.).  Liebesmahle  nach  der 
Weise  der  ersten  Christen  werden  von  den 
höhern  Graden  einiger  Systeme  und  von 
den  Eosenkreuzem  gefeiert.  In  Zusammen- 
hang mit  der  Freimaurerei  wollte  sie  der 
Prowssor  der  Theologie  Kestner  in  Jena 
bringen,  durch  seine  Schrift:  «Die  Agape 
oder  der  geheime  Weltbund  der  Christen, 
von  Clemens  in  Bom  nach  einer  hierar- 
chischen Konstitution  und  einem  Gnmd- 
system  maurerisch -symbolischer,  religiös- 
ceremonieller  Systeme  unter  Domitians  Ee- 
gierung  gestiftet«  (Jena  1819).  Doch  fanden 
seine  Phantastereien  selbst  zu  jener  Zeit 
keinen  Glauben.  Das  ganze  Werk  beruht 
auf  willkürlichen,  aus  neuerer  Zeit  in  die 
alte  übertragnen  Mutmassungen.  Daher 
hat  die  theologische  Wissenschaft  die  An- 
sichten des  Verf.  stets  unberücksichtigt 
gelassen  und  den  Agapenbund  als  ein  ge- 
lehrtes Traumbild  betrachtet.  Ebenso  un- 
nachweisbar ist  der  Zusammenhang  des 
Weltbundes  der  A.  mit  dem  Bunde  der 
Freimaurer.  [Vgl.  über  das  Ganze:  Drescher, 
De  vet.  Christ,  aga^is  (Giessen  1824).  Siegel, 
Handbuch  der  diristUch-kirchlichen  Alter- 
tümer (Lpz.  1886),  1, 83—92.  W.  J.,  Jahrg.  1, 
Quart  3,  S.  97—120:  Abhandlung  von  flof- 
rat  V.  Bom,  Über  den  Ursprung  der  Tafel- 
logenJ 

Agdollo,  auchAgdalooder  Agdolo,Peter 
Aloys  d',  Marchese,  Sohn  eines  venetiani- 
schen  Kauteanns,  gest.  27.  Aug.  1800,  wurde 
1768  Major,  1769  kurf.  sächs.  Oberst  und 
Generaladjutant  des  Prinzen  Xaver,  als 
Administrators  von  Sachsen,  später  (1776) 
als  Agent  der  verwitweten  Kurfürstin  von 
Sachsen  in  Untersuchung  verwickelt  und 


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8 


Agram  —  Ägypten. 


starb  als  Staatsgefangener  auf  dem  König- 
stein.  Er  erhielt  1766  von  der  Grossloge 
zu  London  ein  Konstitutionspatent,  das 
ihin,  sowie  A.  F.  v.  Brühl  (s.  dX  Baron 
Y.  Weiler  (s.  d.)  und  Leutnant  Borghesi 
die  Würde  eines  Provinzialgrossmeisters 
•aller  Logen  des  KurfQrstentums  Sachsen, 
die  unter  der  englischen  Konstitution 
stehen«,  erteilte.  Sfitbegründer  der  Loge 
St.  Jean  des  voyafeurs  in  Dresden  1766, 
deckte  er  diese  1767,  als  wegen  anderweit 
erschienener  englischer  Bestimmungen  Miss- 
helligkeiten unter  den  Mitgliedern  ent- 
standen, schloss  sich  aber  der  1768  aus 
genannter  Bauhütte  hervorgegangnen  Loge 
Aux  vrais  amis  an.  die  sich  1772  mit  der 
Loge  Zu  den  drei  Schwertern  vereinte.  Als 
Mi^lied  der  vereinten  Logen  war  er  na- 
mentlich auch  bei  dem  zur  Linderung  der 
Hungersnot  im  Erzgebirge  in  Dresden  ein- 
gerichteten maurerischen  Wohlthätigkeits- 
werk  und  der  Begründung  des  Dresdner 
«  Freimaurerinstituts  c  thätig.  [Vgl.Peuckert, 
Gesch.  der  Loge  Zu  den  drei  Schwertern 
u.  s.  w.  (Lpz.  1888.)  Bülau,  Geh.  Gesch.  I, 
196  fg.] 

kgrtOKk  (Hauptst  von  Kroatien-Slawonien, 
[1890]  87529  E ).  Hier  bestand  im  18.  Jahr- 
nundert  eine  von  der  Grossen  National- 
Mutterloge  Zu  den  drei  Weltkugeln  ge- 
stiftete, wahrscheinlich  nur  bis  1794  thfttige 
Loge  Zur  Klugheit,  die  deutsch  und 
lateinisch  arbeitete. 

Igypten  (türk.  Tributärstaat).  Die  Frei- 
maurerei hat  den  ersten  Eingang  in  diesem 
Lande  1747  in  Alexandrien  gefunden,  doch 
ist  das  Bestehen  dieser  Lo^e  nicht  sicher. 
Ebensowenig  beglaubigt  ist  eine  Loge 
nach  dem  Kitus  von  Memphis,  die  1798 
in  Ä.  französische  Ofißziere  gegründet 
haben  sollen.  Die  ersten  Logen,  von  denen 
man  sichere  Nachricht  hat,  sind  die  Logen 
Les  Chevaliers  des  Pyramides  in  Kairo 
und  Les  amis  de  la  concorde  in  Alexan- 
drien, die  1811  und  1812  von  der  Pariser 
M^re-Loge  du  rit  ^cossais  philosophique  ge- 
stiftet wurden,  aber  nicht  von  langem 
Bestand  waren.  Nach  der  italienischen 
Bevolution  vom  Jahre  1880  errichteten 
vornehmlich  geflüchtete  Italiener  eine  Lo^e 
unter  dem  Namen  Pyramidenloge,  die 
etwa  bis  1858  bestanden  haben  mag.  1847 
stiftete  der  Grossorient  von  Frankreich 
eine  Loge  in  Alexandrien,  der  er  1863  und 
1875  zwei  weitere  daselbst  und  1868  und 
1882  Logen  in  Kairo  und  Mansura  folgen 
Hess.  1862  errichtete  das  Suprdme  CJonseil 
von  Frankreich  die  erste  Loge  in  Alexan- 
drien, der  weitere  Logen  daselbst  und  in 
Ismailia,  Kairo,  Port  Said,  Suez  und  Chou- 
brah  folgten.  1862  stiftete  auch  die  Gross- 
loge von  England  eine  Tochterloge  in 
Alexandrien  und  im  weitem  Verlauf 
noch  8  Logen  daselbst  und  in  Kairo  und 
Ramleh.  Ebenfalls  1862  errichtete  der 
Grossorient  von  Turin  zwei  Logen  in 
Kairo;    später   wurde   noch   eine   Anzahl 


italienischer  Logen  vom  Grossorient  von 
Italien  gestiftet  1866  wurde  in  Kairo  (s.  d.) 
eine  deutsche  Loge  Sphinx  unter  der 
Grossen  Loge  von  Hamburg  ins  Leben 
gerufen.  In  demselben  Jahre  wurde  ein 
-Versuch  gemacht,  den  Bitus  von  Memphis 
in  Ä.  einzuführen;  allein  bald  zeigte  es 
sich,  dass  die  Träger  dieser  Idee  hierzu  gar 
nicht  die  erforderliche  Ermächtigung  hatten. 
Am  16.  und  17.  Jan.  1867  berief  die  Loge  Les 
Pyramides  in  Alexandrien  (unter  dem  Gross- 
Orient  von  Frankreich)  die  ägyptischen 
Logen  (deren  damals  13  waren)  zu  einem 
Kongress  in  Kairo,  zu  dem  sich  ihrer  zehn 
einfanden.  Es  wurde  ein  Vertrag  abge- 
schlossen, nach  dem  alle  ägyptischen  Logen 
einander  die  Namen  der  Suchenden  mit- 
teilen und  für  den  Fortschritt  wirken 
^chulen  unterhalten,  den  Freihandel  be- 
fördern, die  Landwirtschaft  unterstützen, 
Wohlthätigkeit  ohne  Almosen  üben  u.s.w.) 
sollten  [vffl.  Bh.  1867,  S.  90,  164].  Nament- 
lich zeichnete  sich  die  deutsche  Loge 
Sphinx  in  Kairo  durch  ihr  Wirken  mr 
Schulen  aus.  1867  errichtete  auch  die 
Grossloge  von  Schottland  ihre  erste  Tochter- 
loge in  Suez,  der  sie  1884  eine  Loge  in 
Alexandrien  folgen  liess.  Um  diese  Zeit 
entstand  auch  eine  einheimische  Gross- 
behörde. Schon  vor  1862  soll  der  Gross- 
hierophant  des  Bitus  von  Memphis,  J.  E. 
Marconis,  in  Kairo  eine  Loge  Menes  und 
in  Alexandrien  einen  Obersten  Bat  unterm 
Namen  Grossorient  von  Ägypten  ein- 
gesetzt haben  mit  der  Befugnis,  die  ersten 
90  Grade  dieses  Eitus  zu  erteilen  und 
Logen,  Kapitel,  Areopage,  Senate  und 
Konsistorien  zu  errichten.  Als  Marconis 
seine  Stellung  als  Grosshierophant  zu 
Gunsten  des  Grossorients  von  Frankreich 
aufgab  und  der  Bitus  von  Memphis  diesem 
Grossorient  einverleibt  wurde,  schuf  sich 
der  Grossorient  von  Ä.  1867  auch  ein 
Sanktuarium,  um  die  Grade  91 — 96  bear- 
beiten zu  können  und  wählte  den  Prinzen 
Halim  Pascha,  einen  Sohn  des  bekannten 
Mehemet  Ali,  zum  Grossmeister.  Als  dieser 
das  Jahr  darauf  in  die  Verbannung  ging, 
fielen  die  Logen  des  Grossorients  in  Un- 
thätigkeit  und  auch  das  Sanktuarium  stellte 
1869  seine  Thätigkeit  ein.  Am  21.  Dez. 
1872  wurde  es  wieder  ins  Leben  gerufen, 
und  mit  Genehmigung  des  Elhedive  wurde 
der  später  durch  seine  Abschwörung  [vgl. 
L.  1896,  S.  88]  bekannt  gewordene  S.  A. 
Zola  Grossmeister  und  1874  Grosshiero- 
phant. Neben  dem  Grossorient  bestand 
das  Supremo  Consiglio  d'Egitto  in 
Alexanorien  für  den  schottischen  Bitus, 
der  4.  Sept.  1864  vom  Supremo  Ck>nsiglio 
Grand'  Oriente  von  Neapel  gegründet  wor- 
den war  und  auch  vom  Grossorient  von 
Spanien  eine  Stifbungsurkunde  erhalten 
hatte.  Durch  Vertrag  vom  1.  Aur.  1875 
vereinigte  sich  das  Supremo  Consiffuo  mit 
dem  Grossorient  des  Bitus  von  Meinphis. 
Es  wurde  ein  Grosskollegium   der  Kiten 


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Ägyptische  Maurerei  —  Ahiman  Rezon. 


9 


gebildet  und  zugleich  die  Grosse  Na- 
tionalloge von  Ä.  abgezweigt  und  die 
Zuständigkeit  unter  diesen  drei  Körper- 
schaften in  der  Weise  verteilt,  dass  die 
Grosse  Nationalloge  die  symbolischen 
Grade,  die  beiden  andern  die  Hochgrade 
und  zwar  der  Grossorient  die  des  Kitus 
von  Memphis  und  das  Supremo  Consiglio 
die  des  schottischen  Ritus  zu  bearbeiten 
hatte.  1878  schied  das  Supremo  Consiglio 
wieder  aus  und  bildete  sich  als  selbständige 
Behörde  unter  dem  Supremo  CJonsiglio  von 
Palermo  und  später  unter  dem  des  Supremo 
Consiglio  in  Turin,  stellte  aber  schon  Ende 
1878  jede  Arbeit  ein.  Am  1.  Nov.  1890 
wurde  es  von  dem  souveränen  Gross- 
kommandeur ad  vitam  Domenico  Sciarrone 
wieder  ins  Leben  gerufen.  Nachdem  sich 
der  Grossorient  ursprünglich  10.  Dez.  1890 
gegen  diese  Wiederemeuerung  verwahrt 
hatte,  fand  kurz  darauf  eine  Verständigung 
statt,  womach  der  Grossorient  1  .Jan.  1 89 1  das 
Supremo  Consiglio  als  zu  Recht  bestehend 
anerkannte  und  es  sich  wieder  einverleibte. 
Neuerdings  (1897)  hat  der  Grossorient  den 
Vertrag  mit  der  Grossen  Nationalloge  wie- 
der aushoben  und  alle  seine  Rechte  wie- 
der f&r  sich  allein  in  Anspruch  genommen. 
[Vgl.L.  1885,S.124;  1896,  S.39;  1 897,  S.  168; 
Bh.^1896,  S.  108.]  Gegenwärtig  bestehen 
in  Ä.  etwa  41  Logen,  davon  I.  unter  der 
Grossen  Nationalloge  vonÄ.  etwa  20  Logen; 
n.  unter  der  Grossloge  von  England  4  (8 
in  Kairo  und  1  in  Alexandrien);  in.  unter 
der  Grossloge  von  Schottland  1  (in  Ale- 
xandrien); IV.  unter  dem  Grossorient  von 
Frankreich  8  (in  Alexandrien,  Kairo  und 
Mansura) ;  V.  unter  dem  Supr^me  Conseil 
von  Frankreich  7  (3  in  Kairo,  2  in  Ale- 
xandrien, je  1  in  Port  Said  und  Chou- 
brah) ;  VI.  unter  dem  Grossorient  von  Italien 
5  (8  in  Alexandrien  und  2  in  Kairo);  Vn. 
unterm  Grossorient  von  Griechenland  1  (in 
Kairo).  —  Seit  1871  erschien  in  Alexan- 
drien die  Zeitschrift  La  Ragione  und  seit 
1875  Memfirisorta.  Seit  1896  wird  daselbst 
die  Monatsschrift  L'Egitto  massonico  her- 
ausgegeben. 

Ägyptische  Manrerei.  1)  Ein  mystischer 
Orden,  von  CagHostro  (s.  d.)  1782  erfunden. 
2)  Rit  ^gjptien,  die  von  dem  Rit  Misralm, 
Rit  de  Memphis  und  einigen  andern  fran- 
zösischen Systemen  gebrauchte  Benennung 
ihres  Systems.  (S.  Mlumim  und  Memphis.) 

Ahiman  Bexon,  or  a  Help  to  a  Brother; 
shewing  the  Excellency  of  Secrecy  and  the 
first  Cause  or  Motive  of  the  Institution  of 
Free-Masonry  etc.  by  Brother  Laurence 
Dermott,  See.  London  1756,  ist  der  Titel 
desjenigen  Buches,  das  man  als  das 
Konstitutionsbuch  der  sog.  Andent  Ma- 
sons  (alten  Maurer)  zu  betrachten  hat. 
Wie  alles,  was  Dermott  (s.  d.)  und  die 
»Alten  Maurer«  angeht,  bisher  einseitig 
und  falsch  beurteilt  worden  ist,  so  auch 
diese  Schrift  die  in  ihrer  ersten  Auflage 
in  keiner  Weise  als  «Streitschrift«  gegen 


die  Londoner  Grossloge  gemeint  war;  denn 
diese  wird  mit  keiner  Silbe  in  dem  ganzen 
Buche  erwähnt.  An  der  Spitze  steht  eine 
Widmung  an  den  «Recht  Ehrwürdigen 
Wilhelm  Grafen  von  Blessington« ,  der 
am  27.  Dez.  1756  als  Grossmeister  der  1751 
gegründeten  Grossloge  der  Alten  Maurer 
eingesetzt  wurde,  also  bei  Erscheinen  des 
«Ahiman  Rezon«  noch  nicht  Grossmeister 
war,  aber  jedenfalls  schon  seine  Zusage  zur 
Annahme  des  Amtes  gegeben  und  die  Wid- 
mung des  Buches  ^enelunigt  hatte.  Er  war 
1838—89  Grossmeister  von  Irland  gewesen 
und  spricht  in  einem  Schreiben  an  Dermott, 
das  in  den  Protokollen  der  Grossloge  ent- 
halten ist,  seinen  Dank  aus;  er  äussert  sich 
sehr  verbindlich  und  bezeichnet  seine  Wahl 
als  eine  ihm  von  der  Brüderschaft  angethane 
Ehre.  Dasselbe  wiederholt  er,  als  i^  1758 
zum  dritten  Male  das  Amt  angeboten  wurde, 
mit  der  Versicherung,  dass  er  von  ganzem 
Herzen  das  Anerbieten  annehme  und  stets 
bereit  sein  werde,  die  »Alte  Zunft«  zu  för- 
dern. Er  behielt  das  Amt  bis  zum  27.  Dez. 
1760,  wo  ihm  der  Graf  von  Kelly  folgte. 
Man  sieht  hieraus,  welchen  Wert  die  vom 
Grosssekretär  der  »Neuern  Maurer«  He- 
seltine  (s.  d.)  im  Jahre  1769  brieflich  ausge- 
sprochene Behauptung  hat,  der  Graf  von 
Blessington  habe  den  »Alten«  verboten, 
seinen  r^amen  zu  gebrauchen,  bei  Strafe 
der  Verfolgung;  ja  Heseltine  deutet  ^anz 
unverblümt  an,  die  »Alten«  hätten  seinen 
Namen  ohne  Ermächtigung  (authority)  ge- 
braucht. Dermott  hätte  selbstverständlich 
nicht  einmal  die  Widmung  seines  Buches 
ohne  vorherige  Erlaubnis  wagen  dürfen. 
Heseltines  Brief  ist  voll  von  Unwahrheiten 
und  verleumderischen  Entstellungen  [vgl. 
Sadler,  Facts  and  Fictions,  und  Masonic 
Reprints  and  Revelations].  Also  Thatsache 
ist:  Blessington  (oder  Blesinton)  hatte  sich 
den  »Alten«  entgegenkommend  gezeigt, 
darum  widmete  Dermott  ihm  seinen » Ahiman 
Rezon«.  Die  Bedeutung  dieses  Titels  ist 
bisher  nicht  ergründet,  die  zur  Lösung  des 
Rätsels  gemachten  Versuche  sind  nicht  über- 
zeugend. Das  Wort  »Ahiman«  ist  einfach 
ein  Personenname,  wie  man  aus  Dermotts 
Vorwort  »An  den  Leser«  mit  voller  Sicher- 
heit entnehmen  kann.  Er  erzählt,  er  sei 
bei  der  Abfassung  einer  »Geschiente  der 
Maurerei«  eingeschlafen,  und  im  Traum 
seien  ihm  vier  Männer  erschienen,  die  sich 
»Shallum,  Ahiman,  Akhub  und  Talmon« 
nannten  und  sagten,  Salomo  habe  sie  zu 
HauptpfOrtnem  beimTempel  gemacht,  Shal- 
lum sei  der  Oberste  von  ihnen.  In  einer 
Anmerkung  verweist  Dermott  auf  1.  Chron. 
9, 17;  dort  steht  zu  lesen:  »Und  die  Pförtner 
waren  Shallum  und  Akhub  und  Talmon 
und  Ahiman  und  ihre  Brüder;  Shallum 
war  der  oberste«  (Schreibung  der  Namen 
nach  der  englischen  Bibel,  genau  so  bei 
Dermott,  nur  in  andrer  Reihenfolge).  Im 
weitem  Verlauf  des  Traumgesprächs  ist 
»Ahiman«    der  Wortführer,   der  Dermott 

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10 


Ahiman  Rezou. 


aufklärt,  und  darum  hat  er  dessen  Na- 
men auf  den  Titel  gesetzt.  Das  Wort 
•Bezon«  ist  jedenfalls  ein  hebräisches, 
denn  Dermott  hat  von  dieserSprache  etwas 
verstanden  (vgl.  Dermott).  Das  hebräische 
Wort  »raz6n«  (Wohlgefallen;  Huld,  Gunst; 
Wille),  das  schon  zur  Erklärung  heran- 
gezogen ist,  lautet  verkürzt  »r'zön«,  und 
diese  Form  ist  zugleich  der  das  Genitiv- 
verhältnis ausdrückende  sogenannte  Sta- 
tus constructus.  Darnach  wäre  «Ahiman 
rSz6nc  (eigentlich  richtiger  :«r^z6nAhimanc) 
etwa  »Ahimans  Gunst«  oder  «Ahimans 
Wille«  oder  «Ahimans  Wohlgefallen«,  um 
anzudeuten,  dass  der  Inhalt  des  Buches 
nach  Ahimans  Meinung  (Wille,  Wohlge- 
fallen) zusammengestellt  sei  und  nun  gleich- 
sam als  «Ahimans  Rat«  den  Aufklärung 
suchenden  Brüdern  zur  Hilfe  dargeboten 
werde.  Das  Vorwort  ist  ein  feiner  Spott 
über  ^e  in  den  bisherigen  Konstitutions- 
büchem  enthaltene  Geschichte  der  Maurerei 
von  der  Schöpfung  bis  auf  die  Gegenwart, 
die  Dermott  auf  Ahimans  Bat  lieber  fort- 
lässt,  um  die  für  die  Gesellschaft  zur  Zeit 
notwendigem  und  nützlichem  Dinge  dar- 
zubieten. Man  hat  Dermott  den  Vorwurf 
Gemacht,  er  biete  wenig  Eigenes  und  habe 
en  grössten  Teil  des  Inhäts  aus  andern 
Büchern  abgeschrieben.  Dies  ist  ganz 
richtig,  zeigt  aber,  dass  der  andre 
schwere  Vorwurf,  Dermott  habe  in  bös- 
williger Absicht  die  »Alte  Maurerei«  ge- 
schaffen und  gefördert,  in  der  Luft  schwebt. 
Er  hat  auch  nicht  einfach  alles  abge- 
schrieben, sondern  nennt  im  Vorwort  ganz 
ehrlich  aie  Bücher,  die  er  benutzt  hat; 
denn  er  hatte  gar  nicht  die  Absicht,  etwas 
angeblich  Neues  zu  bieten,  sondem  wollte 
der  Brüderschaft  gerade  die  Bekannt- 
schaft mit  den  alten  Bräuchen  und  Ge- 
setzen vermitteln  (Vorwort,  S.  XV). 
Der  leise  Spott  über  die  in  ähnlichen 
Büchern  dargebotene  «Geschichte  der  Mau- 
rerei« ist  vöflig  berechtigt,  und  im  übrigen 
spricht  der  redlichste  Ernst  aus  des  Ver- 
fassers Worten.  Auch  die  24  Seiten  Vor- 
bemerkungen zu  dem  eigentlichen  Unter- 
richtsstoff offenbaren  die  ehrlichste  Ge- 
sinnung und  den  reinsten  Eifer  für  die 
Sache  der  Maurerei.  Ein  grosser  Teil  dieser 
Seiten  ist,  was  bisher  noch  niemand  be- 
merkt zu  haben  scheint,  auch  gar  nicht 
Dermotts  Eigentum,  sondem  bald  wörtlich, 
bald  mit  kleinen  Veränderungen  aus  dem 
im  Vorwort  gleichfalls  genannten  Buche 
Dassignys  (s.  d.)  entnommen.  Die  «Alten 
Pflichten«  (S.  25—84)  sind  aus  Spratts 
«Konstitutionsbuche  zum  Gebrauch  der 
Logen  in  Irland«  (Dublin  1751)  abgedruckt, 
der  seinerseits  diese  mit  kleinen  Änderungen 
aus  Andersons  2.  Ausgabe  von  1788  her- 
übergenommen hatte.  Die  Fassung  weicht 
nicht  unerheblich  von  der  in  der  1.  Aus- 
gabe (1728)  ab,  welche  letztere  von  der 
Londoner  Grossloge  in  der  3.  Ausgabe  von 
1756  wiederhergestellt  wurde.    Die  irische 


Grossloge  hat  aber  in  der  Folgezeit  an  der 
Fassung  von  1738  festgehalten  und  erst 
1899  diejenige  Penneils  von  1730  her- 
gestellt. Dass  Dermott  die  irische  Be- 
arbeitung wählte,  war  bei  der  Stellung 
der  «Alten  Maurer«  selbstverständlich, 
wie  er  denn  ja  auch  die  «Allgemeinen 
Verordnungen«  (S.  51—87)  nicht  von 
Anderson,  sondem  von  Spratt  entlehnte. 
Die  dazwischen  stehenden  kleinem  Stücke 
(S.  35—50)  sind  aus  verschiednen  Quellen: 
die  «Kurze  Ermahnung«  (S.  35—38)  steht 
schon  in  Smiths  Pocket-Companion  von 
1735  (London  und  Dublin),  die  »Alte  Art 
der  Einsetzung  einer  Loge«  (S.  39—42)  bei 
Spratt  (nicht  unmittelbar  nach  Anderson 
1738),  vier  Gebete  (S.  43—47),  davon  zwei 
in  Scotts  Pocket-Companion  von  1754  fein^ 
auch  bei  Spratt).  Ln  Anschluss  an  diese 
Gebete  erwähnt  Dermott  (S.  47—50),  dass 
vor  einiger  Zeit  jemand  fälschlich  behauptet 
habe,  er  kenne  den  Royal -Arch- Grad 
und  könne  ihn  vollkommen  lehren,  dass 
er  aber  den  Namen  des  Betreffenden 
verschweigen  wolle,  da  seine  Absicht  eher 
sei  zu  bessern,  als  blosszustellen ;  der  Ver- 
irrte werde  dies  lesen  und  nicht  weiter  Un- 
ehre über  die  Zunft  und  sich  selbst  bringen, 
er  habe  gute  Absichten  mit  ihm,  wie  Hesiod 
mit  seinem  Bruder  Perses,  als  er  ihm  einen 
guten  Rat  gab  (folgt  eine  Stelle  aus  Hesiod). 
Dies  macht  dem  Dermott  alle  Ehre  und 
zeugt  für  seinen  Edelmut,  von  der  Sache 
selbst  ist  im  Protokoll  der  Grossloge  vom 
4.  März  1752  die  Rede,  wo  ein  Dr.  Mackey 
als  dieser  falsche  Lehrer  genannt  wird. 
Dermotts  Ermahnung  sagt  auch,  dass  nach 
altem  Brauche  der  Zunft  niemand  ein  Recht 
auf  den  Grad  habe,  «ohne  in  regelrechter 
Form  durch  den  Stuhl  gegangen  zu  sein« 
(S.  48),  wofür  er  sich  noch  auf  eine  aus 
Dassignys  »Enquiry«  angezogne  Stelle 
beruft,  ^piese  Anschauung  Dermotts  beweist, 
neben  verschiednen  andern  Äusserungen 
in  den  Protokollen,  dass  er  mit  der  Ertei- 
lung des  Grades  sehr  zurückhaltend  und 
weit  entfernt  war,  ihn  als  «Belohnung«  im 
Hintergrund  zu  zeigen  oder  ihn  «anzu- 
preisen« [vgl.  Kloss,  Geschichte  der  Frei- 
maurerei in  England,  Lrland  und  Schott- 
land, S.  448,  unter  24  und  25];  was  er  sagt, 
ist  eine  Abmahnung  und  keine  Ermunterung. 
DenSchluss  des  «Ahiman Rezon«  (S.88— 96) 
bilden  die  «Verordnungen  für  Wohlthätig- 
keit,  wie  sie  in  Lrland  und  von  York-Maurern 
in  England  geübt  werden«,  mit  der  Vor- 
bemerkung, dass  diese  seit  1738  in  Irland 
von  der  Grossloge  und  seit  1751  in  Eng- 
land von  den  alten  York-Maurern  geneh- 
migt und  geübt  worden  seien.  Die  Seiten  97 
bis  209  enthalten  eine  SammUing  von  Ge- 
sängen, Prologen  und  Epilogen  nebst  einem 
Oratorium  (Salomos  Tempel).  —  Die  zweite 
Auflage  erschien  1764  unter  dem  Titel: 
«Ahiman  Rezon,  or  a  help  to  all  that  are 
or  would  be  Free  and  Accepted  Masons, 
Containing  the  Quintessence   of  all  that 


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Ahiman  Rezon. 


11 


haa  been  published  on  the  Subject  of  Free 
Masonry«,  wo  schon  der  Titel  angiebt, 
dass  der  Verfasser  nicht  etwa  Neues  bieten, 
sondern  im  Gegenteil  nur  den  Kerninhalt 
schon  vorhan(£ier  Schriften  zusammen- 
stellen wollte.  Als  Titelbild  sind  zwei 
Wappen  beigegeben,  die  weiterhin  berück- 
sichtigt werden.  Eine  Widmung  hat  diese 
Ausgabe  nicht.  Das  Vorwort  an  den  Leser 
ist  dasselbe  wie  1756,  nur  dass  er  in  einer 
Anmerkung  (S.  ET— VII)  verschiedne  Schrif- 
ten nennt,  die  inzwischen  erschienen  waren, 
wobei  er  namentlich  den  Verfasser  von 
»The  three  distinct  Knocks«  vornimmt. 
Er  nennt  ihn  Daniel  Tadpole  und  sagt,  er 
sei  ein  Backsteinmaurer  gewesen,  aber  auf 
jämmerliche  Weise  umgekommen.  Diese 
ganze  Darstellung  ist  eine  lustige  Erfin- 
dung, um  der  genannten  Schrift  die  Glaub- 
würdigkeit zu  rauben.  Von  dem  Verfasser 
von  «Jachin  and  Boaz«  wird  behauptet,  er 
habe  sich  in  einem  Anfall  von  Eifersucht 
die  Kehle  durchschnitten.  Beide  Verfasser 
haben  nachher  ihr  Fortleben  bestätigt,  und 
ihre  Bücher  wurden  weiter  gekauft,  trotz 
Dermotts  Schauergeschichten.  Auch  Pri- 
chards  »2iergliederte  Maurerei«  wurde  ihrer 
Zeit  ohne  Erfolg  für  ungereimt  erklärt. 
Von  S.  XVII— XXTTI  folgt  eine  .Philac- 
teria«  für  solche  Herren,  die  geneigt  sein 
möchten,  Freimaurer  zu  werden.  Hierin 
mahnt  er  zu  grosser  Vorsicht  durch  meh- 
rere gute  Ratschläge,  und  man  sieht  auch 
hier,  dass  Dermott  kein  Mann  war,  der 
Leute  anlocken  wollte,  um  nur  seine  Schar 
möglichst  zu  vergrOssem,  sondern  ein  ernster 
Freimaurer,  der  Uneingeweihte  vor  Täu- 
schungen möglichst  bewahren  wollte.  Auch 
warnt  er  hier  nicht  etwa  vor  den  «Modem 
Masons«,  sondern  allgemein  vor  solchen 
Logen,  die  keine  »Vollmacht  vom  Gross- 
meister« aufweisen  können.  Erst  das  nächste 
neue  Stück  (S.  XXIV— XXXIII)  beschäf- 
tigt sich  mit  der  »modern  masonry«  in 
London.  Es  ist  an  die  »Herren  der  sehr 
Alten  und  Ehrenwerten  Brüderschaft«  ge- 
richtet und  beginnt  mit  der  Mitteilung, 
dass  er  von  Schottland,  Irland  und  Ame- 
rika aus  darnach  gefragt  worden  sei.  Der- 
mott versichert  weiter  feierlich  vor 
Gott  und  Menschen,  er  habe  nicht 
die  geringste  Abneigung  gegen  die 
Mitglieder  jener  Gemeinschaft  und 
wolle  keinerlei  Anstossgeben  Wenn 
er  dann  auch  nach  seinem  Standpunkt 
der  »ancient  masonry«  den  Vorzug  giebt, 
so  vermeidet  er  dabei  jede  Feindseligkeit 
und  Gehässigkeit.  Dass  die  gescMcht- 
lichen  Anschauungen,  die  er  vorträgt,  zum 
grossen  Teil  irrtümlich  sind,  dürfen  wir 
ihm  nicht  als  Böswilligkeit  auslegen;  denn, 
so  nahe  man  damals  auch  noch  den  An- 
fängen der  neuen  Freimaurerei  stand,  nie- 
mand wusste  sicher  Bescheid,  und  die  von 
der  Grossloge  der  »Modems«  dargebotene 
Geschichte  ist  gleichfalls  unzuverlässig. 
Dermott  erzählt,  was  ihm  berichtet  worden 


ist,  und  lässt  dabei  allerdings  einigen  Spott 
mit  einfliessen;  zum  Schluss  aber  sagt  er: 
»Ich  hoffe,  dass  ich  noch  eine  all- 
gemeineÜbereinstimmung  und  eine 
Gesamteinheit  zwischen  den  wür- 
digen Maurern  aller  Benennungen 
erleben  werde.  Dies  ist  der  ernst- 
lichste Wunsch  und  das  heisse 
Gebet  von  ....  Laurence  Dermott.« 
Diese  Worte  werden  in  den  folgen- 
den Ausgaben  (1778  und  1787)  von 
ihm  wiederholt  und  sind  auch  in  den 
Ausgaben  nach  Dermotts  Tode  (1800,  1801, 
1807)  noch  zu  lesen,  wurden  aber  von 
Kloss  (S.  393)  und  von  allen  dessen  Nach- 
folgern unbeachtet  gelassen,  obwohl  sie 
für  eine  richtige  Beurteilung  Dermotts  von 
grosser  Bedeutung  sind.  Ein  N.  B. 
(XXXIV— XXXVI)  berichtet,  Dermott 
habe  das  vom  mitgeteilte  Wappen  mit 
den  Cherubim  bei  dem  gelehrten  »Bau- 
meister und  Bruder  Babi  Jacob  Jehudah 
Leon«  gefunden,  der  zur  Zeit  Karls  H. 
ein  Modell  von  Salomos  Tempel  angefertigt 
und  dem  Könige  eine  Scli^ift  über  den 
Tempel  gewidmet  habe.  Es  sei  das  Wappen 
der  Maurer  gewesen,  welche  die  Stiftshütte 
und  den  Tempel  bauten,  also  sicherlich 
das  eigentliche  Wappen  auch  der  freien 
lind  angenommenen  Maurer.  Dies  war 
ohne  Zweifel  Dermotts  aufrichtige  Über- 
zeugung (wenn  auch  natürlich  ein  ge- 
schichtlicher Irrtum),  denn  ein  solches 
Buch  hat  es  wirklich  gegeben.  Das  Wappen 
ist  also  keine  Erfindung  Dermotts,  sondern 
aus  einer  altem  Quelle  gezogen.  Die  »Alten 
Maurer«  nahmen  es  erst  1 7  75  als  Siegel  an.  Ob 
die  Dubliner  Grossloge  und  das  Grosskapitel 
von  York  es  schon  früher  angenommen 
hatten,  ist  zweifelhaft;  es  scheint  aber  fast, 
als  hätten  es  beide  erst  durch  Dermotts 
Beschreibung  kennen  gelernt  und  von  ihm 
entlehnt.  Die  irische  Grossloge  führt  das 
Wippen  noch  heute.  Der  weitere  Inhalt 
der  zweiten  Ausgabe  des  A.  R.  ist  der- 
selbe wie  früher,  abgesehen  von  einigen 
Auslassungen  und  Zusätzen;  die  Gesänge 
im  zweiten  Teil  zeigen  eine  stärkere  Ver- 
mehrung. Gegen  diese  zweite  Ausgabe 
des  A.  R.  erschien  1765  »A  Defence  of 
Free-Masonry«  von  einem  Anhänger  der 
»Neuem  Maurer«,  ein  recht  klägliches 
Machwerk,  in  dem  man  die  mangelhafte 
Sachkenntnis  des  Verfassers  leicht  wahr- 
nimmt; drum  ist  es  auch  keine  »energische 
Widerlegung«,  am  allerwenigsten  eine 
»gründliche«,  wie  Kloss  meinte  fa.  a.  O. 
S.  395  und  449],  sondern  eine  oberfläch- 
liche Schmähschrift  ohne  jeden  wissen- 
schaftlichen Wert  (vgl.  auch  »Anolent 
MasonB«).  —  In  der  (mtten  Auflage  von 
1778  ist  die  Vorrede  an  den  Leser  wesent- 
lich verändert,  die  Traumgeschichte  ganz 
weggelassen,  dafür  aber  eine  Kritik  der 
Gründung  der  Grossloge  von  1717  gegeben, 
die  Dermott  als  nicht  gesetzmässig  nach- 
zuweisen sucht.  Der  Ton  ist  aber  irar 
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12 


Ahiman  Rezon. 


nicht  ausfallend,  sondern  ruhig,  wenn  auch 
bestimmt,  da  er  eben,  von  falschen  ge- 
schichtlichen Voraussetzungen  ausgehend, 
von  der  Richtigkeit  seines  Standpunkts 
fest  überzeugt  war  [vgl.  die  Einzelheiten 
bei  Kloss,  a.  a.  O.  S.  383  fg.].  Er  berichtet 
dann  noch,  dass  die  «Modem  Masons«  1770 
das  Parlament  um  einen  Korporationsbrief 
ersucht  hätten  mit  der  Vollmacht,  jeden 
Freimaurer  in  England  zu  bestrafen,  der 
ihnen  kein  Vierteljahrsgeld  zahle,  was 
das  Parlament  natürlich  ablehnte.  Die 
*Philacteria«  ist  wie  1764,  aber  die  Be- 
sprechiing  der  «Modem  Masons«  hat  einige 
Zusätze,  die  bemerkenswert  sind.  Zu  der 
oben  mitgeteilten  Versicherung  seiner  Un- 
befangenheit gegenüber  den  Mitgliedern 
jener  Gemeinschaft  macht  er  eine  Anmer- 
kung: «Das  war  meine  Erklärung  in  der 
zweiten  Ausgabe  dieses  Buches;  nichts- 
destoweniger sind  einige  der  neuem  Ge- 
sellschaft äusserst  ungezogen  gegen  mich 
gewesen.  Nicht  zufrieden  mit  der  Behaup- 
tung, die  Alten  Maurer  in  England  hätten 
keinen  Grossmeister,  wichen  einige  der- 
selben von  der  Wahrheit  so  weit  ab,  dass 
sie  aussagten,  der  Verfasser  (d.  i.  Dermott) 
hätte  des  Grossmeisters  Unterschrift  unter 
maurerischen  Vollmachten  gefälscht« ;  der 
Herzog  von  Atholl  habe  aber  seine  Hand- 
schrift anerkannt  und  den  Verfasser  in 
Zeitungen  gerechtfertigt;  noch  andre  hätten 
ihm  nachgesagt,  er  sei  so  ungebildet,  dass 
er  seinen  Namen  nicht  schreiben  könne, 
ja,  er  hätte  weder  Vater,  noch  Mutter,  son- 
dern sei  wild  im  Winkel  eines  Kartoffel- 
gartens in  Irland  aufgewachsen;  aber  die 
Verleumdung  einiger  Neuern  Mau- 
rer habe  ihm  keinen  wirklichen 
Schaden  gethan,  und  er  werde  in 
dem  Geiste  der  obigen  Erklärung 
fortfahren.  Die  letzten  niedrigen  Ver- 
leumdungen und  die  Schlusserklärung  hat 
Kloss  (a.a.O.  S.  387,  Anm.)  auch  wieder 
weggelassen.  Wie  vorteilhaft  iinterscheidet 
sich  hier  und  überall  Dermotts  Gesinnung 
und  Bedeweise  von  der  seiner  Gegner  I 
Eine  weitere  Anmerkung  erzählt  auf  Grund 
der  Mitteilungen  eines  GrinseU,  die  acht 
Personen,  die  1717  die  «Neuere  Maurerei« 
erfunden,  seien  Desaguliers,  Gofton,  King, 
Calvert,  Lumley,  Madden,  de  Noyer  und 
Vraden  gewesen.  Der  Urheber  dieser  Nach- 
richt hat  die  Aufiiahme  des  Prinzen  von 
Wales  im  Jahre  1787,  bei  der  gerade  jene 
acht  zugegen  waren,  mit  der  Gründung  der 
Grosslo^e  im  Jahre  1717  verwechselt;  ob 
absichtlich  oder  durch  ein  Missverständnis, 
bleibt  unentschieden.  Jedenfalls  hat  Der- 
mott hier  in  gutem  Glauben  gehandelt; 
ihn  kann  der  Vorwurf  eines  bewussten 
Missbrauchs  der  Namen  nicht  treffen,  wenn 
er    seinem   Gewährsmann    ohne    weiteres 

flaubte,  was  dieser  ihm  berichtete.  Die 
[enntnis  der  Vorgänge  bei  Gründung  der 
Grossloge  von  1717  war  selbst  bei  den 
eignen  Mitgliedern    damals    so   unsicher. 


dass  man  sich  über  die  Verbreitung  solcher 
Erzählungen  nicht  allzusehr  wundem  darf. 
Jedenfalls  ist  das.  was  in  dem  Konstitutions- 
buche der  «Modems»  von  1784  vom  Ur- 
sprung der  »Ancients«  erzählt  wird,  viel, 
schlimmer,  diese  werden  geradezu  »Be- 
trüger« (impostors)  genannt  und  ihnen 
wiederholt  «Täuschung  und  Betrug«  zur 
Last  gelegt.  Northouck  wird  von  der 
Bichtigkeit  seiner  Erzählung  ebenso  über- 
zeugt gewesen  sein,  wie  Dermott  bei  der 
seinigen,  aber  die  Darstellung  des  letztern 
ist  sachlicher  und  enthält  sich  beschim- 
pfender Ausdrücke,  ja  in  weitem  Zusätzen 
spricht  er  den  Gegnern  sogar  gesellschaft- 
liche Gleichberechtigung  zu.  Indem  er 
hervorhebt,  dass  in  London  viele  geschlos- 
sene Gesellschaften  entstanden  sind,  die 
keine  Freibriefe  besitzen,  also  in  Bezug 
auf  die  Gesetzlichkeit  ihrer  Vereinigungen 
auf  gleichem  Fusse  stehen,  betrachtet  er 
«in  diesem  Lichte«  die  beiden  Brüder- 
schaften der  Alten  und  Neuern  Freimaurer, 
die  zwei  grosse  Gemeinschaften  in  England 
geworden  wären,  aber  infolge  mancher  Ver- 
schiedenheiten als  zwei  verschiedne  Gesell- 
schaften weiter  beständen,  als  völlig  unab- 
hängig voneinander.  Die  «Neuem«  hätten 
ein  unzweifelhaftes  Becht,  sich  einen  Gross- 
meister zu  wählen,  und  das  gleiche  Becht 
stände  den  «Alten«  zu.  Nachdem  er  dann 
noch  die  Verbindung  der  »Alten«  mit  den 
Grosslo^en  von  Irland  und  Schottland  her- 
vorgehoben, endet  er  mit  dem  Ausdruck 
der  Hoffnung  auf  eine  spätere  Vereinigung 
aller  Maurer  (vgl.  S.  11^.  Daran  schÜesst 
sich  ein  Abdruck  des  angeblichen  soge- 
nannten Freimaurerverhörs  aus  der  Zeit 
Heinrichs  VI.,  das  in  den  folgenden  Aus- 
gaben seinen  Platz  behauptet,  wie  es  auch 
im  Konstitutionsbuch  der  «Neuem«  einen 
eisemen  Bestand  bildet  (1756,  1767  und 
1784),  ebenso  in  Scotts  Pocket  Companion 
(seit  1754)  und  Prestons  lUustrations  of 
Masonry  (seit  1772).  Der  Hauptteil,  der 
eigentliche«  Ahiman  Bezon«,  ist  wie  1764.  — 
Die  vierte  von  Dermott  selbst  besorgte 
Ausgabe  erschien  1787  und  stimmt  an- 
scheinend mit  der  von  1778  überein.  — 
Nach  Dermotts  Tode  folgten  noch  vier 
Ausgaben  (1800,  1801,  1807,  1813),  besorgt 
von  Thomas  Harper,  die  im  wesent- 
lichen den  frühem  gleich  sind,  aber  einen 
veränderten  Titel  haben,  nämlich:  »The 
Constitution  of  Free-Masonry,  or 
Ahiman  Bezon  U.S.  w.«,  so  dass  »Alnman 
Bezon«  nur  noch  Neben titel  ist.  Diese 
Ausgaben  enthalten  Ergänzungen  aus  den 
Verhandlungen  der  Grossloge  und  als  Zu- 
satz namentlich» Begeln  und  Verordnungen« 
für  die  Boyal-Arch- Kapitel  unter  der 
Grossloge  der  Alten  Maurer,  die  zuerst  im 
Jahre  1794  zusammengestellt  zu  sein  schei- 
nen, obwohl  nach  den  Protokollen  einzelne 
massgebende  Bestimmungen  schon  früher 
getroffen  waren,  namentlich  über  die  Be- 
schränkung des  Grads  auf  besonders  wür- 

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Aigner. 


18 


dige  Brüder.  Der  Anfang  der  Verord- 
nungen von  1794  lautet:  *Die  Alte  Mau- 
rerei besteht  aus  vier  Graden.  Die  drei 
ersten  sind  der  Lehrlingsgrad,  der  Gesellen- 
grad und  der  erhabene  Meistergrad;  und 
ein  in  diesen  Graden  wohl  bewanderter 
Bruder,  der  die  Ämter  seiner  Loge,  na- 
mentlich das  des  Meisters,  verwaltet  und 
deren  Pflichten  zur  Zufriedenheit  der  Brüder 
seiner  Loge  erfüllt  hat,  ist  wählbar,  wenn 
er  würdig  befunden  wird,  zum  vierten 
Grad,  dem  Heiligen  Eoyal  Arch,  zuge- 
lassen zu  werden.«  Dieser  Grad  wird 
weiter  als  »wesentlicher  Bestandteil  der 
Alten  Maurerei«,  aber  auch  als  »Vollen- 
dung und  Ende«  derselben  bezeichnet.  Wer 
Zulass  begehrte,  musste  ein  im  Wortlaut 
vorgeschriebenes  Empfehlungsschreiben 
seiner  Loge  vorlegen,  in  dem  die  einstim- 
mige Genehmigung  der  Loge  bestätigt  war. 
Die  »Alten«  waren  also  noch  1800  weit 
davon  entfernt,  den  Grad  als  »Köder«  zu 
benutzen,  ebensowenig  wie  zu  Dermotts 
Lebzeiten;  sonst  hätte  man  den  Zutritt 
leichter  gemacht.  Die  Ausgabe  von  1807 
bringt  eine  in  diesem  Jahr  beschlossene 
neue  Fassung  der  »Gesetze  und  Verord- 
nungen«, die  aber  im  wesentlichen  dieselben 
geblieben  sind,  nur  dass  die  Aufzunehmen- 
den nicht  mehr  Logenmeister  gewesen  zu 
sein  brauchen;  datur  sind  aber  die  Ge- 
bühren verdoppelt.  Die  Ausgabe  von 
1807  ist  noch  dadurch  wichtig,  dass  die 
erste  amtliche  Logenliste  der  »Alten« 
darin  abgedruckt  wurde.  Die  erste  Aus- 
gabe des  A.  B.  wurde  alsbald  in  Dublin 
und  Belfast  nachgedruckt  und  bis  1808  an 
beiden  Orten  häufig  wiederholt,  gelegent- 
lich mit  Ergänzungen.  Als  1804  die 
irische  Grossloge  durch  Downe  ein  Ver- 
fassungsbuch herausgeben  Hess,  wurde  der 
Titel  »AhimanBezon«  amtlich  angenommen 
und  in  den  Ausgaben  von  1807,  1816, 1820, 
1889, 1850  und  1858  beibehalten;  seit  1872 
ist  er  angegeben.  Auch  in  Amerika 
wurde  der  Titel  mehrfach  verwendet,  ist 
aber  jetzt  überall  verschwunden.  —  Eine 
gegenteilige  Ansicht  ist  vBrtreten  in  Bh. 
1885,  8.  289,  wo  nachzuweisen  versucht 
wird,  dass  der  A.  K.  nicht  verdiene,  in 
allen  seinen  Teilen  ernsthaft  für  eine 
Quellenschrift  gehalten  zu  werden,  und 
wie  unzuverlässig  die  Dermottschen  An- 
gaben seien.*) 

Aigner,  1)  Franz  Xav.  Adam  v.,  geb. 
4.  Nov.  1751  in  Gran,  Infanteriehaupt- 
mann, gab  1791  den  Dienst  auf,  um  sich 
gänzlich  der  Freimaurerei  widmen  zu 
können.  1 784  beigetreten  (auch  in  den  Rosen- 
kreuz- und  Rosenorden  aufj^enommen),  er- 
hielt er  1791  in  Prag  den  Ritterschlag  und 


*)  Seit  1887  ist  ftber  durch  die  Vonchongen  Sad- 
l«r8  (Maionic  Fftots  and  Fictioni  1887;  Matonic 
Beprints  and  Historioal  Bevelations  1898)  ein  gans 
andre«  Licht  über  Dermott  und  die  »Alten«  rer- 
breltet  worden  [Tgl.  Imeleat  Mmobi;  Dermott]. 


die  grosse  Profess,  sowie  die  Ermächtigung, 
als  Legatus  a  latere  und  Direktorifumit- 
glied  der  Prager  Präfektur  die  strikte  Ob- 
servanz in  Ungarn  auszubreiten.  In  Wien 
erwirkte  er  von  Kaiser  Leopold  II.  Er- 
laubnis zur  Errichtung  neuer  deutscher 
Logen  in  Ungarn.  Nun  errichtete  er  1792 
in  Ofen  die  altscb ottische  Loge  Franz  zum 
wachenden  Löwen,  sowie  in  Pest-Ofen  die 
Logen  Zu  den  sieben  Sternen  und  Zur 
Vereinigung,  welch*  letztere  mit  ersterer 
1794  sich  verschmolz  und  nun  als  Loge 
Zu  den  sieben  Sternen  und  zur  Vereinigung 
ein  Jahr  länger  bestand,  als  alle  andern 
Logen  Österreich-Ungarns,  das  ist  bis  Juni 
1795.  Ein  Majestätsgesuch  um  den  wei- 
tern Fortbestand  der  Loge  wurde,  ebenso 
wie  A.'s  Bewerbung  um  die  Stelle  eines 
Erziehers  bei  einem  Erzherzog,  abschlä^g 
beschieden.  —  Schon  bei  Ausbruch  der 
Jakobinerhetze  (1794)  wähnte  man  die 
Ordensakten  in  Prag  nicht  mehr  sicher, 
und,  nachdem  A.'s  Loge  dennoch  weiter 
arbeitete,  glaubte  man  die  Schriften  in 
seiner  Hand  sicher  verwahrt.  Graf  Sweerts 
überbrachte  ihm  nun  persönlich  das  ganze 
Prager  Archiv.  Dies  fährte  A.  auf  die 
Idee,  auch  die  Archive  der  aufgelösten 
ungarischen  Logen,  sowie  die  Schriften 
einzelner  Freimaurer,  Rosenkreuzer,  Asiaten 
U.S.W,  in  Wien  und  Ungarn  an  sich  zu 
bringen,  was  in  überraschender  Weise  ge- 
lang. 1805  trat  er  sämtliche  Ordensschriften 
gegen  eine,  auch  auf  seine  Frau  und  Kinder 
übergehende  Leibrente  von  800  Fl.  dem 
Grafen  Anton  Festetics  ab,  der  sie  dem 
Fideikommissgute  Schloss  D^gh  einver- 
leibte, wo  die  Manuskriptensammlung,  in 
104  stattlichen  Bänden  (ca.  10000  Bogen) 
aufgestellt,  für  die  Geschichte  der  Frei- 
maurer, der  Rosenkreuzer  u.  s.  w.  in  Öster- 
reich-Ungarn einen  geradezu  unschätz- 
baren Wert  darstellt.  Auf  deren  Grund 
hat  L.  V.  Aigner -Abafi  (s.  d.)  seine  »Ge- 
schichte der  Freimaurerei  in  Österreich- 
Ungarn«  abgefasst. 

2)  Ludwig  V.  [litterar.  Pseudonym 
Abafi],  Mitglied  der  litterarischen  Petöfi- 
gesellschaft,  nrüher  Verlagsbuchhändler,  in 
Budapest,  geb.  11.  Febr.  1840  in  Gr.-J6csa 
(Komitat  Torontäl)  in  Ungarn,  wurde  am 
1.  Dez.  1870  in  der  Loge  Corvin  Mätyäs 
in  Budapest  aufgenommen  und  entfaltete 
durch  Vorträge,  Denkreden,  Anträge  u.s.  w., 
sowie  durch  Vorträge  in  andern  Logen, 
als  Mitglied  des  Bundesrats  (1879—1892) 
und  der  Hochgradwerkstätten  eine  äusserst 
rege  Thätigkeit,  war  1879—1883  zugeord- 
neter Meister,  bis  1885  Meister  vom  Sttml  und 
bis  1889  wi^er  zugeordneter  Meister  und 
ist  seit  1896  Ehrenmitglied  seiner  Loge. 
Das  Hauptgewicht  seiner  Wirksamkeit  be- 
ruht auf  seiner  litterarischen  Thätigkeit. 
1879  übernahm  er  mit  Dr.  L.  v.  Wekerle 
die  Redaktion  des  amtlichen  Organs  des 
Grossorients  »Hajnal«,  führte  diese  1880 
bis  1886  allein,  dann  bis  1888  ^em^n^ 
y  y  y^ 


14 


Akademie  —  Akademie,  maurerisohe. 


schaftlich  mit  Moritz  Gellen  und  versah 
das  Blatt  mit  zahlreichen,  meist  histori- 
schen Aufsätzen.  Er  wirkte  auch  lehhaft 
für  die  Einigung  der  beiden  Biten  in  Un- 
garn, nach  deren  Zustandekommen  er  mit 
&ell^ri  und  Gabriel  Spitzer  das  jetzt  in 
Gebrauch  stehende  Bitual  ausarbeitete. 
Auch  in  der  profanen  Litteratur,  haupt- 
sächlich auf  historischem  und  litterar- 
historischem  Gebiete  thätig,  begann  er 
schon  1878  Stoff  für  die  Geschichte 
der  Freimaurerei  in  Ungarn  zu  sammeln; 
allein  erst  1882  gelang  es  ihm,  Zugang  zu 
dem  freimaurerischen  Archiv  in  D^gh  zu 
erlangen,  das  ausserordentlich  reichhaltig 
(ca.  10000  Bogen)  und  ftLr  die  Geschichte 
der  Freimaurerei  in  der  Österreich -unga- 
rischen Monarchie  geradezu  unschätzbar 
ist.  Nach  der,  viele  Jahre  in  Anspruch 
nehmenden  Aufarbeitung  des  Stoffs  be- 
gann er,  unterstützt  von  der  Grossloge 
von  Ungarn,  1890  mit  der  Herausgabe 
seiner  grossangelegten  »Geschichte  der 
Freimaurerei  in  Österreich-Ungarn«,  von 
der  bisher  fünf  Bände  erschienen  sind  und 
noch  zwei  Bände  erscheinen  sollen.  Eine 
Ergänzung  dieses  Werkes  bildet  —  eben- 
falls auf  Grund  der  D^gher  Akten  —  seine 
Geschichte  der  Bosen^euzer,  der  Asiati- 
schen Brüder,  des  Bosenordens  und  sons- 
tiger geheimen  Gesellschaften  in  Österreich- 
Ungarn,  Polen,  Bayern,  Württemberg  und 
Sachsen,  die,  auf  drei  Bände  berechnet, 
handschriftlich  vollständig  vorliegt;  sie  be- 
findet sich  derzeit  in  London,  um  zuerst 
in  englischer  Sprache  zu  erscheinen.  Auch 
eine  Geschichte  der  Jakobiner  in  Öster- 
reich-Ungarn ist  zum  grössten  Teile  fertig- 
gestellt. Einzelne  Teile  und  Vorstudien 
der  Geschichte  der  Freimaurerei  brachten 
die  Zeitschriften:  Hajnal,  Vilägossäg,  Ee- 
let,  Orient,  Szäzadok,  Hazänk,  Zirkel  und 
Bauhütte.  Einige  sind  auch  in  Separat- 
abdrücken herausgegeben,  so :  »Franz  Ea- 
zinczy  als  Freimaurer«  (Denkrede,  Buda- 
pest 1878.  auch  in  ungarischer  Sprache); 
•A  szabaokomüvess^g  is  az  uralkodöhäz« 

g)ie  Freimaurerei  und  das  Herrscherhaus, 
udapest  1896);  »Feszlerlgnäcz  Aur^l«  (auf 
Grund  unedierter  Briefe,  Budapest  1886). 
Gegenwärtig  ist  A.  mit  der  Herausgabe 
eines  Handbuchs  der  Geschichte  der  Frei- 
maurerei in  Ungarn  (ein  Band  in  unga- 
rischer Sprache)  beschäftigt,  auch  ist  er 
im  Begriffe,  seine  freimaurerischen  Denk- 
reden, Aufnahmearbeiten  und  nennens- 
wertem Vorträge  und  Aufsätze  für  den 
Druck  vorzubereiten. 

Akademie.  Der  Name  A.  kommt  in 
allen  Ländern  Europas,  in  denen  sich  der 
Einfluss    der    italienischen    Kultur    stark 

feltend  gemacht  hat,  noch  im  18.  und  19. 
ahrh.  in  gleichem  Sinne  wie  der  Name 
Loge,  sowie  zur  Bezeichnung  einzelner 
Hochgrade  und  Kapitel  vor.  Dahin  ge- 
hören ausser  Italien  namentlich  Frankreich, 
Polen  und  Österreich,  sowie  die  von  letz- 


tem Ländem  besonders  beeinflussten 
Staaten  Schweden  und  Bussland.  Der  in 
der  strikten  Observanz  bekannte  polnische 
Freimaurer  Thoux  de  Salverte  stiftete  1763 
in  Warschau  die  Acadämie  des  secrets 
mit  maurerischen  Formen,  und  es  wird 
ausdrücklich  berichtet,  dass  diese  nach 
dem  Vorbild  der  Academia  dei  secreti  in 
Neapel  eingerichtet  war.  Unter  dem  Namen 
Acad^mie  des  sages  bestand  1776  ein  bei 
der  Mfere-Loge  ^cossaise  üblicher  Hoch- 
^ad  und  eine  Acad^mie  des  vrais  ma^ons 
ist  1778  in  Montpellier -nachweisbar;  die- 
selbe Akademie  nahm  später  den  Namen 
Acad^mie  Russo-Suedoise  an.  Die  Loge 
La  parfaite  union  in  Douav,  welche  die 
sog.  schottische  Maurerei  in  Frankreich 
zu  emeuern  suchte,  besass  nodi  1815  einen 
Hochgrad  der  Acad^mie  des  sublimes 
maitres  u.  s.  w.;  sie  hatte  ihn  angeblich 
aus  Schottland  seit  1784  übernommen,  wie 
er  denn  thatsächlich  als  eine  Art  Erkennt- 
nisstufe im  schottischen  System  vorkommt. 
Aber  nicht  bloss  in  diesen  Ländem,  son- 
dern auch  in  Westdeutschland  ist  der 
Name  A.,  und  zwar  nicht  zur  Bezeichnung 
eines  Hochgrads,  sondern  im  Sinne  von 
Loge  nachweisbar.  Unter  dem  16.  Juli 
1792  erliess  die  Grosse  National-Mutterloge 
Zu  den  drei  Weltkugeln  in  Berlin  an  ihre 
Tochterloge  Zu  den  drei  Eosenknospen  in 
Bochum  einen  Befehl,  wodurch  verboten 
wurde,  die  Loge  forthin  eine  A.  zu 
nennen.  Wenn  dieser  Gebrauch  in 
Bochum  etwas  Zufälliges  war,  so  hätte 
sicherlich  dieses  Verbot  zur  Beseitigung 
hingereicht;  die  Thatsache,  dass  noch  die 
Bochumer  Logenprotokolle  von  1813  den 
Brauch  trotz  des  V  erbots  fortsetzten,  liefert 
den  Beweis,  dass  es  sich  hier  um  eine  tief 
und  fest  eingewurzelte  Sitte  handelte. 
[Näheres  in  der  Chronik  der  Loge  Zu  den 
drei  Bosenknospen  in  Bochum  (2.  Ausg., 
Bochum  1896)  S.  10,  19.J  Ebenso  ist  der 
Gebrauch  des  Namens  in  Belgien  nach- 
weisbar; noch  1889  erklärte  der  Grand 
Inspecteur  der  belgischen  Loge  in  einer 
Ansprache,  die  Logen  seien  eigentlich  A. ; 
man  möge  diese  »A.«  nicht  zu  politischen 
Klubs  erniedrigen. 

Akademie  der  wahren  Maurer  (Aca- 
d^mie  des  vrais  ma^ons),  und 

Akademie  der  Weisen  (Acad^mie  des 
sages),  s.  Akademie  und  Frankreioh. 

Akademie,  manrerische.  Dieser  Vor- 
schlag ging  von  Dr.  Besetzny  in  Sachshaus 
bei  Wien  aus  und  wurde,  auf  Veranlassung 
des  Kronprinzen  des  Deutschen  Reichs 
und  von  Preussen,  des  nachmaligen  Kaisers 
Friedrich  III.,  durch  den  Grossmeister  Pfalz 
in  Darmstadt  30.  Dez.  1875  zur  öffentlichen 
Kenntnis  gebracht.  Zweck  der  A.  sollte 
sein,  die  kulturhistorischen  Denkmale  je- 
der Gattung,  insofern  sie  sich  auf  hu- 
manitäre Gesellschaften,  insbesondere  auf 
die  Freimaurerlogen  und  verwandte  oder 
diesen    feindliche    Genossenschaften    be- 


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Akazie  —  Albrecht. 


15 


zieheu,  zu  sammeln  und  einer  kritischen 
Prüfung  zu  unterziehen.  Sie  sollte  unter 
kaiserlicher  Protektion  stehen.  Man  wollte 
damit  gewissen  zersetzenden  Bichtungen 
enteegentreten,  die  die  Arbeiten  der  Logen 
verflachten.  Die  Freunde  unparteiischer 
maurerischer  Forschung  sollten  einander 
näher  gerückt  werden.  Der  Gedanke  ist 
über  den  Vorschlag  nicht  hinausgekommen. 

AkAsie,  Name  eines  Baums,  dessen  sinn- 
bildliche Bedeutung  im  Meistergrad  mit- 
geteilt wird.  Vielfach  herrscht  der  Ge- 
brauch, den  Sarg  eines  Maurers  mit  einem 
Akazienzweig  oder  Akazienkranz  zu 
schmücken.  —  In  einigen  Hochgraden  gilt 
dieser  Name  auch  als  Erkennungswort.  — 
[Vgl.  BZC.  1886,  S.  44.  Zd.  1844,  S.  88. 
K.  1899,  S.  51.  Schauberg,  Symbolik  der 
Freimaurerei  (Schaffh.  1861),  n,  S.  149.] 

AkAzieiibrfider  (fr^res  acassais)  nannten 
sich  (nach  dem  VIII.  Logenbuch  der  Eck- 
lefi'sdien  Akten)  die  Freimaurer  der  schot- 
tischen Meister,  die  sich  vornahmen,  Ar- 
beiter eines  geistigen  Baues  zu  werden, 
womit  der  Name  frferes  ^cossais  der  schotti- 
schen Brüder  seinen  Anfang  genommen 
haben  soll  [vgl.  R.  1899,  S.  51].  Dagegen 
behauptet  Findel,  dass  dem  nicht  so  sein 
könne,  weil  diese  Umänderung  nicht  schon 
1740  hätte  möglich  sein  können,  wo  man 
die  angeblich  ursprüngliche  Bezeichnung 
noch  kannte  [vgl.  S.  1899,  S.  84].  Ver- 
gleiche auch  Englisches  System,  wo  jene 
Vermutung  als  sachlich  und  sprachlich 
kaum  zulässig  erklärt  wird. 

AkklAmation,  s.  Zuraf. 

Akra,  die  dritte  Spitze  auf  dem  Berge 
Sion  im  Thale  Josapnat,  auf  dem  (nach 
der  schwedischen  Lehrart)  der  Sitz  der 
jüdischen  Fürsten  und  Könige  nach  der 
Eückkehr  aus  Babylon  sich  befand. 

Aktiv  (tUtIg)  1)  nennt  man  eine  Loge, 
wenn  sie  regelmässige  Versammlungen 
hält;  2)  auch  die  Mitglieder  einer  Loge 
werden  bisweilen  in  aktive  (ordentliche,  s. 
Mitglied)  und  Ehrenmitglieder  (s.  d.)  unter- 
schieden. 8)  Endlich  nennt  man  aktive 
Mitglieder  auch  die,  die  überhaupt  einer 
anerkannten  Loge  noch  angehören  (wirk- 
liche Mitglieder). 

Alabama,  einer  der  Vereinigten  Staaten 
Nordamerikas.  Die  ersten  Logen  das.  wur- 
den durch  die  Grosslogen  von  Tennessee 
und  Nordcarolina  errichtet.  Am  15.  Juni 
1821  bildete  sich  die  Grossloge,  die 
anfangs  in  Tuscaloosa,  später,  als  Mont- 
gomeiy  die  Hauptstadt  des  Staates  wurde, 
an  diesem  Orte  tagte.  Ihre  Töchter 
wuchsen  rasch  an  Zahl.  Die  Maurer- 
verfolgung unterbrach  oder  beschränkte 
die  Arbeiten  der  Grossloge  und  der  meisten 
untergeordneten  Logen,  obwohl  keine 
regelmässig  gebildete  antimaurerische  Par- 
tei bestand;  während  1827  bereits  26 
Logen  in  Thätigkeit  gewesen  waren,  er- 
schienen 1884  bei  der  Grosslogensitzung 
<üe  Vertreter  von  nur  acht.    Jetzt  besitzt 


die  Grossloge  875  Logen  mit  11588  Mit- 
gliedern. —  Ausserdem  giebt  es  in  A.  eine 
Grossloge  der  Farbigen,  gest.  24.  Sept.  1870, 
mit  54  Logen  und  1152  Mitgliedern. 

Alardus,  M  atthiasAndreas  ,geb.9.Sept. 
1 7 1 5  in  Neuenkirchen  in  Norderditmarschen, 
gest.  29.  Mai  1772  in  Hamburg  als  ge- 
heimer Legationsrat  und  schleswig-hol- 
steinischer geheimer  Kabinettssekretär  des 
Bischofs    von   Lübeck    zu   Eutin,    wurde 

6.  Juli  1741  in  die  Loge  Absalom  in  Ham- 
burg aufgenommen,  war  deren  Sekretär  und 
Redner  1741—1747,  1746—47  auch  erster 
Aufseher  der  Schottenloge  Judica  und 
wurde  10.  August  1745  Mitglied  der  Loge 
St.  Georg.  Er  besang:  »Die  höchst  be- 
glückte Wahl  des  Kaisers  Franciscus  I.« 
(Hmbg.  1745).  Seine  gesammelten  Beden 
und  Gedichte  erschienen  unter  dem  Namen 
»Canthiers«  1747  und  1754.  Er  nannte 
sich  Alardus  v.  Canthier  nach  einem  Gut, 
das  die  Familie  in  der  Nähe  Brüssels 
besass. 

Albanus,  St-Alban.  In  der  Zunftsage 
der  englischen  Werkmaurer  wird  der  hei- 
lige A.  als  der  erste  Förderer  der  Maurerei 
und  der  Maurer  in  England  gefeiert,  auf 
Grund  alter  Legenden,  die  von  den  Be- 
arbeitern der  Sage  benutzt  und  weiter 
ausgeschmückt  wurden.  In  einigen  Fas- 
sungen dieser  Zunftüberlieferung  gilt  er 
auch  als  Schüler  des  Amphibalus  (s  d.). 

Albany  (Hauptst.  des  nordamerikan. 
Staates  New  York,  [1890]  94928  E.).  Hier 
besteht  unter  der  Grossloge  von  New  York 
eine  deutsche  Loge  Gutenberg  Nr.  787, 

fegr.  19.  Febr.  1878.     Vers.  Donnerstags, 
lasonic  Temple. 

Albertini,  Joh.  Bapt.,  geb.  5.  Okt.  1742 
in  Brez  (Südtirol),  gest.  1820  das.,  wurde 
1766  zum  Priester  geweiht  und  1774  zum 
ord.  öff.  Professor  der  Logik,  Metaphysik 
und  Moralphilosophie  an  der  Universität  in 
Innsbruck  ernannt,  1782  Rektor  des  Gene- 
ralseminars fttr  Bildung  und  Erziehung 
des  tirolischen  Klerus  und  trat  1790  in 
den  Buhestand.  Treffliche  wissenschaft- 
liche Werke  bewahren  sein  Andenken.  — 
Als  .Freimaurer  gehörte  er  der  Loge  Zu 
denfdrei  Bergen  in  Innsbruck  an,  in  der 
er  als  Redner  thätig  war.  [Vgl.  Rapp,  Frei- 
maurer in  Tirol  (Innsbr.  1867),  S.  91  fg.] 
Albreeht,  l)Heinrich  Christoph,  geb. 

7.  April  1768  in  Hamburg,  gest.  11.  Aug. 
1800  als  privatisierender  Gelehrter  auf 
seinem  Landsitze  Kielseng  bei  Flensburg, 
studierte  Theologie  und  wurde  Mitdirektor 
eines  Erziehungsinstituts  in  Eppendorf  bei 
Hamburg.  Er  ist  5.  Nov.  1785  m  die  Loge 
Absalom  in  Hamburg  aufgenommen,  wurde 
später  Mitglied  der  Loge  Emanuel  und 
21.  Juni  1792  wiegen  Nichterfttllung  seiner 
maurerischen  Verpflichtungen  gestrichen. 
Er  war  ein  wackerer  maurerischer  Schrift- 
steller und  mit  seinen  »Materialien  zu  einer 
Ütischen  Geschichte  der  Freimaurerei« 
(Hmbg.    1792)  begam..^.jine^ejlj5g|.^ 


16 


Alchemie  —  Aldworth. 


sachgemässe  maurerische  Geschichtsfor- 
schung. Er  veröffentlichte  im  Berliner 
Archiv  der  Zeit,  1797,  S.849,  undl798,  S/^3, 
einen  Aufsatz:  «Spur  einer  Freimaurerei 
aus  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrh.«,  und 
im  »Neuen  Journal  aller  Journale«,  1790, 
St.  1,  8,  4,  einen  Aufsatz:  Ȇher  Myste- 
rien«. Ausserdem  gab  er  noch  heraus:  »Ge- 
heime Geschichte  eines  Bosenkreuzers« 
[J.  F.  Kadike]  (Hmbg.  1792),  die  vorher 
schon  im  Braunschweiger  Journal  1791, 
St.  7—10,  stand.  [Vgl.  Thiess,  Autobiogr., 
n,  110.  Schröder,  Lexikon  Hamburgischer 
Schriftsteller,  I,  38—40.] 

2)  Heinrich  Wilhelm  Eduard,  Zahn- 
arzt, geb.  in  Berlin  1832,  gest.  25.  Jan.  1888 
das.,  liess  sich  nach  beendigtem  Studium 
an  der  Berliner  Universität  als  Privat- 
dozent für  Zahnheilkunde  nieder  und 
wurde  1868  zum  Professor  ernannt.  Am 
17.  März  1851  wurde  er  in  der  Loge  Zu 
den  drei  Seraphim  in  Berlin  in  den  Frei- 
maurerbund aufgenommen,  war  1868—1879 
dort  Bedner  und  wurde  später  zum  Vor- 
sitzenden Meister  gewählt.  1865  trat  er 
in  die  Grossloge  ein  und  wurde  1876  zum 
Mitglied  des  Bundesdirektoriums  gewählt. 

Sgl.  Geschichte  der  Grossen  National- 
utterloge  Zu  den  drei  Weltkugeln  (Brl. 
1890),  S.  406.] 

Alchemie  (Alchvmie,  Goldmacherkunst) 
bezeichnet  die  geheimnisvolle  Kunst,  un- 
edle Metalle  in  edle  zu  verwandeln;  sie 
heisst  die  Ägyptische  Kunst,  weil  sie  dort 
zuerst  getrieben  wurde  und  von  diesem 
Lande  (Khemi  oder  Kimi,  d.  i.  schwarzes 
Land)  auch  ihren  Namen  erhielt,  femer 
hermetische  Kunst,  von  Hermes  Trisme- 
gistus,  auch  heilige  oder  spagirische. 
Das  Alter  dieser  Kunst  wird  weit  vor 
unsre  Zeitrechnung  gesetzt.  Das  älteste 
alchemistische  Buch  stammt  aus  dem  4. 
Jahrh.  v.  Chr.,  von  einem  gewissen  Demo- 
kritos;  später  wurde  die  A.  vorzüglich  in 
Alexandrien  gepflegt.  Das  Mittelalter  war 
der  A.  besonders  günstig.  Man  meinte, 
die  Verwandlung  durch  Beimischung  eines 
gewissen  Stoffes  bewirken  zu  können; 
diesen  Stoff  nannte  man  den  Stein  der 
Weisen.  [Vgl.  Kopp,  Die  A.  in  älterer  und 
neuerer  Zeit  (Heidelberg  1886,  2  Bde.). 
Schmieder,  Geschichte  der  A.  (Halle  1832).] 
—  In  der  Maurerei  wurde  die  A.  seit  der 
Mitte  des  18.  Jahrhunderts  durch  die  Rosen- 
kreuzer (s.  d,),  besonders  durch  F.  J.  W. 
Schröder  (s.  d.)  in  Marburg,  sowie  durch 
E.  S.  Bosa  (s.  d.)  eingeführt;  doch  gegen 
Ende  des  18.  Jalurhundertß  ward  die  Kunst 
der  Alchemisten  oder  Adepten  (s.  d.)  all- 
gemein als  Betrügerei  und  Hochstapelei 
erkannt  und  die  hermetische  Freimaurerei 
(s.  d.)  als  eine  lächerliche  Verirrung  ver- 
worfen.   [Vgl.  L.  1886,  S  196.] 

AlcniB,  geb.  735  in  York,  gest.  804  als 
Abt  von  Tours,  war  Leiter  der  Schule 
in  York,  die  sich  durch  ihn  eines  grossen 
Bufes  erfreute.    Von  entscheidendem  Ein- 


fluss  wurde  für  ihn  eine  Beise  nach  Born, 
auf  der  er  in  Parma  mit  Karl  dem  Grossen 
zusammentraf,  der  ihn  an  den  kaiserlichen 
Hof  einlud.  EUer  übernahm  er  die  Lei- 
tung der  Hochschule  und  wurde  auch  mit 
der  Erziehung  der  Sander  Karls  des  Grossen 
betraut.  —  Wenn  Anderson  ähnlich  wie 
andre  alte  Konstitutionen  berichtet,  dass 
ungefähr  um  das  J.  710  Karl  Martell  einige 
erfahrne  Maurer  aus  Frankreich  habe  nach 
England  gehen  lassen,  damit  sie  die  Sachsen 
in  den  Gesetzen  und  Gebräuchen  der  alten 
Brüderschaft  unterweisen  möchten,  so  be- 
ruht diese  Nachricht  augenscheinlich  auf 
einem  Lrrtum.  Die  Franken  standen  in 
der  Bildung  zu  jener  Zeit  weit  hinter  den 
Angelsachsen  zurück,  die  sich  einer  reichen 
Litteratur  rühmen  konnten.  Wahrschein- 
lich sind  später  Schüler  des  Angelsachsen 
A.  von  Frankreich  herübergekommen,  und 
daraus  ist  der  Irrtum  entstanden.  [Vgl. 
Krause,  Kunsturkunden,  IV,  222.  Schlosser, 
Weltgeschichte,  V,  389  fg.  Kugler,  Kunst- 
geschichte, I,  274.] 

Aldworth,  Elisabeth,  von  den  Eng- 
ländern «the  Lady  Mason«  genannt,  war 
eine  Maurerin,  ctie  wirklich  die  Weihe 
erhalten  hat  (vgl.  Frauen).  Sie  war  die 
Tochter  von  Arthur  St  Leger,  Baron  Kil- 
mayden  und  Viscount  Doneraile,  und  die 
Frau  von  Bichard  A.  von  Newmarket. 
Nach  Familienüberlieferung  war  sie  »als 
junges  Mädchen«  (young  girl)  durch  Zufall 
Zeugin  einer  Aufnahme  gewesen,  die  von 
ihrem  Vater  in  dessen  Hause  vollzogen 
wurde,  und  man  hielt  es  nun  für  das  Bich- 
tigste,  sie  auch  förmlich  aufzunehmen  und 
zur  Verschwiegenheit  zu  verpflichten.  Es 
wird  ihr  auch  nachgesagt,  dass  sie  diese 
Pflicht  gewissenhaft  erÄUt  hat.  Ob  sie 
später  Logen  besucht  hat,  weiss  man  nicht 
sicher;  nach  einer  angezweifelten  Nach- 
richt soll  sie  sogar  eine  eigne  Loge  ge- 
leitet haben.  Ihr  Bild  in  maurerischer 
Bekleidung  ist  erhalten.  Während  man 
früher  über  den  Zeitpunkt  ihrer  Geburt 
und  ihrer  Aufriahme  ganz  falsche  Angaben 
machte,  wissen  wir  heute  aus  urkundlichen 
Zeugnissen,  dass  sie  1693  geboren  ist,  sich 
am  7.  April  1713  verheiratet  und  1778  das 
Zeitliche  gesegnet  hat.  Da  sie  als  »junges 
Mädchen«  geweiht  wurde,  muss  dies  vor 
1713  geschehen  sein,  etwa  1710,  als  sie  17 
Jahre  alt  war,  vielleicht  auch  sclion  früher. 
Ihr  Bildnis  befindet  sich  beinahe  in 
jeder  irischen  Loge.  Der  Schurz  der  Lady 
A.  ist  noch  vorhanden  und  im  Besitz 
des  Colonel  B.  W.  Aldworth  in  New- 
market-Court.  Auch  zwei  Logenzeichen 
werden  noch  verwahrt,  das  eine  von  der 
Lady  Doneraile,  das  andre  von  der  Loge 
Nr.  1  in  Cork.  Bildnisse  von  ihr  sind 
enthalten  in  The  Signet  of  king  Solomon 
(New  York  1860),  femer  im  Londoner 
Masonic  Magazine  1876  Nr.  1  und  in  der 
frühem  Wiener  illustrierten  Monatsschrift 
Der  Freimaurer  1876,  S.  11.  Ein  Fak- 
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Alethophileu  —  Almosenkommission« 


17 


simile  ihrer  Handschrift  wird  in  der  Ars 
Quat.  Cor.  VII,  55  wiedergegeben.  [Vgl.  L. 
1896,  S.  59.] 

Alethoptailen  (Gesellschaft  der).  Diese 
Gesellschaft  wurde  1736  in  Berlin  unter 
Vorsitz  des  Grafen  von  Manteuffel  (auf 
den  auch  eine  Denkmünze  geschlagen 
wurde,  (vgl.  Merzdorf,  Denkmünzen  der 
Freimaurerbrüderschaft,  S.  48,  Nr.  96)  ge- 
stiftet, von  Verehrern  der  Wolfschen  Phi- 
losophie, welche  die  Wahrheit  aufirichtig 
zu  suchen  sich  vornahmen.  [Vgl.  Nach- 
richt von  der  zu  Berlin  auf  die  Gesell- 
schaft der  Alethophilorum  oder  Liebhaber 
der  Wahrheit  geschlagenen  Münze  (1740). 
Holderrieder,  Historische  Nachricht  von 
der  Weissenfelsischen  Alethophilotischen 
Gesellschaft  (Lpz.  1750).  Kundmann,  Die 
hohem  und  niedem  Schulen  Deutschlands 
(Brsl.1741),  S.  769  fg.  Biedermann,  Deutsch- 
land im  18.  Jahrb.,  U,  Abt.  1,  S.  406, 
Note  8.]  —  Im  System  der  Afrikanischen 
Bauherren  (s.  d.)  bildeten  die  A.  den  fünften 
Grad,  und  es  ist  ein  innerer  Zusammenhang 
zwischen  diesen  und  der  vorgedachten  Ge- 
sellschaft zu  vermuten. 

Alexandersbad  (Badeort  im  Königreich 
Bayern).  Hier  bestand  in  den  Jahren  1888 
bis  1896  ein  maurerisches  Kränzchen  wäh- 
rend der  Kurzeit. 

Alfeld  (St.  in  der  preuss.  Prov.  Hannover, 
4735  E.).  1)  Von  der  Grossen  Landesloge 
in  Berlin  wurde  hier  9.  Sept.  1805  eine 
Loge  Luise  Auguste  zu  den  drei 
Sternen  gegründet,  die  sich  1810  der  dama- 
ligen Grossen  Loge  Hieronymus  Napoleon 
zu  Kassel  anschliessen  musste,  aber  1815 
unter  die  englische  Provinzialloge  zu  Han- 
nover, später  unter  die  Grossloge  das. 
trat  Sie  ruht  seit  1809.  [Vgl.  Voigts,  Die 
Freimaurerlogen  im  Königr.  Hannover.] 
2)  Jetzt  besteht  hier  eine  gesellige  Ver- 
einigung mit  zwanglosen  Zusammen- 
künften. 

Algerien  (franz.  Kolonie  in  Afrika).  Hier 
wurde  die  Freimaurerei  bereits  1882  durch 
Gründung  der  Loge  B^lisaire  in  Algier 
vom  Grossorient  von  Frankreich  einge- 
führt Um  die  Verbreitung  in  A.  machte 
sich  insbesondere  der  Meister  vom  Stuhl 
der  genannten  Loge  Descous  (Capitain 
d'ätat-major  en  retraite  und  holländischer 
Konsul  in  Algier)  sehr  verdient.  Es  sind 
das.  nach  und  nach  vom  Grossorient  und 
seit  1853  vom  SuprSme  Conseil  von  Frank- 
reich eine  beträchtliche  Anzahl  Logen  er- 
richtet worden.  1869  gründete  auch  der 
Grande  Oriente  National  de  Elspafia  eine 
Loge  in  Oran.  Gegenwärtig  bestehen  I. 
unterm  Grossorient  von  Frankreich  11 
Logen  in  Algier  (2),  Constantine,  Aln-Te- 
mouchent,  Mascara.  Mostaganem,  Oran,  St.- 
Denis-du-Sig,  Sidi-oel-Abbfes  und  Tlemcen; 
n.  unterm  Su^rtoe  Conseil  von  Frank- 
reich 4  Logen  m  Algier,  Constantine,  Or- 
l^ansville  und  S^if ;  HI.  unterm  National- 
Grossorient  von  Spanien  1  Loge  in  Oran, 

AUgemeinei  Handbuch  fttr  Freimaurerei. 


zusammen  16  Logen.  1896  erschien  hier 
eine  Halbmonatsschrift  »L'Orient  d'Alger«. 

Alinge,  Emil  Eugen  Karl  August  d'. 
Geh.  Regierungsrat  und  Direktor  der  Straf- 
anstalt in  Zwickau,  geb.  6.  Nov.  1819  in 
Schneeberg,  gest.  18.  Mai  1894,  wurde  in 
den  Freimaurerbund  aufgenommen  in  der 
Loge  Apollo  in  Leipzig  26.  Juni  1852  und 
hat  sich  um  die  Gründung  des  Freimaurer* 
klubs  und  der  Loge  Bruderkette  zu  den 
drei  Schwanen  in  Zwickau  (1868)  verdient 
gemacht,  deren  Meister  vom  Stuhl  er  bis 
1866  war. 

AUegtaany  (St.  im  nordamerikan.  Staat 
Pennsylvanien,  [1890]  105287  E.).  Hier 
besteht  unter  der  einheimischen  Grossloge 
eine  deutsche  Loge  Jefferson  Nr.  2&, 
gegr.  6.  März  1854.     Vers.  1.  Mittwoch. 

Allendorf  (St.  in  der  preuss.  Prov.  Hessen- 
Nassau,  2789  E.).  Unter  dem  Namen  Ein- 
tracht zur  Acacia  bestand  hier  eine 
Loge  von  1817—22,  die  1810  in  Eschwege 
gegrtlndet  worden  war.    (S.  Esohwege.) 

Allensteln  (St.  in  der  preuss.  Prov.  Ost- 
preussen,  21579  E.).  Loge  das.  Stein  an 
der  Alle  unter  der  Grossen  Landesloge 
in  Berlin,  gegr.  27.  Jan.  1888.  Mitglieder- 
zahl (1899):  60.  Eignes  Logenlokal:  Gutt- 
städter  Strasse  Nr.  8.  Vers.  Donnerstag. 
Ferien:  Juli  und  August.  Hausgesetze  v. 
1.  Apr.  1892. 

AÜied  Masonle  Degrees  (verwandte  mau- 
rerische Grade).  Unter  diesem  Namen  be- 
greift man  in  England  den  Orden  von  St. 
Lorenz  dem  Märtyrer,  der  Ritter  von  Kon- 
stantinopel, des  Boten  Kreuzes  von  Baby- 
lon und  des  Gross-Hohen  Priesters,  neuer- 
dings auch  noch  den  Grossziegeldecker 
König  Salomos  und  den  Geheimen  Warner 
(Secret  Monitor),  während  man  in  Schott- 
land nur  die  Grade  St.  Lorenz  den  Mär- 
tyrer, die  Ritter  von  Konstantinopel  und 
den  Gross-Hohen  Priester  darunter  oefasst. 
Die  Grade  werden  in  Räten  (Councils)  er- 
teilt, die  unter  einem  Grossrat  (Grand 
Council)  stehen.  Der  Grossrat  von  Eng- 
land zählte  1898  35  Räte. 

Allokatlon,  s.  Päpste. 

Allstedt  (St.  im  Grossherzogtum  Sach- 
sen-Weimar, 8888  E.).  Unter  der  engli- 
schen Provinzial- Grossloge  in  Hamburg 
wurde  hier  15.  Mai  1801  eine  Loge:  Karl 
August  (so  benannt  zu  Ehren  des  da- 
maligen Herzogs  von  Sachsen- Weimar)  ge- 
stiftet und  3.  Aug.  1801  eingeweiht,  der 
aber  das  Protektorium  1809  wieder  ent- 
zogen wurde.  Sie  ist  seitdem  ausser  Thä- 
tigkeit. 

Almanaeb,  s.  Fresse. 

Almosd  (Dorf  im  Komitat  Bihac  in  Un- 
garn). Hier,  auf  dem  Gute  des  Vizegespans 
Emerich  v.  P^chy  bestand,  mit  ihm  an 
der  Spitze,  die  Loge  Probitas,  die  um 
1792  entstand,  aber  sich  1794  sicherlich 
auflöste.    [Abafi,  Gesch.  VI,  MS.] 

AlmosenkomnÜMloii  (Committee  of  cha- 
rity)  in  London.  Die  dreizehnte  alte  Verord- 

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18 


A 1  m  ftgAtiafifwm  I  Ar^  Aumoiüer  —  Alströmer. 


nung  der  Grossloge  von  England  bestimmte, 
dass  die  Grossloge  die  Mittel  erwägen  solle, 
wie  man  das  zur  Unterstützung  notleiden- 
der Brüder  gesammelte  Geld  am  besten 
verwenden  möge,  und  es  sollten  die  ein- 
zelnen Logen  ihren  alten  Satzungen  ge- 
mäss so  lange  über  das  von  ihnen  Ge- 
sammelte nach  eignem  Ermessen  verfügen, 
bis  man  einen  gemeinsamen  Beschluss  ge- 
fasst  habe,  die  Almosen  bei  der  Grossloge 
einzahlen  zu  wollen,  um  daraus  ein  Ka- 
pital zum  bequemem  Unterhalt  dürftiger 
Brüder  zu  bilden.  Gemäss  dieser  Verord- 
nung schlug  der  abgetretne  Grossmeister 
Graf  v.  Dalkeith,  nachherige  Herzog  von 
Buccleugh,  1724  vor,  dass  zur  Beför- 
derung der  brüderlichen  Liebe  der  Frei- 
maurer und  zum  Nutzen  der  Brüderschaft 
jede  Loge  je  nach  ihrem  Vermögen  eine 
Sammlung  veranstalten  möge,  das  ge- 
sammelte Geld  in  eine  gemeinsame  Kasse 
gelegt  und  ein  Schatzmeister  bestellt  werde; 
aus  dieser  Kasse  sollten  dann  solche  be- 
drängte Brüder  Unterstützung  erhalten,  die 
den  die  Geschäfte  dieser  Kasse  leitenden 
Beamten  von  den  beitragenden  Logen  em- 
pfohlen würden.  Da  dieser  Vorschlag  all- 
gemeinen Beifall  fand,  ernannte  der  Gross- 
meister Herzog  von  Eichmond  17.  März 
1725  eine  Kommission,  um  Vorschläge  zur 
Einrichtung  einer  solchen  Almosenkasse  zu 
beraten.  Die  von  dieser  Kommission  ge- 
machten Vorschläge  fanden  in  der  Gross- 
loge 27.  Nov.  1 727  grossen  Beifall,  wurden 
angenommen  und  Abschriften  davon  an  die 
einzelnen  Logen  verteilt.  Da  es  aber  an- 
fänglich an  einem  Schatzmeister  fehlte, 
wurde  beschlossen,  dass  die  vier  damaligen 
Grossbeamten  nebst  drei  andern  Brüdern 
eine  Konmiission  bilden  sollten,  um  die 
Unterstützungsgesuche  zu  prüfen  und  über 
die  eingehenden  Almosen  zu  verfügen.  Am 
25.  Nov.  1729  trat  durch  die  Bemühung 
des  zugeordneten  Grossmeisters  Blakerby, 
der  das  Schatzmeisteramt  angenommen 
hatte,  die  A.  wirklich  ins  Leben,  indem 
verschiedne  Logen  ihre  Beiträge  einzahlten, 
und  es  wurde  Beschlossen,  dass  jede  neue 
Loffe  für  ihre  Einrichtung  zwei  Guineen 
in  diese  Wohlthätigkeitskaase  zahlen  solle. 
Am   28.  Aug.  1780   wurde   der   Beschluss 

fefasst,  die  Kommission  durch  je  zwölf 
[eister  der  beitragenden  Logen  zu  ver- 
stärken. Fünf  versammelte  Mitglieder  dieser 
Kommission,  wenn  darunter  ein  Gross- 
beamter wäre,  sollten  beschlussfällig  sein. 
Sie  sollte  in  der  Grossloge  von  ihren  Ver- 
handlungen einen  auszugsweisen  Bericht 
erstatten.  Ln  Mai  1781  wurde  beschlossen, 
dass  alle  ehemaligen  Grossmeister  und  zu- 
geordneten Grossmeister  Mitglieder  der  A. 
sein  und  dass  letztere  die  Befugnis  haben 
sollte,  bis  zu  ö  Pf.  St.  an  einen  bedürftigen 
Bruder  zu  geben,  doch  nicht  mehr,  es  sei 
denn  die  Einwilligung  der  Grossloge  er- 
folg. Ln  J.  1788  wurden  die  Vorsitzenden 
Meister   solcher  Logen,    die   regelmässig 


Beiträge  leisteten,  auch  als  Mitglieder  der 
Kommission  anerkannt.  —  Nur  in  regel- 
mässigen Logen  aufgenommene  Brüder 
konnten  Unterstützung  erhalten,  und  es 
musste  die  Bittschrift  von  der  Loge,  wel- 
cher der  Bittsteller  angehörte  oder  ange- 
hört hatte,  unterstützt,  auch  auf  ihr  Name 
und  Gewerbe  des  Unterstützung  Suchenden 
angegeben  sein.  Nach  einem  Beschluss 
vom  Okt.  1768  musste  ein  solcher  in  seiner 
Bittschrift  angeben,  wann  und  wo  er  zum 
Freimaurer  gemacht  worden,  und  eine  Be- 
scheinigung beibringen,  dass  er  seine  Ein- 
trittsgelder bezahlt  habe.  [The  Laws 
relating  to  the  General  Charity,  and  dis- 
posed  there  of.  Printed  in  Pursuance  of 
an  Order  made  the  7the  Day  of  March 
1747.]  Die  Einsetzung  dieser^  Kommission 
hat  manches  Gute  gewirkt.  Ähnliche  Ein- 
richtungen bestehen  heute  bei  allen  Gross- 
logen, um  so  mehr  als  auch  überall  sich 
zahlreiche  milde  Stiftungen  teils  einzelner 
Grosslogen,  teils,  wie  in  Deutschland,  des 
Grosslogenoundes  bestehen,  die  ihre  eignen 
Kommissionen  zur  Verwaltung  haben.  Aber 
auch  die  einzelnen  Logen  besitzen  Stif- 
tungen, an  deren  Spitze  Kommissionen 
stehen.  Armenpflege,  teils  Beschenkungen 
von  Konfirmanden,  Bekleidung  armer  Kin- 
der, Weihnachtsbescherungen  leistet  heute 
wohl  jede  Loge  je  nach  ihren  Mitteln,  be- 
sonders Witwen  (sog.  verschämte  Arme) 
finden  durch  Logen  häufig  Unterstützungen. 
[Vgl.  Armenpflege,  Wohlthätigkeit.  R. 
Fischer,  Entwurf  zu  einem  Handbuch  für 
die  Amtsthätigkeit  der  Logenmeister  (Lpz. 
1891)  S.  88.] 

AlmosenBammier,  Aumonler,  s.  Armen- 
pfleger. 

Alphabet  der  Engel.  Ein  solches  soll 
durch  himmlische  Vermittlung  den  Erz- 
vätern bekannt  gewesen  sein.  In  einigen 
Graden  des  Schottischen  Ritus  (s.  d.)  nimmt 
man  Bezug  auf  dieses  Alphabet.  S.  auch 
Mund. 

Alpina.  1)  Name  der  Grossloge  der 
Schweiz  (s.  d.).  2)  Eine  maurerische  Zeit- 
s(?hrift,  herausgegeben  von  der  vorgedachten 
Grossloge  (s.  Preaae).  Sie  erschien  zuerst 
als  »Maurerisches  Taschenbuch«,  heraus- 
gegeben von  Dr.  F.  öchauberg  in  Zürich 
1859  und  1860  in  zwei  Jahrgängen  und 
war  nicht  amtlich.  Erst  seit  1875  kam  die 
A.  als  »Centralorgan  des  Schweizerischen 
Logenbundes«  mit  einem  »nicht  offiziellen 
Teü«  heraus,  und  zwar  anfangs  nach  Be- 
dürfnis, später  14tägig  unter  der  Leitung 
von  Prof.  Dr.  H.  Hagen  in  Bern,  von  1894 
in  grösserm  Quartformat  halb  in  franzö- 
sischer, halb  in  deutscher  Sprache,  von 
1897  unter  Leitung  von  C.  Fr.  Hausmann 
in  St.  Gallen,  von  Nr.  9  an  von  H.  Keller 
in  Waldstatt  in  Appenzell. 

Alströmer,  Patrick  Freiherr,  Kom- 
merzienrat,  geb.  26.  Febr.  1783,  gest.  28.  Okt. 
1804,  war  Grosskaufmann  in  Göteborg  im 
Verein  mit  seinem  Bruder  Freiherm  das 


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Altar  —  Altenbnrg. 


19 


A.,  unter  der  Finna  N.  Sahlgren,  Direktor 
der  ostindischen  Kompagnie,  Bitter  des 
K.  W.  Ordens,  Mitglied  der  K.  W.  Aka- 
demie, ein  sehr  kunstliebender  und 
wohltbätiger  Mann.  Er  war  1771  einer  der 
Mitbegründer  der  Eönigl.  Musikakademie 
in  Stockholm  und  Vorsitzender  Meister  der 
Loge  Salomon  k  trois  serrures  in  Goten- 
burg. Ihm  zu  Ehren  wurde  1785  eine 
Denkmünze  von  seiner  Loge  geschlagen. 
[Vgl.  BMW.  Nr.  182.1 

Altar.  Ln  alten  ttitual  und  in  allen 
alten  englischen  Logen,  auch  in  der  Schrift 
von  S.  Prichard:  «Masonry  dissected«  (Lon- 
don 1730),  kommt  der  Name  A.  nicht  vor; 
man  bediente  sich  anfangs  nur  eines  Lehn- 
stuhls, mit  einem  Schemel  davor,  später 
eines  einfachen  Tisches.  Im  schottischen 
Andreasgrade  wird  der  A.  zuerst  genannt. 
Im  Clermontschen  System  heisst  der  A.: 
Throntisch  des  Palastes.  Gegen  Ende  des 
18.  Jahrhunderts  wird  der  Gebrauch  des 
Namens  A.  allgemein  und  auch  von  Schrö- 
der gebilligt:  »Altar,  Bibel  und  Gebet  sind 
beizubehalten«.  [Schröders  Abhandlung 
über  alte  und  neue  Maurerei,  S.  45.]  Zu 
dem  A.  führen  drei  Stufen  und  hinter  dem- 
selben ist  der  Sitz  des  Meisters  vom  Stuhl. 
Nach  dem  Gebrauch  vieler  Lehrarten  ist 
über  dem  A.  ein  Baldachin  (s.  d.)  als  Sinn- 
bild des  Himmels  angebracht.  Der  A.  ist 
in  der  Loge  der  hervorragendste  Ort;  auf 
ihm  befinden  sich  die  Hauptsymbole,  hier 
Nvird  gebetet,  und  von  hier  geht  die  Lei- 
tung der  Logenarbeiten  aus.  [Vgl.  B.Fischer, 
Bitual  und  Symbol  (Lpz.  1878),  S.  97.] 

Alte  Maurer,  s.  Aneient  Masons. 

Altena  (St.  in  d.  preuss.  Prov.  Westfalen, 
12108  E.).  Hier  besteht  ein  maurerisches 
Kränzchen,  gegr.  13.  Sept.  1876,  seit 
13.  Jan.  1891  unter  die  Aufsicht  der  Loge 
Zum  märkischen  Hammer  in  Lüdenscheid 
gestellt.  Mitgliederzahl  (1899):  27.  Vers. 
2.  Dienstag  im  Monat.  Lokal:  Hotel 
Xlincke. 

Altenbnrg  (Hauptst.  des  Herzogtums 
Sachsen- Altenburg,  33423  E.).  Loge  (un- 
abhängig) das.:  Archimedes  zu  den 
drei  Beissb retern.  Mitgliederzahl (1899): 
280.  Vers,  den  2.  Donnerstag.  —  Am  81. 
Jan.  1742  gründeten  hier  Albr.  Ant.v.  Büx- 
leben (s.  d.)  und  die  ihm  verschwägerten 
Brüder  Joh.  Aug.  und  Ludw.  Heinr.  Frei- 
herrn Bachoff  von  Echt  (s.  d.)  eine  der 
ältesten  deutschen  Johannislogen.  Sie  wurde 
unter  der  damaligen  Grossloge  von  Ober- 
sachsen Aux  trois  aigles  blancs  in  Dresden 
durch  eine  Abordnung  der  Loge  Aux  trois 
compas  in  Leipzig  (jetzt  Minerva  zu  den 
drei  Palmen)  gesetzmässig  und  nach  ge- 
höriger Form  errichtet  und  erhielt  hi  dem- 
selben Jahre  den  Namen  Aux  trois  planches  ä 
träger.  Vom  28.  Juni  1786  an  führte  sie 
den  Namen  Archimedes  zu  den  drei  Beiss- 
bretern.  Bis  1775  arbeitete  die  Loge 
nach  dem  neuenglischen  Bitual  und  hielt 
sich  frei  von  dem  System  der  strikten  Ob- 


servanz und  von  Hunds  Tempelherren- 
system. In  dem  gedachten  Jahre  gab  sie  ihre 
Selbständigkeit  auf  und  trat  zur  Grossen 
Landesloge  in  Berlin,  zu  deren  Grossmeister 
inzwischen  der  Herzog  Ernst  von  Sachsen- 
Gotha  und  Altenburg  (s.  d.)  gewählt  worden 
war.  1785  trennte  sie  sich  von  dieser 
Grossloge  und  gehörte  von  1788—93  dem 
eklektischen  Logenverein  an,  um  dann  ihre 
frühere  Selbständigkeit  wieder  für  immer 
anzunehmen.  Mit  dem  Beginn  des  neuen 
Jahrhunderts  begann  für  die  Loge,  die  sich 
auch  bisher  den  maurerischen  Schwärme- 
reien und  Gaukeleien  zu  entziehen  gewusst 
hatte,  eine  Zeit  der  Beformen.  Es  wurde 
zunächst  die  förmliche  Ablegung  des  Frei- 
maurereides abgeschafit;  die  bisher  beibe- 
haltenen Zinnendorfschen  Bituale  wurden 
aufgegeben,  und  es  wurde  einstweilen  nach 
dem  Bitual  des  eklektischen  Systems  gear- 
beitet, bis  1803  das  von  Pierer  (s.  d.)  nach 
»dem  ältesten,  unzweifelhaft  als  echt  und 
unverfälscht  anerkannten,  bis  1650  in  aUen 
Logen  üblich  gewesenen  Bitual«  für  alle 
drei  Grade  ausgearbeitete  Bitual  eingeführt 
wurde.  Li  demselben  Jahre  gab  die  Loge 
ihr  namentlich  von  Schneider  (s.  d.)  bear- 
beitetes »Konstitutionsbuch«  heraus.  (Die- 
ses jetzt  seltene  und  wertvolle  Buch  ent- 
hält in  einem  Anhang  Studien  über  die 
Geschichte  der  Freimaurerei  und  andre 
verwandte  Gegenstände  und  Fragen  und 
ist  eins  der  vorzüglichsten  Werke  der 
ganzen  damaligen  maurerischenLitteratur.) 
Inzwischen  war  auch  der  Bau  eines  eignen 
Logenhauses  in  Angriff  genommen  worden  ; 
es  wurde  25.  Okt.  1804  eingeweiht.  [Vgl. 
HMW.  Nr.  1.]  Bereits  18.  Dez.  1803  hatte 
die  Loge  eine  Deputationsloge  in  Gera  (s.  d.) 
errichtet,  die  kurz  nachher,  25.  Okt.  1804, 
als  selbständige  Loge  unter  dem  Namen 
Archimedes  zum  ewigen  Bunde  von  der 
hiesigen  Loge  eingerichtet  >vurde.  Gleich- 
zeitig wurde  bei  der  hiesigen  Loge  eine 
besondere  Direktorialloge  errichtet,  welche 
die  wichtigem  Angelegenheiten  der  Loge 
in  Gera  und  der  in  zwei  Kolonnenlogen 
(Ernst  zur  Wahrhaftigkeit  und  Ernst 
zur  Gerechtigkeit)  geteilten  Loge  in 
A.  leitete.  Jedoch  bereits  1806  wurde 
diese  Einrichtung  wieder  aufgehoben.  1809 
eröflhete  die  Loge  eine  Deputationsloge 
in  Schneeberg,  die  1812  unter  dem  Nameu 
Archimedes  zum  sächsischen  Bunde  von 
der  Grossen  Landesloge  von  Sachsen  als 
eigne  Loge  eingerichtet  wurde.  Die  fort- 
schreitende Zeit  forderte  manche  Verän- 
derung der  bestehenden  Logengesetze,  wie 
auch  des  G^brauchtums.  Infolgedessen 
erschien  eine  Neubearbeitung  der  Verfas- 
sungsurkunde 1836,  während  die  jetzt  noch 
gültige  11.  Sept.  1862  in  Kraft  trat.  Auf 
Grund  derselben  erhielt  die  Loge  vom 
Herzog  Ernst  unter  dem  29.  Mai  1863  die 
Bechte  der  Gesamtpersönlichkeit.  Das 
neurevidierte  Bitual  wurde  am  Stiftungs- 
feste der  Loge  31.  Jan.  1871  dngeöilu^. 
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20 


Altenglisohes  System  —  Altersheim. 


Bereits  1875  trat  die  Loge  der  Vereinigung 
der  fünf  »selbständigen«  Logen  bei,  die 
14.  Okt.  1883  in  die  »Freie  Vereinigung 
der  fünf  unabhängigen  Logen  in  Deutsch- 
land« umgeändert  wurde.  —  An  der  Feier 
des  lOOjähjrigen  Jubiläums  1842,  wie  auch 
des  160jährigen  Jubiläums  am  81.  Januar 
1892  [vgl.  HMW.  Nr.  2)  nahmen  nicht  bloss 
die  sämtlichen  Grosslogen  und  Logen 
Deutschlands,  sondern  auch  die  städtischen 
Behörden,  sämtliche  hohem  Unterrichts- 
anstalten, das  Direktorium  und  das  Kol- 
legium der  Bürgerschullehrer  und  eine 
grössere  Anzahl  wissenschaftlicher  Vereine 
regen  Anteil.  Bei  Gelegenheit  des  letztem 
Jiibiläums  empfing  die  Loge  von  Seiten 
des  Sparkassenvereins  ein  Geschenk  von 
100000  M.  als  Stiftung  zu  Wohlthätigkeits- 
zwecjcen.  —  Die  Loge  arbeitete  sofort  nach 
ihrer  Konstituierung  indeutscher  Sprache 
und  ist  daher  höchst  wahrscheinlich  die 
erste  Loge  in  Deutschland,  die  bei  ihren 
Ajrbeiten  sich  dieser  Sprache  bediente.  (S. 
Iiogenspraohe.)  1746  gab  sie  eine  Anzahl 
»Freymaurer-Lieder«,  von  L.  F.  Lenz  (s.  d.) 
gedichtet,  nebst  dabei  in  Kupfer  gestochnen 
Melodien  in  4.  heraus.  Dies  ist  das  erste 
deutsche  Liederbuch  für  Freimaurer. 
1798  erschien  ein  Gesangbuch  unter  dem 
Titel  »Gesänge  für  die  ger.  und  vollk. 
Loge  Ajrchimedes  zu  den  drey  Eeissbretem 
zu  Altenburg«  und  1804  ein  neues  Lieder- 
buch: »Maurerische  Gesänge«,  dem  1821 
ein  zweiter^  Band  folgte.  1850  erschien 
eine  neue  Bearbeitung  dieser  Gesänge  unter 
dem  Titel:  »Gesänge  der  Freimaurerloge 
Archimedes  u.s.w. « . — Verfassung :  Die  Loge 
erkennt  als  eine  Johannisloge  nur  die  drei 
Johannisgrade  (s.  d.)an  und  arbeitet  daher 
nur  in  diesen.  Der  Meister  vom  Stuhl 
und  die  beiden  Vorsteher  werden  von  den 
Brüdern  des  dritten  Grads  aus  der  Zahl 
der  Meister  alljährlich  durch  Stimmen- 
mehrheit gewählt;  die  übrigen  Beamten 
wählt  der  Meister  vom  Stuhl.  Die  wich- 
tigem Angelegenheiten  der  Loge  werden 
vom  Meister  vom  Stuhl,  dem  zugeord- 
neten Meister  vom  Stuhl  und  den  beiden 
Vorstehern  beraten.  Die  Loge  besitzt  eine 
Bibliothek  von  ungefähr  1400  Bänden 
(Verzeichnis  v.  1843  nebst  Nachträgen  von 
1854,  1862,  1896),  sowie  eine  aus  dem 
Nachlass  des  Horst  v.  Bärenstein  (s.  d.) 
angekaufte  und  seitdem  unablässig  ver- 
grösserte  maurerische  Münzsammlung  von 
ca.  1000  Nummern,  die  jetzt  wohl  die  bedeu- 
tendste imBesitz  deutscherLogen  befindliche 
ist.  Wahlspruch :  Noli  turbare  circulos.— Aus 
der  Loge  nervorgegangene  Anstalten  sind : 
1)  der  1808  gegründete  Logenfiskus;  2)  die 
1823  gegründete,  von  der  Einwohnerschaft 
Altenburgs  und  Umgegend  stark  benutzte 
Sparkasse  (jetzt Sparkasse);  3)  die  Johannis- 
stiftung,  mit  einem  Stiuungskapital  von 
60  000  M.  Die  von  Altenburg  ausgegangnen 
sehr  schätzbaren  maurerischen  Zeitschrif- 
ten sind:  das  »Journal  für  Freimaurerei« 


(1804  fg.),  die  »Zeitschrift  für  Freimau- 
rerei« (1823  fg.)  und  »Der  Ziegeidecker« 
(1837  fg.,  fortgesetzt  unter  dem  Titel  »Bru- 
derblätter. 1848-1854).  Zur  Geschichte 
der  Altenburger  Loge  s. :  1)  »Konstitutions- 
buch vom  J.  Ib03;  2)  Waitz,  die  S.  J.-Loge 
A.  z.  d.  3  R.  in  A.  nach  lOujähr.  Bestehen 
(1842);  3)  Henny,  Kurze  (jeschichte  der 
Loge  (1868);  4)  Zumi)e,  Zur  Frage  über 
maurerische  Werkthätigkeit  nebst  Mittei- 
lungen über  die  Werkthätigkeit  der  Loge 
A.  z.  d.  3  R.  (1876);  5)  Dietrich,  Aus  ver- 
gangenen Tagen  (1889);  6)  ders.,  Blätter 
der  Erinnerung  (1889);  7)  ders.,  Deutsches 
Logenleben  (1890). 

Altenglisches  System,  s.  EnglisoheB 
System. 

Alte  Pfliohteii,  s.  Pflichten. 

Alter.  Zur  Aufnahme  in  den  Freimaurer- 
bund ist  schon  nach  den  Alten  Verordnungen 
der  Grossen  Loge  von  England  vom  29. 
Dez.  1729  das  21.  Altersja£r,  in  manchen 
Ländern  das  Alter  der  gesetzlichen  Voll- 
jährigkeit, in  Preussen  nach  dem  Edikt  v. 
J.  1798  das  25.,  erforderlich.  Diese  Be- 
stimmung haben  die  drei  altpreussischen 
Grosslogen  auch  nach  Herabsetzung  des 
Volljähngkeitsalters  im  Deutschen  fieich 
beibehalten  und  erst  21.  Febr.  1899  noch 
beschlossen,  dass,  wer  als  preussischer 
Staatsangehöriger  in  ausserpreussischen 
Logen  vor  vollendetem  25.  Lebensjahre 
aufgenommen  worden  ist,  bei  Logen  inner- 
halb des  Verbands  der  drei  altpreussischen 
Grosslogen,  so  lange  er  das  25.  Lebensjahr 
noch  nicht  zurückgelegt  hat,  nur  als  Be- 
suchender zugelassen  werden  kann.  In 
Frankreich  befähigt  gleichfalls  das  erfOllte 
21.  Lebensiahr.  (8.  Aufnahme.)  Eine  Aus- 
nahme findet  in  manchen  Logen  bei  der  Auf- 
nahme von  Luftons  (s.  d.)  statt.  Übrigens 
haben  sich  auch  schon  sehr  bejahrte  Männer 
au&ehmen  lassen,  so  Wieland  (s.  d.)  im  72., 
Voltaire  (s.  d.)  im  80.  Lebensjahre.  Im  all- 
gemeinen sollte  der  Eintritt  nicht  zu  früh, 
namentlich  nicht  vor  erlangter  voller  Selb- 
ständigkeit im  profanen  Leben  bewilligt 
werden.  Das  maurerische  oder  symbolische 
Alter  eines  Freimaurers  bestimmt  sich  nach 
den  Graden  in  verschiedner  Weise.  [Vgl. 
Z.  1893,  S.  63.] 

Altershelm  mr  Freimaurer.  Ein  deutsches 
A.  wurde  zum  ersten  Male  angeregt  von 
einem  Bruder  in  Dresden  (B.)  1865  und  weiter 
verfolgt  von  der  Loge  in  Einbeck  bei  Ge- 
legenheit ihrer  Hundertjahrfeier  1897,  das 
aber  aus  den  ersten  Anlangen  noch  nicht 
herausgekommen  ist  und  für  dessen  Ver- 
wirklichung noch  gesammelt  wird.  Doch 
sind  schon  beträchtliche  Mittel  im  Betrag 
von  c.  40000  M.  vorhanden  (vgl.  FZ.  1897, 
S.  261].  Die  Satzungen  sind  abgedruckt 
in  L.  1898,  S.  101.  -.  Auch  1886  hatte 
A.  Stahlberg  den  Gedanken  angeregt  und 
einen  Plan  veröffentlicht  [vgl.  FZ.  1886, 
S.  3731.  Ebenso  schwebte  dem  v  erein  deut- 
scher Freimaurer  bei  der  Gründung  seines 

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Alter  und  angenommener  Ritus  —  Altona. 


21 


Zentralhilfsfonds  ein  gleicher  Gedanke 
vor.  —  In  Amerika  bestehen  Altersheime 
für  Freimaurer  in  New  York  (in  Utica  seit 
1893  und  das  deutsche  Altenheim  in  Tappan 
seit  1888),  Philadelphia  (seit  1889),  Chicago 
(seit  1885),  St.  Louis  (seit  1889),  Michigan 
m  der  N&be  von  Grand  Bapids  (seit  1889), 
Virginia  östlich  von  Bichmond  (seit  1890), 
Kentucky  und  Tennessee.  Das  ijrösste  ist 
das  von  Kentucky,  das  durch  eine  Kopf- 
steuer von  1  Dollar  für  jeden  angenom- 
menen Meister,  den  Zinsen  der  &pital- 
aidagen  des  Endowment-Fund,  freiwilligen 
Beiträgen  und  den  Einnahmen  des  Jo- 
hannisstifts  erhalten  wird.  Es  birgt  jetzt 
216  Insassen  und  kostet  jährlich  24686,88 
Dollar. 

Alter  nnd  angenommener  Ritus,  s. 
Schottifloher  Bitos. 

Altkatholizlsmns.  Als  Anstifterin  des 
A.  hat  H.  von  Hartenstein  in  »Enthüllungen 
über  die  Freimaurerei«,  besonders  über  die 
schweizerische  Grossloge  Alpina,  1.  Heft, 
»Was  ist  und  was  will  die  Freimaurerei?« 
(Solothurn  1873)  die  Freimaurerei  hinzu- 
stellen versucht.  Dass  sie  damit  nie  etwas 
zu  thun  gehabt  hat,  bedarf  keines  Beweises. 

Altkireh  (8t.  in  Elsass-Lothringen,  »315 
E.).  Unterm  Grossorient  von  Frankreich 
wurde  hier  die  Loge  Les  amis  r^unis 
1.  Dez.  1809  gegründet,  die  aber  nur  kurze 
Zeit  bestand.  [Vgl.  Chalne  d'union  1877, 
8.  508.] 

Altmeister  (Pastmaster),  ein  Ehrentitel, 
der  in  Deutschland  den  Vorsitzenden 
Meistern  einer  Loge  bei  der  Niederlegung 
ihres  Amts  im  Faß  besonderer  Verdienste 
beigelegt  wird.  (8.  auch  Ehrenmelster 
und  Pastmaster.) 

Alton  (8t.  im  nordamerikan.  8taat  Illi- 
nois, [1890]  10294  E.).  Hier  besteht  eine 
in  deutscher  8prache  arbeitende  Loge  Er- 
win Nr.  315  unter  der  Grossloge  von 
niinois,  gegr.  5.  Okt.  1859.  Vers.  Donners- 
tag vor  Vollmond. 

Altena  (8t.  in  der  preuss.  Prov.  8chles- 
wig-Holstein,  148944  E.).  1)  Die  erste  in 
A.  gestiftete  Loge  ist  die  noch  jetzt  in 
Hamburg  arbeitende  Loge  Zum  Pelikan. 
Sie  wurde  16.  März  1771  von  einem  öster- 
reichischen Offizier,  der  sich  regelmässig 
einen  Teil  des  Jahres  in  Dienstgeschäften 
das.  aufhielt,  gestiftet.  Dieser  ist  mit 
Zinnendorf  (s.  d.)  persönlich  bekannt  ge- 
wesen und  hat  von  ihm  den  Stiftungs- 
brief erhalten.  [Vgl.  BZC.  1893,  8.  105.] 
2)  Von  abtrünnigen  Brüdern  dieser  Loge 
wurde  die  Loge  Juliane  zu  den  drei 
Löwen  19.  Juni  1776  in  A.  gegründet, 
die  sich  der  unter  dem  Schutze  des 
Prinzen  und  Landgrafen  Karl  von  H^essen 
in  Dänemark  eingeführten  sog.  strikten 
Observanz  anschloss.  Nach  mannigfachen 
Zwistigkeiten  verdrängte  sie  die  ältere  Loge 
Zum  Pelikan  aus  A.,  die  zunächst  nach 
dem  Hamburger  Berge  (Vorstadt  8t. -Pauli) 
übersiedelte.     Die    stets    an   Mitgliedern 


arme  Loge  Juliane  zu  den  drei  Löwen  er- 
losch aber  schon  24.  Juni  1786.  8)  Nach 
Auflösung  dieser  Loge  entstand  in  A.  eine 
unregelmässige  Loge  unter  dem  Namen 
Sympathie.  Nach  und  nach  wurden 
deren  Mitgl\eder  in  der  Hamburger 
Loge  Ferdinand  zum  Felsen  rektifiziert  und 
stifteten  dann  4)  durch  ein  Patent  des 
Prinzen  Karl  von  Hessen  vom  18.  Febr. 
1796  die  heute  noch  bestehende  Loge  Karl 
zum  Felsen  nach  der  sog.  Wilhelmsbader 
Lehrart  (eingew.  22.  März  1796).  Der  erste 
hammerführende  Meister  dieser  Loge  war 
der  Buchhändler  J.  H.  Kaven,  der  auf 
der  Bückreise  von  der  Leipziger  Messe  in 
dem  hannoverschen  Dorfe  Tatendorf  bei 
Ülzen  am  22.  Juni  1800  starb  und  dem  auf 
dem  Friedhofe  zu  Bamum  in  Hannover 
von  der  AJtonaer  Loge  ein  Denkstein  er- 
richtet wurde,  welcher,  nachdem  der  Fried- 
hofgeschlossen war,  1872  nach  A.  überführt 
und  in  dem  Neubau  des  Logenhauses  auf- 

§estellt  wurde.  5)  Prinz  Karl  von  Hessen, 
amaliger  Generalgrossmeister,  stiftete  7. 
Okt.  1815  die  schottische  Loge  Juliane 
zur  Freundschaft  und  am  24.  Mai  1817 
die  völlig  unabhängige  altschottische  Di- 
rektorialloge Karl  zur  heiligen  Wahr- 
heit und  ernannte  den  Geheimen  Kon- 
ferenzrat, Oberpräsidenten  der  Stadt  A., 
Grafen  Konrad  zu  Blücher- Altona  zum  alt- 
schottischen Obermeister  mit  der  Voll- 
macht, Logen  zu  stiften  und  mit  Akten 
zu  versehen.  Dieses  altschottische  Direk- 
torium stand  völlig  unabhängig  und  selb- 
ständig neben  dem  Direktorium  in  Kopen- 
hagen, und  die  Gemeinschaft  bestand  ledig- 
lich im  gemeinsamen  Generalgrossmeister. 
Die  einzelnen  Logen  der  dänischen  Mo- 
narchie unterhielten  nicht  einmal  einen 
Briefverkehr  miteinander  und  kümmerten 
sich  nicht  um  die  gegenseitigen  Verhält- 
nisse. Jedoch  schon  bald  nach  dem  Tode 
des  altschottischen  Obermeisters,  des  Grafen 
zu  Blücher -Altona,  1.  Aug.  1845,  zeigen 
sich  die  ersten  Versuche  von  Kopenhagen 
aus,  durch  den  Pastor  Hamburger  eine 
Annäherung  und  Verschmelzung  der  un- 
abhängigenbeiden  Direktorien  zu  bewirken. 
Da  aber  gerade  damals  die  politischen 
Richtungen  der  deutschen  und  dänischen 
Parteien  schroflT  hervprzutreten  begannen, 
so  wies  der  Logenmeister  und  damalige 
Verweser  des  altschottischen  Direktoriums 
Callisen  alle  Anträge,  die  bei  der  zuneh- 
menden politischen  Wühlerei  die  Selb- 
ständigkeit und  Unabhängigkeit  der  AJto- 
naer Loge  hätten  gefährden  können,  be- 
stimmt zurück.  Alle  weitere  Beeinflussung 
von  Kopenhagen  her  hörte  von  da  an 
völlig  auf.  Übrigens  war  bei  den  Anträgen 
des  Pastors  Hamburger  durchaus  von  keiner 
Verbesserung  der  Lehrart  die  Bede.  —  Da- 
gegen begannen  einzelne  Mitglieder  der 
Loge  Karl  zum  Felsen  1846  nach  vor- 
hergegangener gründlicher  Prüfung  der 
Lehrart  sich  mit  voller  Überzeugung,  der 
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Altruümus. 


sog.  Bchwedischen  Lehrart  zuzuwenden,  und 
1849  war  diese  Überzeugung  in  der  Loge 
Karl  zum  Felsen  in  einer  solchen  Aus- 
dehnung zur  Oeltunff  gekommen,  dass  sie 
sich  fast  einstimmig  derLehrart  der  Grossen 
Landesloge  von  Deutschland  und  dieser 
Grossloge  anzuschliessenbeschloss.  Die  An- 
nahme geschah  mittels  Beschlusses  vom  16. 
Juni  1849  am  24.  Juni  1849.  —  Am  15.  Sept. 
dess.J.  wurde  die  unter  der  Grossen  Landes- 
loge von  Deutschland  arbeitende  Andreas- 
loge Concordia  gestiftet.  —  Nach  Beseiti- 
gung mancher  Missverständnisse  und,  nach- 
dem ebenfalls  in  der  Kopenhagener  Loge 
die  Überzeugung  von  der  Richtigkeit  der 
schwedischen  Lehrart  zur  vollen  Geltung 
gekommen  und  der  König  sich  an  die 
Spitze  dieser  Bestrebungen  und  Anschau- 
ungen gestellt  hatte,  erfolgte  die  Rück- 
gabe der  Altonaer  Logen,  der  Johannisloge 
Karl  zum  Felsen  und  der  Andreaslo^e  Con- 
cordia, an  die  königlichen  Kommissarien 
(Commissarius  magni  magistri  Berling  und 
Pastor  Visby]  7.  Juli  1863  durch  den  Ab- 
geordneten aer  Grossen  Landesloge  von 
Deutschland.  Inzwischen  wurde  die  eben- 
falls nach  der  schwedischen  Lehrart  ar- 
beitende Grosse  Landesloge  von  Däne- 
mark 17.  Dez.  1853  errichtet,  und  es  waren 
somit  alle  Hindemisse  eines  ruhigen  Fort- 
arbeitens  für  die  Logen  beseitigt,  bis  der 

15.  Nov.  1868  eintretende  Tod  des  Gene- 
ralgrossmeisters Königs  lYiedrich  VII.  von 
Dänemark  die  Ruhe  wieder  unterbrach. 
Ordensgesetzlich  mussten  bis  zur  Wahl 
eines  neuen  Generalgrossmeisters  alle  Ar- 
beiten eingestellt  werden.  Anfang  April 
1864  wurde  die  Wahl  Braestrups  zum  Ge- 
neralgrossmeister angezeigt  und  die  Loge 
zur  vorgeschriebenen  Huldigung  aufge- 
fordert; aber  die  politischen  Wirren  hatten 
die  Gemüter  auch  in  der  Loge  aufgeregt, 
so  dass  der  Wunsch  nach  Trennung  von 
der  dänischen  Grossen  Landesloge  laut 
wurde.  Doch  erst  nach  heftigen  Kämpfen 
in  der  Loge  wurde  ein  solches  Gesucn  an 
diese  Grossloge  1.  März  1865  beschlossen. 
Die  Verhandlungen  zogen  sich  ein  Jahr 
lang  hin,  und  erst  11.  Apr.  1866  wurden 
die  Logen  wieder  von  der  Grossen  Lan- 
desloge zu  Berlin  übemonmien.  Wahl- 
spruch: Parate  viam  domini.  Neues  Haus- 
gesetz  der  Loge   Karl   zum  Felsen   vom 

16.  Febr.  1894,  bestätigt  10.  Juli  1894. 
Stiftungen:  1)  Witwen-  und  Waisenunter- 
stützungskasse (30000  M.),  2)  Erziehungs- 
verein von  1877  (hat  in  den  ersten  20 
Jahren  seines  Bestehens  10500  M.  für 
Schulzwecke  und  14000  M.  zum  Reserve- 
fonds aufgebracht),  8)  Stuhlmannstiftung 
aus  dem  Jahre  1872  zu  wohlthätigen 
Zwecken  (4428  MX  4)  Unterstützungskasse 
der  Andreasloge  Concordia  für  bedürftige 
Mitglieder  und  deren  Angehörige  (5000  M.). 
Mitglieder  (1899):  404.  Vers.  Freitags. 
1869  wurde  eine  Denkmünze  gestiftet  für 
Brüder,  die  das  25jährige  Maurerjubiläum 


feiern;  seitdem  die  Grosse  Landesloge  in 
Berlin  für  alle  ihre  Tochterlogen  eine  solche 
Denkmünze  eingeführt  hat,  wird  sie  nur 
noch  ausnahmswebe  verliehen.  [HMW. 
Nr.  3.]  [Vgl.  Bericht  über  die  Feier  des 
lOOjährigen  Stiftungsfestes  (1896);  Ge- 
schichte der  Loge  von  C.  Bröcker  (1897).] 
6)  Ebenfalls  unter  der  Grossen  Landesloge 
zu  Berlin  arbeitet  hier  die  Johannisloge 
Friedrich  zur  Wahrheit,  gest  18.  Okt. 
1892,  eingew.  20.  Nov.  1892.  Sie  besitzt 
eine  Witwen-  und  Waisenunterstützungs- 
kasse. Mitglieder  (1899):  63.  Vers,  alle 
14  Tage  Donnerstags.  —  Alle  drei  Logen 
arbeiten  in  dem  der  Loge  Karl  zum  Felsen 
gehörigen  Hause  Gr.  Bergstr.  183,  das  beim 
50jährigen  Jubiläum  22.  März  1846  ein- 
geweiht und  1873  und  1891  erweitert  wurde. 
Altruismag,  philosophischer  Ausdruck 
bei  Auguste  Comte,  dem  Begründer  der 
positiven  Philosophie,  geb.  19.  Jan.  1798 
in  Montpellier,  gest.  5.  Sept.  1858  in  Paris, 
von  dem  Worte  der  Languedoc  altrui,  d.  h. 
ein  andrer.  Die  Willensantriebe  des  Egois- 
mus (s.  d..)  verfolgen  die  Selbsterhaltung 
und  das  Eigenwohl,  die  des  A.  die 
Erhaltung  und  das  Wohl  des  andern. 
Beide  stehen  sonach  zu  einander  im  Gegen- 
satz. Aber  der  Widerspruch  zwischen 
selbstischen  und  altruistischen  Anlässen, 
zwischen  eigner  und  fremder  Wohlfahrt 
ist  nicht  die  Regel,  sondern  die  Ausnahme. 
Li  der  Wirklichkeit  des  Lebens  stimmen 
sie  meist  zusammen.  Der  einzelne  Mensch 
weiss  sich  als  Glied  einer  Gesamtheit, 
nämlich  einer  Familie,  eines  wirtschaft- 
lichen und  eines  geselligen  Kreises,  eines 
Gemeinwesens  und  eines  Volks.  Ihm  ist 
nicht  wohl,  wenn  es  seinem  Lebenskreise 
nicht  wohlgeht.  Sein  Eigenwohl  ist  vom 
GemeinwoM  abhängig,  ist  in  das  Gesamt- 
wohl eingeschlossen.  Weil  er  dies  erkennt, 
ist  das  Ziel  seines  Willens:  Gesamtwohl 
mit  Einschluss  seines  Eigenwohls.  Der 
einzelne  kann  nicht  für  sein  Eigenwohl 
sorgen,  z.  B.  für  seine  Gesundheit,  die 
Ausgiebigkeit  seiner  Arbeitskraft,  sein  Ver- 
mögen U.S.  w.,  ohne  dass  dies  seinen  weitem 
Lebenskreisen  zu  Gute  käme,  und  umge- 
kehrt die  Gesamtheit  kann  ftlr  ihr  Wohl 
nicht  sorgen,  z.  B.  in  wirtschaftlicher  Hin- 
sicht, in  Beziehung  auf  ihre  Wehrkraft, 
auf  Volkserziehung,  Kunst  und  Wissen- 
schaft, ohne  dass  dies  dem  einzelnen  zu 
Gute  käme.  Und  wie  in  den  Wirkungen, 
so  zeigt  sich  auch  in  den  Veranlassungen 
der  Handlungen  ein  Zusammenstimmen  des 
egoistischen  und  des  altruistischen  Triebes. 
Die  Handlungsweise  des  einzelnen  wird 
begründet  durch  die  Rücksicht  auf  andre, 
die  Liebe  heischend,  bittend,  fordernd, 
drohend  ihn  bei  seinem  Handeln  beein- 
flussen, und  umgekehrt  wird  sein  Thun 
und  Handeln  hervorgerufen  und  geleitet 
lediglich  durch  seinen  Sondertrieb,  wäh- 
rend ihm  dabei  gleichwohl  bedeutender 
Gemeinwert  und  grosse  Gen^einnützigkeit 
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Alxinger  —  Amelimg. 


zu  eigen  ist,  wie  z.  B.  der  Schriftsteller 
nur  fSr  sich  schreibt  und  dabei  die  Litte- 
ratur  seines  Volkes  bereichert,  der  Dichter 
nur  f&r  sich  dichtet  und  dabei  mit  den 
Gaben  seiner  Muse  die  Gesamtheit  be- 
glückt, der  Ehrenmann  sich  nur  für  sich 
allein  um  den  guten  Buf  eines  selbstlosen 
und  pflichttreuen  Menschen  bemüht  und 
doch  dadurch  in  gemeinnützigen  Dingen 
für  die  C^esamtheit  wirkt.  Gleichwohl  behält 
der  G^ensatz  zwischen  Egoismus  und  A. 
seine  Wahrheit.  Es  kommen  Ffille  im 
Leben  vor^  in  denen  das  Eigeninteresse 
mit  dem  Interesse  andrer  in  Widerstreit 
zu  stehen  scheint  oder  wirklich  steht.  Hier 
ist  entscheidend  zwischen  den  beiden  fÜr 
die  Handlung  zur  Wahl  stehenden  Zwecken 
die  grüssere  objektive  Bedeutung,  der  Vor- 
rang in  der  !Naturordnung  der  Zwecke: 
das  grössere  Lateresse  muss  jederzeit  dem 
kleinem  vorangehen  ohne  Bücksicht  dar- 
auf, ob  das  Eigeninteresse  oder  das  Li- 
teresse  des  andern  das  grössere  ist.  Es 
ist  die  Aufgabe  der  Freimaurerei,  bei 
ihren  Angehörigen  und  durch  sie  in  der 
Menschenwelt  auf  Klärung  und  Weitung 
der  Lebensauffassung,  sowie  auf  Schärfiing 
und  Sicherung  des  Werturteils  über  die 
Zwecke  des  menschlichen  Handelns  hin- 
zuwirken. Mit  dem  Fortschritt  der  So- 
zialisierung der  Menschheit  hat  keines- 
wegs die  Entwicklung  und  das  Vordringen 
der  altruistischen  Empfindungsweise  glei- 
chen Schritt  gehalten,  und  der  E^pf 
feindlicher  Interessen,  wennschon  er  gegen 
vergangne  Zeiten  in  der  Gegenwart  andre 
Formen  angenommen  hat,  währt  bei  dem 
Überwie^n  der  egoistischen  Triebe  über 
die  altnustischen  Instinkte  noch  immer  in 
der  Menschheit  fort.  Soweit  hierin  das 
Leben  nicht  schon  selbst  ausgleichend 
wirkt,  ist  es  Sache  der  Freimaurerei,  das 
Gewicht  der  altruistischen  Gefühlsweise 
und  Gesinnung  in  der  Menschheit  zu  mehren 
und  zu  stärken.  Hierbei  nimmt  sie  zur 
Bichtschnur  den  Grundsatz,  dass  sie  sich 
ebenso  sehr  vor  einer  pessimistischen  Ver- 
kennung der  Vergangenheit  und  der  Gegen- 
wart und  vor  einem  phantastischen  Zu- 
kunftsoptimismus, wie  vor  dem  roman- 
tischen Schönfärben  der  sog.  guten  alten 
Zeit  und  vor  dem  ideallosen,  entnervenden 
Verzagen  an  dem  Fortschritt  und  der  Ver- 
vollkommnung der  Menschheit  zu  hüten 
habe.    [Vgl.  HL.,  S.  2670.] 

AlxiBger,  Joh.  Bapt.  v.,  Hofagent,  dann 
1796  Sekretär  des  Hoftheaters,  deutscher 
Dichter,  geb.  in  Wien  26.  Jan.  1755,  gest. 
1.  Mai  1797,  seit  1779  Mitglied,  dann  erster 
Aufseher,  Bedner  und  1790  zug.  Meister 
der  Loge  Zum  heiligen  Joseph  in  Wien, 
trat  gegen  die  von  L.  A.  Hofimann  her- 
ausgegebene Wiener  Zeitschrift  auf  in  einer 
Schrift:  »Anti-Hoffbaann«  (\Vien  1792).  Seine 
Gedichte  gab  er  1784  zum  Besten  der  Armen 
heraus.  [W.  J.,  Jahrg.  1,  St.  2,  S.  256.  Über 
sein  Leben  vgl.  Jördens,  Deutsche  Dichter, 


1,86— 45;V,711-.713.Wurtzbach,Biograph. 
Lexikon,  I,  23  fg.] 

Alsey  (St.  im  Grossherzogtum  Hessen, 
6509  E.).  Loge  das.  Karl  zum  neuen 
Licht,  unter  der  Grossloge  Zur  Eintracht. 
Mitgliederzahl  (1899):  44.  Vers,  letzten 
Samstag  im  Monat,  Klub:  Donnerstags. 
Lokal:  Dautenheimer  Landstrasse  6  und 
Steinwe^.  Lokalgesetze  v.  1861  u.  1890.  — 
Sie  ist  die  Fortsetzung  einer  in  Kirchheim- 
bolanden  7.  März  1813  gegründeten  Loge 
Zur  Säule  am  Fusse  des  Donnersbergs. 
Dal816Kirchheimbolanden  (s.d.)  anBavem 
fiel,  wurde  die  Loge  nach  A.  verlegt, 
wo  sie  11.  Mai  1817  den  Namen  Zum 
neuen  Licht,  später  Karl  zum  neuen  Licht 
annahm.  Laiidgraf  Karl  von  Hessen  (s.  d.) 
erteilte  ihr  als  Generalgrossmeister 
unterm  17.  Nov.  1817  eine  Stiftungsur- 
kunde; die  Einweihung  erfolgte  25.  Juli 
1819.  Ende  1824  stellte  die  Loge  ihre 
Arbeiten  ein  und  erwachte  erst  wieder  im 
Somip^r  1836.  Am  20.  Okt.  1839  trat  sie  dem 
Eklektischen  Bunde  bei,  den  sie  20.  Mai 
1860  ¥äeder  verliess,  um  sich  auf  den 
Wunsch  des  Landesherm  und  Protektors 
der  Grossen  Freimaurerloge  Zur  Eintracht 
in  Darmstadt  anzuschliessen,  wobei  der 
Lo^e  gestattet  wurde,  dass  der  das 
christliche  Prinzip  grundsätzlich  fest- 
stellende Paragraph  des  Gesetzbuchs  der 
GroBsloge  auf  sie  keine  Anwendung  finde. 
[Bh.,  1861,  S.  60.    L.  1892,  S.  158.] 

Amanta  du  plaigir,  s.  Phflooboreites. 

Amelang,  KarlFriedr.  Wilhelm,  Jus- 
tizrat und  Bechtsanwalt  beim  Kammerge- 
richt in  Berlin,  geb.  das.  10.  Nov.  1792,  gest. 
2.  Dez.  1858  das.,  war  22.  Juli  1819  in  der 
Loge  Pythagoras  zum  flammenden  Stern 
in  Berlin  in  den  Maurerbund  aufgenommen 
worden,  wo  er  seit  1835  mehrere  Beamten- 
stellen, auch  1836 — 1840  das  Amt  eines 
Meisters  vom  Stuhl  bekleidete;  seit  1850 
gehörte  er  dem  Innersten  Orient  der  Grossen 
Loge  Boyal  York  an  und  wurde  nach 
Klödens  (s.  d.)  Tode  1856  Grossmeister  der 
Grossen  Loge  Boyal  York.  Die  Gesetz- 
gebung der  Grossloge  hat  ihm  viel  zu  ver- 
danken. fVrf.  Bh.  1859,  S,  36.  L.  XVI, 
S.  158.  Flohr,  Geschichte  der  Grossen 
Loge  Boyal  York,  II,  S.  79.] 

Amelnng,  Karl  Franz,  Militär,  geb.  20. 
Sept.  1825  in  Eisenach,  gest.  19.  Apr.  1892 
das.,  studierte  Bechtswissenscharb,  trat 
aber  bald  als  Soldat  ein.  Aufgenommen 
in  den  Freimaurerbund  wurde  A.  28.  März 
1851  in  der  Loge  Amalia  in  Weimar, 
schloss  sich  1859  der  Loge  Karl  zur  Wart- 
burg in  Eisenach  an,  wo  er  von  1864  bis 
1867  Meister  vom  Stuhl  war,  leitete,  nach 
Jena  übergesiedelt,  das  dortige  maure- 
rische Kränzchen  und  wurde  m  Görlitz, 
wo  er  zuletzt  als  Pensionär  lebte,  in  der 
Loge  Zur  gekrönten  Schlange  angenom- 
men. Er  deckte  diese  Loge  aber  bald 
wieder  und  kehrte  zu  seiner  alten  Loge 
in  Eisenach  zurück.  Von  ihm  sind  viele 
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24 


Amerika  —  Ancient  Masons. 


Aufsätze  und  gediegene  Vorträge  in  maure- 
rischen Zeitschriften,  namentlich  der  Frei- 
maurerzeitung und  Asträa,  veröffentlicht. 
Amerika.  Die  Freimaurerei  ist  in  A., 
im  Verhältnis  zur  Einwohnerzahl,  teilweise 
viel  ausgebreiteter  als  in  Europa,  steht  aber 
auch  im  allgemeinen  auf  einer  viel  weniger 
hohen  Stufe  der  Reinheit  und  Durch- 
bildung. In  Nordamerika  (s.  d.)  bestehen 
zahlreiche  Logen  in  fast  allen  Teilen  der 
Vereinigten  Staaten  (s.  die  einzelnen  Staa- 
ten) und  den  britischen  Besitzungen  (s.  die 
einzelnen  Kolonien),  sowie  in  Mexiko  (s.  d.). 
In  Westindien  (s.  d.)  sind  Logen  nament- 
lich auf  Haiti,  Cuba,  Jamaica,  Puerto 
Rico,  St.  Thomas,  St.  Croix,  St.  Cristopher, 
Guadeloupe,  Martinique,  Curassao,  Trini- 
dad, Barbados,  Grenada,  Antigua,  St.  Vin- 
cent, Tobago  und  den  Bahamas.  In  Süd- 
amerika (s.  d.)  finden  sich  dergleichen  in 
allen  Staaten  und  Kolonien,  mit  Ausnahme 
von  Patagonien.  —  In  den  Vereinigten 
Staaten  bestehen  in  jedem  Staate,  aber 
auch  in  Mexiko,  Zentralamerika  und  fast 
allen  südamerikanischen  Freistaaten  (aus- 

fenommen  Bolivia  und  Ecuador)  selbstän- 
ige  Grosslogen;  aber  auch  die  drei  briti- 
schen, sowie  die  französischen  und  spani- 
schen Grosslogen,  der  Grossosten  der 
Niederlande  und  der  Grossorient  von  Italien 
haben,  zum  Teil  wieder  unter  Provinzial- 
logen,  dort  Logen  gegründet.  Unter  einer 
deutschen  Grossloge,  der  zu  Hamburg, 
stehen  nur  fünf  Logen  in  Brooklyn,  Blu- 
menau,  Valparaiso,  Santiago  de  Chile 
und  Buenos  Aires.  Deutsche  Logen  be- 
stehen ausserdem  in  der  nordamerikani- 
schen Union,  in  Mexiko,  in  Brasilien 
und  in  Buenos  Aires,  ein  deutsches 
Kränzchen  in  Concepcion  (Chile).  Auch 
an  zahlreichen  Abarten  und  hochgradlichen 
Systemen  fehlt  es  nicht.  Bei  der  zu 
grossen  Verschiedenheit  der  einschlagen- 
den Verhältnisse  lässt  sich  ein  allgemeiner 
Überblick  nicht  geben,  vielmehr  muss  auf 
die  vorbezeichneten  einzelnen  Artikel  ver- 
wiesen werden.  (Die  deutschen  Logen  in 
A.  sind  unter  den  betreffenden  Ortsnamen 
besonders  aufgeführt.) 

Amiclsten,  ein  1771  gegründeter  und 
1809  ein^egangner,  im  nördlichen  Deutsch- 
land verbreiteter  Studentenorden,  der  be- 
sonders in  Jena  und  Halle  seinen  Sitz 
hatte.  Zweck  des  Ordens  war  eine  patrioti- 
sche Freundschaft,  um  die  Menschen  tu- 
gendhafter und  zu  bessern  Bürgern  zu 
machen.  [Vgl.  Graf  Guido  von  Taut  kirchen 

Keissenfels  und  Lpz.  1799;  neue  Ausg., 
la  1812).  Laukhard,  Der  Mosellaner- 
oder  Amicistenorden  nach  seiner  Ent- 
stehung, innem  Verfassung  und  Verbrei- 
tung (Halle  1799).  Rechtskritik  des  Ami- 
cistenordens  (Chemnitz  1800).  HL.  1896 
Nr.  286.] 

Amphibalns.  In  einigen  Fassungen  der 
alten  Zunftsage  der  Werkmaurer  (im  Cooke 
MS.,   im  Wüliam  Watson   MS.   und  bei 


Plot)  heisst  es,  der  heilige  A.  habe  den 
heiligen  Alban  bekehrt  und  mit  den  Pflich- 
ten und  Gebräuchen  der  Maurer  bekannt 
gemacht.  In  alten  Legenden  ist  er  als 
Bekehrer  Albans  bekannt.  [Vgl.  Begemann, 
BZO.  1894,  S.  295  u.  S.  801  fg.]  Die  Ver- 
bindung des  Kaisers  Carausius  mit  Alban 
ist  eine  Erfindung  Andersons  (1788,  S.  57), 
die  durch  den  Verfasser  der  unechten 
Yorker  Urkunde  noch  erweitert  wurde, 
indem  er  Amfiabalus  zu  einem  römischen 
Baumeister  macht  und  durch  Carausius 
nach  England  berufen  lässt,  wo  er  dann 
Albans  Lehrmeister  wird. 

Amster,  Moritz,  geb.  13.  Febr.  1831  in 
Czemowitz,  ursprünglich  Landwirt,  ver- 
tauschte das  Landleben  mit  der  Stadt, 
gründete  eine  Wechselstube  imd  wurde  in 
seiner  Vaterstadt  zum  Gemeinderat,  Han- 
delskanmierrat,  Tumrat  u.  s.  w.  gewählt. 
Er  hat  sich  in  Wien  durch  seine  huma- 
nitäre Thätigkeit  hervorgethan ,  gründete 
den  Verein  zur  Bekleidung  armer  Kinder 
und  war  lange  Zeit  hervorragend  thätig 
bei  dem  Verein  gegen  Verarmung  und 
Bettelei.  Ein  so  angelegter  Mann  war  ge- 
bomer  Freimaurer.  Er  wurde  aufgenommen 
25.  Juli  1875  in  der  Loge  Humanitas  in 
Neudörfl  bei  Wien  (jetzt  Pressburg).  In 
Anerkennung  seiner  vielen  Verdienste  um 
i  diese  Loge  wurde  er  zu  deren  Ehrenmitglied 
und  zu  solchem  des  ersten  österr.  Kinder- 
asyls der  Loge  in  Kahlenbergerdorf  er- 
nannt. Seit  1873  hat  A.  auf  Ersuchen  der 
Loge  Humanitas  deren  Organ,  den  Zirkel, 
geleitet,  und  zwar  in  durchaus  selbstloser 
Weise,  und  hat  erst  in  den  letzten  Jahren 
von  der  Loge  behufs  Bestreitung  seiner 
Auslagen  einen  monatlichen  Zuschuss  er- 
halten. Nennt  man  in  Österreich-Ungarn 
die  besten  freimaurerischen  Namen,  so  wird 
auch  der  seine  genannt. 

Ancient  Masons  (Alte  Maurer).  I.  Die 
ältere  Litteratur  über  die  Stellung  der  sog. 
»Alten  Maurer«  ist  völlig  veraltet,  seit  in 
neuerer  Zeit  durch  die  Auffindung  früher 
unbekannter  Quellen  ein  gewisses  Licht 
über  diesen  bisher  ganz  dunkeln  Punkt 
der  Geschichte  der  Freimaurerei  in  Eng- 
land verbreitet  worden  ist.  Wer  sich  mit 
den  ehemaligen  Meinungen  bekannt  machen 
will,  findet  das  Nötige  in  den  gründlichen, 
aber  jetzt  meist  gegenstandslos  gewordenen 
Ausführungen  bei  Kloss,  Geschichte  der 
Freimaurerei  in  England,  Irland  und  Schott- 
land (1847),  S.  828—449.  Man  glaubte,  die 
»Alten  Maurer«  hätten  sich  von  der  1717 
gestifteten  Grossloge  als  Unzufriedene  ge- 
trennt, die  sich  seit  etwa  1739  zusammen- 
gethan  und  eine  ungesetzmässige  Gross- 
loge gebildet  hätten;  der  Urheber  dieser 
Bewegung  sei  Laurence  Dermott  (s.  d.)  ge- 
wesen, der  durch  falsche  Vorspiegelungen 
und  andre  unsaubere  Mittel  die  Unzufrie- 
denen um  sich  gesammelt  und  durch  die 
Verheissung  des  sog.  Royal -Arch- Grades 
auch  andre  Brüder  an  sich  gelockt  habe. 

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Ancient  Masons. 


25 


Wenn  Kloss  im  J.  1847  diesen  Stand- 
punkt yertritt,  so  ist  ihm  daraus  kein  Vor- 
wurf zu  machen;  denn  die  damals  bekannte 
Litteratur  gestattete  ihm  keine  richtigere 
Erkenntnis,  und  man  muss  es  lobend  her- 
Yorheben,  dass  er  den  von  seinen  Zeit- 
genossen so  arg  geschmähten  Dermott 
im  ganzen  sachlich  zu  würdigen  sich  be- 
müht, was  Torteilhafb  absticht  gegen  die 
Art,  wie  er  noch  in  allemeuster  Zeit  beur- 
teilt wird.  Wir  wissen,  dass  Dermott  weder 
ein  »niedriger  Charakter«  (Findel,  8. 168, 
Anm.)  noch  ein  »grosser  Schwindler«  (Boos, 
Geschichte  S.  119)  war,  sondern  ein  eifriger 
Freimaurer,  der  wohl  manchmal  etwas 
schroff  erscheint,  aber  persönlich  der  von 
ihm  mit  Begeisterung  vertretenen  Sache 
grosse  Opfer  gebracht  hat  und  in  Eng- 
land, wie  in  Irland  heute  als  einer  der 
bedeutendsten  Freimaurer  anerkannt  wird. 
Die  Quellen  für  eine  sachliche  Würdigung 
Dermotts  und  der  »AJten  Maurer« 
liefen  seit  1813,  seit  der  Vereinigung  der 
beiden  Londoner  Grosslogen,  im  Archiv 
der  jetzigen  englischen  Grossloge,  sind 
aber  erst  in  neuerer  Zeit  benutzt  worden. 
Zuerst  von  By water,  der  bereits  1869  bei 
Gelegenheit  der  Jahrhundertfeier  seiner 
Loge  »Boyal  Athelstan«,  die  ehemals  der 
Grossloge  der  »Alten  Maurer«  zugeh5rte, 
die  alten  Bücher  dieser  Grossloge  durch- 
forschte und  einige  Einzelheiten  öffentlich 
bekannt  machte  (Freemasons'  Magazine 
1869).  Die  Beschäftigung  mit  den  alten 
Protokollen  hatte  ihm  gezeigt,  dass  man 
Dermott  unrecht  gethan;  darum  verfasste 
er  eine  Schrift,  um  dies  darzuthun,  unter 
dem  Titel:  »Notes  on  Laurence  Der- 
mott and  his  work«  (London  1884).  Die 
Quellen,  aus  denen  er  schöpfte,  sind  die 
»Transactions  of  the  Grand  Committee  of 
the  Most  Ancient  and  Honorable  Frater- 
nity  of  Free  and  Accepted  Masons«  (seit 
1752)  und  die  »Transactions  of  the  Ste- 
wards' Lodge«  (seit  1754).  Diese  beiden 
Protokollbücher  kannte  und  benutzte  auch 
Gould  far  den  betreffenden  Abschnitt 
seiner  »History  of  Freemasonry«  (1886)  IV, 
S.  484 — 465.  Inzwischen  hatte  der  Unter- 
bibliothekar der  englischen  Grossloge, 
Henry  Sadler  (s.  d.)  1885  einen  alten  Folio- 
band angefunden,  der  sich  bei  näherer  Be- 
trachtung als  der  von  Dermott  in  einer  An- 
merkung zum  Protokoll  vom  5.  Febr.  1752 
erwähnte  Folioband  zu  erkennen  gab  und 
den  man  längst  verloren  geglaubt  hatte. 
Er  wurde  noch  in  einigen  Nummern  des 
»Freemason«  von  1885  seinem  Inhalte  nach 
von  Laue  beschrieben,  und  ausführliche 
Mitteilungen  machte  Abbott  in  fOnf 
langem  Aufsätzen  im  »Freemason«  von 
1886.  In  seinen  »Masonic  Becords«  (Lon- 
don 1886)  weist  Laue  noch  einmal  auf 
die  Bedeutung  des  Bandes  hin,  den  man 
als  »Morgan's  Eegister«  bezeichnet,  und 
druckt  dann  die  darin  enthaltnen  ersten  drei 
Logenlisten  der»AJten  Maurer«  ab  (S.6 — 8). 


Besonders  wichtig  sind^die  1751  von  einem 
am  17.  Juli  d.  J.  eingesetzten  Ausschusse 
festgestellten  »Bules  and  Orders«  und  ein 
am  14.  Sept.  1752  dazu  gefügtes  »Agree- 
ment«, die  in  das  Buch  eingetragen  sind, 
die  ersten  von  der  Hand  des  ersten  Gross- 
sekretärs Morgan,  das  zweite  von  Der- 
mott. Beide  sind  von  Abbott  abgedruckt 
und  wiederholt  in  Sadlers  »Masonic 
Facts  and  Fictions«  (London  1887),  S.  70 
bis  77.  Durch  diese  Schrift  ist  Sadler 
sozusagen  der  Retter  der  »Alten  Maurer« 
geworden,  nachdem  Bywater  und  Gould 
bereits  ihren  Grosssekretär  Dermott  gegen 
die  ihm  seit  mehr  als  100  Jahren  ange- 
thanen  Verunglimpfungen  erfolgreich  in 
Schutz  genommen  und  ihm  eine  hohe  Be- 
deutung zuerkannt  hatten.  Sadler  hat 
die  Sache  weiter  verfolgt  und  zuerst,  allen 
frühem  Forschem  gegenüber,  die  Ansicht 
verfochten,  dass  die  »Alten  Maurer«  sehr 
mit  Unrecht  von  ihren  Gegnern  im 
18.  Jahrhundert  und  darnach  auch  von 
den  Geschichtsschreibern  der  Neuzeit  als 
»Abtrünnige«  (Seceders)  oder  »Schisma- 
tiker« (Schismatics)  gebrandmarkt  worden 
sind.  Auch  von  Bywater  und  Gould 
werden  sie  noch  so  genannt,  während 
Sadler  nachweist,  dass  die  ersten  Be- 
gründer der  Grossloge  der  »Alten 
Maurer«  nicht  etwa  unzufriedne 
englische  Freimaurer  waren,  die 
sich  von  der  altern  Grossloge  ge- 
trennt hatten,  sondern  in  vorwie- 
gender Zahl  irische  Freimaurer,  die 
sich  der  englischen  Grossloge  nie- 
mals angeschlossen,  vielmehr  selb- 
ständige Logen  für  sich  gebildet, 
hatten  und  1751  zu  einer  geschloss-' 
nen  Gemeinschaft  zusammentraten. 
Diese  völlig  neue  Auffassung  erregte  zu- 
erst Staunen  und  Widerspruch,  aber  die 
Stoffmasse  und  Beweiskraft  dessen,  was 
Sadler  aus  den  zeitgenössischen  Quellen 
mit  Riesenfleiss  zusammengetragen,  musste 
die  Zweifler  bekehren,  und  heute  stimmen 
die  massgebendsten  englischen  Forscher 
ihm  bei.  Ein  vortrefflich  gerüsteter  Bun- 
desgenosse erstand  ihm  in  dem  gelehrten 
irischen  Freimaurer  Chetwode  Crawley  (s.  d.), 
der  zur  Geschichte  der  irischen  Freimau- 
rerei unschätzbare  Beiträge  geliefert  hat, 
unter  dem  Titel:  »Caementaria  Hibernica« 
(Fasciculus  primus,  Dublin  &  Margate 
1895.  Fasciculus  secundus,  ebenda  1896). 
Dieser  Forscher  tritt  von  seinem  irischen 
Standpunkte  überzeugt  und  überzeugend 
far  den  irischen  Ursprung  der  »Alten 
Maurer«  ein  und  ergänzt  die  BeweisfQhruug 
Sadlers  vielfach  in  überraschender  Weise. 
Weitere  Stützen  fttr  seine  Meinung  bringt 
Sadler  in  seinem  neuesten  Werke:  »Ma- 
sonic Beprints  and  Historical  Bevelations« 
(London  1898),  in  dem  namentlich  ein 
Neudruck  der  gegen  die  »Alten  Maurer« 
gerichteten  »Defence  of  Free-Masonry« 
von  1765  dargeboten  und  besprochen^  wir4 
ed  by  vnC 


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26 


Andent  Maaons. 


—  n.  Nach  dieser  notwendigen  Übersicht 
über  den  Stand  der  för  die  Geschichte  der 
Freimaurerei  in  England  so  sehr  wichtigen 
Frage  ^eben  wir  die  Nachrichten  selbst,  die 
über  die  »Alten  Maurer«  aus  ihren  eignen 
und  andern  Quellen  bisher  zu  Tage  geför- 
dert wurden.  Um  eine  sichere  Grundlage 
für  die  Beurteilung  zu  gewinnen,  zuerst  Aus- 
züge aus  den  »Bules  and  Orders«,  aufweiche 
die  »Alten  Maurer«  ihren  Bau  gegründet 
haben,  in  deutscher  Übersetzung:  »Kegeln 
und  Ordnungen,  zu  beobachten  von  der 
sehr  alten  und  ehrwürdigen  Gesellschaft 
freier  und  angenommener  Maurer,  verein- 
bart und  festgesetzt  von  einem  Ausschuss, 
der  von  einer  allgemeinen  Versammlung 
(General  Assembly),  Mittwoch  den  17.  Juli 
1751,  im  Jahr  der  Maurerei  5751,  ernannt 
worden  ist.  Von  Phil.  S.  Mc.  Lou^hlin, 
Saml.  Quay,  James  Shee,  Josph.  Kelly 
&  Juo.  Morgan,  Grosssekretär.  In  Ver- 
tretung der  Grossloge   (For  the   Grand). 

—  1.  Die  Meister  und  Aufseher  sollen 
am  ersten  Mittwoch  jedes  Monats  .  .  .  zu- 
sammenkommen, um  dort  eine  monat- 
liche Beratung  (monthly  committe)  zu 
halten,  zur  bessern  Ordnung  und  Verwal- 
tung (regulation  and  govemment)  der  Logen, 
und  alle  Angelegenheiten  und  Streitfragen, 
die  etwa  in  einer  der  regelmässigen  Logen 
entstehen  sollten,  zu  hören  und  zu  ent- 
scheiden. Und  der  Stuhl  soll  am  ersten 
Abend  von  dem  Meister  der  ältesten  Loge 
eingenommen  werden,  und  jeden  andern 
Abend  von  den  andern  Meistern  der  Eeihe 
nach  dem  Alter  entsprechend,  bis  zu  der 
Zeit,  wo  ein  Grossmeister  und  Grossauf- 
seher ernannt  sein  werden;  dann  soll  jeden 
Grosslo^enabend  der  Grossmeister  den 
Stuhl  einnehmen,  in  seiner  Abwesenheit 
der  abgeordnete  Grossmeister  (Deputy 
Grand),  und  in  der  Abwesenheit  bei- 
der der  ältere  Grossaufseher,  in  deren 
Abwesenheit  der  jüngere  Grossaufseher, 
und  wenn  alle  Grossbeamte  abwesend  sein 
sollten,  dann  der  Meister  der  ältesten  Loge 
und  so  weiter  alle  Meister  der  Beihe  nach 
dem  Alter'  entsprechend.  —  2.  Solche  Ver- 
sammlung (meeting)  soll  nur  aus  den 
Meistern  und  Aufsehern  aller  regelmässigen 
Logen  bestehen,  . .  .  Niemand  soll  zuge- 
lassen werden,  als  Meister,  Aufseher  und 
gewesene  Meister  regelmässiger  Logen 
und  solche,  die  regelmässig  eingesetzt 
worden  sina,  und  zur  Zeit  ihres  Kommens 
sollen  sie  Mitglieder  einer  regelmässigen 
Loge  Alter  Maurer  sein.  —  4.  Kein  Bruder 
soll  zum  Meister  oder  Aufseher  einer  Loge 
gemacht  werden,  wenn  er  nicht  ein  halbes 
Jahr  Maurer  und  während  dieser  Zeit  Mit- 
glied einer  regelmässigen  Loge  gewesen 
ist.  —  5.  Niemand  soll  in  einer  Loge  zum 
Maurer  gemacht  werden,  ehe  nicht  sein 
Name,  Beruf  und  Aufenthaltsort  dem  Sekre- 
tär gemeldet  ist,  mit  Angabe  der  Zeit,  wann 
er  aufgenommen  werden  soll  (is  intended 
to  be  made),  damit  der  Sekretär  alle  Logen 


davon  benachrichtigen  kann.  —  6.  Kein 
älterer  Maurer  (Old  Mason)  soll  als  Mit- 
glied einer  Loge  zugelassen  werden,  wenn 
er  nicht  in  einer  regelmässigen  Loge  auf- 
genommen ist  und  ein  gehöriges  Zeugnis 
(properCertificate)übersein  gutes  Verhalten 
hat.  7)  Alle  Klagen  und  Berufungen  müssen 
mit  einem  Gesuch  vor  diese  Loge  (d.  i. 
Grossloge)  kommen.  —  8.  Keine  Geneh- 
migung oder  Vollmacht  (Admission  or 
Warrant)  soll  Brüdern  gewährt  werden, 
eine  Loge  zu  halten,  ehe  sie  nicht  eine 
Loge  Alter  Maurer  gebildet  haben  und 
regelmässig  in  einem  zuverlässigen  Hause 
tagen;  dann  sollen  sie  ein  Gesuch  ein- 
reichen, und  dieses  Gesuch  soll  von  den 
Meistern  dreier  regelmässigen  Logen,  die 
einen  gehörigen  Bericht  über  sie  machen 
sollen,  bescheinigt  werden.  —  9.  Am  Jo- 
hannistage, am  24.  Juni,  und  am  Johannis- 
tage, am  27.  Dezember,  soll  der  Meister 
jeder  Loge  dem  Sekretär  der  Grossloge 
die  Namen  der  Meister  und  Aufseher  ein- 
liefern, die  ernannt  sind,  während  des 
nächsten  Halbjahres  zu  amtieren.  — 10.  Am 
ersten  Grosslogenabend  nach  jedem  Jo- 
hannistage soll  der  Meister  jeder  Loge 
dem  Grosssekretär  die  Namen  der  Mit- 
glieder seiner  Loge  zugleich  mit  ihren 
halbjährigen  Gebühren  einliefern,  d.  h.  die 
Mitglieder  jeder  regelmässigen  Loge  sollen 
zum  Besten  bedürftiger  Brüder,  oder  was 
sonst  die  Grossloge  für  angemessen  halten 
wird,  jedes  Mitglied  einen  Schilling  viertel- 
jährlich zahlen.  —  11.  Wenn  eine  Loge  zu 
zahlreich  werden  sollte,  soll  die  Loge 
Meister  und  Aufseher  ernennen,  um  eine 
neue  Körperschaft  (body)  zu  bilden,  indem 
sie  sich  um  Vollmachten  und  Stiftung 
(Warrants  and  Constitution)  innerhalb  eines 
Monats  nach  dem  ersten  Sitzungsabend 
an  die  Grossloge  wenden.  Keine  Loge 
soll  am  ersten  Mittwoch  jedes  Monats 
Sitzung  halten  (shall  sitt),  da  dies  der 
Grosslogenabend  ist,  wo  die  Meister  und 
Aufseher  zugegen  zu  sein  gehalten  sind.  — 
12.  Jeder,  der  in  einer  regelmässigen  Loge 
zum  Maurer  gemacht  werden  wird,  soll 
für  seine  Eintragung  (Register)  in  das 
Grosslogenbuch  die  Summe  von  einem 
Schilling  bezahlen.  —  18.  (Kürzer  zu- 
sammengefasst.)  In  der  Grossloge  soll  nie- 
mand den  Grossmeister  oder  die  Gross- 
beamten  oder  einen  andern  Bruder,  der 
zum  Grossmeister  spricht,  unterbrechen, 
auch  nicht  ohne  nachgesuchte  Erlaubnis 
sprechen.  Sonderbesprechungen  während 
der  Sitzung  sind  nicht  gestattet,  niemand 
darf  ohne  Erlaubnis  des  Grossmeisters  die 
Loge  verlassen,  bei  einer  von  der  Gross- 
loge zu  bestimmenden  Strafe.  —  14.  (Auch 
gekürzt.)  Wenn  ein  Mitglied  einer  Loge 
zu  einer  andern  übergehen  will,  muss  er 
ein  Zeugnis  vom  Meister  seiner  Loge  haben, 
und  sein  Ausscheiden  ist  dem  Grosssekretär 
anzuzeigen;  der  Meister  seiner  neuen  Loge 
muss  der  Grossloge  Mitteilung  machen, 
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Anoient  Masons. 


27 


damit  er  im  Grosslogenbuch  bei  der 
Nummer  der  neuen  Loge  eingetragen  wird; 
daftlr  sind  sechs  Pence  zu  zahlen.  —  15.  Ge- 
bühren (Charges).  —  16.  (Gekürzt)  Der 
Grossmeister  oder  sein  Vertreter  in  Abwesen- 
heit kann  nach  Belieben  einen  Ausschuss 
von  LfOgenmeistem  berufen;  die  Beschlüsse 
sind  Tor  die  nächste  Versammlung  der 
Grossloge  zu  bringen.  Der  Ausschuss  kann 
sich  vertagen,  aber  nicht  über  drei  Gross- 
logenabende  hinaus.  —  17.  (Zusatzbestim- 
mung vom  6.  Apr.  1752)  betrifil  Strafen. 
—  18.  (Zusatz  vom  1.  Juli  1752;  ge- 
kürzt.) Beim  Tode  eines  würdigen  Bru- 
ders hat  der  Meister  der  Loge  den  Gross- 
sekretär sofort  zu  benachrichtigen,  wann 
das  Begräbnis  stattfindet,  damit  er  alle 
Logen  auffordern  kann,  dem  Begräbnis 
in  gehöriger  Ordnung  beizuwohnen.  Jedes 
Mitglied  soll  für  das  Begräbnis  oder  an 
die  Witwe  oder  den  nächsten  Freund  einen 
Schilling  zahlen,  wenn  das  Bedürfnis  vor- 
liegt; sonst  soll  das  so  erhobene  Geld  für 
einen  andern  mildthätigen  Zweck  verwen- 
det werden.  —  Einige  Bandbemerkungen 
und  Zusatzbestimmungen  sind  ganz  un- 
erheblich und  können  übergangen  werden. 
Die  Begeln  1—16  bilden  den  Grundstock 
und  sind  nach  Sadler  (Masonic  Facts 
&nd  Fictions,  S.  75)  »offenbar  von  John 
Morgan  geschrieben«,  während  die  Zusätze 
von  Dermott  geschrieben  zu  sein  schei- 
nen. Die  oben  erwähnte  Vereinbarung  vom 
14.  Sept.  1752,  die  »von  Dermotts  wohl- 
bekannter Hand«  geschrieben  ist  und  sich 
an  die  »Bules  and  Orders«  auschliesst, 
lautet:  »Sintemal  es  höchst  förderlich  für 
den  allgemeinen  Nutzen  der  Alten  Zunft 
(Ancient  Graft)  ist,  dass  ein  Grossmeister 
und  eine  Grossloge  die  Verhandlungen 
der  verschiednen  Alten  Logen  in  und 
um  London  und  Westminster  regieren  und 
leiten,  und  das  der  gegenwärtige  niedrige 
Stand  (low  condition)  der  Alten  GeseÖ- 
schaft  (Ancient  Society)  der  Freien  und 
An^nommenen  Maurer  die  Hoflhung,  eine 
adlige  Persönlichkeit  zu  unsrer  Leitung 
zu  gewinnen,  zur  Zeit  sehr  fraglich  macht, 
so  vereinbaren,  um  die  gegenwärtigen 
Überbleibsel  der  echten  AJten  Zunft  u.  s.  w. 
zu  erhalten,  wir  Unterzeichneten,  als 
gegenwärtige  Meister  und  Aufseher  der 
verschiednen  Maurerischen  Versamm- 
lungen (Masonical  Meetings),  die  Logen 
echter  Alter  Maurerei  genannt  werden, 
gemäss  der  Macht,  mit  der  wir  von  unsern 
Brüdern  der  verschiednen  Logen  bekleidet 
worden  sind,  einen  Grossausschuss  (Grand 
Committee)  zu  bilden,  nämlich  einen  solchen 
Ausschuss,  der  den  Mangel  eines  Gross- 
meisters  ersetzen  kann,  bis  sich  eine  Ge- 
legenheit bietet  zur  Wahl  einer  adligen 
Persönlichkeit,  um  unsre  Alte  Brüderschaft 
zu  regieren . . . « (folgen  die  Unterschriften  der 
Meister  und  Aufseher  der  Logen  Nr.  2,  4, 
5,  6,  8,  11,  12,  sowie  von  zwei  gewesnen 
Meistern  von  Nr.  4  und  einem  gewesnen 


Meister  von  Nr.  6,  endlich  von  Dermott 
als  Grosssekretär).  Dann  heisst  es  weiter: 
»Und  sintemal  mehrere  der  Logen  sich 
versammelt  und  Maurer  gemadit  haben 
ohne  eine  Vollmacht,  so  wird,  um 
solch  unregelmässiges  Verfahren,  so  weit 
es  in  unsrer  Macht  steht,  gut  zu  machen 
(rectify),  hierdurch  veror<met,  dass  der 
Grosssekretär  Vollmachten  auf  Pergament 
für  die  nicht  bevollmächtigten  Logen 
schreiben  soll,  nämlich  die  unter  dem 
Namen  Nr.  2.  3,  4,  5,  6  bekannten  Logen, 
und  dass  alle  besagten  Vollmachten  das 
Datum  des  17.  Juli  1751  tragen  sollen,  als 
des  Tages,  an  dem  die  besagten  Logen  zu- 
sammenkamen, um  die  AJte  Zunft  wieder 
zu  beleben.  Der  Sekretär  soll  angemesse- 
nen Baum  für  den  Grossmeister,  den 
abgeordneten  Grossmeister  und  die  Gross- 
au&eher  lassen,  um  alle  besagten  Voll- 
machten nach  altem  Brauch  zu  unter- 
zeichnen. Sobald  als  wir  das  grosse  Glück 
erlangen  werden,  geeignete  Grossbeamte 
einzusetzen,  sollen  die  Inhaber  der  nicht 
unterzeichneten  Vollmachten  sie  dem  Gross- 
meister zu  seiner  ehrwürdigen  Unterschrift 
oder  Erneuerung  vorlegen,  bis  zu  welcher 
Zeit  die  besagten  Vollmachten,  ...  als  gut 
und  gesetzlich  gelten  sollen.  Endlich 
soll  diese  unsre  Verordnung  in 
unser  Begisterbuch  eingetragen 
werden,  um  der  Nachwelt  zu  zeigen, 
wie  sehr  wir  wünschen,  die  Alte 
Zunft  wieder  zu  beleben,  nach 
echten  Maurerischen  Grundsätzen.« 
Unterschrieben  ist  das  Stück  von  Der- 
mott als  Grosssekretär,  und  am  Bande 
steht:  »Geo.  Hebden,  Meister  von  Nr.  4, 
im  Stuhl«.  —  Zur  Vervollständigung  des 
Bildes  geben  wir  noch  das  erste  erhaltene 
Protokoll  der  Grossloge  vom  5.  Febr.  1752 
in  der  Schenke  zum  Greifen  in  Holbom; 
es  lautet:  »Herr  James  Hagarty  im  Stuhl. 
Anwesend  die  Beamten  von  Nr.  2,  8,  4, 
5,  6,  7,  8,  9  und  10,  als  die  Vertreter  aller 
Alten  Maurer  in  London  und  Umgegend. 
Bruder  John  Morgan,  Grosssekretär,  be- 
nachrichtigte den  Ausschuss,  dass  er 
kürzlich  für  ein  Amt  (ofüce)  an  Bord  eines 
von  Seiner  Maiestät  Schiffen  ernannt  sei 
und  Befehl  erhalten  habe,  sich  zur  Ab- 
reise bereit  zu  halten;  deshalb  schlug 
er  dem  Grossausschuss  vor,  sofort 
einen  neuen  Sekretär  zu  wählen. 
Worauf  Bruder  John  Morris,  gewesner 
Meister  von  Nr.  5,  und  Bruder  Laurence 
Dermott  von  Nr.  9  und  10  und  gewesner 
Meister  von  Nr.  26  in  Dublin,  als  Kan- 
didaten für  das  Amt  des  Grosssekretärs 
vorgeschlagen  und  zugelassen  wurden. 
Der  Grosssekretär  Morgan  wurde  beauf- 
tragt, die  Kandidaten  getrennt  zu  prüfen 
und  seine  Ansicht  von  ihrer  Befähigung 
mitzuteilen.  Nach  einer  langen  und 
genauen  Prüfung  über  Aufnahme, 
Beförderung,  Amtseinsetzungen  (In- 
stallations),  allgemeine  Verordnungen 
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28 


Ancient  Masons. 


u.  8.  w.  erklärte  Bruder  John  Morgan, 
dass  Bruder  Laurence  Dermott  für  das 
Amt  des  Grosssekretärs  gehörig  befähigt 
wäre.  Darauf  stellte  der  ehrwürdige  Meister 
vom  Stuhl  die  Namen  von  John  Morris 
und  Laurence  Dermott  getrennt  zur 
Wahl,  und  der  letztere  wurde  einstimmig 
zum  Grosssekretär  gewählt.  Demgemäss 
wurde  er  von  dem  ehrwürdigen  Herrn 
James  Hagarty,  Meister  von  Nr.  4,  als 
Vorsitzendem  Beamten  eingesetzt  (in  der 
alten  Weise),  wobei  Herr  John  Morgan, 
bisheriger  Grosssekretär,  und  die  anwesen- 
den Meister  ihn  unterstützten.  Hiernach 
rief  Bruder  Morgan  (auf  das  Ersuchen 
des  Vorsitzenden)  den  neuen  Grosssekretär 
dreimal  aus,  nach  dem  alten  Brauche, 
worauf  der  neue  Sekretär  die  übliche  Be- 
grüssung  empfing.  Dann  überlieferten  der 
Vorsitzende  und  der  bisherige  Grosssekre- 
tär, John  Morgan,  die  Bücher  u.  s.  w. 
den  Händen  des  neuen  Sekretärs,  unter 
gewissen  Bedingungen,  die  von  allen  Teilen 
vereinbart  wurden,  welche  Bedingungen  der 
genannte  ehrwürdige  Br.  James  Hagarty 
erklären  kann.  Der  Grossausschuss  wünschte 
einstimmig  dem  Bruder  Morgan  Gesund- 
heit und  eine  glückliche  Eeise,  dann  schloss 
er  die  Sitzung  mit  der  grössten  Harmonie 
und  vertagte  sie  auf  Mittwoch,  den  4.  März.« 
In  einer  Anmerkung  wird  als  das  von 
John  Morgan  überwiesene  Manuskript 
»ein  grosser  Folioband  in  weissem 
Pergament«  erwähnt,  der  bis  1885  verlegt 
war  und  jetzt  die  wichtigen  Aufschlüsse 
über  die  Anfänge  der  Grossloge  der  »Alten 
Maurer«  bietet.  Protokolle  über  die  Ver- 
sanmilungen  scheinen  vor  dem  5.  Febr. 
1752  nicht  geführt  zu  sein,  jedenfalls 
hat  Dermott,  wie  er  in  einer  Anmerkung 
zum  Protokoll  vom  14.  September  1752 
ausdrücklich  bemerkt,  von  Morgan  keine 
erhalten.  HI.  Nehmen  wir  nun  zu  den 
mitgeteilten  Nachrichten  noch  die  älteste 
Logenliste  von  1751—52  hinzu,  so  er- 
ffiebt  sich  mit  unbedingter  Sicherheit, 
dass  am  17.  Juli  1751  eine  »Allge- 
meine Versammlung«  (General  Assembly) 
stattgefunden  hat,  um  die  »Alte  Zunft« 
(Ancient  Graft)  neu  zu  beleben,  und 
dass  an  dieser  Versammlung  die  Mit- 
glieder von  fünf  Logen  beteiligt  waren, 
nämlich  Nr.  2,  3,  4,  5  und  6.  Nr.  7  ist  nach 
der  ältesten  Liste  erst  am  29.  Juli  hinzu- 
getreten, hat  also  an  der  Gründung  des 
neuen  Verbands  noch  nicht  teilgenommen; 
Nr.  8  folgte  am  29.  Januar,  Nr.  9  am  30. 
Januar  und  Nr.  10  am  1.  Februar  1752. 
Diese  9  Logen  sind  auch  im  ersten  Proto- 
koll vom  5.  Febr.  1752  aufgeführt,  so  dass 
Protokoll  und  Logenregister  genau  über- 
einstimmen. Was  vor  dem  17.  Juli  1751 
geschehen  ist  und  ob  schon  früher  allge- 
meine Versammlungen  abgehalten  waren, 
entzieht  sich  der  Kenntnis.  Natürlich 
müssen  ja  Verhandlungen  vorhergegangen 
sein,  und  diese  fünf  Logen  hatten  sicher 


schon  längere  oder  kürzere  Zeit  bestanden ; 
sie  erkannten  sich  gegenseitig  als  »regel- 
mässige Logen«  an,  ^^de  die  Fassung  der 
»Rules  and  Orders«  beweist,  und  nannten 
sich  auch  schon  »Begelmässige  Logen 
Alter  Maurer«  (Regulär  Lodges  of  An- 
cient Masons;  Regel  3).  Die  Nummern  2 
bis  6  haben  sie  selbstverständlich  auch 
nach  dem  Alter  unter  sich  verteilt,  aber 
in  der  ersten  Logenliste  erscheinen  sie 
sämtlich  als  »warranted«  unterm  17.  Juli 
1751.  Dies  erklärt  sich  aus  der  Verein- 
barung vom  14.  Sept.  1752  (vgl.  S.  27), 
wonach  der  Grosssekretär  den  fünf  ältesten 
»Unwarranted  Lodges«  nachträglich  »War- 
rants« mit  dem  Datum  des  17.  Juli  1751 
ausstellen  sollte,  da  dieser  Tag  als  der 
Gründungstag  der  Vereinigung  feststand. 
Wir  sehen  aus  der  Überschrift  der  »Rules 
and  Orders«,  dass  an  genanntem  Tage  in 
einer  allgemeinen  Versammlung  ein  Aus- 
schuss  von  fünf  Mitgliedern  ernannt  wurde, 
dass  John  Morgan  Grosssekretär  und  die 
Fünf  zusammen  die  Vertretung  einer  Gross- 
loge sein  sollten.  Die  fünf  Logen  zusammen 
zählten  an  diesem  Tage  74  Mitglieder, 
wie  das  Generalregister  ergiebt:  Nr.  2  be- 
stand aus  8,  Nr.  3  aus  10,  Nr.  4  aus  18, 
Nr.  5  aus  20  und  Nr.  6  aus  19  Brüdern, 
was  75  ergiebt;  da  aber  ein  Bruder  den 
beiden  Logen  Nr.  4  und  5  angehörte,  so 
beträgt  die  Gesamtzahl  nur  74  (vgl.  Free- 
mason  1886,  S.  286).  Unter  diesen  74 
Brüdern  war  John  Morgan  vermutlich 
die  treibende  Kraft;  das  Register  nennt 
leider  nicht  seinen  Stand,  wir  können  daher 
auch  nicht  sagen,  zu  welchem  »Amte«  er 
auf  dem  Kriegsschiffe  berufen  war;  wenn 
der  Grosssekretär  der  »Modems«  ihn  1769 
geringschätzig  als  einen  »Schustergesellen« 
(joumeyman  shoemaker)  bezeichnet,  so  ist 
das  ebenso  wertlos  wie  andre  Thorheiten, 
die  er  auftischt,  wie  er  z.  B.  Dermott 
einen  »Brauerknecht«  nennt,  während  er 
nachweislich  Maler  und  später  Weinhändler 
war.  Die  Mehrzahl  der  Mitglieder  waren 
Handwerker  und  kleine  Kauf  leute,  beson- 
ders viele  Maler,  doch  finden  wir  auch 
einen  Buchhändler,  einen  Fähnrich  und 
einen  Anwalt.  Die  Hauptmasse  bildeten 
offenbar  L-länder,  und  das  Ganze  trägt  ein 
unverkennbar  irisches  Gepräge.  Wenn 
sie  in  den  von  ihnen  entworfnen  »Rules 
and  Orders«  ihre  Logen  »regelmässig« 
nannten,  so  wollten  sie  damit  sagen, 
dass  die  von  ihnen  gepflegten  Ge- 
bräuche mit  denen  rechtmässiger  Logen 
der  »Alten  Maurer«  übereinstimmten,  und 
die  Grossloge  wollten  sie  bilden,  um  in 
den  von  ihnen  gegründeten  und  später  zu 
gründenden  Logen  die  alten  Gebräuche  zu 
hüten  und  zu  erhalten.  Wer  unbefangen 
die  mitgeteilten  Stücke  liest,  kann  nur 
den  Eindruck  bekommen,  dass  es  sich  um 
ein  ganz  redlich  gemeintes  Unternehmen 
handelt,  bei  dem  regelrecht  aufgenommene 
und  eifrige  Freimaurer  das  Wohl  der  Frei- 

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Ancient  MasoDS« 


29 


maurerei  im  Auge  hatten.  Von  einem 
Abfall  von  der  schon  bestehenden  Londoner 
Grossloge  ist  keine  Spur  zu  entdecken, 
kein  Wort  der  Feindseligkeit  oder  auch 
nur  der  Gegnerschaft  tritt  uns  entgegen, 
die  »Modems«  werden  nirgends  erwähnt. 
Die  neue  Gründung  war  nach  alledem  zu- 
nächst gar  nicht  gegen  die  ältere  Gross- 
loge gerichtet,  sondern  es  war  ein  ganz 
gerechtfertigtes  Streben,  die  Brüder  mit 
gleichartigen  Anschauungen  zu  sammeln 
und  durch  eine  engere  Vereinigung  fester 
zusammenzuschliessen.  Ängstlich  sind  sie 
bemüht,  dem  Ganzen  eine  gesetzmässige 
Unterlage  zu  geben,  was  sich  besonders 
auch  dadurch  zu  erkennen  giebt,  dass  sie 
durch  die  Beschlüsse  vom  14.  Sept.  1752 
den  fünf  ältesten  Logen  nachträglich  noch 
durch  Ausstellung  von  Stiftungsurkunden 
eine  gesetzliche  Bestätigung  verleihen.  Die 
irische  Abstammung  wird  auch  bestätigt 
durch  die  Art  der  Zählung  der  Logen.  1749 
hatte  die  Grossloge  von  Lrland  fwc  eine 
Loge  der  Grossbeamten,  die  kurz  zuvor 
gebildet  war,  den  Namen  einer  »Gross- 
meisterloge« (the  Grandmaster's  Lodge) 
bestimmt  und  ihr  den  ersten  Platz  im 
Grosslogenregister  zugesprochen.  Dies  Ver- 
fahren wurde  von  den  irischen  Brüdern  in 
London  nachgeahmt,  indem  sie  die  Nr.  1 
von  vornherein  für  eine  zukünftige  »Gross- 
meisterloge«  offen  Hessen,  die  denn  auch 
thatsächlich  1759  mit  dieser  Nummer  ein- 
gesetzt wurde.  Femer  erfahren  wir  aus 
dem  Protokoll  vom  3.  Juni  1752,  dass  der 
Grosssekretär  Dermo tt  nach  dem  »alten 
Brauche,  Grosssekretäre  einzusetzen«, 
wiedereingesetzt  wurde  (damals  betrug  die 
jedesmalige  Amtsdauer  nur  ein  halbes  Jalur), 
und  dass  er  dann  »die  ganze  Förmlichkeit 
der  Einsetzung  von  Grossbeamten  wieder- 
holte, in  der  Weise,  die  er  von  Bru- 
der Edward  Spratt,  dem  berühmten 
Grosssekretär  von  Irland,  gelernt 
hatte«  [Bywater,  S.  13].  Schon  vorher 
waren  am  1.  April  1752  die  von  Dermott 
vosgeschlagnen  Sondergesetze  (By-laws) 
seiner  Loge  Nr.  26  in  Dublin  flr  die  Einzel- 
logen der  neuen  Vereinigung  angenommen 
worden.  Auch  das  Le^buch  der  »Alten 
Maurer«,  Dermotts  »Ahiman  Bezon«  (s.  d.), 
das  zuerst  1756  erschien,  bestätigt 
die  Abhängigkeit  von  Irland  in  allen 
Teilen.  Die  Loge  Nr.  7,  die  sich  nach 
dem  17.  Juli  1751  zuerst  angeschlossen 
hat,  unterm  29.  Juli,  scheint  vorher  schon 
bestanden  zu  haben,  aber  nur  noch  in 
Trümmern,  denn  sie  zählte  am  Tage  des 
Anschlusses  nur  sechs  Mitglieder,  von  denen 
noch  dazu  drei,  unter  ihnen  auch  Mor- 
gan, von  Nr.  2  und  Nr.  4  der  altem 
Logen  herübergetreten  waren.  Neben  dem 
Namen  des  ersten  Meisters,  John  Hamil- 
ton, in  dem  Generalregister  steht  »St.  John«, 
wie  man  solche  Brüder  zu  bezeichnen 
pflegte,  die  aus  einer  unabhängigen  Loge 
kamen,   die   sich  keiner  Grossloge  unter- 


stellt hatte  [vgl.  Gould,  IV,  384.  Sadler, 
Facts  and  Fictions,  S.  113  fg.l.  Daneben 
ist  bemerkt:  »New Constitution by Petition«, 
die  also  jedenfalls  von  dem  am  17.  Juli 
ernannten  Ausschuss  oder  von  den  Meistern 
der  fünf  alten  Logen  erteilt  war;  denn 
nach  einer  Anmerkung  zum  Protokoll  vom 
14.  Sept.  1752  war  in  der  allgemeinen 
Versammlung  am  17.  Juli  1751  den  Meistern 
der  alten  Logen  die  Ermächtigung  zuge- 
sprochen, zusammen  in  Vertretung  eines 
Grossmeisters  »Warrants«  auszustellen,  und 
die  Meister  von  Nr.  3,  4,  5,  6  hatten,  nach 
Dermotts  Aussage,  auch  wirklich  für 
Nr.  8  eine  solche  »Vollmacht«  ( Warrant) 
ausgefertigt,  aus  deren  Wortlaut  Dermott 
den  Inhalt  seiner  Anmerkung  entnommen 
hatte.  In  gleicherweise  waren  wohl  alle 
neuen  Logen  vor  dem  14.  Sept.  1752 
(Nr.  9,  10,  11,  12)  gegründet  worden, 
während  von  da  an  die  oben  mitgeteilten 
Beschlüsse  massgebend  waren,  indem  nun 
der  »Grossausschuss«  die  Vollmachten  er- 
teilte. Das  Generalregister  giebt  auch 
Auskunft  über  Dermotts  Anschluss  an 
die  neue  Vereinigung.  Am  1.  Febr.  1752 
erhielt  Nr.  10  eine  »neue  Konstitution«, 
und  unter  den  6  Mitgliedern  ist  Laurence 
Dermott  an  letzter  Stelle  aufgeführt  als 
von  Nr.  26  in  Dublin  kommend,  wo  er  am 
14.  Jan.  1741  zum  »Maurer  gemacht«  war. 
Gleich  in  den  nächsten  Tagen  hat  er  sich 
auch  der  am  30.  Jan.  1752  gegründeten 
Nr.  9  angeschlossen;  denn  am  ö.  Febr.,  am 
Tage  seiner  Wahl,  wird  er  schon  als  Mit- 
glied von  Nr.  9  und  10  bezeichnet.  Bereits 
am  24.  Febr.  ist  er  aus  Nr.  10  ganz  aus- 
geschieden, und  diese  Loge  wurde  im  Dez. 
1752  gestrichen,  zugleich  mit  Nr.  7,  worauf 
dann  Nr.  8  und  9  je  eine  Nummer,  Nr.  11 
bis  16  je  zwei  Nummern  in  die  Höhe 
rückten,  so  dass  die  am  27.  Dez.  1752  neu 
begonnene  Liste  14  Logen  zählte,  die  sich 
bis  zum  19.  Aug.  17M  bis  auf  37  ver- 
mehrten. In  der  Folgezeit  wurden  beim 
Ausscheiden  von  Logen  die  Nummern  nie 
wieder  nachgeschoben,  sondern  die  Plätze 
blieben  frei,  bis  irgend  eine  jüngere  Loge 
eine  leere  Stelle  für  einen  hohen  Preis 
käuflich  erwarb.  Dermotts  Lo^e  war 
fortan  Nr.  8,  erhielt  nach  der  Vereinigung 
der  beiden  Grosslogen  die  Nr.  15  im  Jahre 
1814  und  behauptet  noch  heute  diesen 
Platz  als  »Kent  Lodge«,  wie  sie  seit  1820 
heisst  —  Man  sieht,  er  war  erst  am  5.  Tage 
Mitglied  seiner  Loge,  als  er  zum  Gross- 
sekretär gewählt  wurde.  Vermutlich  war 
er  also  schon  mit  einigen  der  massgebenden 
Brüder  bekannt  gewesen,  die  seine  Tüch- 
tigkeit wahrgenommen  hatten;  vielleicht 
war  er  gerade  zu  dem  Zwecke  herangezogen 
worden,  und  zwar  von  Morgan  selbst,  um 
an  dessen  Stelle  treten  zu  können.  Er  ist 
aber  sicher  an  der  Gründung  der  neuen 
Vereinigung  ganz  unbeteiligt  gewesen,  fand 
diese  vielmehr  schon  fertig  vor  und  hat 
nur   das   von   andern,   hauptsächlich  von 

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80 


Andent  Masons. 


Morgau    begonnene   Werk    weitergeführt. 
Er  wurde  freilich  nach  seiner  Ernennung 
die   leitende  Kraft  vermöge   seiner  über- 
legnen Sachkenntnis  und  Geynssenhaftig- 
keit.   Die  Protokolle  erzählen  von  manchen 
Widerwärtigkeiten,  die  ihm  bereitet  worden 
sind,  und  von  entschiednen  Auseinander- 
setzungen mit  minderwertigen  Mitgliedern, 
die  ihn  beneideten  oder  denen  er  zu  ernst 
und    strenge   war    (vgl.  Dermott).     Sein 
Streben  war  zunächst  obEu^uf  gerichtet,  nach 
der  in  Grossbritannien  herrschenden  Vor- 
liebe,   einen   adligen  Grossmeister  zu  ge- 
winnen, nicht,  um  etwa  für  sich  und  sein 
Werk   einen   guten  Köder   zu   gewinnen, 
sondern  um  der  jungen  Vereinigung  einen 
festen  Halt  zu  geben.    In  den  Protokollen 
von  1752   und  1753   ist  oft  genu^  davon 
die  Rede,  und  zwar  in  solcher  Weise,  dass 
der    ideale    Zweck    ganz    zweifellos    ist. 
Endlich  am  5.  Dez.  1753  dringt  Dermott 
darauf,    »da  die   Brüderschaft   keine   der 
früher   in  den  Verhandlungen  erwähnten 
Adelspersonen  gewählt  hat  und  es  zweifei-  | 
haft  ist,  ob  die  alte  Zunft  mit  einem  ad-   I 
ligen  Grossmeister  zur  Zeit  beehrt  werden 
könnte«,   dass   man  »einen  würdigen  und 
geschickten  Meister«  wählen  solle.    Man 
wählte  einstimmig  den  Meister  von  Nr.  15, 
Robert    Turner,    zum    Grossmeister,    der 
William  Rankin  zu  seinem  Abgeordneten 
ernannte,   und  dann   wählte   die  Brüder- 
schaft Samuel  Quay  zum  altem,  Lachlan 
Mc.  Intosh  zum  jungem  Grossaufseher,  die 
alle  vier  »nach  altem  Brauch«,  d.  h.  nach 
der  in  Irland  üblichen  Weise,  feierlich  ein- 
gesetzt und  begrüsst  wurden.   Am  27.  Dez. 
1754    wurde    Edward    Vaughan    Turners 
Nachfolger,  und  1756—1760  folgte  diesem 
der  Graf  von  Blesinton,   unter  dem   die 
Zahl  der  Logen  von  59  auf  83  stieg;  er 
war  1738  und  1789  Grossmeister  von  Irland 
gewesen,  ein  weiterer  Beweis  fdr  den  engen 
Zusammenhang   der  »Alten  Maurer«    mit 
Irland.     Von    1760—66   folgte   der   Graf 
V.  Kelly  (Zuwachs  bis  Nr.  145),   1766—70 
Thomas   Mathew   (Zuwachs   bis  Nr.  167), 
1771—74  John,   3.  Graf  von  AthoU  (bis 
Nr.    192),    1775-81    John,    4.   Graf  von 
Atholl  (bis  Nr.  219),  1782  SteUvertretung 
durch  den  Abgeordneten  William  Dickev, 
1783—91    der  Graf  von  Antrim  (bis  Nr. 
269),    1792-1818    wieder   John,    4.   Graf 
von  Atholl  (bis  Nr.  359),   der  am  8.  Nov. 
1818  zu  Gunsten  des  Herzogs  von  Kent 
zurücktrat,  damit  dieser  die  Vereinigung 
der  beiden  Grosslogen  zu  Ende  ftthre,  die 
auch  am  27.  Dez.  1813  vollzogen  wurde.  — 
IV.  Das  Recht  der  irischen  Maurer  in  Lon- 
don, sich  »Alte  Maurer«  zu  nennen,  ist 
nicht   anzuzweifeln;    denn   die^  Londoner 
Grossloge  hatte  nachweislich  Änderungen 
vorgenommen,    anscheinend    schon    1730. 
während   man   in  Irland  und  Schottland 
an   der  altem  Weise   festgehalten  hatte. 
Bei   der   Vereinigung    haben    denn   auch 
thatsächlich   die   sogenannten  »Modems« 


den  » Ancients«  das  Zugeständnis  der  Rück- 
kehr zum  fthem  Brauch  gemacht  Ja 
sogar  die  Herübemahme  des  Royal-Arch- 
Grades  (s.  d.)  in  das  Gebrauchtum  der  Ver- 
einigten Grossloge  ist  den  »Alten«  zuge- 
standen worden,  obgleich  dieser  Grad  sicher 
eine  spätere  Zuthat  ist.  Aber  man  thut 
Dermott  und  den  »Alten  Maurern«  unrecht, 
wenn  man  sie  fttr  die  Erfindung  und  Aus- 
breitung des  Grades  verantwortlich  machen 
will.  Dermott  schätzte  den  Grad  sehr, 
aber  er  war  weit  entfemt,  ihn  als  Lock- 
speise für  seine  Grossloge  zu  verwenden, 
und  es  ist  geschichtliche  Thatsache,  dass 
der  Grad  unter  den  »Modems«  viel  mehr 
gepflegt  und  ausgebreitet  wurde,  als  unter 
den  »Ancients«.  In  ihren  Protokollen 
ist  wohl  schon  zeitig  vom  »Roval  Ajrch« 
die  Rede  (4.  März  1752  und  2.  Sept. 
1752),  aber  in  so  nebensächlicher  Weise, 
dass  von  einer  Betonung  und  Ausbietung 
nichts  zu  merken  ist;  von  1754—1771  wird 
er  gar  nicht  genannt,  und  im  letzten  Jahre 
wird  ausdrücklich  gesagt,  nur  die  gesetz- 
lichen Vertreter  der  Loge  sollten  den  Grad 
erhalten,  was  vielmehr  eine  Beschränkung 
ist.  Während  unter  den  »Modems«  1765 
ein  Royal -Areh- Kapitel  bereits  in  voller 
Blüte  stand,  wurde  bei  den  »Alten«  ein 
Royal -Arch- Register  erst  1783  begonnen 
und  zählt  nur  acht  Brüder  auf,  die  bis  E^de 
1770  den  Grad  erhalten  hatten,  davon  noch 
dazu  zwei  in  Irland,  zwei  in  Schottland 
und  einer  in  Amerika,  und  der  eine  aus 
Irland  ist  Dermott  selbst.  Von  1770—80 
kommen  nur  20  hinzu,  also  bis  1780  im 
ganzen  28,  während  in  einer  Versanmüung 
des  genannten  Royal -Arch -Kapitels  der 
»Modems«  am  22.  Juni  1765  bereits  84 
Mitglieder  anwesend  waren  und  42  die  an 
diesem  Tage  beschlossenen  Satzungen  unter- 
schrieben haben,  unter  ihnen  mehrere  her- 
vorragende Mitglieder  ihrer  Grossloge.  1766 
traten  der  damalige  Grossmeister  Lord 
Blayney,  der  Grosssekretär  Heseltine, 
der  aogeordnete  Grossmeister  Dillon, 
der  Provinzialgrossmeister  Dunckerley  u.a. 
dem  Kapitel  bei,  und  das  Protokoll  vom 
12.  Febr.  1766  zeigt,  dass  damals  schon 
noch  andre  organisierte  Kapitel  vorhanden 
waren,  während  die  »Alten  Maurer«  an  so 
etwas  noch  gar  nicht  dachten.  Am  22.  Juli 
1767  entstand  aus  dem  Londoner  Ka- 
pitel sogar  ein  »Grand  and  Royal  Chapter 
of  the  Royal  Arch  of  Jerusalem«,  förmlich 
konstituiert  von  dem  eben  gewesnen  Gross- 
meister Blayney.  Alle  diese  Dinge  sind 
längst  bekannt  und  zu  lesen  bei  Hughan, 
Origin  of  the  English  Rite  of  Freemasonry, 
especiallv  in  Relation  to  the  Royal  Arch 
Degree  (London  1884),  S.  70  fg.,  109  fg. 
und  bei  Sadler,  Masonic  Facts  and  Fictions 
(1887).  S.  166  fg.  Der  den  »Alten«  mit 
Unrecht  gemachte  Vorwurf  mtLsste  also 
eher  den  »Neuem«  aufgebürdet  werden. 
Die  1765  gegen  Dermott  und  seine  Ge- 
nossen gerichtete  »Defence  of  Masonry« 
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Ancient  Masons. 


81 


(vgl.  oben)  ist  nicht,  wie  Kloss  wohl  noch 
glauben  durfte,  eine  Widerlegung  Der- 
motts,  sondern  eine  recht  gehässige 
Schmähschrift  ohne  jeden  sachlichen  Wert, 
aber  mit  mebireren  nachweislich  falschen 
Verdächtigungen.  Bemerkenswert  daran 
ist  aber,  dass  der  ungenannte  Verfasser 
die  »Alten  Maurer«  als  Irländer  bezeichnet 
und  sie  als  solche  mit  Geringschätzung 
behandelt;  dagegen  sagt  er  kein  Wort 
davon,  dass  sie  «Abtrünniffe«  oder  «Schis- 
matiker« oder  dgl.  wären,  die  sich  von  der 
altem  Grossloge  losgesagt  hätten.  Auch 
ein  mit  Schmähungen  gespickter  Brief 
des  Grosssekretärs  Heseltine  vom  8.  Aug. 
1769  (bei  Sadler,  S.  178  fg),  der  sonst 
viele  Irrtümer  enthält,  weiss  noch  nichts 
von  einem  »Abfall«  oder  dgl.,  sondern 
nennt  sie  »eine  Schar  von  Leuten,  die 
zuerst  um  das  Jahr  1746  in  die  Erschei- 
nung traten«.  Erst  in  dem  »Free-Masons 
Calendar«  von  1776  werden  die  »Alten« 
als  Abtrünnige  und  Schismatiker  be- 
zeichnet, und  dies  ist  die  Hauptquelle 
aller  spätem  Darstellungen,  wie  Kloss 
bereits  ganz  richtig  erkannte  (a.  a.  O. 
S.  362).  Vgl.  Sadler,  S.  184  fg.  —  V.  Was 
das  gegenseitige  Verhalten  der  »Alten« 
und  »Neuem«  betrifft,  so  wurde  schon 
bemerkt,  dass  die  erstem  bei  ihrer  Ver- 
einigung keinerlei  Feindseligkeit  gegen 
die  letztern  erkennen  lassen,  obwohl  sie 
sich  in  ihren  »Orders  and;Rules«  wiederholt 
als  »Ancient  Masons«  bezeichnen  und 
solche,  die  nicht  einer  Loge  von  »Ancient 
Masons«  angehören  oder  nicht  durch  Zer- 
tifikat dieAu&ahme  in  einer  »regelmässigen 
Loffe«  ihrer  Art  nachweisen  können  (Regel  3 
und  6),  von  ihrer  Gemeinschaft  ausschliessen. 
Am  6.  Juni  1752  werden  die  »Modems« 
zuerst  erwähnt,  indem  ein  Bruder  als  von 
ihnen  kommend  eingetragen  wird,  mit  der 
Bemerkung,  er  sei  »made  ancient« ;  und  bis 
zum  August  1753  werden  noch  sechs  andere 
in  dieser  Weise  gekennzeichnet,  nachher 
nicht  mehr.  Der  Name  »Modem  Ma- 
sons« war  also  den  »Ancients«  1752  bereits 
geläufig  und  sicher  schon  vorher  aufge- 
kommen, nicht  erst  etwa  von  Dermott 
erfunden.*)  In  den  Protokollen  der  altem 
Grossloge  finden  wir  die  »Ancient  Masons« 
zuerst  erwähnt  in  den  Verhandlungen  über 
eine  Tochterloge,  deren  Mitglieder,  aus 
Liebhaberei  oder  der  Abwechslung  wegen, 
manchmal  Logen  nach  der  Weise  der 
»Ancient  Masons«  abgehalten  und  einigen 
andern  Brüdern  den  Zutritt  nur  gestattet 


*)  Der  Ausdruck  > Modem  Mfttons«  wurde  aohon 
Uhr«  gebraucht,  um  die  1717  cur  Orouloge  zu- 
tftmmengetretenenFrelmfturer  zu  benennen,  im  Gegen- 
•ata  SU  den  alten  Werkmaurem;  so  lesen  wir  in  der 
Nr.  668  von  »The  Gountry  Journal,  or  the  Grafts- 
manc  (16.  Apr.  1787):  «unsre  neuern  Maurer 
woUen  eine  aUgemeine  stumme  Sprache  besitsen 
u.  s.  w.»  (auch  abgedruckt  in  »Masonry  farther  Dis- 
sected«  (London  1789,  S.  26).  Die  «Alten»  brauchten 
also  den  NMnen  gar  nicht  erst  zu  erfinden. 


hatten,  nachdem  sie  sich  »in  ihrer  eignen 
neuen  und  besondern  Weise«  (in  their  own 
novel  and  particular  manner)  zu  »Ancient 
Masons«  hatten  machen  lassen.  Verhandelt 
wurde  darüber  am  20.  März  und  24.  Juli 
1755,  wobei  den  Beklagten  vorgeworfen 
wurde,  dass  sie  »die  Neuerungen  und  Er- 
findungen eingebildeter  Personen  in  die 
Zunft  (Graft)  einzufülireu  und  den  Glauben 
zu  erzeugen  strebten,  es  habe  andre  und 
ältere  Gesellschaften  von  Maurern  gegeben, 
als  die  dieser  alten  und  ehrwürd^en  Ge- 
sellschaft.« Da  Meister  und  Aufseher  der 
betr.  Loge  sich  weigerten,  auf  die  Wieder- 
holung Yon  Arbeiten  nach  Art  der  »Ancient 
Masons«  zu  verzichten,  so  wurde  die  Loge 
gestrichen,  hat  sich  aber  der  Grossloge 
der  »Alten«  nicht  angeschlossen,  sondern 
ist  selbständig  geblieben,  wie  Dermott 
vollkommen  wahrheitsgemäss  im  »Ahiman 
Bezon«  von  1778  berichtet  (vgl.  schon 
Kloss,  S.  378,  884  fg.).  In  den  Protokollen 
Dermotts  wird  sachlicher  gesprochen, 
ohne  persönliche  Ausfälle  auf  die  Gegner. 
Auch  in  der  ersten  Ausgabe  des  »Ahimaa 
Bezon«  von  1756  werden  die  »Modem 
Masons«  mit  keiner  Silbe  erwähnt,  sondern 
erst  1764  und  1778  vielfach  mit  beissen- 
dem  Spott  behandelt,  da  Dermott  von 
ihnen  m  gehässiger  Weise  persönlich  an- 
gegriflTen  und  verleumdet  worden  war. 
Unterm  27.  Dez.  1755  bemerkt  er  im  Pro- 
tokoll, dass  in  diesem  Jahre  die  »Modem 
Masons«  zuerst  Zertifikate  einführten  (was 
vollkommen  richtig  ist),  während  die  »An- 
cient Masons«  seit  undenklichen  Zeiten 
(time  immemorial)  Zertifikate  ausgestellt 
hätten;  auch  hierin  giebt  sich  der  irische 
Brauch  zu  erkennen.  Obwohl  nun  amtlich 
die  beiden  Grosslogen  ablehnend  einander 
gegenüberstanden,  haben  sich  Brüder  der 
Tochterlogen  doch  gegenseitig  häufiger 
besucht,  wie  wir  aus  den  Protokollen  von 
Einzellogen  erfahren,  und  schon  lange  vor 
der  Vereinigung  treten  Bemühungen  her- 
vor, eine  Ausgleichung  der  Gegensätze 
herbeizuführen,  zuerst  1797,  aber  ohne  Er- 
folg. Ein  weiterer  Versuch  im  Jahre  1802 
führte  sogar  zu  erneuter  gegenseitiger  Be- 
fehdung, und  erst  von  1809  an  schritten 
die  Verhandlungen  und  Annäherungen  un- 
unterbrochen fort,  so  dass  am  27.  Dez.  1818 
die  Vereinigung  vollzogen  werden  konnte, 
und  zwar  unter  dem  Namen  »Vereinigte 
Grossloge  der  Alten  Freimaurer  von  Eng- 
land«; aber  bereits  1815  in  der  von  Wil- 
liams besorgten  neuen  Ausgabe  der  »Con- 
stitutions  of  the  Ancient  Fratemity«  heisst 
sie  »Die  Vereinigte  Grossloge  der  Alten 
Freien  und  Angenommenen  Maurer  von 
England«.  Der  Verlauf  der  Verhandlungen 
war  ein  Sieg  der  »Alten«;  denn  schon  am 
12.  April  1809  hatten  die  »Modems«  be- 
schlossen, »dass  es  nicht  länger  nötig 
sei,  jene  Massregeln,  zu  denen  man 
um  das  Jahr  1789  mit  Rücksicht  auf 
unregelmässige  Maurer  Zuflucht 
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82 


Ancient  Masons. 


genommen  habe,  noch  aufrecht  zu 
erhalten,  und  dass  man  deshalb  die 
einzelnen  Logen  veranlassen  solle, 
zu  den  Alten  Landmarken  der  Ge- 
sellschaft zurückzukehren«  [Gould, 
rv,  S.  498].  Die  fernem  Vereinbarungen 
brachten  weitere  Zugeständnisse  der  »Mo- 
dems« an  die  »Ancients«,  so  dass  deren 
Eigentümlichkeiten  seit  1818  die  allgemein 
üblichen  in  England  sind.  Li  den  »Articles 
of  Union«,  die  am  25.  November  verein- 
bart und  am  1.  Dez.  1818  endgültig  ge- 
nehmigt, unterzeichnet  und  untersiegelt 
wurden,  wird  über  die  anerkannten  Grade 
folgendes  bestimmt:  »Es  wird  erklärt 
und  ausgesprochen,  dass  die  reine 
Alte  Maurerei  aus  arei  Graden  und 
nicht  mehr  besteht,  nämlich  denen 
des  Lehrlings,  des  Gesellen  und  des 
Meistermaurers  mit  Einschluss  des 
Hohen  Ordens  des  Heiligen  Boyal 
Arch.  Aber  dieser  Artikel  soll  keine 
Loge  oder  kein  Kapitel  verhindern, 
eine  Versammlung  in  irgend  einem 
der  Grade  der  Ritterorden  zuhalten, 
gemäss  den  Verfassungen  der  ge- 
nau n  t  e  n  O  r  d  e  n  « (IL  Artikel;  vgl.  Hughan, 
Memorials  of  the  Masonic  Union,  London 
1874,  S.  22).  Hierbei  ist  die  Einverleibung 
des  Royal- Arch-Grads  in  den  Meistergrad 
ein  Zugeständnis  der  »Moderas«  an  die 
»Ancients«,  aber  die  Aussprache  der  Dul- 
dung von  Ritterorden  ist  umgekehrt  ein 
halbes  Entgegenkommen  der  »Ancients« 
für  die  »Modems«;  denn  höhere  Grade 
waren  vorher  von  den  letztern  schon  lange 
eifrig  in  besondem  »Kapiteln«  gepflegt, 
während  Dermott  alle  über  den  Royal 
Arch  hinausgehenden  Grade  verwarf  und 
die  »Ancients«  sich  nur  wenig  damit  be- 
fasst  zu  haben  scheinen.  —  VI.  Die  »Alten 
Maurer«  wurden  auch  wohl  »York -Mau- 
rer« genannt  und  ihnen  vorgeworfen,  dass 
sie  üire  Bräuche  von  der  Grossloge  von 
York  zu  haben  behaupteten.  Dieser  Vor- 
wurf ist  unbegründet.  Freilich  gebrauchte 
Dermott  in  der  ersten  Ausgabe  seines 
»Ahiman  Rezon«  einige  Male  den  Namen 
»York-Maurer  in  England«  (1756,  S.  88 
96),  aber  in  einem  ganz  andern  Sinn, 
den  er  zur  Abwehr  der  unverdienten  Vor- 
würfe in  der  zweiten  Ausgabe  durch  fol- 
gende Anmerkung  klar  stellte:  »Sie  heissen 
York-Maurer,  weil  die  erste  Grossloge  in 
England  im  Jahre  des  Herm  926  in  York 
versammelt  wurde,  vom  Prinzen  Edwin, 
der  (zur  selben  Zeit)  einen  Freibrief  von 
König  Athelstan  zum  Nutzen  der  Brüder- 
schaft kaufte«  (1764,  S.  89).  An  die  1726 
gestiftete  »Grossloge  von  ganz  England« 
in  York  hat  also  Dermott  nie  gedacht, 
seine  Kenntnisse  und  Gebräuche  führt  er 
vielmehr  stets  auf  Irland  zurück.  Seit 
der  Graf  von  Atholl  an  der  Spitze  der 
»Alten«  stand,  wurden  sie  auch  sehr  oft 
»Atholl -Maurer«  genannt.  In  den  von 
ihnen   erlassenen  »Warrants«  nennen   sie 


sich  selbst  »die  Grossloge  der  sehr  Alten 
und  Ehrwürdigen  Brüderschaft  der  Freien 
und  Angenommenen  Maurer  (nach  der 
Alten  von  S.  K.  H.  Prinz  Edwin  in  York 
A.  D.  926  gewährten  Verfassung)«,  womit 
sje  nur  sagen  wollten,  dass  sie  den  alten 
Überlieferungen  treuer  geblieben  zu  sein 
vermeinten,  wUirend  die  »Neuem«  that- 
sächlich  einige  Veränderungen  vorgenom- 
men hatten,  z.  B.  die  Vertauschung  der 
Erkennungswörter  des  ersten  und  zweiten 
Grades,  was  ja  später  von  den  »Neuem« 
selbst  zugegeben  und  rückgängig  gemacht 
wurde.  Kürzer  nannten  sie  sich  auch 
»die  Grossloge  der  Freimaurer  von  Eng- 
land nach  den  alten  Einrichtungen«  (old 
Institutions). — VU.  Die  Schriften,  in  denen 
das  von  den  »Alten  Maurern«  gebrauchte 
Ritual  enthalten  sein  soll,   sind  folgende: 

1.  The  three  distinct  Knocks,  or  the  Door 
of  the  most  Ancient  Free-Masonry  opening 
to  all  Men  (London  1860;  oft  wiederholt). 

2.  Jachin  and  Boaz,  or  an  authentic  Key 
to  the  Door  of  Free-Masonry,  both  Antient 
and  Modem  (London  1862;  sehr  oft  wieder- 
holt). 8.  Hiram.  or  the  Grand  Master-Key 
to  the  Door  of  Doth  Ancient  and  Modern 
Free-Masonry  (London  1764;  2.  Ausg.  1766). 
4.  Shibboleth,  or  Every  Man  a  Free-Mason 
(London  1765).  5.  Mahnabone,  or  the  Grand 
Lodge  Door  open'd.  Wherin  is  discovered 
the  whole  Secrets  of  Free-Masonry  both 
Ancient  and  Modem  rLondon  1866, 2.  Ausg.). 
6.  The  Freemaaon  Stript  Naked  (London 
1769).  Ausserdem  giebt  es  noch  eine  sie- 
bente Schrift  (Tubalcain),  über  die  Schreiber 
dieses,  da  ihm  die  Auszüge  daraus  abhanden 
gekommen  sind,  hier  nichts  näheres  anzu- 
geben vermag.  Das  Buch  »Solomon  in  all 
Eis  Glory«  (London  1766)  gehört  nicht 
hierher,  sondern  ist  eine  Übersetzung  des 
französischen  »Ma^on  D^masqu^«  (Londres 
1751).  Die  Nummern  1,  2,  8  und  6  kennt 
Kloss,  Bibliogr.  unter  1888,  1887,  1889 
und  1890,  aber  mit  unrichtigen  Angaben 
über  die  ersten  Ausgaben  von  1  und  2. 
Die  einzige  Originalquelle  ist  1 .  die  zuerst 
1760  in  London  erschien  una  sofort  in 
Dublin  nachgedruckt  wurde;  alle  folgenden 
sind  unselbständig  und  stützen  sich  auf  1 
oder  dessen  Nach^imungen,  die  noch  dazu 
durch  fremdartige  Zuthaten  entstellt  sind. 
Schon  »Jachin  and  Boaz«  ist  ein  Ge- 
misch aus  »The  three  distinct  Knocks« 
und  der  gleichzeitigen  Schrift  »A  Master- 
Key  to  Free-Masonry«  (London  1760). 
Diese  ist  eine  an  manchen  Stellen  verkürzte 
Übersetzung  der  französischen  Schrift 
» L' Ordre  des  Francs-Ma9ons  trahi«  (Amster- 
dam 1745;  nachgedmckt  als  »Les  Secrets 
de  rOrdre  des  Francs-Ma^ons  dövoil^  et 
mis  au  jour« ;  gleichfalls  Ainsterdam  1745), 
so  dass  »Jachin  and  Boaz«  bei  näherer 
Betrachtung  viele  Widersprüche  aufweist, 
da  der  Inhalt  ausfranzösiscnen  und  irischen 
Gebräuchen  gewaltsam  gemengt  ist.  Der 
Verfasser  von  8  hat,  wie  der  Titel  schon 

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Ancke  —  Anderson. 


andeutet,  aus  1  und  2  und  dem  »Master- 
Key«  zusammengeschrieben;  ausserdem  hat 
er  aus  dem  Buche  »The  Antient  Consti- 
tutions  and  Charles  of  the  Free-Masons« 
(London  1762,  bei  Cole)  ganze  Stücke  ent- 
nommen. Ebenso  plündert  4  seine  Vor- 
gänger, und  5  benutzt  ausser  diesen  für 
die  »Modem  Masonry«  noch  Prichards 
Masonry  dissected  (zuerst  London  1780; 
später  oft  wiederholt)  und  »Solomon  in 
all  his  Glory«.  Da  schon  2  manches  von 
1  entstellt  hat  und  die  Nachfolger  nicht 
immer  auf  1  selbst  zurückgehen,  so  ist  1 
die  allein  glaubwürdige  und  zuverlässige 
Quelle,  wie  auch  Kenner  der  irischen  Ge- 
bräuche noch  heute  bestätigen.  Diese 
Urteile  stützen  sich  auf  eine  genaue  Ver- 
gleichung  der  fünf  Schriften,  die  bisherige 
Bevorzugung  von  » Jachin  and  Boaz«  kann 
vor  der  philologischen  Kritik  nicht  be- 
stehen. Der  Verfasser  von  1  spricht  in 
seinem  Vorwort  immer  von  »Isländern« 
und  »irischen  Logen«. 

Ancke,  Friedrich  Oskar,  geprüfter 
Baumeister,  geb.  8.  Juli  1887  in  Chemnitz, 
war  in  vielen  gemeinnützigen  Vereinen, 
teilweise  als  Vorstand  thätig,  auch  stellv. 
Vorsitzender  im  Stadtverordnetenkolle- 
gium, so  dass  er  bei  seinem  Wegzug  nach 
Dresden,  wo  er  jetzt  lebt,  zum  Ehrenbürger 
der  Staat  ernannt  wurde.  Er  fand  Auf- 
nahme in  der  Loge  Zur  Harmonie  in 
Chemnitz  5.  Mai  1864,  war  1868—1870 
Schriftführer,  1873—1880  erster  Aufseher, 
ebenso  1881—82,  1884—86  zugeordneter 
Meistervom  Stuhl  und  ist  seit  1886  versitzen- 
der Meister,  zugleich  seit  1889  Ehren- 
meister. Unermüdliche  Ajrbeit  und  hu- 
maner Umgang  neben  reichem  Wissen 
haben  ihm  einen  Ehrenplatz  in  seiner 
Loge  gesichert,  die  er  auch  jetzt  noch  von 
seinem  Wohnsitz  aus  als  Vorsitzender 
Meister  leitet  Bei  seinem  25jährigen 
Maureijubiläum  wurde  die  Anckestiftun^ 
als  eiserner  Fonds  fttr  die  Witwen-  und 
Waisenkasse  gegründet  (s.  Chemnitz). 

Andananen  (brit.  Liseln  im  Meerbusen 
von  Bengalen).  Hier  arbeitete  1866—1885 
eine  Tochterloge  der  Grossloge  von  Eng- 
land in  Port  Blair. 

AHderson,  Jakob,  Dr.  der  Philosophie 
und  Theologie  und  Prediger  an  der  Kirche 
der  schottischen  Presbyterianer  in  London, 
war  ein  gebomer  Schotte,  vermutlich  aus 
Aberdeen.  Jahr  und  Tag  seiner  Geburt 
sind  unbekannt,  ebenso  der  Zeitpunkt 
seiner  Übersiedelung  nach  London.  Dass 
er  1717  bei  Gründung  der  Grossloge  eine 
Hauptrolle  mitgespielt  habe,  ist  oft  be- 
hauptet worden,  aber  unerweislich  und 
ganz  unwahrscheinlich;  denn  dann  würde 
er  schon  früher  ein  Logenamt  erhalten 
haben  und  nicht  erst  1723  nach  Fertig- 
stellung des  Konstitutionenbuchs.  Auch 
hätte  er  dann  gewiss  seinen  Namen  auf 
den  Titel  gesetzt  und  selbst  die  Widmung 
an  den  Herzog  von  Montagu  geschrieben. 

Allgemeines  Handbuch  der  Freimaurerei. 


wie  er  sich  1738  als  Verfasser  bekannte 
und  dem  Prinzen  von  Wales  das  Buch 
selbst  widmete.  A.  war  eben  1722  im 
Kreise  der  Brüder  noch  nicht  lange  be- 
kannt, er  Hess  daher  die  Widmung  von 
dem  bereits  angesehnem  Desaguliers  (s.  d.) 
verfassen  und  von  ihm  sein  Buch  empfehlen, 
wie  denn  in  der  That  die  Anpreisung  der 
Vorzüge  desselben  den  Hauptteil  der 
Widmung  bildet.  Ob  A.  schon  in  Schott- 
land Freimaurer  geworden  war,  ist  nicht 
festzustellen,  aber  aus  verschiednen  Grün- 
den wahrscheinlich,  da  er  mit  schotti- 
schen Eigentümlichkeiten  vertraut  ist 
(er  hat  schottische  Benennungen  in  Eng- 
land eingeführt)  und  sich  ausdrück- 
lich auf  Schriften  aus  Schottland  beruft. 
Er  selbst  erwähnt  sich  1738  zum  ersten- 
mal unterm  29.  Sept.  1721,  wo  es  heisst: 
»Da  Seiner  Gnaden  Ehrwürden  (Montagu) 
und  die  Loge  an  allen  alten  Handschri^n 
der  alten  gotischen  Verfassungen  auszu- 
setzen fanden,  beauftragten  sie  Bruder 
James  Anderson,  A.  M.,  sie  in  eine 
neue  und  bessere  Gestalt  zu  bringen.« 
Von  hier  an  erwähnt  er  sich  dann  öfter. 
Wir  dürfen  annehmen,  dass  er  sich  nicht 
lange  vor  dieser  Zeit  überhaupt  erst  ange- 
schlossen hatte.  Zu  Ausarbeitung  des  Buches 
hat  er  sich  wahrscheinlich  selbst  ange- 
boten, wie,  nach  Ausweis  der  ProtokoUe, 
die  zweite  Ausgabe  erst  auf  seine  An- 
regung hin  genehmigt  wurde.  Die  Einzel- 
heiten, die  A.  weiter  unterm  27.  Dez.  1721, 
25.  März  1722  und  17.  Jan.  1723  im  J.  1738 
über  die  erste  Ausgabe  mitteilt,  sind  un- 
zuverlässig und  stimmen  nicht  mit  ander- 
weitigen Angaben  überein.  Das  erste  er- 
haltene Protokoll  der  Grossloge  vom  24.  Juni 
1723  sagt:  »Die  Anordnung  vom  17.  Jan. 
1723,  die  am  Ende  der  Konstitution  S.  91 
abgedruckt  ist,  für  die  VeröflTentlichung 
der  genannten  Konstitution  wurde  ver- 
lesen, des  Inhalts,  dass  sie  vorher  hand- 
schriftlich von  der  Grossloge  genehmigt 
und  dann,  nämlich  am  17.  Jan.,  im  Druck 
vorgelegt  und  von  der  Gesellschaft  ge- 
nelmiigt  wurde.«  Dagegen  heisst  es  1738 
bei  A.:  »Grossaufseher  Anderson  legte  das 
neue  Konstitutionsbuch  im  Druck  vor, 
welches  wiederum  genehmigt  wurde,  mit 
Hinzufßgung  der  alten  Art  eine  Loge 
einzusetzen.«  Dieser  Zusatz  hat  aber 
am  17.  Jan.  bereits  gedruckt  mit  vor- 
gelegen, wie  man  aus  der  Originalausgabe 
ganz  sicher  ersehen  kann.  Nachgedruckt 
und  angehängt  sind  offenbar  nur  die  Seiten 
73—91,  von  der  »Approbation«  bis  zum 
Schluss,  während  die  Seiten  1—72  bereits 
fertig  waren.  Damach  könnte  die  »Appro- 
bation«, die  Wharton  (s.  d.)  als  Grossmeister 
unterschrieben  hat,  auch  erst  am  17.  Jan. 
1723  vollzogen  sein,  zumal  da  dieser  nach 
A.'s  eigner  Angabe  erst  an  jenem  Tage  als 
Grossmeister  eingesetzt  war,  was  freilich 
nach  andern  bestimmten  Nachrichten 
zweifellos  falsch  ist.  Ein  weiteres,  beson- 
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84 


Anderson. 


ders  überzeugendes  Beispiel  für  A.'s  Un- 
genauigkeit  mag  genügen,  um  die  Glaub- 
würdigkeit seiner  Angaben  in  das  rechte 
Licht  zu  stellen.  Untenn  25.  Apr.  1723 
heisst  es:  «Wharton,  Grossmeister,  schlug 
als  seinen  Nachfolger  den  Grafen  y.  Dal- 
keith  (jetzt  Herzog  von  Buckleu^h)  vor, 
den  Meister  einer  Loge,  welcher  einmütig 
bestätigt  und  als  erwSiilter  Grossmeister 
ffebührend  begrüsst  wurde,  c  Dagegen  sagt 
das  Protokoll  der  Grossloge  vom  24.  Juni 
1723:  >Als  dann  der  Grossmeister  (Wharton) 
ersucht  wurde,  seinen  Nachfolger  zu  nennen, 
und  ablehnte,  es  zu  thun,  vielmehr  die 
Nennung  der  Loge  übertrug,  wurde  der 
ehrenwerte  Graf  v.  Dalkeith  vorgeschlagen, 
als  Grossmeister  für  das  folgende  Jahr  er- 
nannt zu  werden.«  Die  Versammlung  vom 
25.  Apr.  hat  vermutlich    gar  nicht    statt- 

fefiinden,  und  am  24.  Juni  ist  es  nach  dem 
^otokoU  ganz  anders  zugegangen,  als  A. 
berichtet.  Damach  hat  sich  Wharton 
der  Einsetzung  von  Desaguliers  als  De- 
putierten widersetzt  und,  als  er  trotzdem 
im  Auftrage  des  Grafen  v.  Dalkeith  durch 
dessen  Vertreter  als  ernannt  erklärt  wurde, 
die  Loge  *  ohne  jede  Förmlichkeit«  (without 
any  Ceremony)  verlassen.  So  sind  an  der 
Hand  der  Protokolle  auffallend  viele  Irr- 
tümer und  Ungenauigkeiten  A.'s  nachzu- 
weisen, z.  B,  wurde  der  frühere  Gross- 
meister Payne  (s.  d.)  am  24.  Juni  1724  nicht 
als  älterer,  sondern  als  jüngerer  Grossauf- 
seher eingesetzt,  und  das  Protokoll  dieses 
Tages  weiss  nichts  von  dem  grossartigen 
Umzug,  den  A.  unter  diesem  Tage  be- 
schreibt; solche  Umzüge  werden  erst  später 
erwähnt,  in  der  von  A.  angegebnen  Weise 
zum  erstenmal  am  29.  Jan.  1730.  A.  scheint, 
wie  die  Protokolle  ausweisen,  in  denen 
die  anwesenden  frühem  Grossbeamten 
stets  genannt  werden,  die  Grossloge  vom 
24.  Juni  1723,  wo  er  jüngerer  Grossauf- 
seher war  und  die  endgültige  Genehmigung 
zur  Veröffentlichung  seines  Konstitutionen- 
buchs erlangte,  bis  zum  24.  Juni  1731, 
wo  er  zum  erstenmal  wieder  als  an- 
wesend verzeichnet  wird,  niemals  be- 
sucht zu  haben,  so  dass  er  1738  nicht 
nach  eigner  Beobachtung,  sondern  nur 
nach  Hörensagen  berichten  konnte;  die 
Protokolle  hat  er  in  höchst  willkürlicher 
und  ungenauer  Weise  benutzt,  wie  eine 
fortlaufende  Vergleichung  Schritt  für 
Schritt  zeigt.  A.'s  Darstellung  ist  also  als 
Grundlage  f&r  die  Geschichte  der  Lon- 
doner Grosslo^e  werüos,  da  man  immer- 
während auf  die  urkundlichen  Quellen  zu- 
rückgehen muss,  um  die  Bichtigkeit  seiner 
Angaben  nachzuprüfen.  Zuverlässiger  sind 
die  Angaben  in  den  »New  Beguiations« 
(1738  S.  152  —  178),  obwohl  auch  hier 
manche  Einzelheiten  mit  unterlaufen,  die 
mit  den  Protokollen  nicht  genau  über- 
einstimmen. Die  Aufstellung  aller  mög- 
lichen Grossmeister  u.  s.  w.  seit  urdenk- 
lichen  Zeiten  war  für  die  zweite  Ausgabe 


von  der  Grossloge  gewünscht  worden,  die 
am  31.  März  1735  beschloss,  »dass  Dr.  James 
Anderson  ersucht  werden  sollte,  die  Namen 
aller  Grossmeister  zu  drucken,  die  vom 
Beginn  der  Zeit  gesammelt  werden  könnten, 
zusammen  mit  einer  Liste  der  Namen  aller 
zugeordneten  Grossmeister,  Grossaufseher 
und  der  Brüder,  die  der  Zunft  in  der 
Eigenschaft  von  Schaffnern  gedient  haben« 
(Protokoll).  —  A.  war  jüngerer  Grossauf- 
seher, aber,  wie  es  scheint,  nur  kurze  Zeit; 
am  24.  Juni  1723  hörte  sein  Amt  auf; 
wann  er  eingesetzt  war,  wissen  wir  nicht, 
jedenfalls  aber  nicht  allzulange  vorher, 
denn  die  »Approbation«  ist  noch  von 
seinem  Vorgänger  unterschrieben.  Nach- 
her ist  er  offenbar  lange  Jahre  (bis  1731) 
wieder  ganz  in  den  Hintergrund  getreten 
und  später  erst  durch  die  Vorbereitung 
der  zweiten  Ausgabe  seit  1735  aufs  neue 
in  Thätigkeit  gekommen.  Die  Vorrede 
zur  zweiten  Ausgabe  ist  am  4.  Nov.  1738 
unterschrieben,  und  im  Jan.  1739  hatte  er 
noch  die  Genugthuung,  das  Buch  dem 
Prinzen  von  Wales,  dem  es  gewidmet  ist, 
persönlich  überreichen  zu  dürfen;  am  28. 
Mai  1739  ist  er  gestorben.  Seine  Verhält- 
nisse scheinen  nicht  glänzend  gewesen  zu 
sein,  und  er  soll  im  J.  1720  beträchtliche 
Verluste  erlitten  haben  (Gould  IV,  291). 
Dies  würde  seine  schriftstellerischen  Be- 
mühungen, die  er  für  eigne  Bechnung  be- 
trieb, erklären  und  es  begreiflich  machen, 
dass  er  1735  den  Schutz  der  Grossloge  für 
sein  »alleiniges  Eigentum«  (sole  Property) 
gegen  William  Smith,  den  Herausgeber 
des  »Pocket  Companion«  (1735),  nach- 
suchte. Meister  und  Au&eher  der  Logen 
wurden  denn  auch  angewiesen,  vor  dem 
Ankauf  dieses  Buchs  zu  warnen.  Ausser 
den  beiden  Auflagen  des  Konstitutionen- 
buchs hat  A.  noch  das  umfangreiche  Werk 
»Roval  Genealogies,  or  The  Genealogical 
Tables  of  Emperors,  Kings,  and  Princes, 
from  Adam  to  these  Times«  (1732;  2.  Aus- 
gabe 1736)  verfasst,  woraus  er  manches  fttr 
das  zweite  Konstitutionenbuch  verwerten 
konnte.  Für  die  Geschichte  der  Baukunst 
und  der  Baudenkmäler  waren  beide  Kon- 
stitutionenbücher damals  gewiss  nicht  ohne 
Wert,  aber  als  Vorgeschichte  der  heutigen 
Freimaurerei  können  sie  nicht  gelten;  denn 
A.  hat  sie  den  alten  Zunftsagen  angepasst, 
wie  er  selbst  sagt,  und  diese  in  demselben 
Sinne  weiter  ergänzt;  es  ist  daher  auch 
unstatthaft,  hinter  seinen  Darstellungen 
besonders  tiefe  Geheimnisse  zu  wittern 
oder  alles  Mögliche  und  Unmögliche 
zwischen  den  Zeilen  lesen  zu  wollen.  Wir 
dürfen  aber  auch  nicht  zu  streng  mit  dem 
Verfasser  ins  Gericht  gehen,  denn  von 
einer  auf  wissenschaftliche  Kritik  gegrün- 
deten Geschichtschreibung  hatte  man  zu 
seiner  Zeit  noch  keine  Ahnung.  Weil  A. 
in  der  Ausgabe  von  1738  die  »Defence  of 
Masonry,  published  A.  D.  1730.  Occasion'd 
by  a  Pamphlet  calPd  Masonry  Dissected« 

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AndHissj  —  Anerkannte  Logen. 


85 


(S.  216—226)  wieder  abgedruckt  hat,  ist 
er  für  deren  Verfasser  gehalten  wor- 
den, jedenfalls  mit  Unrecht.  —  [Über 
A.  vgl.  Gould,  History  of  Freemasonry, 
IV,  291—293,  854—856;  über  die  Kon- 
stitutionenbücher  Begemann  in  der  BZC. 
1887,  S.  140—160,  213—221;  1891, 
S.  267-303;  1892,  S.  18—38,  152—190; 
femer  FZ.  1861,  S.  81  fg.;  1862,  S.  121  fg. 
(von  KeUer);  1865,  S.  84  fg.  M.  L.  1894/5, 
8.  211  fg.] 

kndrüasj,  Julias  Graf,  Staatsmann, 
geb.  8.  MÄrz  1823  in  Olähpatak,  gest.  18.  Febr. 
1890  in  Volosca,  beteiligte  sich  an  dem  Un- 
abh&ngigkeitskrie^  1848—1849,  wanderte 
dann  aus,  kehrte  jedoch  1858  nach  Ungarn 
zurück,  wurde  Mitglied  des  Parlaments,  1867 
Ministerpräsident  und  1871  österreichi- 
scher Minister  des  Äussern.  Er  wurde  in 
der  Loge  Le  Mont  Sinai  in  Paris  in  den 
Freimaurerbund  aufgenommen,  hielt  sich 
aber,  heimgekehrt,  vom  Logenleben  fem. 
Es  ist  ihm  jedoch  zu  verdanken,  dass  die 
Logen  in  Ungam  auf  gesetzlicher  Grund- 
lage stehen. 

Andr^,  Christian  Karl,  Pädagog  und 
landwirtschaftlicher  Schriftsteller,  geb.  20. 
März  1763  in  Hildburghausen,  gest.  19.Febr. 
1831  in  Stuttgart,  war  mehrere  Jahre  Lehrer 
in  Schnepfenthal,  mit  Becker  1797  Heraus- 
geber des  »Ailffemeinen  Reichsanzeigers«, 
1798  Direktor  der  protestantischen  Schule 
in  Brunn,  1812  Wirtschaftsrat  des  Fürsten 
Salm  und  1821  Sekretär  bei  der  2^ntral- 
stelle  der  Landwirtschaft  in  Stuttgart.  Er 
war  ein  eifriger  Maurer,  der  in  vielfachen 
maurerischen  Verbindungen  mit  bedeuten- 
den Persönlichkeiten  seiner  Zeit  stand.  Er 
gab  heraus  die  freimaurerische  Zeitschrift: 
»Der  Freymaurer,  oder  kompendiöse  Biblio- 
thek alles  Wissenswürdigen  über  geheime 
Gesellschaften»,  fünf  Hefte,  die  1789—96 
teils  in  Göttingen,  teils  in  Gotha  und 
Halle  erschienen  und  sowohl  Auszüge  aus 
gleichzeitigen  freimaurerischen  Schriften, 
ab  auch  eigne  Aufsätze  und  Abhandlungen 
enthalten. 

Andreft,  Job.  Valentin,  geb.  17.  Aug. 
1586  in  Herrenberg  in  Württemberg,  gest. 
27.  Juni  1654  als  Generalsuperintendent 
in  Adelberg.  Seine  Schrift:  »Chymische 
Hochzeit  Christiani  Bosenkreuzc  erschien 
in  Strassburg  1616  in  vier  Ausgaben,  war 
aber  nach  seinen  eignen  Ang^en  schon 
1602  oder  1603  verfasst.  Er  wurde  von 
Arnold  (Kirchen-  und  Ketzer -Historie, 
zuerst  1699)  für  den  Verfasser  der  »Fama 
Fratemitatis«  und  »Confessio«  der  sog. 
Bosenkreuzer  gehalten.  Auch  Herder  u.  a. 
traten  dafür  ein.  Der  in  neuster  Zeit  ge- 
machte Versuch,  es  abzuleugnen,  ist  miss- 
lungen,  da  gar  zu  viele  Gründe  für  A.'s 
Verfasserschaft  sprechen.  A.  hat  sich  in 
vielen  Schriften  von  1616  bis  1623  in  auf- 
fallender Weise  mit  den  Rosenkreuzem 
beschäftigt,  namentlich  der  »Turbo«  (1616), 
die   »Turris  Babel«  (1619)   und   das   »De 


Curiositatis  Pemicie  Syntagma«  (1620) 
lassen  ihn  als  Verfasser  jener  Schriften 
mit  ziemlicher  Sicherheit  vermuten.  [Vgl. 
Hossbach,  Joh.  Val.  A.  u.  sein  Zeitalter 
(Brl.  1819);  Begemann  in  d.  Monatsh.  d. 
Com.-Ges.  1899,  S.  145;  Freymäurer- Bib- 
liothek, V,  S.  24.  Glökler,  J.  P.,  Lebens- 
bild des  J.  V.  A.  (Stuttg.  1886).  R.  1885, 
S.  85.    BZC.  1899,  S.  372.] 

Andreas  (der  Heilige),  ein  Apostel  Jesu 
und  vorher  ein  Jünger  des  Täufers  Jo- 
hannes, war  der  Schutzpatron  Schottlands. 
Von  seinem  Tode  wira  erzählt,  dass  der 
Prokonsul  Aegeas  in  Achaja  ihn  in  Paträ 
mittels  einer  crux  decussata  (eines  schrägen 
Kreuzes:  X)  ^^^^  kreuzigen  lassen.  Die 
Abteilung  der  hohem  Grade,  die  sich 
Schottische  Loge  oder  Andreasmaurerei 
(s.  SohottlBohe  Maurerei)  nennt,  hat  ihn 
zum  Schutzpatron  gewählt,  weil  A.  von 
Johannes  dem  Täufer  als  der  Erstberufene 
zu  Christus  sich  wandte.  Beda  Venera- 
bilis  nennt  ihn  auch  Einf&hrer  bei  Jesu, 
was  zur  Tendenz  der  Andreasgrade 
stimmt.  [Vgl.  Woog,  Presbyteror.  et  dia- 
conor.  Achajae  epistola  de  S.  Andreae 
apostoli  martyrio  gr.  lat.  (Lpz.  1749).] 

Andreasgrad  (Andreasmaurerei),  der  äl- 
teste aller  Grade,  die  den  frühem  drei 
Graden  hinzugefügt  wurden;  wahrschein- 
lich erfanden  ihn  die  schottischen  An- 
hänger des  Prätendenten  um  1736,  worauf 
er  sich  bald  in  Frankreich  verbreitete  und 
später  nach  Deutschland  kam.  (S.  Schotti- 
sche Maareret)  —  Andreaslehrüng  und 
Andreaggeselle,  der  vierte  (und  in  Skan- 
dinavien fOnfte)  Grad  der  schwedischen 
Lehrart;  Andreasmeister,  der  fOnfte  (in 
Skandinavien  sechste)  Grad  derselben  Lehr- 
art; AndreasTertraate  (Fr^res  favoris  de 
St.-Andr6),  auch  Ritter  vom  Purpurbande, 
der  achte  Grad  derselben  Lehrart.  (S. 
Schwedische  Iiehrart.)  —  Andreaslogen 
heissen  im  Schwedischen  System  die  Logen, 
die  die  Andreasgrade  (4  und  5,  in  Skan- 
dinavien 4 — 6)  bearbeiten. 

Andreastag  ist  der  30.  Nov.,  der  Namens- 
tag des  Andreas,  des  Schutzheiligen  von 
Schottland.  Am  30.  Nov.  1736  wurde  in 
Edinburg  die  Grossloge  von  Schottland 
gegründet  und  der  erste  Grossmeister  ge- 
wlüilt;  der  Tag  wurde  dann  als  Stiftungs- 
tag und  Wahltag  festgehalten.  Die  An- 
dreaslogen der  Grossen  Landeslogen  von 
Deutschland,  Schweden,  Dänemark  und 
Norwegen  feiem  ihr  Stiftungsfest  gleich- 
falls am  30.  Nov. 

Androgjue  Maarerei,  englische  und  vor- 
züglich amerikanische  Benennung  der 
Aooptionsmaurerei  (s.  d.). 

Anerkannte  Logen  heissen,  im  Gegen- 
satz zu  den  Winkellogen  (s.  d.),  die 
Logen,  die  eine  freimaurerische  Lehrart 
befolgen,  die  von  den  übrigen  Logen  als 
den  Grundsätzen  der  Freimaurerei  nicht 
widersprechend  angesehen  wird  und  deren 
Mitglieder  infolgedessen  allenthalben  als 

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86 


ADgenommen  —  Angriffe. 


wirkliche  Mitglieder  des  Freimaurerbundes 
aafgenommen  und  behandelt  werden.  In 
manchen  Staaten  bedarf  jede  Loge  der 
Anerkennung  der  oder  einer  der  in  diesem 
Staate  bestehenden  Grosslogen  (s  d.).  In 
Deutschland  erfolgt  die  Anerkennung  durch 
den  Deutschen  Grosslogenbund,  d.  h.  es 
werden  von  diesem  nur  anerkannt  die 
Logen,  die  er  als  solche  ausdrücklich  be- 
zeichnet, das  sind  zur  Zeit  die  zu  den 
acht  deutschen  Grosslogen  gehörigen  Logen 
und  die  fünf  unabhängigen  Logen  (s. 
Deutsohland).  Alle  übrigen  Logen,  wenn 
sie  sich  auch  Freimaurerlogen  nennen, 
gelten  nicht  als  anerkannte,  und  ihre  Mit- 
glieder haben  keinen  Zutritt  bei  jenen. 

ADgenommen  (accepted)  nannte  man  in 
England  alle  Maurer^  die  in  eine  Loge 
eingetreten  und  geweiht  waren;  dass,  wie 
man  lesen  und  hören  kann,  nur  die  Nicht- 
werkmaurer so  bezeichnet  wären,  ist  ein 
geschichtlicher  Irrtum:  jedes  Mitglied 
der  engern  Vereinigung  war  ein  «accepted 
mason«  oder  auch  »accepted  freemason«. 
Der  zusammengesetzte  Ausdruck  «free  and 
accepted  mason«  ist  vor  1722  nicht  nach- 
gewiesen und  erst  von  der  neuen  Gross- 
loge geschaffen  worden.  Anderson  (s.  d.)  ge- 
braucht auch  als  Gegensatz  die  Benennung 
«unaccepted  masons«  für  solche  Maurer, 
die  in  die  Kunstgeheimnisse  nicht  einge- 
weiht waren.  [Vgl.  Begemann,  BZC.  1887, 
S.  238  fg.;  1839,8.66,81,106,  118,  116  fg.; 
1894,  S.  383  fg.    (S.  auch  England.)] 

Angerbnrg  (St.  in  der  preuss.  Prov.  Ost- 
preussen,  4M)9  E.).  Loge  das.  unter  der 
Grossen  National-Mutterloge  Zu  den  drei 
Weltkugeln:  Luise  zum  tröstenden 
Engel,  gest.  9.  Okt.  1811,  eingew.  1.  Jan. 
1813,  geschlossen  seit  16.  Juli  1829. 

AngermAnde  (St  in  der  preuss.  Prov. 
Brandenburg,  7334  E.).  Hier  besteht  unter 
der  Loge  in  Eberswalde  ein  maurerisches 
Kränzchen  Auf  Hoffnung,  gest.  20.  Jan. 
1885,  bestätigt  mit  den  Satzungen  16.  Apr. 
1890.  Mitgliederzahl  (1899):  16.  Vers.  1. 
und  3.  Mittwoch  vom  Oktober  bis  März, 
8.  Mittwoch  vom  April  bis  September.  Lokal : 
Hotel  Zu  den  drei  Kronen. 

Angola  (portug.  Kolonie  an  der  Küste 
Westafrikas).  1884  bestand  in  Mossamedes 
eine  Tochterloge  des  Grande  Oriente  Lu- 
sitano  Unido. 

Angriffe.  Keine  Gesellschaft  hat  Ver- 
dächtigungen, Verleumdungen,  falschen 
Ansichten  so  viel  Baum  gegeben,  als  der 
Freimaurerbund,  und  Unwissenheit,  Arg- 
wohn und  Bachsucht  drückten  den  Schrift- 
stellern meist  die  Feder  in  die  Hand,  um 
Kirche  und  Staat  für  die  Verfolgung  des 
Bundes  zu  entflammen.  Wir  begreifen 
unter  den  Angriffen  nur  die  Verdäch- 
tigungen, die  von  den  Schriftstellern  aus- 
gegangen sind,  während  unter  Verfolgungen 
(s.  d.)  die  Massregeln  verstanden  werden, 
die  geistliche  und  weltliche  Obrigkeiten 
gegen  den  Bund  unternommen  haben.  — 


Alle  Schriftsteller  hier  aufzuzählen,  die 
den  Kampf  gegen  die  Freimaurerei  auf- 
nahmen, würde  nur  auf  die  Au&ählung 
von  Büchertiteln  hinauslaufen,  weshalb 
auf  Kloss,  Bibl.,  S.  21-56,  258—71.  auf 
Taute,  Bücherkunde,  S.  139  fg.,  und  auf 
den  vortrefflichen  Aufsatz  v.  Nettelbladts, 
»Geschichte  der  Angriffe  und  Verfolgungen 
gegen  den  Bund  der  Freimaurer«,  im  Ka- 
lender für  die  Provinzialloge  von  Mecklen- 
burg, 1830,  S.94fg.;  1831,  S.39fg.;  1834, 
S.  25  fg.  verwiesen  sein  mag.  Die  An- 
griffe, von  1725,  also  von  Anfang  an,  be- 
ginnend, sind  verschiedner  Natur,  indem 
sie  entweder  ihre  Absicht  auf  vollkommene 
Vernichtung  des  Freimaurerbundes  oder 
wenigstens  der  Formen  der  Freimaurerei 
richteten  und  durcH  Enthüllung  wahrer 
oder  falscher  Gebräuche  das  Geheimnis  der 
Verbindung  aufzudecken  glaubten,  wie  z.B. 
früher  »L'ordre  des  Fr.  Mac.  trahi«,  später 
»Sarsena«  und  »Das  Freimaurertum  in 
sieben  Graden«,  sowie  neuerdings  Taxils 
•Drei  Punkte-Brüder«.  Andre  Angriffe 
fanden  in  der  Spottlust  ihren  Grund,  wäübi- 
rend  wieder  andre  darauf  abzielten,  die 
weltliche  Regierung  gegen  den  Bund  zu 
erregen,  indem  sie  den  Freimaurern  die 
Schuld  aller  physischen,  moralischen,  re- 
ligiösen und  politischen  Revolutionen  auf- 
bürdeten. Hierbei  freilich  verfielen  die  An- 
greifer in  den  grossen  Irrtum,  dass  sie  andre 
feheime  Gesellschaften,  die  sich  in  der 
'reimaurerei  ähnliche  Formen  zu  hüllen 
wussten,  z.B.diellluminaten,  dieCarbonari, 
als  freimaurerische  betrachteten  oder  das, 
was  einzelne  Maurer  thaten,  der  Allgemein- 
heit aufbürdeten.  Unsre  mildesten  und 
dabei  gewichtigsten  Gegner  waren  und  sind 
die,  welche  die  Freimaurerei  als  eine  über- 
flüssige, an  und  für  sich  bedeutungslose, 
§  leichgültige  Sache  betrachten.  Dass 
er  Bund  in  verschiednen  seiner  Erschei- 
nungen Handhaben  zu  solchen  Angriffen 
geboten  hat,  ist  nicht  zu  leugnen;  aber 
deshalb  müssen  die  jetzigen  Mitglieder 
auch  eifrigst  bestrebt  sein,  alles  das  aus 
den  verschiednen  Gebräuchen  zu  entfernen, 
was  einer  falschen  Deutung  und  einer 
Übeln  Auslegung  fähig  ist.  Dass  gegen 
diese  schriftstellerischen  Angriffe  eine  voll- 
ständige, erfolgreiche  Verteidigung  nicht 
zu  führen  ist,  liegt  in  der  Natur  der  Sache; 
denn  teils  müssten  die  Verteidiger  nach'> 
weisen,  wo  ein  Irrtum  und  eine  VerflÜ- 
schung  der  Gebräuche  stattfinde,  waa 
ohne  Kenntnis  aller  nicht  möglich  ist, 
teils  über  das  Ganze  der  Verbindung  in 
allen  Lehrarten  und  Abzweigungen  den 
freiesten  Überblick  haben,  um  zeigen  zu 
können,  was  jenen  nur  einseitig  aufge- 
pfropft und  was  wirklich  ihr  innerster  Kern 
ist.  Aus  diesem  Grunde  sind  selbst  in  den 
besten  Verteidigungen  und  Schutzschriften 
des  Bundes  Mängel  zu  entdecken,  die  nicht 
zu  beseitigen  sind.  —  Alle  einzelnen 
Schriften    aufzuzählen,    ist   nicht   nötig* 

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87 


1821  zog  Prof.  Steffens,  ein  Mann  von  An- 
sehen, mit  herausfordernder  Keckheit 
(»Karrikaturen  des  Heiligsten«)  gegen  den 
Bund  zu  Felde,  was  ungeheures  Aufsehen 
erregte,  dann  die  1824  zu  Leipzig  erschie- 
nene Schrift:  »Sechs  Stimmen  (d.  i.  Stuve, 
E.  M.  Arndt,  Knigge,  Steffens,  J.  F.  Meier 
und  Fessler)  über  geheime  Gesellschaften 
und  Freimaurerei«,  die  alle  Angriffe  und 
Gesichtspunkte  feststellt,  die  gegen  den 
Bund  sprechen.  Die  Hauptentgegnungen 
wurden  damals  von  Grävell,  Wankel, 
Eössler  und  Weiss  gegeben,  und  die  An- 
griffe schienen  bis  auf  die  in  den  »Hbtorisch- 
politischen  Blftttem«  und  dem  »Bayrischen 
Volksboten«  enthaltenen  abgewiesen.  Stef- 
fens schwieg  fortan.  Die  Schriften  aus 
der  2ieit  bis  1848  sehe  man  bei  KIobs  und 
Taute  nach.  Bis  1848  schien  der  Frei- 
maurerbund in  ruhigem  Besitz  seiner  Ge- 
bräuche zu  bleiben.  Von  dieser  Zeit 
an  aber  sind  die  Angriffe  öfters  wiederholt 
worden,  teils  in  Zeitschriften  verschiedner 
Färbung,  je  nach  den  Parteischattierungen, 
teils  in  eignen  Schriften.  Dass  in  den 
maurerischen  Zeitschriften  derV erteidigung 
von  jeher  ein  grosses  Feld  gewidmet  war, 
versteht  sich  von  selbst,  sowie  auch,  dass 
einzelne  Gegenschriften  entstanden  sind. 
In  neuerer  Zeit  scheint  man,  in  Deutsch- 
land wenigstens,  statt  Verteidigungs- 
schriften zu  schreiben,  vorzuziehen,  das 
grössere  Publikum  mit  dem  Geist  des  Frei- 
maurerbundes bekannt  und  dadurch  die 
Schutzschriften  unnötig  zu  machen.  S.  »Der 
Freimaurerorden  in  seiner  gegenwärtigen 
Nichtigkeit  dargestellt«  (Lpz.  1847).  — 
Schletter,  »Der  Freimaurerbund  in  seiner 
gegenwärtigen  Bedeutung  dargestellt« 
(Lpz.  1848).  Entgegnung  der  vorherigen 
Sdburift.  —  »Der  Freimaurerorden  in  seiner 
gegenwärtigenBedeutung,Beleuchtung  etc. « 
(Magdeburg  1848).  —  »Ein  zweites  Wort 
in  der  Logenfrage.  Vom  Verfasser  der 
Schrift:  Der  Freimaurerorden  in  seiner 
Nichtigkeit  dargestellt«  (Lpz.  1848).  — 
Advokat  E.  E.  Eckert  (s.  d.)  litt  an  der 
fixen  Idee  der  Verderblichkeit  des  Frei- 
maurerbundes, den  er  durch  eine  Reihe 
von  Schriften,  die  unter  seinem  Namen 
näher  verzeichnet  sind,  zu  vertilgen  suchte. 
Da  man  Eckert  schon  kannte,  so  unterliess 
man  die  Entgegnungen,  doch  erschien  1852 
in  Leipzig:  »Die  Freimaurer  und  ihre 
Stellung  zur  Gegenwart.  Offene  Enthüllung 
der  Geschichte  und  Zwecke  des  Freimaurer- 
ordens, nebst  einer  Abwehr  der  jüngsten 
Anmffe  des  Advokaten  E.  E.  Eckert«; 
auch  kann  man  in  gewissem  Sinne  die 
Schrift  von  Voigts:  »Die  Kunst  der  Frei- 
maurerei im  Lichte  von  Fürstenstimmen 
und  im  Urtheil  grosser  und  edler  Männer« 
(Hann.  1858)  als  eine  Entgegnung  an- 
sehen. Das  weitere  über  die  Angriffe 
Eckerts  s.  unter  Sachsen.  —  Viel  ernst- 
licher waren  die  Angriffe  des  berühm- 
ten  Theologen   Hengstenberg   (s.   d.)    in 


Berlin  gemeint,  der  in  seiner  Evangelischen 
Kirchenzeitung  sowohl,  als  in  einzelneu 
(bei  seinem  Namen  näher  aufgeführten) 
Schriften  gegen  den  Bund  auftrat  und 
hauptsächlich  darauf  sein  Augenmerk  rich- 
tete, die  Geistlichen  aus  dem  Bunde  zu 
entiemen.  Die  dagegen  erschienenen  Schrif- 
ten aus  dem  Kreise  des  Freimaurerbundes 
s.  unter  Hengstanberg.  »  Neben  Eckert 
und  Hengstenberg  liess  sich  noch  1856  der 
Generalsuperintendent  Möller  fs.  d.)  in 
Magdeburg  in  einem  Hirtenbrieie  verneh- 
men, ^egen  den  acht  Magdeburger  Brüder- 
Geistliche  auftraten:  »Antwort  der  acht 
Magdeburger  Br.-Geistlichen  auf  den  Hir- 
tenbrief des  Generalsuperintendenten  Dr. 
Möller«  (Magdeburg  1856  —  beides  abge- 
druckt in  der  vorigen  Auflage  dieses 
Handbuchs  H,  831  fg.).  Unter  dem  Schilde 
eines  ehemaligen  Logenbeamten  erschien 
die  Schrift:  »Die  Gegenwart  und  Zukunft 
der  Freimaurerei  in  Deutschland.  Offener 
Brief  zur  Warnung  und  Bettung«  (Lpz. 
1854),  die  nur  scheinbar  für  den  Buna  ge- 
schrieben ist.  [S.  Kelloz  in  der  FZ.  1854, 
Nr.  21  fg.,  47.]  Als  getreue  Knappen 
Eckerts  erschienen  die  Schriften:  (von 
Briesen)  »Der  Freimaurerorden  und  sein 
Einfluss  auf  die  Rechtspflege«  (Döbeln 
1860),  und  von  einem  frommen  Anonymus: 
»Betrachtungen  eines  evangelischen 
Christen«  (Hmbg.  1860).  Gegen  diese 
Schriften  erschienen  für  die  Freimaurerei 
sprechend :  1)  »Kirche,  Duell,  Freimaurerei, 
nebst  einem  Anhange:  Über  Wohlthätig- 
keit.  Ein  wahres  Wort  auf  die  Angriffe 
gegen  Duell  und  Freimaurerei«  (Brl. 
1858);  2)  R.  Seydel,  »Reden  über  Frei- 
maurerei an  denkende  Nichtfreimaurer« 
(Lpz.  1859;  2.  Aufl.  1860);  3)  Dr.  Pilz, 
»Das  Heiligtum  der  Maurerei.  Gespräche 
über  die  Vorurteile  gegen  den  maurerischen 
Bund,  über  die  Wirksamkeit  und  den  Segen 
desselben«  (Lpz.  1860).  Eine  gegnerische 
Schrift,  wenn  auch  sehr  wohlwollend,  ist 
von  G.  F.  Schlatter:  »Hat  der  Freimaurer- 
orden heute  noch  eine  zeitgemässe  Bedeu- 
tung? Ein  Votum«  (Msumheim  1861). 
Dieser  schriftstellerische  Kampf,  den  ausser 
den  ultramontanen  und  orthodoxen  Jour- 
nalen auch  die  Blätter  der  äussersten  Lin- 
ken gegen  den  Bund  in  Deutschland  füh- 
ren, hat  mehr  oder  weniger  auch  in  an- 
dern Ländern  seinen  Widerhall  gefunden; 
so  z.  B.  ward  in  Luzem  1853  die  Frage 
aufgeworfen:  »Was  ist  von  der  Freimau- 
rerei zu  halten?«  und  von  A.  G.  zur  ernsten 
Prüfung  vorgelegt,  worauf  J.  J.  Hottinger 
(s.  d.)  näig  und  würdig  antwortete :  »Vortrag 
über  Systemverhältnisse  und  die  Angriffe 
auf  die  Maurerei«  (St.  Ghdlen  1854).  Li 
Belgien  warf  sich  der  Kampf  mehr  auf  das 
praktische  Feld;  aus  Holland  und  Frank- 
reich wissen  wir  nichts  weiter,  als  dass 
nur  die  Geistlichkeit  dem  Bunde  abhold 
ist,  was  sogar  in  Schweden  der  Fall  ist. 
In  England  wurde  in  den  litterarischen 
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8 


Journalen  Athenaeum.  Critic,  Saturday 
review  der  Freimaureround  seines  unkri- 
tischen Sinnes  halber  angegriffen,  doch 
Schriften  wie  die  M.  C.  Tre'villians,  »Letter 
on  the  antichristian  character  of  Free- 
masonry«  (London  1849),  gehören  zu  den 
Seltenheiten.  Li  Nordamerika  hatte  sich 
nach  der  angeblichen  Ermordung  Morgans 
(s.  d.)  wegen  der  Herausgabe  seiner  «H- 
lustrations  on  Masonry«  1827  eine  heftige 
Strömung  gegen  den  Freimaurerbund  ge- 
bildet [vgl.  H.  Brown,  Narrative  of  the 
antimasonical  excitement  in  the  western 
part  of  the  State  of  New  York  1826,  1827, 
1828,  1829  (Batavia  1829);  Convention  of 
delegates  opposed  to  Masonry  at  Le  Roy 
(1828);  Procedings  of  a  Convention  of  dele- 
gates of  New  York  at  Albany,  opposed  to 
Freemasonry,  Februar  1829  (Rochester  1829) ; 
Massachusetts  Antimasonic  Convention 
1830)],  die  durch  Beimischung  kirch- 
icher  Eiferer  an  Ausdehnung  gewann  [vgl. 
J.  G.  Stearns,  Dialogue  on  means  of  se- 
parating  masonry  from  the  church  of  Ohrist 
(ütica  1828);  derselbe,  Liquiry  into  the 
nature  and  tendency  of  speculative  Free- 
masonry (Utica  1829)],  so  dass  Verteidigungs- 
schriften wie  Luther  Pratts  «Defence  of 
Freemasonry«  (Troy  1828)  nichts  halfen 
und  man  gezwungen  war.  Maurerei  und 
Gegenmaurerei  in  Schriften  zusammenzu- 
stellen [W.  L.  Stone,  Letters  on  masonry 
and  antimasonry  (New  York  1832).  Manual 
of  Masonry  and  Antimasonry  (Louisville 
o.  J.).  J.  Penkin,  Downfall  of  Masonry 
being  an  authentic  history  of  Antimasonry 
(o.  O.  1838).  Creigh,  Masonry  and  Anti- 
masonry (Philadelphia  1854)]  und  so  den 
Sturm  austoben  zu  lassen,  den  1854  nur 
die  Kirchenmänner  in  Ohio  vergeblich 
wieder  anzufachen  suchten.  Diese  ganze 
antlfreimaurerische  Litteratur  ist  in  einer 
besondern  Schrift :  Oatalogue  of  antimasonic 
books  (Boston  1862)  verzeichnet.  (S.  Anti- 
maurer.)  Nach  Eintritt  der  reaktionären 
Strömung  in  den  50  er  Jahren  begann  der 
Kampf  in  Deutschland  von  neuem.  Zunächst 
vom  Bischof  Ketteier  (s.  d.)  in  Mainz  (Frei- 
heit, Autorität  und  Kirche,  Mainz  1862), 
den  Seydel  in  «Katholicismus  und  Frei- 
maurerei« (Lpz.  1862)  widerlegte,  worauf 
Ketteier  in  der  Schrift  «Kann  ein  gläu- 
biger Christ  Freimaurer  sein?«  (Mainz  1864) 
antwortete  und  Seydel  kurz  entgegnete; 
dann  von  Alban  Stolz  (s.  d.)  in  «Mörtel 
für  die  Freimaurer«  (1861),  »Akazienzweig 
für  die  Freimaurer«  (1862),  widerlegt  von 
J.  Venedey  (s.  d.)  «Danksdbreiben«  u.  s.  w. 
(1892);  von  G.  F.  Daumer  (s.  d.)  in  der  Zeitr 
Schrift  >  Aus  der  Mansarde«  (1863J,  die  bereits 
wie  Eckerts  Bücher,  an  Wahnsinn  streifte; 
von  Bischof  Dupanloup  in  Orleans,  den 
Caubet  und  Conrad  zurechtwiesen.  — 
Besonders  gegen  die  Christlichkeit  der 
Hchwedischen  Lehrart  (s.  d.)  wendete  sich 
Professor  Nielsen  (s.  d.)  in  Kopenhagen 
mit   seiner    Streitschrift    »Freimaurertum 


und  Christentum«  (1882),  worauf  u.  a.  der 
Archidiakonus  G.  A.  Schiffmann  (s.  d.)  ant- 
wortete mit  einem  «Offenen  Brief«  (1883). 
Von  einigen  minder  wichtigen  A.  abge- 
sehen, erschien  von  dem  orthodoxen 
V.  Oertzen :  «Was  treiben  die  Freimaurer? 
Wegweiser«  (1881);  Baumgarten  (Jesuit) 
»Das  Rundschreiben  des  hl.  Vaters  Leo  XIIL 
gegen  die  Freimaurer«  (1884),  Beuren,  «Die 
innere  Unwahrheit  der  Freimaurerei«  (1884). 
Dagegen:  Findel,  »Die  Papstkirche  und  die 
Freimaurer.  Antwort  auf  die  päpstliche  En- 
cyklika«  (1884);  »Die  schweizerischen  Frei- 
maurer an  ihre  Mitbürger«  (1885).  Auch 
später  erschienen  einige  kleine  Gegen- 
schriften. —  Nun  begann  unter  Anlehnung 
an  die  Encyklika  »Humanum  genus«  ein 
Hauptstreich  gegen  den  Bund,  der  indessen 
statt  dessen  beabsichtigter  Vernichtung 
eine  empfindliche  Niederlage  seiner  Gegner 
brachte.  Hand  in  Hand  mit  Taxil  (s.  d.). 
an  dessen  Bekehrung  man  glaubte  una 
dessen  von  Frömmigkeit  triefende  Redens- 
arten man  ernst  nahm,  betrieben  in  Deutsch- 
land der  Jesuit  Hildebr.  Gruber  (Gerber), 
in  Frankreich  der  Bischof  Fava  u.  a.,  in 
Italien  mehrere  Kardinäle  und  die  Jesuiten- 
presse, von  Amerika  und  Holland  ganz  ab- 
zusehen, die  Vorbereitungen  zu  einem  inter- 
nationalen Sturm  gegen  die  Freimaurer, 
von  dem  man  sich  (Ewald)  gleichen  Erfolg 
versprach,  wie  in  Amerika  von  der  Morgan- 
fabel,  da  die  schwindelhaften  Ausstreu- 
ungen Taxils  (Teufelskultus,  Hostien- 
schändung, Bund  mitCrispi  und  Mazzini, 
Palladismus)  willkommner  Hetzstoff  zu 
bieten  schienen.  Taxils  Buch:  »Drei 
Punkte-Brüder«  (1890)  folgten  auf  dem 
Fusse  Gerbers  (Gruber)  »Schwindler  und 
Beschwindelte«  (1891),  Taxils  »Der 
Meuchelmord  in  der  Freimaurerei«  (1891), 
Gerbers  »Die  Freimaurerei  und  die  öffent- 
liche Ordnung«  (1893).  Inzwischen  war 
in  den  »Memoiren  einer  Ex-PiJladistin« 
(Miss  Vaughan)  die  Einberufung  eines 
internationalen  Kongresses  angeregt  wor- 
den, eine  Idee,  die  von  den  Klerikalen 
aller  Länder  um  so  mehr  mit  Energie  ver- 
folgt wurde,  als  Taxil  eine  Audienz  beim 
Papste  gehabt,  Leo  XIIL  der  apokryphen 
Miss  Vaughan  seinen  Segen  gespendet  und 
die  Zahl  der  Streiter  unter  Taxils  Banner 
riesenhaft  anwuchs.  Einen  Verstoss  machte 
das  Erscheinen  von  Marghiottas  »Die  zen- 
trale Leitung  der  Freimaurer  und  ihr  der- 
maliges  Oberhaupt«  (1896,  angeblich  Adr. 
Lemmi  in  Rom),  eine  Schrift,  der  Findeis 
epochemachende  Broschüre:  »Katholischer 
Schwindel.  Wider  Marghiotta  u.  A.«  (1896) 
auf  dem  Fusse  folgte,  worin  »Fuder  von 
Lügen«  in  jener  nachgewiesen  und  der 
PaUadismus  nebst  Miss  Vaughan  als  Er-« 
findungen  hingestellt  sind.  Die  erste  und 
zweite  Auflage  wurde  von  der  klerikalen 
Presse  totgeschwiegen,  aber  nach  &schei- 
nen  der  dritten  erschien  zunächst  eine 
Warnung  vor  diesen  Erfindimgen  in  der 
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Anhalt. 


»Gennania«.  die  sie  noch  Ende  1895 
gläubig  aucn  auf  deutschen  Boden  über- 
tragen hatte,  dann  eine  Eeihe  Ent- 
hüOungsartikel  in  der  »Kölnischen  Volks- 
zeitung« von  Gruber,  deren  erster  sofort 
auf  Findels  Beweise  Bezug  nahm  und 
dessen  Bezeichnung  »Schwindel«  annahm. 
Trotzdem  nahm  die  angezettelte  antimau- 
rerische  Bewegung  ihren  Lauf,  so  dass  der 
Trienter  Antimaurerkongress  (s.  d.)  unter 
zahlreicher  Teilnahme  von  Laien  und 
Eirchenf&rsten  mit  Entfaltung  grossen 
Pompes  tagen  konnte.  Der  Tagesordnung 
war  vorgearbeitet  durch  gedruckte  Be- 
richte. Einen  solchen  erstattete  Ewald  in 
seinem  »Elleinen  Handbuch  der  Freimau- 
rerei« (1896),  nachdem  derselbe  Verfasser 
kurz  zuvor  vier  Gegenschriften  heraus- 
gegeben hatte,  darunter  eine  »Antwort  auf 
den  offenen  Brief  A.V.  Reinhardts«.  Die  Mähr 
vom  Teufel  Bitru  und  die  Enthüllungen 
Gerbers  beschäftigten  die  gesamte  politi- 
sche Presse;  dazu  kamen  sodann  noch  zwei 
Schriften  Findels:  »Die  G^ermania  und  der 
Gockelhahn  des  Teufels  Bitru«  (2.  Aufl. 
1896)  und  »Die  katholische  Klerisei  auf 
der  Leimruthe«  (1897).  Die  Blosstellung 
der  katholischen  Kirche  war  eine  kolossale; 
Taxil  selbst  drückte  ihr  das  Siegel  auf, 
indem  er  in  einer  öffentlichen  Versamm- 
lung in  Paris  zum  Schrecken  seiner  immer 
noch  gläubigen  Zuhörer  gestand,  dass  er  eine 
Probe  auf  die  Leichtgläubigkeit  gemacht 
habe,  weil  »die  Dummheit  der  Menschen 
grenzenlos«,  dass  er  alles  »frei  aus  dem 
SCandgelenk  erfunden«  und  dass  er  den 
Katholizismus  mystifiziert  habe.  Weitere 
Nachweise  über  diese  Vorgänge  im  ein- 
zelnen findet  man  in:  Kuntzemüller,  »Die 
Freimaurerei  und  ihre  Gegner«  (1897),  so- 
wie in  den  Schriften  der  Protestanten 
Bräunlich  und  Ricks  (1897),  denen  sich 
Gruber  anschliesst  in  »Taxils  Palladismus- 
Roman«  (1897),  »Betrug  als  Ende  eines 
Betrugs«,  welche  letztere  Broschüre  den 
Spies  von  neuem  gegen  die  Freimaurer 
kehrt  gleich  der  neuesten  »Die  Einigun^- 
bestrebungen  und  innem  Kämpfe  in  der 
deutschen  Freimaurerei«  (1898).  Einen 
gewaltigen  Anlauf,  aber  ohne  jeden  Er- 
folg, nahmen  die  Gegner  in  Österreich 
durch  Veranstaltung  eines  Cyklus  von 
zwölf  Vorträgen,  die  dann  in  pompöser 
Ausstattung  in  der  Schrift  »Die  Freimau- 
rerei in  Österreich -Ungarn«  (1897)  er- 
schienen. Im  November  1898  erschien  im 
Verlag  von  Abt  in  München  eine  Bro- 
schüre über  den  Kulturkampf  als  erste 
Lieferung  eines  »Allgemeinen  Handbuchs 
der  Freimaurerei«  (12  Liefgn.).  Der  Kampf 
wurde  also  fortgesetzt,  wenn  auch  ge- 
mässigter und  objektiver,  als  früher.  Von 
Pfarrer  Schwarz  in  Bottenbach  (Württem- 
berg) wird  seit  1898  eine  antifreimaure- 
rische  Zeitschrift  herausgegeben,  und  ver- 
schiedner  Orten  bildeten  sich  antifrei- 
maurerische    Vereine,    von    denen    einer 


23.  Sept.  1895  öffentlich  eine  Fahne  ein- 
weihte [vgl.  O.  1895,  S.  318].  Man  hat 
aber  nichts  wieder  von  ihnen  vernommen, 
so  dafls  man  wohl  ihren  Eingang  annehmen 
kann.  Eine  besondere  Art  von  A.  ist  die 
öffentliche  Namhaftmachung  von  Logen- 
mitgHederverzeichnissen,  bez.  einzehier, 
namentlich  katholischer  Mitglieder,  seitens 
der  Klerikalen,  sowie  die  Verbreitung 
unwahrer  Thatsachen.  Mit  ersterer  wifl 
man  den  betreffenden  Personen  Ungelegen- 
heiten  und  materielle  Nachteile  in  il^em 
Geschäft  und  Beruf  bereiten,  mit  letzterer 
fordert  man  nur  eventuelle  gerichtliche 
Verfolgung  heraus,  die  man  auch,  wo  sie 
angebracht  ist,  ruhig  eintreten  lassen  mag. 
Im  allgemeinen  kann  man  sagen,  dsas 
der  Freimaurerbund  sich  gegen  alle  A. 
nicht  sonderlich  gewehrt  hat.  Sie  haben 
ihm  nichts  geschadet,  weil  sie  teils  aus 
bösem  Willen,  teils  aus  Verblendung  her- 
vorgegangen sind,  zumeist  aber  grobe  Un- 
kenntnis der  Verhältnisse  an  den  Tag 
legen  und  unwahre  Behauptungen  au^ 
stellen,  die  aus  missverstandnen  oder  ab- 
sichtlich verdrehten  Stellen  maurerischer 
Schriften  geschöpft  sind.  Man  hält  sich 
in  der  Hauptsache  an  veraltete  Einrich- 
tungen des  Bundes,  die  nicht  mehr  be- 
stehen, vermengt  mit  diesem  andre,  dem 
Freimaurerbunde  nachgebildete  geheime 
Gesellschaften,  zieht  namentlich  Stoff 
aus  den,  von  der  Allgemeinheit  gemiss- 
billigten  Hoch^den  und  erfindet,  wo 
nichts  zu  sagen  ist.  Zugegeben  mag  wer- 
den, dass  hier  und  da  Dinge  vorgekommen 
sind,  die  Tadel  verdienen;  sie  werden  aber 
auch  von  den  Freimaurern  nicht  gebilligt 
und  zurückgewiesen,  andernfalls  sind  die 
Vorwürfe  der  Unterminierung  von  Thron 
und  Altar  ebenso  widersinnig,  als  die 
der  Unterdrückung  der  Kirche  oder  Kon- 
fessionen. Eben  weil  alle  diese  Anschul- 
digungen durchaus  grundlos  sind,  prallen 
sie  an  dem  festen  Schild  des  Freimaurer- 
bundes ab,  und  die  mhige  Haltung,  die 
er  allen  diesen  A.  gegenüber  beobachtet, 
steht  ihm  besser  an,  iQs  diese  seinen  Geg- 
nern. Es  ist  der  alte,  nie  endende  Kampf 
der  Finsternis  gegen  das  Licht.  Alle  Ent- 
gegnungen sind  zwecklos,  weil  die  Gegner 
nicht  belehrt  sein  wollen.  [Vgl.  Mitthei- 
lungen a.  d.  Verein  deutscher  Freimaurer 
1897/98,  S.  65.  Smitt,  Katechismus  der 
Freimaurerei  (2.  Aufl.,  Lpz.  1899),  S.  76.] 

Anhalt  (Herzogtum).  Die  Freimaurerei 
ist  hier  stets  geduldet  gewesen.  Schon 
1783  entstand  in  Zerbst  (s.  d.)  eine  Loge, 
1818  ist  eine  in  Bemburg  (s.  d.),  1875  eine 
in  Dessau  (s.  d.)  und  1879  eine  in  Köthen 
(s.  d.)  gestiftet  worden.  Letztere  arbeitet 
nach  dem  System  von  Royal  York,  die 
drei  erstem  arbeiten  nach  dem  der  Grossen 
National-Mutterloge  Zu  den  drei  Welt- 
kugeln. Mit  diesen  ist  zugleich  je  eine 
Altschottische  Delegation  verbunden. 

Anhalt  Fürstenhaus).     Aus    diesem 

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40 


Anhaltender  —  Anreden. 


Fürstenhaus  sind  drei  Mitglieder  Freimaurer 
gewesen.  I.  Aus  dem  Hause  A.-Bernburg 
wurde  Prinz  Friedrich  Franz,  Sohn  des 
Prinzen  Franz  Adolf,  geb.  1.  März  1769, 
am  28.  Aug.  1790  in  der  Loge  Zur  Einigkeit 
in  Frankfurt  a.  M.  in  den  Bund  aufge- 
nommen. IL  Haus  A.-E  ö  t  h  e  n.  1)  Fried- 
rich Ferdinand,  seit  1798  Fürst  von 
A.-Köthen-Ple8s,  seit  16.  Dez.  1818  Herzog 
von  A.-Köthen,  Sohn  des  Fürsten  Fried- 
rich Erdmann,  geb.  25.  Juni  1769,  gest. 
23.  Aug.  1830,  der  mit  seiner  Gemahlin 
in  Paris  katholisch  wurde  und  die  Barm- 
herzigen Brüder  und  die  Jesuiten  in  Eöthen 
einführte,  trat  10.  April  1789  in  der  Loge 
Zur  Säule  in  Breslau  dem  Bunde  bei 
und  war  1796—97  Redner,  1799  bis  1800 
zugeordneter  und  1800  bis  1802  Meister 
vom  Stuhl  dieser  Loge.  1802  trat  er  als 
Mitglied  aus  und  wurde  als  Ehrenmit- 
glied weitergefahrt.  2)  Heinrich,  seit 
1818  Fürst  von  A.-Köthen-Pless,  seit  1830 
Herzog  von  A.-Köthen,  Bruder  des  Vo- 
rigen, geb.  80.  Juli  1778,  gest.  16.  Nov. 
1847,  wurde  Freimaurer  9.  Febr.  1803  in 
der  Loge  Friedrich  zum  goldnen  Zepter 
in  Breslau.  1806  war  er  zweiter  Vorsteher 
dieser  Loge. 

Anhaltender  wird  in  dem  System  der 
Grossen  Landesloge  zu  Berlin  der  Auf- 
nahmesuchende in  einem  gewissen  Stadium 
der  Aufnahme  genannt. 

Anhalttseher  Freimaiirer-Sterbekagsen« 
Verein,  s.  Sterbekassen. 

Anker,  Orden  vom  (Ordre  de  Pancre), 
ging  1745  aus  dem  Ordre  de  la  f^licitä 
(s.  VMoitki)  hervor  und  war  gleich  diesem, 
von  dem  er  sich  nur  durch  die  veränder- 
ten Erkennungsworte  unterschied,  einer 
der  mehrfach  um  jene  Zeit  in  Frankreich 
vorkommenden  Versuche,  Männer  und 
Frauen  in  logenähnlichen  Versammlungen 
zu  vereinigen.  [Vgl.  Motif  de  la  cr^ation 
de  Tordre  des  Chevaliers  de  Tanere  (Paris 
1745).] 

Ankl^m  (St.  in  der  preuss.  Prov.  Pom- 
mern, 13560  E.).  Logen  das.  unter  der 
Grossen  National-Mutterloge  Zu  den  drei 
Weltkugeln:  1)  Julius  zu  den  drei 
empfindsamen  Herzen,  gegr.  20.  März 
1776,  eingew.  12.  April  dess.  J.,  gehörte  nach 
Bodos  Almanach  vom  J.  1779  zur  strikten 
Observanz.  Die  Loge  zahlt:  a)  Helfritz- 
Stiftung:  30  M.  jährlich  für  Bücherprämien 
an  das  Gymnasium,  seit  1848;  b)  Loesewitz- 
Stiftung:  80  M.  jährlich  für  Bücherprämien 
an  die  Höhere  Töchterschule,  seit  1894; 
c)  jährlich  72  M.  zur  Einkleidung  armer 
Konfirmanden.  Mitgliederzahl  (1899):  63. 
Vers,  in  der  Regel  Mittwochs.  2)  Dele- 
gierte altschottische  Loge  das. :  Isis,  gegr. 
unter  dem  Namen  Friderica  Augusta 
17.  März  1781,  neu  gebildet  11.  Mai  1805, 
nahm  den  jetzigen  Namen  an  22.  Juni 
1822. 

Anklopfen  (das)  geschieht  in  besonders 
bestimmter  und  zugleich  bei  verschiednen 


Gelegenheiten  in  verschiedner  Weise,  um 
sich  schon  vor  dem  Eintritt  zu  erkennen 
zu  geben.  Auch  ist  das  verschiedne 
Klopfen  ein  Zeichen  der  verschiednen  Grade. 
[Vgl.  FZ.  1860,  S.  369.] 

Anmelden.  1)  Eine  symbolische  Handlung 
bei  der  Aufiiahme  (s.  d.),  die  in  einer  be- 
sondern, von  der  der  Freimaurer  ver- 
schiednen Art  des  Anklopfens  (s.  d.)  be- 
steht; dadurch  deutet  der  Aufzunehmende 
an,  dass  er  ein  Fremdling  sei,  aber  wün- 
sche zu  dem  Bunde  zugelassen  zu  werden. 
2)  Soviel  als:  Vorschlag  zur  Aufnahme  in 
den  Freimaurerbund. 

Annaberg  (St.  im  Königreich  Sachsen, 
15027  E.).  Loge  das.:  Zum  treuen  Bru- 
derherzen, unter  der  Grossen  Landesloge 
von  Sachsen,  eingew.  18.  März  1856  [vgl.  L. 
XIV,  S.  84;  FZ.  1855,  S.  132  fg.],  hat 
eignes  Grundstück.  Mitgliederzahl  (1899) : 
74.  Vers.:  1.  Dienstag  im  Monat;  Klub: 
Freitag;  Ferien:  Juli,  August.  Milde  Stif- 
tung: Lipfertsche  Logenstiftung  für  Er- 
ziehung und  Fortbildung;  Kapital  ca. 
20000  Mark. 

Annahme  (Affiliation)  1)  eines  Frei- 
maurers, die  Handlung,  durch  die  ein 
bereits  dem  Freimaurerbunde  und  somit 
einer  bestimmten  Loge  Angehöriger  nach 
erlangter  Entlassung  von  letzterer  (s.  Bnt- 
lasBtmgSBohein)  in  eine  andre  Loge  als 
deren  wirkliches  Mitglied  aufgenommen 
wird.  Sie  kommt  hauptsächlich  bei  Wohn- 
sitzänderungen  vor  und  ist  meistenteils 
in  gleicher  Weise  wie  die  Aufnahme  von 
dem  Ergebnis  einer  Abstimmung  (Kuge- 
lung,  s.  d.)  abhängig.  Die  früher  verlan|^ 
ehrenvolle  Entlassung  aus  der  Loge  wird 
in  Deutschland  nicht  mehr  beansprucht. 
Der  Deutsche  Grosslogenbund  hat  über 
die  Annahme  ein  besonderes  Gesetz  v. 
J.  1890  erlassen.  Bei  Annahme  von  Mit- 
gliedern ausserdeutscher  Logen  befi^ügt 
man  sich  auch  mit  einem  Mitgliedschafts- 
zeugnis. Nach  Beschluss  des  Deutschen 
Grosslogenbundes  vom  1.  Juni  1879  sollen 
die  Gebühren  bei  der  Annahme  wegfallen. 
Das  kann  sich  aber  nur  so  weit  erstrecken, 
als  kein  besonderes  Einkaufsgeld  in  die 
Loge  oder  mit  dieser  verbundnen  An- 
stalten, wie  Sterbe-  und  Witwenkassen,  zu 
bezahlen  ist,  ebenso  sind  die  Kosten  für 
Bekleidung  u.  s.  w.  nicht  ausgeschlossen. 
Der  Angenommene  tritt  in  die  Itechte  und 
Pflichten  seines  Grads  in  der  neuen  Loge. 

E7gL  R.  Fischer,  Entwurf  zu  einem  Hand- 
uch  für  die  Amtsthätigkeit  des  Logen- 
meisters  (Lpz.  1891)  S.  20].  Ausgeschlossne 
Brüder  können  nicht  angenommen  werden. 
[Vgl.  Bh.  1877,  S.377].  Vorschläge  zu  einem 
Annahme-Ritual:  FZ.  1879,  S.  206.  2)  Die 
Anschliessung  einer  schon  bestehenden 
Loge  an  einen  andern  Logenbund,  als 
welchem  sie  zur  Zeit  angehörte,  setzt  die 
Entlassung  aus  letzterm  voraus. 

Anreden  (Titulaturen),  maurerische,  wer- 
den bei  der  maurerischen  Arbeit  und  dem 


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Ansbach  —  Antifreimaurer-Kongress  in  Trient. 


41 


Verkehr  unter  den  Mitgliedern  des  Bundes 
vielfach  angewendet,  yerschieden  nach  den 
Stufen  und  Ämtern,  welche  die  betreffen- 
den Mitglieder  einnehmen.  Diese  A.  meh- 
ren und  steigern  sich  bei  den  hohem 
Graden  und  bezeichnen  zugleich  die  unter- 
scheidenden Abstufungen,  die  man  unter 
gleichgestellten  Brüdern  nicht  erwarten 
sollte.  Krause  wies  zuerst  darauf  hin, 
dass  die  »gebräuchlichen  Titulaturen  und 
ftussem  Auszeichnungen  der  Beamten  und 
Höhergraduierten  c  dem  Kultus  der  Hu- 
manität nicht  entsprächen  [»Hermes«, 
St.  4,  1820,  S.  4],  Die  1846  gestiftete  Loge 
Zur  Verschwisterung  der  Menschheit  in 
Glauchau  führte  zuerst  die  durch  Krause 
ausgesprochne  Meinung  thatsächlich  aus. 
Diesem  Beispiel  sind  in  neuester  Zeit 
mehrere  deutsche  Logen  gefolgt,  so  1867 
eine  der  ältesten  deutschen  Baiüiütten,  die 
Loge  Karl  zur  gekrönten  Säule  in  Braun- 
schweig, die  Loge  Archimedes  zum  ewigen 
Bunde  in  Gera,  die  eklektischen  Logen 
in  Frankfurt  a.  M.  und  Ooncordia  in 
St.  Gallen.  Auch  die  Grossloge  von  Ham- 
burg hat  die  meisten  A.  abgeschafft,  nach- 
dem der  Grossmeistertag  von  1868  die 
Frage  angeregt  hatte,  ob  es  zu  bestätigen 
sei,  dass  die  Maurerei  an  das  Kirchliche 
erinnernde  A.  besitze.  Die  Grosse  Loge 
Royal  York  und  die  Grosse  Loge  Zur 
Sonne  (1899)  haben  ebenfalls  die  A.  be- 
schränkt. Ob  die  A.  in  Deutschland  geist- 
lichen A.  entstammen,  s.  L.  1895,  S.  42. 
Über  Abschaffiing  der  A.  Alpina  1877, 
S.  351.  [Vgl.  Zd.  1838,  S.  21;  Flohr  Ge- 
schichte der  Grossen  Loge  Royal  York 
(1898)  n,  93.  Schauberg,  Symbolik  der 
Freimaurerei  (Schaffh.  1861)  I,  520.1 

A]i8baeh(St.  imKönigr.  Bayern,  15  883  £.). 
L  Logen  (jetzt  geschlossen)  das. :  1)  Loge  Z  u 
den  vereinigten  Freunden;  Stiftung 
und  Schluss  unbekannt.  2)  Loge  Zu  den 
drei  Sternen,  gegr.  17.  Mai  1758,  ruhte 
1766-78,  wurde  1778  vom  Herzog  Ferdi- 
nand von  Braunschweig  (s.  d.)  zur  Direk- 
torialloge in  Franken  diesseits  des  Mains 
unter  dem  Namen  Alexander  zu  den 
drei  Sternen  ernannt  und  stellte  die  Lo- 
gen in  Marktstefb,  Erlangen  und  Nürnberg 
unter  sich,  dann  wieder  nur  Johannisloge, 
als  welche  sie  sich  19.  Nov.  1799  an  die 
Grosse  National -Mutterloge  Zu  den  drei 
Weltkugeln  anschloss,  die  sie  1816  wieder 
verliess.  [Denkmünze  ders.  vom  24.  Febr. 
1759  im  HMW.  Nr.  40  3)  Delegirte  alt- 
schottische Loge  Zu  den  drei  Sternen, 
24.  Dez.  1799  an  dieselbe  Grossloge  an- 
geschlossen, 1816  wieder  abgegangen. 
4)  Provinzialloge  von  Franken:  Anachar- 
sis  zum  erhabenen  Zweck,  12.  April, 
mit  Urkunde  vom  18.  Juli  1807  von  der- 
selben Grossloge  errichtet,  Zwischenbehörde 
für  die  Tochterlogen  in  Bayern;  unter  ihr 
standen  die  Logen  zu  Erlangen,  Ansbach, 
Markt-Rentweinsdorf,  Pappecäieim,  Heidel- 
berg und  Heilbronn.  1814hörte  die  Thätig- 


keit  der  Provinzialloge  auf.  H.  Ein  Kränz- 
chen Alexander  zu  den  drei  Sternen 
wurde  15.  Okt.  1878  unter  der  Loge  Liba- 
non zu  den  drei  Cedem  in  Erlangen  er- 
richtet, löste  sich  aber  1889  wiedw  auf. 

Ansehüts,  Ernst  Gebh.  Salomo,  geb. 
28.  Okt.  1780  in  Goldlauter  bei  Suhl,  gest. 

18.  Dez.  1861  in  Leipzig,  war  von  1806—49 
Lehrer  an  der  ersten  Bürgerschule  in 
Leipzig  und  von  1809  Mitglied  der  dor- 
tigen Loge  Apollo,  in  der  er  fast  alle 
Ämter  verwaltet  hat.  Von  ihm  erschien: 
»Johannes  am  Jordan«  (Lpz.  1853).  Von 
seinen  maurerischen  Liedern  befinaen  sich 
mehrere  in  dem  Liederbuch  seiner  Lo^, 
mehrere  sind  in  der  Freimaurerzeitung  oder 
im  Sonderdruck  erschienen.  Auch  gab  er 
heraus:  »Vermischte  Gedichte«  (Lpz.  1841). 
[Vgl.  L.  XXI,  S.  140.] 

ADBpaeh,    Jules,    Bürgermeister,    gest. 

19.  Mai  1879,  war  1854,  28  Jahre  alt,  Stadt- 
rat, dann  Schöffe  und  16  Jahre  lang  Bürger- 
meister von  Brüssel,  zugleich  in  hervor- 
ragender Weise  Abgeordneter  im  Parlament, 
in  welcher  Stellung  er  energisch  die  Inter- 
essen der  Hauptstadt  verteidigte  und  für 
das  Wohl  der  arbeitenden  IGassen  eintrat. 
Besondere  Verdienste  erwarb  er  sich  bei 
der  Choleraepidemie  1866.  A.  wurde  25. 
Febr.  1857  in  der  Loge  Les  Amis  Philan- 
tropes  in  Brüssel  zum  Freimaurer  aufge- 
nommen, und  zweimal  während  je  drei 
Jahren  wurde  ihm  die  Leitung  der  Loge 
übertragen.  Ihm  zu  Ehren  wurde  1866 
eine  Denkmünze  geschlagen  [HMW.  Nr. 
268]. 

Antifireimanrer-Koiisrresg  in  Trient. 
Die  Stadt  des  antiprotestantischen  Konzils 
war  zu  dem  von  der  antimaurerischen  Liga 
vorbereiteten  internationalen  Antifrei- 
maurer-Kongress  ausersehen.  Es  fanden 
sich  ausser  den  Laien  und  niedem  Geist- 
lichen 18  Kardinäle  und  viele  Bischöfe 
ein,  mit  ihnen  Leo  Taxil  (s.  d.),  der  eigent- 
liche Veranstalter.  Der  Kongress  wurde 
am  27.  Sept.  1896  mit  einer  feierlichen 
Prozession  eröffnet.  Er  sollte,  wie  es  in 
einem  päpstlichen  Breve  heisst,  das  »Lügen- 
gewebe« der  Sekte  aufdecken,  weil  es  nahe 
liege,  dass  sich  dann  »alle  redlich  Den- 
kenden von  ihrer  Schlechtigkeit  und  Ver- 
ruchtheit voll  Abscheu  abwenden.«  Die 
Arbeiten  waren  besondern  Ausschüssen  zur 
Berichterstattung  zugewiesen  und  zwar 
a)  theoretisches  Studium  des  Antimaurer- 
tums,  b)  praktische  Schlussfolgerungen  zup 
Bekämpfung  desselben.  Die  Detailarbeiteu 
waren  an  vier  Sektionen  verteilt:  1)  Frei- 
maurerisches System,  2)  Freimaurerisches 
Wirken,  3)  Gebetsvereinigungen,  4)  Be- 
kämpfung. Präsident  war  Fürst  Karl 
Löwenstein  (Kleinheubach),  ihm  standen 
14  Vizepräsidenten  aus  verschiednen  Län- 
dern zur  Seite.  Der  Fürstbischof  von 
Trient  hielt  die  Begrüssungsrede.  Von 
1500  Angemeldeten  waren  1200  erschienen. 
Die  vierte  Sektion  beschloss   eine  inter- 


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42 


Antig^  —  Antimaurer. 


nationale  Organisation  mit  einer  Zentral- 
stelle in  Born,  die  indessen  nicht  zu  Stande 
kam.  Die  Verhandlungen  drehten  sich 
vorzugsweise  um  Miss  Vaughan,  die 
Taxil  mit  französischen  und  italienischen 
Klerikalen  warm  verteidigte,  während  der 
Vertreter  des  Erzbischofs  von  Köln,  Dr. 
Gratzfeld,  deren  Enthüllungen  als  einen 
»^ossartigen  Betrug«  bezeichnete,  da  es 
eine  Miss  Vaughan  nicht  gebe  und  die 
^uize  Bewegung  mit  einer  grossartigen 
Blamage  der  Katholiken  und  Antifreimaurer 
zu  enden  drohe.  Als  ein  heftiger  Wider- 
streit der  Ansichten  Taxil  in  die  Enge 
getrieben  und  einer  vorzeitigen  Entlarvung 
ausgesetzt  hatte,  verschwand  er  von  Trient. 
Das  Unternehmen  war  in  seinen  Grund- 
festen erschüttert.  Die  übrigen  Verhand- 
lungen und  Beschlüsse  waren  nunmehr 
ohne  allen  Belang;  sie  liefen  darauf  hin- 
aus, als  praktische  Mittel  zur  Unterdrückung 
der  Freimaurerei  das  Gebet,  die  möglichste 
Entlarvung  der  Sekte  und  die  Boykottie- 
rung der  Freimaurer  zu  empfehlen  [vgl. 
L.  1896,  S.  157,  169].  Als  man  witterte, 
dass  die  Bekehrung  von  Taxil,  Marghiotta 
und  der  Miss  Vaughan  auf  Verstellung 
und  Lüge  beruhe,  sah  man  davon  ab, 
einen  Ausschuss  einzusetzen,  an  den  be- 
kehrte Freimaurer  Auskunft  erteilen  könn- 
ten. Blieb  schon  unmittelbar  der  Erfolg 
des  Kongresses  zweifelhaft,  so  ward  dessen 
Misserfolg  vollends  nach  dem  Bekannt- 
werden der  weitem  Enthüllungen  eine  un- 
bestrittene Thatsache.  Auf  den  Kongress 
wurde  eine  Denkmünze  geprägt  [HMW. 
Nr.  1421.  [Vgl.  den  Artikel  Angriffe,  Bh. 
1896,  S.  353.    FZ.  1896,  S.  882,  337. 

Antliriia  (brit.-westind.  Insel,  eine  der 
kleinen  Antillen).  Die  Freimaurerei  hat 
hier  sehr  frühzeitig  einen  fruchtbaren  Boden 

fefunden.  Schon  1788  stiftete  hier  die 
'rovinzial-Grossloge  von  Boston  eine  Lo^e, 
und  1739  waren  3  englische  Logen  hier 
thätig.  1738  war  auch  schon  von  der 
Grossloge  von  England  far  die  Leeward 
Islands  (Inseln  unterm  Winde)  ein  Pro- 
vinzial-Grossmeister  ernannt  worden.  Eine 
Tochterloge  der  Grossloge  von  Schottland 
wurde  1787  gegründet.  Jetzt  ist  nur  noch 
eine  englische  Loge  hier  thätig,  gegr. 
1843. 

Antimasonisehe  Sodetlt  war  eine  1741 
entstandne  adelige  Gesellschaft,  die  den 
Zweck  hatte,  durch  Ausübung  der  Tugend 
und  Erweisung  wohlthätiger  Werke  dem 
gemeinsamen  Wesen  sich  nützlich  zu 
machen.  Sie  war  der  Freimaurerei  nach- 
gebildet, mit  Ausnahme  der  Grade.  Sie 
hatte  besondere  Erkennungszeichen,  gab 
sich  äusserlich  durch  einen  besondem 
Bing  zu  erkennen,  hatte  eine  besondere 
Kleidung,  nahm  auch  Frauen  auf.  Die 
Sitzungen  fanden  zu  Drage  und  Gottorf 
statt.  Kein  Mitglied  durfte  Freimaurer 
sein.  Die  Statuten  wurden  23.  Febr.  1742 
festgestellt.    Eine  Abschrift  befindet  sich 


im  Archiv  des  Schlosses  zu  Schleiz.  Die 
Dauer  der  Gesellschaft  war  nicht  lange. 
Jedenfalls  hat  sie  1779  nicht  mehr  be- 
standen.   [Vgl.  Br.  L.  1883/84,  S.  49.] 

AnÜmaarer  (Antimasons)  in  Amerika. 
Vor  der  Unabhängigkeitserklärung  der 
englischen  Kolonien  hatten  die  in  diesen 
bestehenden  Freimaurerlogen  nur  sehr 
wenig  die  Aufmerksamkeit  der  Einwohner 
auf  sich  gezogen,  da  ihre  Zahl  gering  und 
das  Volk  zu  sehr  mit  dem  Widerstände 
gegen  die  Regierung  und  der  Organisation 
seiner  sozialen  und  gewerblichen  Verhält- 
nisse beschäftigt  war.  Obwohl  der  Kampf 
der  Kolonien  gegen  das  Mutterland  und 
die  Kevolution  in  Frankreich  ein  und 
demselben  Geiste  entsprungen  waren,  so 
erregten  doch  die  mit  dieser  Hand  in  Hand 

Gehenden  Greuelszenen  den  Abscheu  und 
ie  Besorgnis  der  Amerikaner;  dazu  kam 
die  Furcht  vor  religiöser  Freisinnigkeit 
und  vor  monarchischen  Einrichtungen. 
Schon  als  die  Offiziere  des  amerikanischen 
Heeres,  fast  alle  Freimaurer,  nach  dem 
Friedensschluss  (1783)  den  Orden  der  Cin- 
cinnati  gegründet  hatten,  um  ein  festes 
Band  um  die  zu  schlingen,  die  im  Felde 
Gefahr  und  Not  geteilt,  erhob  sich  eine 
gewaltige  Opposition  gegen  diese  abge- 
schlossne  Gesellschaft  und  ihre  angeblich 
aristokratischen  Prinzipien,  gegen  das 
Ordenswesen  überhaupt,  das  nach  franzö- 
sischem Muster  bald  darauf  im  Maurer- 
bunde zu  bedeutender  Geltung  gelangen 
sollte.  Die  durch  den  Illuminatenorden, 
sowie  durch  die  politischen  EHubs  Frank- 
reichs hervorgerufnen  Angriffe  eines  Ro- 
binson (s.  d.)  und  Barruel  fanden  auch 
in  Amerika  vielfachen  Anklang,  und  die 
Schriften  der  Genannten  wurden  bald  in 
neuen  Ausgaben  und  in  Nachahmungen 
verbreitet.  Auch  später  noch,  besonders 
zur  Zeit  der  Morganverfolgung,  tauchen 
solche  Erzeugnisse  der  Presse  auf.  —  In 
den  Neu-England-Staaten,  in  denen  puri- 
tanische Strenge  allen  freiem  Begnügen 
des  Geistes  ein  Ziel  zu  setzen  suchte, 
fanden  jene  Verleumdungen  viele  dafür 
empfängliche  Gemüter.  Selbst  der  Präsi- 
dent John  Adams  (1797—1801)  geriet  in 
Besorgnis  vor  den  Aufklärern,  so  dass  sich 
die  Grossloge  von  Massachusetts  veranlasst 
sah,  an  ihn  unterm  17.  Juni  1798  ein 
Schreiben  zu  richten,  in  dem  sie  die  Grund- 
sätze des  Maurerbundes  in  Schutz  nahm. 
[Triangel  V,  S.  141.]  Dass  um  jene  Zeit 
eine  Verteidigung  gegen  jene  Angriffe  für 
nötig  erachtet  wurde,  beweisen  u.  a.  auch 
die  in  Prestons  niustrations  of  Masonry 
(1804),  S.  335—354,  enthaltnen  Auszüge  von 
zwei  in  New  Hampshire  gehaltnen  Ileden. 
Die  Unklarheit,  die  damals  vielfach  unter 
den  Maurern  selbst  über  Zweck,  Wesen 
und  Geschichte  der  Brüderschaft  herrschte, 
Hess  auch  den  kühnen  Verteidiger  der 
Menschenrechte,  Thomas  Payne  [On  the 
origin  of  Freemasonry  (New  York  1810)], 
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Antiquity  —  Anüseimtismus. 


43 


sich  in  völlig  unrichtigen  Ansichten  über 
diese  ergehen.  Ein  Teil  der  Geistlichkeit, 
dem  es  hier  und  da  an  passendem  Stoff 
zur  Behandlung  fehlen  mochte,  bemäch- 
tigte sich  jener  Erzeugnisse,  um  auf  sie 
g^ützt  Verdammungsurteile  gegen  die 
Freimaurer  zu  schleudern;  andre  Geist- 
liche, die  Freimaurer  waren,  wurden  von 
ihren  Gemeinden  mehr  oder  weniger  be- 
drängt. [Vgl.  Creigh,  Masonry  and  Anti- 
masonry  TPhiladelphia  1854).]  Einzelne 
Klagen  über  Vorurteile,  die  im  Volke 
gegen  den  Bund  bestanden,  finden  sich 
zerstreut  in  den  damaligen  Verhandlungen 
der  Grosslogen  und  in  andern  maurerischen 
Schriften.  Ein  bedeutenderer,  organisierter 
Widerstand  soll  sich  1819  in  dem  Literary 
and  theological  seminary  in  Hamilton, 
New  York,  gezeigt  haben.  Stearns,  später 
Prediger  der  zweiten  Baptistenkirche  in 
Rutland,  Grafschaft  Jefferson,  New  York, 
deutet  in  seinem  Buche:  Inquiry  into  the 
nature  and  tendency  of  speculative  Free- 
masonry  (Utica  1826)  darauf  hin.  Eine 
andre  Agitation  gegen  die  Freimaurer 
erhob  sich  in  der  Presbyterianersynode 
von  Pittsburg,  Pennsylvanien,  1821,  in 
Nachahmung  der  Associate  synod  von 
Schottland  in  Edinburgh,  1757  [Pratt, 
Mas.  Register,  I,  178,  294-802.  Creigh, 
a.  a.  O,,  S.  58  fg.;  241—249;  298—297]. 
Mehrere  Geistliche  hatten  an  sie  den  An- 
trag eingebracht,  die  Freimaurer  von  den 
Rechten  und  Wohlthaten  der  Kirche  aus- 
zuschliessen,  ausser  in  Fällen,  wo  sie  ihren 
Irrtum  bekennen  und  ihre  freimaurerischen 
Grundsätze  abschwören.  Diese  Verhand- 
lungen und  Anträge,  die  das  Vorspiel  der 
spätem,  weit  ausgedehntem  kirchlichen 
Angriffe  gegen  (fie  Freimaurer  werden 
sollten,  riefen  einen  Protest  der  drei  in 
Pittsburg  bestehenden  Logen  hervor,  in 
dem  diese  mit  aller  Entschiedenheit  und 
unter  ausfiihrlicher  Würdigung  der  von 
dem  Ausschusse  geltend  gemachten  Gründe 
dem  Verfahren  der  Synode  entgegentraten, 
worauf  die  Synode  die  Anträge  abwies.  — 
Solch    be8clu*änkten   Anfeindungen    trug 

Slötzlich  ein  Ereignis,  die  Entfuhrung  und 
as  Verschwinden  eines  gewissen  William 
Morgan  in  den  nordwestlichen  Grafschaften 
des  Staates  New  York  (Sept.  1826),  neue 
Nahrung  zu;  aus  den  über  diese  Thatsache 
empörten  Teilen  der  Bevölkerung  ent- 
standen viele  Tausende  von  wütenden 
Gegnern  des  Maurerbundes  und  eine  poli- 
tische Partei^  die  den  grössten  Teil  der 
Logen  vor  sich  niederwarf  und  vorzugs- 
weise  in  den  nordöstlichen  Staaten  der 
Union  zur  Macht  gelangte,  bis  sie  (1884) 
mit  der  Partei  der  Wnigs  zusammenschmolz. 
(S.  Morgan.)  Langsam  erholten  sich  die 
Logen  von  den  gewaltigen  Schlägen  des 
Schicksals.  Li  neuerer  Zeit  sind,  von  rö- 
mischem Fanatismus  angefacht,  von  ein- 
zelnen lutherschen  Synoden  und  Geist- 
lichen   Amerikas   Beschlüsse    gegen    die 


Maurer  gefasst  und  verkündigt  worden, 
katholische  Priester  verweigern  hier  und 
da  den  Mitgliedern  der  Brüderschaft  die 
kirchlichen  Gnadenmittel  und  Einsegnung 
der  Leiche.  Doch  blieben  diese  Ajifein- 
dungen  zu  vereinzelt,  als  dass  sie  der 
rasch  fortschreitenden  Entwicklung  des 
Bundes  ein  wirkliches  Hindernis  zu  be- 
reitenvermochten. Gegenwärtig  beschränkt 
sich  der  Kampf  wesentlich  auf  vereinzelte 
gegnerische  Zeitungsartikel  ohne  merkliche 
Wirkung,  wie  das  Entstehen  neuer  Gross- 
logen, selbst  im  Mormonenstaate  Utah,  und 
das  Wachstum  der  Johannislogen  beweist. 
[Vgl.  Mas.  Review,  herausgeg.  von  C.  Moore, 
Xni,  206—209,  265-270,  351—866.  Amer. 
Freemason,  1856,  S.  125,  155.  Triangel, 
IV,  S.  177  u.  s.  w.]  (Wegen  der  Litteratur 
8.  Angriffe.) 

Antiquity  (Lodge  of),  Altertumsloge. 
Diese  noch  bestehende  Loge  war  eine  der 
vier  alten  Bauhütten  in  London,  welche 
die  Grossloge  1717  errichteten;  ihr  Ver- 
sammlungsort war  damals  im  Gasthaus 
Zur  Gans  und  zum  Rost  auf  dem  St.-Pauls- 
Kirchhof,  und  sie  galt  unter  den  vier  be- 
teiligten Logen  als  die  älteste  (time  im- 
memorial,  früher  1691),  weshalb  sie  später 
den  jetzigen  Namen  annahm  und  in  der 
Rangliste  der  Grossloge  von  England  bis 
1813  die  Nr.  1  fahrte,  aber  infolge  der 
Losung  zwischen  den  « Modems  **  und 
»Ancients«,  die  für  die  letztem  entschied, 
erhielt  sie  die  Nr.  2.  Li  der  Zwischenzeit 
hatte  sie  sich  infolge  eines  Streits  mit 
der  Grossloge  1779  als  »Grand  Lodge  of 
England  South  of  the  River  Trentc  mit 
Urkunde  von  der  Grossloge  von  York 
aufgethan,  konnte  sich  aber  als  solche  nur 
bis  1789  halten.  Ein  Teil  der  frühem 
Mitglieder  hatte  mit  Zustimmung  der 
Grossloge  von  England  die  alte  Loge  fort- 
gesetzt, und  die  andern  traten  nach  Bei- 
legung der  Streitigkeiten  1789  wieder  bei. 
Die  Darstellung  der  Vorgänge  von  Preston 
(in  den  Illustrations  of  Masonry)  ist  mit 
Vorsicht  zu  benutzen,  da  er  Partei  war. 
[Vgl.  Kloss,  Die  Freimaurerei  in  England, 
S.  214  fg.,  und  Gould,  History,  III,  S, 
424  fg.] 

Anti-Saint-Nieabe,  s.  Nioaise. 

Antisemitismas.  Darunter  versteht  man 
die  Bewegung  gegen  die  Juden  und  deren 
sozialpolitischen  Rechte,  die  nicht  neu  ist, 
sondern  nur  von  Zeit  zu  Zeit  stärker  her- 
vortritt. Der  Ausgang  des  19.  Jahrh.  hat 
diese  Bewegung  von  neuem  in  Fluss  ge- 
bracht. Auch  in  der  Freimaurerei  hat  sie 
Boden  gefasst,  wie  naturgemäss  alle  äussern 
Strömungen  mehr  oder  weniger  Eingang  in 
die  Logen  finden.  Der  A.  hat  mit  der 
Freimaurerei  nichts  zu  thun.  In  ihr  haben 
die  Bekenner  aller  Religionen  Platz,  da 
kirchliche  Streitigkeiten  von  ihr  ausge- 
schlossen sind  und  sie  jedem  Mitglied 
seinen  Glauben  unberührt  lässt.  Selbst 
darin  liegt  noch  kein  A.  an  sich^  < 
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44 


Anton  —  Arbeitsfeld. 


einzelne  Grosslogeu  verfassungsmässig  nur 
Christen  aufaehmen;  denn  wenigstens  in 
neuerer  Zeit  lassen  sie  auch  Juden  als 
Besuchende  zu,  wenn  sie  in  einer  aner- 
kannten Loge  aufgenommen  sind.  A.  ist 
erst  dann  in  den  Logen  vorhanden,  wenn 
in  ihnen,  ungeachtet  sie  sich  nicht  grund- 
sätzlich auf  Christen  beschränken,  Juden 
gar  nicht  oder  nur  schwer  AufQahme  finden. 
Solcher  A.  ist  allerdings  thatsächlich  am 
Ende  des  19.  Jahrh.  bedauerlicherweise 
vorhanden.  Allein  es  ist  trotzdem  allge- 
mein anerkannt,  dass  ein  Antisemit  nicht 
Freimaurer  sein  kann.  Mit  dem  Schw^in- 
den  der  äussern  Strömung  wird  der  A. 
auch  in  den  Logen  wieder  abnehmen.  Der 
Deutsche  Grosslogenbund  hat  1881  be- 
schlossen, «angesichts  der  traurigen,  für 
unsre  Zeit  unerhörten  Vorgänge,  die 
an  längst  versunkene  Jahrhunderte  er- 
innern und  die  Jahre  1880  und  1881  in 
den  Annalen  der  deutschen  Geschichte 
als  unrühmliche  kennzeichnen,  es  als  seine 
Pflicht  zu  bezeichnen,  alle  Bundeslogen  in 
ihren  einzelnen  Mitgliedern  aufzufordern, 
der  sog.  antisemitischen  Ausschreitung 
entschlossen  und  energisch  entgegenzu- 
treten.« [Vgl.  Bh.  1888,  S.  296;  1891,  S. 
356;  1892,  S.  92;  1893,  S.  332,  260;  1894, 
S.  73.] 

Anton,  Karl  Gottlob  v.,  als  Schrift- 
steller besonders  um  die  Geschichte  der 
Landwirtschaft  verdient,  geb.  23.  Juli  1751 
in  Lauban,  gest.  17.  Nov.  1818  in  Görlitz, 
studierte  die  Rechtswissenschaft,  wurde 
Doktor  der  Bechte,  Senator  zu  Görlitz 
und  geadelt  und  war  zuletzt  Oberamts- 
advokat. Er  wurde  1775  in  der  Loge 
Minerva  in  Leipzig  in  den  Freimaurer- 
bund aufgenommen,  trat  dann  der  Görlitzer 
Loge  bei,  wo  er  1778  Redner  und  1803 
bis  1816  Meister  vom  Stuhl  wurde.  Er 
war  ein  eifriger  Maurer,  wovon  seine  ge- 
druckten Logenreden  Zeugnis  geben.  Ver- 
dient machte  er  sich  ferner  durch  Heraus- 
gabe der  Schriften:  Versuch  einer  Ge- 
schichte des  Tempelherrenordens  (Lpz.1779 
bis  1781J;  Untersuchung  über  das  Geheim- 
niss  und  die  Gebräuche  der  Tempelherren 
(Dessau  1782);  Über  die  Culdeer  (Görlitz 
1805,  1819). 

Anzeiger,  W 5chentlieher,  der  Arbeiten 
der  St.  Johannislogen  zu  Berlin  und  dessen 
nächster  Umgebung  (s.  Fresse). 

Apenrade  (St.  in  der  preuss.  Prov.  Schles- 
wig-Holstein, 5564  E.).  1)  Hier  bestand 
ein  maurerisches  Kränzchen  seit  11.  Dez. 
1854,  das  später  einging.  2)  Am  17.  Febr. 
1886  wurde  ein  geselliger  Verein  für  Frei- 
maurer unter  der  Loge  in  Hadersleben 
gegründet,  der  22.  Juni  1886  genehmigt 
und  24.  Juni  1886  eingesetzt  wurae.  3)  Ani 
14.  Okt.  1899  wurde  er  unter  der  Grossen 
Landesloge  von  Deutschland  in  Berlin  in 
eine  Loge  St.  Nikolaus  an  der  offnen 
Rhede  verwandelt  und  eingeweiht. 

Apierbeck  (St.  in  der  preuss.  Prov.  West- 


falen, 7028  E.).  Hier  besteht  seit  1893  ein 
Maurerkränzchen.  Vers.  2.  Sonnabend  im 
Monat.    Lokal:  Hotel  zur  Post. 

Apolda  (St.  im  Grossherzogt.  S.-Weimar, 
20798  E.).  Hier  besteht  seit  19.  Mai  1890 
unter  Aufsicht  der  Loge  Amalia  in  Weimar 
ein  maurerisches  Kränzchen.  Mitglieder- 
zahl (1899):  25.  Vers.  Montags  mit  ge- 
radem Datum.  Lokal:  Harmonie,  Mönch- 
gasse 5. 

Arbeit,  Arbeiten  heisst  die  ernste  Be- 
schäftigung der  Freimaurer  im  Arbeitssaale, 
d.  h.  an  der  Stätte,  an  der  sie  ihre  sinnbild- 
lichen Gebräuche  ausführen,  ihre  Sinnbilder 
in  Vorträgen  erklären  und  erläutern  und  so- 
dann sich  Anleitung  geben,  sich  selbst  zu 
erkennen,  zu  beherrschen  und  zu  veredeln. 
Maurerische  A.  ist  sodann  jede  Bemühung 
für  die  eigne  Selbstveredlung,  sowie  jedes 
Werk  aufrichtiger  und  warmer  Menschen- 
liebe. [Vgl.  Straus,  Die  praktische  Seite 
der  Logenarbeiten,  im  Ajchiv  für  Frei- 
maurerei (Hmbg.  1844),  H,  3,  S.  3.  Bh. 
1868,  S.  26;  1881,  S.  281.  Bbl.  1889,  S. 
154.  Br.  L.  1885/86,  S.  57.  FZ.  1854, 
S.  41;  1861,  S.  328;  1881,  S.  282.  L.  1888, 
S.  100;  1^84,  S.  155,  164,  173;  1897,  S.  137. 
M.  L.  1883/84,  S.  184;  1886/87,  S.  14; 
1890/91,  S.  106.   Z.  1889,  S.  75;  1896,  S.  2.] 

Arbeiterlogen  (Arbeiterorden).  Die  so- 
zialen Verhältnisse  und  deren  Lösung  haben 
u.  a.  auch  den  Gedanken  gezeitigt,  Ver- 
einigung der  Arbeiter  nach  freimaure- 
rischem Vorbild  zu  schaffen,  um  diese  vor 
den  Irrlehren,  denen  sie  ausgesetzt  sind, 
zu  schützen  und  ihnen  vernünftigere  An- 
schauungen vom  sozialen  Leben  beizu- 
bringen. Man  hat  nicht  gewollt,  ohne 
weiters  die  Arbeiter  (im  gewöhnlichen 
Sinne  des  Volks)  in  die  Freimaurerlogen 
aufzunehmen,  sondern  besondere  Arbeiter- 
logen zu  gründen,  die  in  strenger  Ab- 
hängigkeit vom  Freimaurerbund  stehen 
und  unter  seiner  Leitung  gehalten  werden, 
und  aus  denen  in  die  eigentlichen  Frei- 
maurerlogen diejenigen  herübergeführt 
werden  können,  die  sich  durch  strenge 
Befolgung  der  Gesetze  und  Lehren  aus- 
zeichnen und  an  Gaben  des  Geistes  und 
Gemüts  gewonnen  haben.  Selbst  die 
Deutsche  Arbeiter-Zeitung  hat  sich  diesem 
Gedanken  zugeneigt.  Ob  er  eine  prak- 
tische Folge  haben  wird  und  ob  es  ange- 
zeigt erscheint,  ihm  jetzt  schon  näher  zu 
treten,  möchte  noch  sehr  zu  bezweifeln 
sein.  [Vgl.  F.  Z.  1873,  S.  233;  1885,  S.  375. 
L.  1889,  S.  53.]  —  Über  den  in  Nord- 
amerika seit  1878  bestehenden  Orden  der 
Ritter  von  der  Arbeit  s.  L.  1894,  S.139. 

Arbeitsfeld  der  Freimaurer  ist  ungemein 
gross  und  erstreckt  sich  auf  alle  mensch- 
lichen, geistigen  und  sittlichen  Bestre- 
bungen. Es  kann  das  nicht  Aufgabe  der 
Logen  als  Ganzes  sein,  sondern  der  ein- 
zelnen Mitglieder,  die  nur  dazu  von  jenen 
angehalten  und  vorgebildet  werden,  im 
Sinn  und  Geist  der  Freimaurerei  zu  wirken. 
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Arbeitskalender  —  Archiv. 


45 


Das  A.  erstreckt  sich  darnach  auf  1)  För- 
derung von  Wohlthätigkeitsbestrebungen 
(Armenunterstützung.  Krankenpflege,  Wai- 
senversorgung ,  Konnrmandenbekleidung) ; 
2)  Förderung  von  Sittlichkeitsbestrebuneen 
(Hebung  der  öffentlichen  Sittlichkeit,  Be- 
kämpfung der  Trunksucht,  Arbeiterkolo- 
nien, Unterbringung  Obdachloser,  Kinder- 
horte); 8)  Förderung  von  Erziehung  und 
Unterricht  (Fortbildungsschulen^  Volks- 
bibliotheken und  Lesehallen,  Stipendien- 
stiftungen); 4)  Förderung  der  Gesundheits- 
pflege (Arbeiterwohnungen,  Bettung  Schiff- 
brüchiger, Sanitätswachen,  Heilanstalten); 
5)  Förderung  von  Kunst  und  Wissenschan. 
Das  Feld  der  maurerischen  Arbeit  ist  weit 
und  gross  genug,  dass  jeder  nach  seiner 
Fähigkeit  und  seinem  innem  Trieb  eine 
Bichtung  einschlagen  und  besonders  pflegen 
kann. 

Arbeitskalender,  s.  Logenkalender. 

Arbeitslohn,  s.  Iiohn. 

Arehensehiffer  (königlicher,  Boyal  Ark 
Mariner).  Dies  ist  einer  der  geringem 
spekulativen  Grade,  der  in  Schottland  mit 
den  Boyal-Arch-Kapiteln  verbunden  ist, 
in  England  mit  der  Grosslote  der  »Mark 
Masters«.  Er  handelt  von  aer  Flut  und 
Noahs  Errettung  durch  die  Arche. 

Arehe  und  Taube  (Ark  and  dove).  Ein 
amerikanischer  Grad,  Vorstufe  zum  Boyal- 
Arch  (s.  d.)  und  gewöhnlich  an  alle  ge- 
geben, die  in  den  Boyal -Arch  erhoben 
werden.  Wahrscheinlich  ist  es  eine  Ab- 
änderung des  Grads  der  königlichen 
Archenschiffer  (Boyal  Ark  Mariners). 

Architekt  kommt  teils  als  Name  von 
Logenämtem,  teils  als  Name  von  hohem 
Graden  vor,  so  z.  B.  bei  der  Grossen  Lan- 
desloge von  Deutschland  in  Berlin  der 
Ordensoberarchitekt  und  der  Ordensunter- 
architekt, die  zu  den  höchsten  Beamten 
zählen.  Auch  in  den  Niederlanden  giebt 
es  in  einzelnen  Logen  Bouwmeester  und 
ImGroot-Oosten  einen  Groot-ßouwmeester. 
Die  Grossloge  von  Schottland  hat  einen 
Grand  Architect;  die  Grosslogen  von  Eng- 
land und  von  Irland  haben  einen  Grand 
Superintendent  of  Works.  Als  Benennung 
höherer  Grade  findet  sich  das  Wort  A.  mit 
sehr  verschiednen  Zusätzen  in  Frankreich 
und  den  von  da  verbreiteten  Systemen. 
Im  schottischen  Bitus  heisst  der  12.  Grad 
»Grand  Master  Architect«  (Grand  Mattre 
Architecte). 

ArehitektonfBehe  Tafel  wird  hier  und 
dort  (UngamJ  das  Protokoll  genannt 

Archiv  heisst  der  Ort,  wo  ein  Staat, 
eine  Stadt  oder  Korporation,  speziell  aber 
eine  Loge  ihre  Urkunden,  Akten  u.  s.  w. 
in  georaneter  Sammlung  bewahrt  und 
pflegt.  —  In  frühem  Zeiten  wurden  die 
Archivalien  sehr  vernachlässigt  und  bil- 
deten zum  Teil  nur  einen  Haufen  un- 
Seordneter  Papiere  und  Bücher,  was  bei 
enienigen  Lo^en  auch  jetzt  noch  der 
Fall   ist,    wo  jedes  Protokoll   mit   einer 


Masse  Anlagen  belastet  wird,  die  bei 
diesem  liegen  bleiben,  wenn  sie  auch  der 
verschiedensten  Art  sind,  z.  B.  einge- 
gangne  Bücher,  Denkmünzen  u.  s.  w.,  sowie 
auch  da,  wo  die  Bücher,  die  im  Gebrauch 
der  Beamten  sind,  dem  A.  zugezählt  wer- 
den. Wir  teilen  hier  eine  Archivordnung 
mit,  die  wir  als  Muster  betrachten  möchten. 
I.  Mitgliederbuch  (Matrikel),  n.  Proto- 
kollbücher, m.  Einschreibebücher  (Prä- 
senzbücher). IV.  Zur  Geschichte  der  Grossen 
Loge.  V.  Geschichte  der  Loge  selbst: 
1)  der  frühem,  in  die  spätere  übergang- 
nen;  2)  der  bestehenden:  a)  vollständige 
Listen  und  Logenschreiben,  b)  Stiftungs- 
urkunde, c)  geschichtliche  Begebenheiten, 
z.  B.  Buhe  der  Arbeiten,  Wiederein- 
setzung, Hundertjahrfeier,  Protektorien 
u.  s.  w.  VI.  Liturnk:  a)  früher  gebrauchtes 
Bitual;  b)  jetzt  gebräuchliches  Kitual  nebst 
Instruktionen;  c)  Bitual  in  andrer  Sprache, 
z.  B.  französischer,  wie  es  gebraucht 
wurde;  d)  Schwesternlogenritual;  e)  Bitual- 
reform.  Vn.  Verfassung  u.  s.  w. :  a)  Ge- 
setzbuch der  Grossen  Loge;  b)  Hausge- 
setze; c)  Instruktionen  der  Beamten. 
Vni.   Verhandlungen  und  Briefschaften: 

1)  mit  den   Staats-    und  Stadtbehörden; 

2)  mit  der  Grossloge;  3)  mit  den  Bundes- 
logen; 4)  mit  fremden  Logen;  5)  mit  nicht- 
maurerischen  Personen.  IX.  Akten  be- 
treflend  einzelne  Personen  (Personalakten), 
enthaltend:  a)  Beverse,  Aufnahmegesuche, 
Beantwortung  der  Fragen  für  Aufnahmen 
und  Beförderungen,  Lebensläufe  und 
Entlassungsscheine  der  Angenommenen; 
b)  Ehrenbezeigungen ;  c)  Unordnungen  und 
Differenzen;  d)  abgewiesne  Aumahme- 
gesuche;  e)  angenommne  Deckungsge- 
suche. X.  Arbeiten:  a)  Vorträge  einzelner 
Brüder;  b)  in  der  Loge  gebrauchte  Ge- 
dichte und  Lieder.  Xl.  Bechnungswesen 
und  Wohlthätigkeitsbeweise.  XTT.  Ver- 
schiednes.  XHI.  Einverleibte  A.  Die  ein- 
zelnen Stücke  sind  in  Akten  zu  ordnen  und 
jedes  Stück  ist  im  allgemeinen  Verzeich- 
nis einzutragen,  sowie  einzeln  zu  bezeich- 
nen. —  Ein  andrer  Plan  findet  sich  in 
Fischer,  Entwurf  zu  einem  Handbuch  für 
die  Amtsthätigkeit  der  Logenmeister  (Lpz. 
1891),  S.  94.  Die  bedeutendsten  A.  finden 
sich  natürlich  bei  den  Grossen  Logen  und 
bei  lange  bestehenden  Logen.  Für  solche 
ist  die  Anordnung  weitschichtiger,  da  die 
verschiednen  Lehrarten  und  deren  Ge- 
schichte in  Betracht  kommen.  Namentlich 
umfrissen  die  A.  der  Grossen  Loge  von 
Hamburg  (über  ein  Jahrhundert  alt),  der 
Grossen  National-Mutterloge  Zu  den  drei 
Weltkugeln,  der  Grossen  Landesloge  von 
DeutscMan  d,  derGrossen  Loge  vonPreussen , 
genannt  Boyal- York  zur  Freundschaft  die 
gründlichsten  Nachrichten  über  die  Ge- 
schichte unsers  Bundes  in  Deutschland, 
und  namentlich  hat  das  Hamburger  A.  (in 
seiner  Abteilung  Engbund)  die  Akten  der 
verschiednen  Hochgrade,  die  in  Deutsch- 

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46 


Archiv  —  Aristokratie. 


land  in  Gebrauch  gewesen  sind.  Unter  den 
A.  der  Johannislogen  sind  die  der  Drei 
Schwerter  in  Dresden,  Minerva  zu  den  drei 
Palmen  in  Leipzig,  Archimedes  zu  den 
drei  Beissbrettem  in  Altenburg,  Karl  zur 
gekrönten  Säule  in  Braunschwei^,  Zu  den 
drei  Sternen  in  Rostock,  Ferdinand  zur 
Glückseligkeit  in  Magdeburg,  Zum  gold- 
nen  Hirsch  in  Oldenburg  durch  ihren  Reich- 
tum nach  verschiednen  Seiten  hin,  sowie 
durch  ihre  Ordnung  von  grosser  Wichtig- 
keit. —  Ausser  Büchereien  (s.  d.)  befinden 
sich  bei  einzelnen  Logen  noch  besondere 
Münzsammlungen,  soweit  diese  Bezug  auf 
Freimaurertum  und  andre  geheime  Ver- 
bindungen haben.  [Vgl.  Decke,  Archiv  für 
Freimaurerei  (Hmbg.  1842)  I,  8-4,  S.  29. 
Finde  1,  Geist  und  Form  der  Freimaurerei 
(6.  Aufl.,  Lpz.  1898),  S.  81.  R.  Fischer, 
Entwurf  zu  einem  Handbuch  für  die  Amts- 
thftügkeit  der  Logenmeister  (Lpz.  1891), 
S.  93.    FZ.  1876,  S.  41  (Repertorium).] 

ArchlT,  8.  Prewie. 

ArehiYar,  s.  Urkundenwart. 

Areopag,  im  alten  Griechenland  der 
Name  des  obersten  Gerichtshofs  zu  Athen, 
ist  die  in  manchen  höhern  Graden  übliche 
Bezeichnung  der  Gesamtheit  der  Mitglieder 
eines  Grades,  wie  Loge  in  den  untern 
Graden ;  insbesondere  heissen  so  die  Logen 
des  30.  Grads  des  Schottischen  Ritus  (s.  d.). 

Argentinische  Republik  (in  Südame- 
rika). In  Buenos  Aires  bestand  schon 
1780  eine  Loge,  deren  Namen  und  Schick- 
sale nicht  weiter  bekannt  sind;  man  weiss 
nur,  dass  sie  vorübergehend  unter  Mass- 
nahmen der  Obrigkeit  zu  leiden  hatte. 
1806  entstand  ebendort  die  Loge  Lautaro, 
die  Männer  zu  Mitgliedern  zählte,  die 
später  in  der  Geschichte  des  Landes  eine 
hervorragende  Rolle  spielten;  die  Loge 
stellte  infolge  der  Wirren  1810  ihre  Ar- 
beiten ein,  trat  aber  1812  wieder  in  Thä- 
tigkeit.  1825  erteilte  die  Grossloge  von 
Pennsylvanien  einen  Stiftungsbrief  für 
Buenos  Aires.  1852  gründete  der  Gross- 
orient von  Frankreich  zwei  Logen,  darunter 
die  noch  thätige  Loge  Amie  des  naufrag^ 
in  Buenos  Aires.  Von  1853  an  errichtete 
auch  die  Grossloge  von  England  8  Logen, 
für  die  1861  eine  Distrikts-Grossloge  er- 
richtet wurde.  1856  scheint  auch  schon 
eine  Grossloge  der  A.  R.  bestanden  zu 
haben,  die  aber  nicht  anerkannt  wurde. 
Am  22.  April  1858  errichtete  der  Oberste 
Rat  von  Uruguay  einen  Obersten  Rat 
und  einen  Grossorient  für^  die  A.  R.  in 
Buenos  Aires.  Gegen  die  Übermacht  de» 
Obersten  Rats  begann  1877  eine  Bewegung, 
die  zwar  zur  GrCLadung  einer  neuen  Gross- 
loge, der  National -Grossloge,  führte;  in- 
dessen vereinigte  sich  die  neue  Grossloge 
schon  1878  wieder  mit  der  alten.  Nach- 
dem 1886  die  Verfassung  auf  eine  mehr 
demokratische  Grundlage  gestellt  worden 
war,  hob  der  Oberste  BSit  1894  diese  Ver- 
fassung auf  und  stellte  die  alte  von  1859 


wieder  her.  Infolgedessen  schied  1895  eine 
Anzahl  Logen  aus  und  gründete  einen 
eignen  Grossorient  in  Buenos  Aires.  Zu- 
gleich wurde  1.  Sept.  1895  in  La  Boca 
eine  Symbolische  Grossloge  ins  Leben  ge- 
rufen. Beide  Grossbehörden  vereinigten 
sich  aber  1897  wieder  mit  dem  Obersten 
Rat.  1899  brachen  jedoch  neue  Zwistig- 
keiten  aus,  die  7.  April  zur  Gründung  der 
National-Grossloge  und  8.  Aug.  zur  Grün- 
dung eines  Supremo  Consejo  Nacional 
Argentino  führten.  Der  alte  Supremo  Con- 
sejo mit  dem  Gran  Oriente  zählte  1899 
73  Lo^en  und  der  neugegründete  Supremo 
Consejo  Nacional  mit  der  Gran  Logia 
Nacional  19  Logen,  zusammen  92  Logen. 
Unter  auswärtigen  Grosslogen  stehen: 
1)  7  Logen  unter  Grossloge  von  England 
(3  in  Buenos  Aires),  2)  15  unterm  Gross- 
orient von  Italien  (6  in  Buenos  Aires), 
3)  1  unter  der  Grossen  Loge  von  Ham- 
burg in  Buenos  Aires  (s.  d.),  4)  1  unterm 
Grossorient  von  Frankreich  das.  und  5) 
15  Logen  unter  spanischen  Grosslogen. 
Endlich  arbeitet  in  Buenos  Aires  (s.  d.) 
eine  deutsche  Loge  unabhängig,  so  dass 
die  Gesamtzahl  aller  Logen   132  beträgt. 

Argonautenorden,  ein  vom  braun- 
schweigschen  Hofrat  P.  A.  Schrader  (s.  d.) 
1772  gestifteter  Orden.  In  ihn  wurden 
Frauen  und  Männer,  der  bessern  Gesell- 
schaft angehörend,  namentlich  Professoren 
des  vom  Herzog  Karl  I.  (s.  d^  in  Braun- 
schweig gegründeten  Collegii  Carolini  auf- 
genommen. Die  Aufriahme  fand  kostenlos 
statt.  Die  Mitglieder  versammelten  sich 
in-  zwangloser  Weise  an  schönen  Sommer- 
abenden auf  einer,  in  einem  der  zur  braun- 
schweigschen  Domäne  Riddagshausen  ge- 
hörenden Teiche  belegnen  Insel,  auf  der 
ein  im  griechischen  Stil  erbauter,  mit  einer 
auserlesnen  Bibliothek  versehener  Tempel 
stand ;  mit  Musik  und  Gesang  und  Vorlesen 
ihrer  Geistesprodukte  unterhielt  aich  die 
Geselbchaft.  Der  Stifter,  zugleich  auch 
der  freundliche  Wirt  mit  dem  Titel  Gross- 
admiral,  sorgte  für  geschmackvolle  Speisen 
und  Weine.  Der  Toast  und  Schiffsgruss 
war:  «Es  lebe  die  Freude.«  Ein  silberner, 
grün  emaillierter  Anker  war  das  Abzeichen. 
(Die  Abzeichensammlung  der  Loge  in 
Braunschweig  enthält  noch  ein  solches.) 
Wie  lange  oer  Orden  bestanden  hat,  ist 
unbekannt.  [Vgl.  Notuma  (Leipzig  1788) 
a.  121  fg.] 

Aristokratie.  1)  Die  A.  des  Adels,  wie 
des  Geistes  war  im  18.  Jahrh.  zahlreich  in 
den  Logen  vertreten,  die  aus  den  auserlesnen 
Ständen  zusammengesetzt  waren.  Es  wird 
der  heutigen  Freimaurerei  vielfach  vorge- 
worfen, dass  sie  nicht  mehr  so  viele  Glieder 
jener  Aristokratie  besitze.  Diese  hat  sich 
zurückgezogen,  namentlich  in  Deutschland, 
weil  die  Bildung  allgemeiner  geworden  ist 
und  dadurch  der  Mittel-  und  sog.  Bürger- 
stand mehr  vertreten  ist.  In  England  über- 
wiegt noch  die  Adels- Aristokratie,  die  dort 


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Arithmetik  —  Arnim. 


47 


noch  ihre  alte  Bedeutung  behalten  hat. 
Unter  A.  des  Geistes  versteht  man  die 
grossen  Geistesheroen  des  18.  und  des  19. 
Jahrhunderts  in  der  sog.  Aufklärung- 
periode.  Auch  sie  hat  abgenommen  in- 
folge grösserer  Verbreitung  der  Bildung 
(s.  Adel).  2)  Die  Log:e  hat  einen  aristo- 
kratischen Zug,  d.  h.  sie  besitzt  edle  Ele- 
mente und  bezeugt  edle  Charaktereigen- 
schaften, Adel  de^  Gesinnung.  Deshalb 
nennt  sich  auch  die  Freimaurerei  eine 
königliche  Kunst.  Der  hier  und  da  noch 
auftretende  äussere  aristokratische  Zug, 
namentlich  in  der  Bevorzugung  der  hohem 
Grade,  widerspricht  dem  Geist  der  Frei- 
maurerei und  führt  zu  bedenklichen  Aus- 
wüchsen. [Vgl.  Mittheilungen  aus  dem 
Verein  deutscher  Freimaurer  1897/98,  S.  32. 
FZ.  1866,  S.  57.  Rumpelt -Walther,  Aus 
meiner  Werkstatt  (Dresd.  1873),  S.  41.] 

ArilkmeÜk  s.  WiasensohafUnL 

Arixona  (Territorium  der  Vereinigten 
Staaten  von  Nordamerika).  Hier  besteht 
eine  Grossloge,  gegründet  25.  März  1882 
mit  dem  Sitz  in  Tucson.  Sie  zählte  1898 
15  Logen  mit  618  Mitgliedern. 

Arkadisehe  Gesellsehaffe  in  Philandria. 
Zweck  und  Ziel  dieser  war  die  Nachahmung 
der  Freimaurerei  durch  jugendliche  Schwär- 
mer, die  wegen  ihres  Alters  noch  nicht 
aufgenommen  werden  konnten.  Ihr  Stifter 
war  Ludwig  Isenburg  von  Buri,  der  sie 
1764  auf  dem  Isenburgschen  Gute  Neuhof 
bei  Offenbach  gründete.  Die  Mitglieder 
waren  meist  Sölme  aus  vornehmem  Stande, 
selbst  ein  Prinz  gehörte  ihnen  an.  Die 
Gesellschaft  hat  von  1764 — 71  bestanden. 
Auch  Goethe  wollte  als  15iähriger  Jüng- 
ling aufgenommen  sein.  Od  das  wirklich 
geschehen  ist,  lässt  sich  nicht  erweisen. 
[Vgl.  L.  XXIX  105  fg.  R.  1887,  S.  51, 
wo  vieles  aus  dem  Ritual  abgedruckt  ist.] 

Arkansas,  einer  der  Vereinigten  Staaten 
von  Nordamerika.  Die  erste  Loge  wurde 
das.  1819  durch  die  Grossloge  von  Ken- 
tucky in  the  Post  (dem  Flecken  Post,  dem 
Regierungssitze  des  damaligen  Territoriums 
A.)  unter  dem  Namen  ^kansaslo^e  ge- 
gründet; sie  gab  bald  darauf,  bei  Ver- 
legung des  Regierungssitzes  nach  Little 
Rocky  ihre  Dispensation  (s.d.)  wieder  zurück. 
Erst  1886  entstand  wieaer  eine  Loge,  und 
zwar  in  Fayetteville  mit  einer  Dispensation 
von  der  Grossloge  von  Tennessee;  sie  bil- 
dete mit  einigen  andern  25.  Nov.  1838  die 
Grossloge  mit  dem  Sitz  in  Little  Rock, 
setzt  aber  den  Gründungstag  auf  den  22. 
Febr.  1832.  1857  legte  sie  in  der  Nähe 
von  Little  Rock  den  Grundstein  zu  dem 
8t.-Johns-College^  das  strebsamen  Jüng- 
lingen Gelegenheit  zu  höherer  Ausbildung 
bietet  und  vorzugsweise  von  den  Maurern 
des  Staates  unterhalten  wird.  Unter  der 
Groesloge  arbeiten  445  Logen  mit  13670 
Mitgliedern.  —  Auch  besteht  in  A  eine 
Grossloge  der  Farbigen,  gestiftet  30.  März 
1873  mit  114  Logen  und  1913  Mitgliedern. 


[Zeitschrift:  Masonic  Jewel  (Memphis 
1870  fg.).] 

ArmeelogeB,  s.  Militarlogen. 

Armen  -  KommissioB  (Armen  •  Komitee, 
Armen-EoUegium).  Unter  diesen  Namen 
bestehen  bei  mehreren  grossem,  namentlich 
vereinigten  Logen  besondere  Ausschüsse, 
zusammengesetzt  aus  dem  Armenpfleger 
(s.  d.)  und  mehreren  andern  Beamten,  zur 
Verwaltung  der  Armenpflege  (s.  d.^.  In 
Berlin  (s.  d.)  haben  die  drei  altpreussischen 
Grosslogen  gemeinschaftlich  eine  Kom- 
mission zur  Unterstützung  hilfsbedürftiger 
durchreisender  Brüder  eingesetzt.  (Wegen 
London  s.  AlmoBen-KommiBBion.)  Sonst 
versteht  man  unter  A.-K.  den  Ausschuss 
einer  Loge  zur  Besorgung  aller  Unter- 
stützungssachen. 

Armenpflege  ist  von  Anfang  an  in  den 
Logen  geübt  worden  als  Hauptteil  der 
Pflicht  der  Wohlthätigkeit.  In  jeder  Loge 
findet  man  das  Amt  eines  Armenpflegers 
(s.  d.).  Bei  jeder  maurerischen  Versamm- 
lung, jeder  geschäftlichen  und  geselligen 
Zusammenkimft  wird  für  die  i^en  ge- 
sammelt, und  die  Versammelten  werden 
zuweilen  durch  besondere  Ansprache  zu 
Beiträgen  aufgefordert.  Die  Armenpflege 
erstreckt  sich  zunächst  auf  die  Mitglieder 
des  Bundes,  wenn  diese  verarmt  sind,  und 
auf  deren  Frauen  und  Kinder.  Bei  ausser- 
ordentlichen Fällen  werden  besondere 
Sammlungen  veranstaltet  und  von  der  ein- 
zelnen Loge  auch  andre  näherliegende 
Logen  um  milde  Beiträge  gebeten,  eine 
Bitte,  die  selten  unerhört  bleibt.  In  dieser 
Beziehung  bildete  sich  in  London  1729  die 
Almosen-Kommission  (s.d.)  der  Freimaurer, 
die  schon  1724  in  Vorschlag  gekommen  war. 
Ebenso  ist  es  auch  Sitte,  arme  reisende 
Bundesglieder  zu  unterstützen.  Freilich 
haben  sich  Betrüger  eingeschlichen,  um 
mit  der  Mildthätigkeit  der  Logen  förm- 
lichen Logenbettel  zu  treiben  (s.  Bettelei). 
[Vgl.  Bh.  1873,  S.  317.] 

Armenpfleger,  auch  Almosenpfleger,  Al- 
mosenier,  Aum6nier  genannt  (franz.  hospi- 
talier,  engl,  hospitaller  oder  almoner), 
heisst  der  Beamte  einer  Loge,  der  die  Ver- 
waltung der  Armenkasse  und  die  Vertei- 
lung der  Unterstützungen  unter  sich  hat. 
Bei  vielen  Logen  ist  dieses  Amt,  das  über- 
haupt in  älterer  Zeit  nicht  als  ein  beson- 
deres Amt  bestand,  noch  jetzt  mit  einem 
andern,  z.  B.  dem  des  Schatzmeisters  oder 
des  ersten  oder  zweiten  Schaffhers,  dem 
ursprünglich  die  Geschäfte  der  Armenpflege 
oblagen,  verbunden. 

Armiger,  Waffenträger,  im  mittelalter- 
lichen Latein  soviel  als  Knappe,  kommt 
in  Systemen,  die  das  Rittertum  in  die 
Freimaurerei  hineintrugen,  mehrfach  als 
Bezeichnung  eines  besondem  Grades  vor. 

Arnim,  Friedr.  Wilh.  Graf  v.,  auf 
Boitzenburg  und  Zichow,  geb.  31.  Dez. 
1739,  2.  Okt.  1786  in  den  Grafenstand  er- 
hoben, gest.  21.  Jan.  1801  als  preussischer 

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48 


Arnold  —  Asher. 


Staats-  und  Kriegsminister  und  Oberjäger- 
meister, war  Mitglied  der  Loge  Zum  flam- 
menden Stern  in  Berlin. 

Arnold,  Heinrich,  Schulmann,  geb. 
4.  Febr.  1847  in  Syrau  bei  Plauen,  lebt 
als  Direktor  der  26.  Bezirksschule  in  Leipzig. 
Aufgenommen  in  den  Freimaurerbund 
wurde  A.  26.  Juni  1880  in  der  Loge  Zur 
Pyramide  in  Plauen,  trat  1898  in  die 
neu  gegründete  Loge  Phönix  in  Leipzig 
über  und  bekleidete  dort  verschiedne  Ämter, 
darunter  1896  das  des  Meisters  vom  Stuhl. 
Mehrere  seiner  Zeichnungen  sind  in  der 
Asträa,  Bauhütte,  Freimaurer-Zeitung  und 
Latomia  veröffentlicht. 

Arnsberg  (St.  in  der  preuss.  Prov.  West- 
falen, 7786  E.).  Loge  das.  unter  der  Grossen 
National -Mutterloge  Zu  den  drei  Welt- 
kugeln: Westphalia  zur  Eintracht, 
gest.  3.  Juni  1830,  eingew.  15.  Sept.  dess.  J.; 
seit  7.  März  1859  geschlossen. 

Arnstadt  (St.  im  Fürstent.  Schwarzburg- 
Sondershausen,  13595  E.).  1)  Hier  wurde 
11.  Dez.  1852  ein  Freimaurerkränzchen 
gegründet.  Daraus  entstand  2)  unter  der 
Grossen  National-Mutterloge  Zu  den  drei 
Weltkugeln  die  Loge  Zu  den  drei 
Gleichen,  gegr.  1.  Dez.  1881,  eingew.  26. 
März  1882.  Mitgliederzahl  (1899):  45. 
Eignes  Logenhaus,  eingew.  24.  Sept.  1899, 
Vers.  Freitags,  am  1.  Freitag  des  Monats 
mit  Schwestern.  —  Milde  Stiftung:  Jo- 
hannistiftung  (Statut  v.  15.  Okt.  1882)  fdr 
erziehliche  Zwecke. 

Amswalde  (St.  in  der  preuss.  Prov. 
Brandenburg,  7912  E.).  Loge  das.  unter 
der  Grossen  National-Mutterloge  Zu  den 
drei  Weltkugeln:  Friedrich  Wilhelm 
zur  Hoffnung,  gest.  16. Nov.  1822,  eingew. 
28.  Jan.  1828.  —  Mitgliederzahl  1899:  65. 
Vers.  1.  Mittwoch  im  Monat.  Ferien:  Juli 
und  August. 

Arolsen  (Hauptst.  des  Fürstent.  Waldeck, 
2768  E.).  Loge  das.  unter  der  Grossen 
National-Mutterloge  Zu  den  drei  Welt- 
kugeln: Georgzur  wachsendenPalme, 
gest.  80.  Okt.  1841,  eröflnet  5.  Mai  1842. 
Mitffliederzahl  (1899):  26.  Vers.  Freitags. 
Milde  Stiftung:  Georg -Viktor -Stiftung 
(Statut  V.  6.  Mai  1877)  zur  Unterstützung 
hilfsbedürftiger  Mitglieder  der  Loge,  deren 
Angehörigen  und  Hinterbliebenen. 

Artem  (St.  in  der  preuss.  Prov.  Sachsen, 
4881  E.).  Hier  besteht  unter  der  Loge  in 
Sangerhausen  ein  maurerisches  Kränzchen 
Zu  Wolfgane  Goethes  Ahnenstätte, 
gest.  7.  Nov^  1883.  Mitgliederzahl  (1899):  15. 
Vers.  1.  Freitag  im  Monat. 

Ascension  (brit.  Insel  im  Atlantischen 
Ozean).  1864 — 67  bestand  hier  eine  Tochter- 
loge der  Grossloge  von  England. 

Asch  (St.  in  Böhmen,  [1890]  15557  E.). 
Hier  besteht  ein  nicht -politischer  Verein 
Asträa  unter  der  Hofer  Loge,  gegr.  4.  Juni 
1898. 

Asehaffenburg  (St.  im  Königr.  Bayern, 
15881  E.).    I.  Früher  bestanden  hier  fol- 


gende Logen:  1)  Friedrich  Karl  Joseph 
zum  gold'enenRade,  gest.  1789  in  Mainz 
(s.  d.)  als  Loge  Zum  goldnen  Bade  mit 
einer  Londoner  Urkunde,  schloss  dort 
ihre  Arbeiten  Ende  1792  und  eröffnete  sie 
wieder  in  A.  25.  Juli  1806  unter  dem  Namen 
Friedrich  Karl  Joseph  zum  goldenen  Rade 
[vgl.  Bh.  1894,  S.  808].  Von  ihr  existiert 
eine  Denkmünze  ohne  Jahreszahl.  2)  Karl 
Eu^en  Napoleon  zur  festen  Ver- 
einigung (Charles -Eugene  Napol^n  k 
l'union  constante),  gest.  1809  von  aer  Gross- 
loge Hieronymus  Napoleon  zu  Kassel  (nach 
dem  Calencfrier  von  1814  gegr.  10.  April 
1810,  mit  Kapitel).  Auf  Verordnung  des 
damaligen  Grossherzogs  von  Frankfurt, 
Karl  V.  Dalberg,  vom  81.  Mai  1812  schlössen 
beide  Logen  ihre  Arbeiten.  —  H.  Am  10. 
Nov.  1875  wurde  das.  ein  Maurerkränzchen 
Zum  wiedererbauten  Tempel  am 
Main  unter  der  Loge  in  Offen  Dach  ge- 
gründet, das  1880  wieder  eingegangen  ist. 
Aschersleben  (St.  in  der  preuss.  Prov. 
Sachsen,  24190  E.).  L  Hier  oestand  eine 
Schottenloge  Zu  den  drei  Hügeln 
Zions,  gegr.  10.  Juli  1760,  und  eine  Jo- 
hannisloge  gleichen  Namens,  gegr.  1.  Nov. 
1762,  beide  unter  der  Grossen  National- 
Mutterloge  Zu  den  drei  Weltkugeln  und 
längst  eingegangen.  U.  Jetzt  bestehen  hier 
unter  der  Grossen  Landesloge  in  Berlin: 

1)  die  Johannisloge  Zu  den  drei  Klee- 
blättern, gegr.  11.  Febr.  1778  (24.  Dez. 
1777)  in  Magdeburg  (s.  d.),  die  Johanni 
1779  nach  A.  verlegt  wurde  und  1792—1816 
abwechselnd  in  A.  und  in  Eisleben  (s.  d.), 
seit  1816  aber  nur  noch  in  A.  arbeitet. 
Mitgliederzahl  (1899):  108.  Vers.  Mittwochs. 

2)  Die  Andreasloge  Impavida,  gegr.  30. 
Nov.  1893. 

Asher,  Karl  Wilhelm,  geb.  30.  Nov. 
1798  in  Hamburg,  gest.  das.  29.  Sept.  1864, 
Jurist,  wurde  17.  Juni  1820  in  Bonn 
Dr.  jur.,  war  1834—43  Kriminalaktuar 
in  Elamburg,  kam  dann  in  die  Direktion 
der  Berlin -Hamburger  Eisenbahn  und 
wurde  1848  Protokouführer  der  Rat-  und 
Bürgerdeputation  in  Hamburg.  Er  wurde 
6.  März  1824  in  die  Loge  Absalom  das. 
aufgenommen,  war  1842 — 43  und  1852 
bis  1859  Meister  vom  Stuhl  der  Loge 
Ferdinand  zum  Felsen  ebendort.  Ein  eif- 
riger Maurer  war  er  unermüdlich  für  das 
Wohl  der  Logen  thätig.  Nachdem  er  schon 
1844  zum  Ehrenmitglied  der  Grossloge  von 
Hamburg  ernannt  war,  wurde  er  1859  zu 
deren  zugeordneten  Grossmeister  gewählt, 
was  er  bis  zu  seinem  Tode  blieb.  Unter 
seinen  vielen  Werken,  grösstenteils  volks- 
wirtschaftlicher Art,  ist  zu  erwähnen: 
Ȁlteste  Urkunde  der  Freimaurer  in  Eng- 
land, herausgegeben  von  James  Orchard 
Halliwell.  Übersetzt.  Mit  dem  englischen 
Text.«  (Hmbg.  1842.)  [Vgl.  Brandt  Ge- 
schichte des  Alten  Logenhauses  in  Ham- 
burg, S.  135.  Nekrolog  von  A.  (Hmbg. 
1864).    L.  XXIV,  54.] 

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Ashmole  —  Asiaüsohe  Brüder. 


49 


AshMole,  Elias,  geb.  23.  Mai  1617, 
gest  18.  Mai  1692,  war  ein  anerkannter 
Gelehrter  und  Altertumsforscher  und  der 
Alchemie  ergeben.  Seine  Sammlungen 
übergab  er  der  Universität,  sie  bildeten 
die  Grundlage  des  > Museum  Ashmoleanum « . 
Nach  seinem  Tagebuche  wurde  er  1646 
mit  dem  Oberst  Mainwarinff  zu  Warrington 
in  Luicashire  in  die  Brüderschaft  aiüfge- 
nommen^  hat  aber  erst  1682  bei  einer  Auf- 
nahme in  London  wieder  eine  Loge  be- 
sucht; denn  da  er  alle  Kleinigkeiten  in 
seinem  Tagebuche  berichtet  und  nichts 
von  einem  Logenbesuche  inzwischen  ver- 
zeichnet, so  ist  es  sicher,  dass  er  in  der 
ganzen  Zeit  nie  in  einer  Loge  war.  Seine 
Verbindung  mit  den  Freimaurern  war  also 
eine  sehr  lose,  da  er  auch  in  den  letzten 
zehn  Jahren  seines  Lebens  sich  nirgends 
wieder  beteiligt  hat,  und  die  unverbürgten 
Nachrichten,  die  in  der  Biographia  Bri- 
tannica  zu  lesen  sind,  erweisen  sich  bei 
kritischer  Nachprüfung  als  ganz  unhaltbar. 
[Vgl.  Gould,  History,  Öl,  S.  129  fg.,  170  fff.j 
Auch  seine  Zugehörigkeit  zu  den  vorgeb- 
lichen Bosenkreuzem  wird  hier  mit  Recht 
zurückgewiesen  [vgl.  auch  Begemann,  BZC. 
1889,  S.  101  fg.]. 

ABiatlsehe  Brüder,  eigentlich  Bitter 
und  Brüder  Johannis  aes  Evangelisten  aus 
Asien  in  Europa.  Diesen  Namen  gab  H. 
H.  V.  Ecker  und  Eckhoffen  (s.  d.)  dem  1782 
auf  Wunsch  des  Landgrafen  Karl  von 
Hessen  als  Protektor  des  Ordens  umgear- 
beiteten System  der  Ritter  und  Brüder  des 
Lichts  (s.  d.).  Laut  seiner  eignen  Angabe 
in  der  »Abfertigung  der  Authentischen 
Nachricht  von  den  A.  B.«,  S.  48,  hätten  die 
»Brüder  aus  Asien«  schon  um  1750  bestan- 
den und  den  Plan  zur  Bildung  einer  engem 
Vereinigung  in  Europa  entworfen;  nach 
dem  Hubertusburger  Friedensschlüsse  habe 
man  diesen  Plan  wieder  hervorgesucht, 
und  vorzüglich  Prof.  Spangenberg  in 
Marburg,  Graf  Wrbna  in  Österreich  u.  a. 
hätten  sich  damit  beschäftigt.  Diese  Yer- 
ein^ung  der  obem  Brüder  dieses  Systems 
in  Europa  hätte  1780  angefangen  und  sei 
1784  durch  Umgestaltung  der  alten  Ge- 
setze ausgeführt  worden.  All  dies  ent- 
spricht jedoch  der  Wahrheit  nicht.  That- 
sache  ist  es,  dass  Ecker  den  Orden  der 
A.  B.  1782  ausarbeitete  und  1784  ver- 
besserte. Die  Einrichtung  des  Ordens  war 
folgende:  Aufnahmefähig  war  jeder  recht- 
schaffene Mann,  der  an  einen  Gott  glaubte 
und  als  Freimaurer-Ritter  und  Meister  durch 
eine  ordentliche  Melchisedekloge  (s.  d.) 
oder  St-Johannisloge  legalisiert  war;  alle 
von  Natur  Gebrechlichen  konnten  in  den 
hohem  Graden  nur  mit  besonderer  Ge- 
nehmigung der  obersten  Behörde  des 
Ordens  zugelassen  werden.  Als  nicht  auf- 
nahmefähig war  ausdrücklich  bezeichnet: 
»wer  ein  Gotteslästerer  oder  Religions- 
spötter  ist,  wer  die  heiligen  Rechte  der 
Könige  und  Fürsten,   die   das  Bild  des 

Allgemeines  Haodbaoh  der  Freimaurerei« 


Ewigen  auf  Erden  sind,  nur  im  geringsten 
verletzt,  wer  die  Rechte  der  Menschheit 
zu  kränken  oder  auch  nur  mit  Vorsatz 
einzuschränken  sucht,  wer  die  heiligen 
Rechte  der  Tugend  gewissenlos  entweiht, 
die  Gerechtigkeit  frevelhaft  mit  Füssen 
tritt,  Witwen  und  Waisen  oder  irgend 
einen  Menschen,  welcher  Religion,  welchen 
Standes  er  immer  sei,  reich  oder  arm^ 
gross  oder  klein,  mit  Vorsatz  drückt  una 
verfolgt.«  —  Als  Inhalt  des  Systems  wur- 
den »die  echten  Geheimnisse  und  mora- 
lisch-physischen Aufschlüsse  der  Hiero** 
glyphen  des  Ordens  der  Ritter  und  Brüder 
Freimaurer«  bezeichnet;  andre  Wahrheiten 
kenne  der  Orden  nicht,  ebensowenig  als 
er  von  den  sog.  hohem  Graden  Notiz 
nehme.  »Der  Orden  sollte  nichts  anderes 
als  eine  brüderliche  Vereinigung  edel- 
denkender,  frommer,  gelehrter,  erfahrener 
und  verschwiegner  Männer  ohne  Rück- 
sicht auf  Reli^on,  Geburt  und  Stand  sein, 
die  bemüht  sind,  nach  den  Anweisungen 
des  Ordens  die  Geheimnisse  aus  den  Er- 
kenntnissen aller  natürlichen  Dinge  zum 
Besten  der  Menschheit  zu  erforschen.«  — 
Es  gab  fünf  Abteilungen:  zwei  Probe- 
stufen, die  der  Suchenden  und  die  der 
Leidenden,  und  drei  Hauptstufen:  1)  die 
der  Ritter  und  Brüder  St.-Johannis  des 
Evangelisten  aus  Asien  in  Europa;  2)  die 
der  weisen  Meister;  8)  die  der  königlichen 
Priester  oder  der  echten  Rosenkreuzer 
oder  die  Stufe  »Melchisedek  Eins«.  Jede 
Probestufe  durfte  nicht  mehr  als  zehn 
Glieder  zählen,  einschliesslich  des  den 
Vorsitz  führenden  Bruders  der  ersten 
Hauptstufe.  Diese  bildeten  eine  Meister- 
schaft Je  zehn  Meisterschaften,  eine  De- 
kade, standen  unter  einer  Obermeisterschafty 
bei  der  die  erste  Hauptstufe  in  Thätigkeit 
war.  Jede  solche  aurfte  höchstens  88 
Glieder  zählen.  An  der  Spitze  der  ver- 
schiednen  Obermeisterschaften  einer  Pro- 
vinz stand  ein  Provinzkapitel  mit  einem 
Provinzialgrossmeister  und  elf  andern  Be- 
amten. Europa  zerfiel  in  vier  nach  den 
Himmelsgegenden  benannte  Provinzen« 
Den  ganzen  Orden  in  Europa  leitete  ein 
Generalkapitel  mit  einem  Generalober- 
meister und  zwölf  Beamten  und  über  diesem 
noch  die  oberste  Ordensbehörde,  der  auch 
allein  die  Verleihung  der  zweiten  und 
dritten  Hauptstufe,  und  zwar  jener  unbe- 
schränkt, dieser  aber  bloss  an  72  Brüder 
in  Europa  zustand.  Diese  Behörde  war 
das  aus  72  Gliedern  bestehende  a  kleine 
fürwährende  Synedrion«,  an  seiner  Spitze 
der  oberste  Oraensgrossmeister.  Bei  diesem 
bestanden  fünf  Ausschüsse  von  je  8,  5, 
7,  9  und  13  Mitgliedern.  Jedes  hatte 
einen  Amtsnamen,  mit  dem  es  allein  be- 
nannt ward.  Diese  Namen  waren  durch- 
weg hebräisch.  Daneben  waren  noch 
Deputierte  von  je  zehn  Meisterschaften 
bei  der  Obermeisterschaft,  sowie  der  letz- 
tem bei  dem  Provinzkapitel,  endlich  Re- 
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50 


Asiatische  Brüder. 


präsentauten  der  Provinzen  am  General- 
kapitel vorhanden.  Über  den  Geschäfts- 
fing,  die  Abfassung  der  Schreiben  und 
rlasse,  welch'  letztere  alle  nach  der 
Ordenshierarchie  von  Stelle  zu  Stelle  des 
Ordens  gingen  und  an  jeder  Stelle  abge- 
schrieben werden  mussten,  ja  sogar  die 
Titulaturen  waren  die  genauesten  Vor- 
schriften gegeben.  Bei  der  Aufnahme  wurde 
nichts  bezahlt;  die  Kosten  wurden  auf  alle 
gleichmässig  verteilt.  Nur  für  die  Stif- 
tungsurkunden  der  Meisterschaften  u.  8.  w. 
musste  eine  Taxe  bezahlt  werden,  die  von 
7  bis  zu  50  Dukaten  (beim  Generalkapitel) 
stieg.  Die  Kleidung  war  nicht  minder 
vorgeschrieben;  auf  den  untern  Stufen 
herrschte  die  schwarze,  auf  den  hohem 
die  rote  Farbe  vor;  an  Zeichen,  Kreuzen, 
Ketten  fehlte  es  nicht.  Die  Jahreszählung 
des  Ordens  beginnt  von  der  Erneuerung 
durch  Johannes  den  Evangelisten  (!),  d.  h. 
vom  J.  40  n.  Chr.  —  Im  J.  1782  wurde 
von  Seite  des  grossen  Synedrions  das  System 
der  Bitter  und  Brüder  des  Lichts  als  auf- 
gehoben und  für  null  und  nichtig  erklärt 
und  an  dessen  Stelle  der  Orden  der  A.  B. 
in  Wien  verkündet.  Bei  dieser  Gelegen- 
heit wurden  —  heisst  es  —  laut  des  von 
Br.  Obadia  (Karl  A.  L.  Bischof,  Verfasser 
von  »Die  Allmacht,  Weisheit  und  Güte 
des  Schöpfers  in  den  Werken  der  Natur«, 
(Nümb.  und  Sulzbach  1797,  1805);  gest.  23. 
Jan.  1814)  seitens  des  grossen  Synedrions 
ausgefertigten  und  aus  den  Händen  des 
Br.  Ghacham  Algibor  Hamerini  (Karl  von 
Hessen)  empfangenen  Creditivs  und  zu- 
folge des  auf  Befehl  des  grossen  Syne- 
drions am  13.  Tage  des  10.  Monats,  am 
7.  Tage  .nach  dem  Feste  Johannis  des 
Evangelisten  im  Jahre  der  Beform  1743 
(mithin  am  3.  Jan.  1784)  und  des  unter 
Leitung  Obadias  zwischen  den  Brüdern 
Ben  Jachin  (Ek^ker),  Scharia  (Schönfeld) 
und  Nathan  (Grat  De  La  Tour)  abge- 
schlossenen »Vereins«,  diese  drei  Brü- 
der »mit  Einschluss  eines  jedesmaligen 
zeitlichen,  ordentlich  erwählten  und  er- 
klärten obersten  Ordensgrossmeisters,  zum 
kleinen  Synedrion  als  das  erste  Oberhaupt 
des  Ordens  in  Europa  mit  allen  denBechten, 
Vorzügen,  Ehren,  Würden,  Ansehen,  Macht 
und  Gewalt  vor  itzt  und  zu  ewigen  Zeiten 
feierlich  eingesetzt.«  Die  Würde  des  Gross- 
meisters übernahm  Graf  Sinzendorf  (He- 
mon),  während  Ecker  die  Würde  des 
obersten  Ordenskanzlers  und  Ordenslehrers 
bekleidete,  durch  dessen  Hände  alles  den 
Orden  Betreffende  zu  gehen  hatte  und  der 
alles  leitete.  Im  Bimge  ihm  äusserlich 
gleichgestellt  waren  die  beiden  obersten 
Visitatores  und  Ordenslehrer  Schönfeld 
für  die  Provinzen  im  Osten  und  Süden, 
Graf  De  La  Tour  aber  für  die  im  Westen 
und  Norden.  Die  Stelle  des  Schriftführers 
bekleidete  Bischof  —  Unter  dem  Schutze 
Sinzendor&  breitete  sich  der  Orden  sowohl 
in  Wien  und  allen  österreichischen  Staaten, 


als  auch  ausserhalb  Österreichs  schnell  aus. 
Trotz  der  Widersinnigkeiten,  die  das 
Ordenssystem  enthielt,  und  trotz  der  Wider- 
sprüche, in  die  es  mit  sich  selber  geriet, 
fand  es  überall  Beifall  und  grossen  Zu- 
lauf, weil  man  auch  Juden  als  »uralte  echte 
Brüder  aus  Asien«  aufnahm.  Aber  auch 
viele  hochgestellte  Männer  und  »fast  alle 
Grossen  des  Beichs«  wusste  Ecker  in 
sein  Garn  zu  ziehen.  Als  sein  erklärter 
Protektor  galt,  ausser  Graf  Sinzendorf, 
noch  Karl  Fürst  Liechtenstein,  die  ihm, 
ersterer  jährlich  1200  fl.,  letzterer  aber 
2000  fl.  auswiurfen,  wovon  er,  ungerechnet 
der  Aufhahmegelder,  die  in  seine  Tasche 
flössen,  vortrefflich  leben  konnte.  Nach* 
gerade  erschien  nicht  nur  der  Bosenkreuz- 
orden,  sondern  auch  der  Freimaurerbund 
ernstlich  bedroht,  und  der  Landesgross- 
meister und  zugleich  rosenkreuzerische 
Oberhauptdirektor  Graf  Dietrichstein  hielt 
es  für  seine  doppelte  Pflicht,  gegen  Ecker 
und  dessen  Orden  alles  mögliche  anzu- 
bieten. Er  schilderte  ihn  in  allen  Logen 
als  Betrüger  und  Aftermaurer  und  brachte 
es  dahin,  dass  er  nicht  als  ordentliches 
Mitglied  der  Wiener  Logen  erkannt  wurde. 
Ebenso  zeigte  Dietrichstein  dem  Begie- 
rungs-  und  Polizeipräsidenten  Graf  Pergen 
an,  dass  er,  der  für  das  Gebahren  aller 
echten  Freimaurerlogen  der  Begierung 
gegenüber  die  Haftung  übernommen  hatte, 
mr  die  Logen  Eckers  und  deren  Mit- 
glieder nicht  gutstehen  könne.  Allein 
vergebens:  Ecker  erfreute  sich  eines  zu 
grossen  Anhangs  und  seine  Stellung  schien 
unerschütterlich.  Mit  gleich  ungünstigem 
Erfolg  versuchte  Dietrichstein  dem  Grafen 
Sinzendorf  die  Augen  zu  öffnen.  Der 
Samen  fiel  aber  nicht  auf  ganz  unfrucht- 
baren Boden.  Das  Treiben  Eckers  ward 
dem  Grafen  Sinzendorf  nachgerade  denn 
doch  zu  bunt,  und  am  4.  Jan.  1785  legte 
er  seine  Würde  nieder,  nachdem  Schön- 
feld und  De  La  Tour  schon  vorher  aus 
dem  Synedrion  ausgetreten  und  dies  mittels 
Umlaufs  des  grossen  Synedrions  vom  7.  Okt. 
1784  im  Dez.  1784  aufgelöst  worden  war. 
Zugleich  wurde  verfügt,  dass  dasselbe  mit 
Beiziehung  älterer  Brüder  neu  zu  bilden 
sei.  Wer  diese  Brüder  gewesen,  die  das 
neue  kleine  Synedrion  bildeten,  ist  nicht 
bekannt,  es  haben  sich  zumeist  bloss  die 
Ordensnamen  erhalten.  Es  sind  deren 
sieben,  darunter  auch  Ecker  und  Bischofl 
femer  der  Bruder  des  Stifters,  Hans  Karl 
Frh.  V.  Ecker  und  Eckhoffen  (s.  d.),  der,  als 
sich  der  Orden  so  glänzend  gestaltete,  von 
Hamburg  nach  Wien  kam  und  unter  dem 
Namen  Israel  ein  Ordensoberer  wurde;  so- 
dann der  Jude  Hirschfeld  (Marcus  ben 
Bina),  von  dem  die  kabbalistischen  Bich- 
tungen  des  Ordens  herrühren;  schliess- 
lich Oberleutnant  Meltzer  (Jakton),  Vor- 
stand der  Wiener  Obermeisterschaft.  Das 
neue  Synedrion  ordnete  die  unentbehr- 
liche Aufnahme  und  Mitteilung  der  Ordens- 
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Asiatische  Brüder. 


51 


geheimnisse  an  und  verfügte ,  dass,  nach- 
dem das  bisherige  einzige  ^ovinzialkapltel 
von  Osten  (Österreich)  in  Wien  (Tessa-r 
lonich)  die  ganze  Provinz  nicht  überwachen 
könne,  am  22.  März  1785  in  jedem  Kron- 
lande ein  eignes  Provinzialadministra- 
tionskapitel  einzurichten  sei  mit  einem 
Provinzialadministrator  an  der  Spitze. 
Durch  diese  Verfügung  wurde  der  Orden 
ii^  der  ganzen  Monarchie  erst  recht  eigent- 
lich organisiert  und  nahm  nun  ungeheure 
Ausdelmung  an,  so  dass  der  Bestand  des 
Freimaurerbundes  bedroht  schien  und  Ab- 
hilfe nachgerade  dringend  geboten  war. 
Dietrichstein  veranlasste  daher  den  Kaiser 
zur  Ausgabe  der  bekannten  freimaurerischen 
Verordnung  (11.  Dez.  1785),  die  zwar  auch 
die  Freimaurerei  einschränkte,  den  Asiati- 
schen Orden  aber  geradezu  unmöglich  zu 
machen  berufen  war.  Der  Orden  löste  sich 
auch  bald  auf,  und  die  Brüder  Ecker  nebst 
Hirsehfeld  reisten  nach  Hamburg,  wo  sie 
eine  Obermeisterschaft  errichteten.  Dieser 
gehörten  an:  Oberpräsident  v.  Gabler  in 
Altona,  Superintendent  Dr.  Schienmaier 
in  Lübeck,  mehrere  Offiziere,  Ärzte,  Ad- 
vokaten und  israelitische  Kauf  leute.  Hier- 
auf durchzog  der  Stifter  mehrere  Länder 
und  legte  eine  Menge  Asiatenkolonien  an, 
80  auch  in  Hannover.  Auch  andre  Brüder 
trugen  zur  Verbreitung  des  Ordens  bei, 
so  ein  preussischer  Premier! eutnant  a.  D., 
ein  Intimus  Eckers,  in  Preussen,  und  der 
kgl.  schwedische  Geschäftsträger  beim 
Wiener  Hof,  Lorenz  v.  Engeström  in 
Schweden,  wo  das  Ordenssystem  sich  allem 
Anscheine  nach  am  längsten  gehalten  hat; 
denn  noch  im  J.  1802  wurde  der  bekannte 
Bohemann  (s.  d.)  wegen  asiatischer  Ordens- 
umtriebe  in  Haft  genommen  und  in  Unter- 
suchung gezogen.  Weit  wichtiger  für  Ecker 
und  sein  System  aber  war  die  Gewinnung 
des  Herzogs  Ferdinand  von  Braunschweig 
(s.  d.),  den  Ecker  sowohl  von  der  Vortreff- 
lichkeit seines  Systems,  als  auch  von  der 
Lauterkeit  seiner  Absichten  und  von  seiner 
Bechtschaffenheit  derart  zu  überzeugen 
vermochte,  dass  der  Herzog  sich  ver- 
anlasst sah,  die  Ehrenrettung  Eckers  zu 
unternehmen.  Er  gab  am  15.  Aug.  1786 
die  Erklärung  ab,  er  habe  Gelegenheit  ge- 
habt, diesen  Mann  persönlich  kennen  zu 
lernen,  sich  »von  seinen  Grundsätzen,  in- 
Äofem  solche  auf  das  Wesentliche  der 
Maurerei  Bezug  haben,  auf  das  genaueste 
zu  unterrichten«,  und  oabei  gefunden,  dass 
«solche  sowohl  mit  den  Pachten  unsrer 
allerheiligsten  Beligion,  als  auch  mit  den- 
jenigen, die  wir  als  Bürger  jedes  Staats 
zu  beobachten  haben,  in  der  strengsten 
Übereinstimmung  stehen  und  auch  nicht 
den  entferntesten  Anschein  einer  gefähr- 
lichen Lehre  enthalten«.  Der  Herzog  fand 
fiich  demnach  in  seinem  Gewissen  ver- 
bunden, azur  Steuer  der  Wahrheit  und  zur 
Kettung  des  auf  eine  ungegründete  Weise 
angefochtenen  guten   Namens  Eckers   zu 


erklären,  dass  er  die  nachteiligen  Gerüchte, 
die  sich  auf  seine  Bechnung  in  der  mau- 
rerischen Welt  verbreiteten,  für  erdichtete 
Verleumdungen  seiner  Feinde  ansehe,  ,ihn 
aber  als  einen  würdigen  Bruder'  erkenne, 
der  nicht  nur  seine,  ,sondern  auch  die 
Hochachtung  aller  derer  in  einem  hohen 
Grade  verdiene,  die  ihn  näher  zu  kennen 
und  seine  Lehren  zu  prüfen  die  Gelegen- 
heit und  das  Glück  haben  würden*.«  Von 
dieser  Bescheinigung  seiner  Ehrenhaftig- 
keit machte  Ecker  den  weitgehendsten 
Gebrauch,  indem  er  diese  drucken  und 
allen  Logen  zugehen  Hess.  Mit  diesem 
Ehrenschein  in  der  Tasche  fand  er  sich 
sodann  wieder  in  Wien  ein,  bemüht,  den 
Orden  zu  neuem  Leben  zu  erwecken.  Dazu 
war  alle  Aussicht  vorhanden.  Viele  Mit- 
glieder hielten  noch  zu  seiner  Fahne,  das 
Keformpatent  aber  wurde  nicht  streng 
gehandhabt,  so  dass  man  es  anfangs  1787 
wagen  durfte,  wieder  freier  aufzutreten. 
Auf  die  Gunst  des  Herzogs  von  Brauu- 
schweig  gestützt,  trat  Ecker  selbst  als 
Grossmeister  auf  und  Hess  die  1785  ge- 
troffenen Verfügungen,  seitens  des  Gene- 
ralkapitels gezeichnet  vom  G^neralober- 
meister  Noa  (Bischof),  dem  G^neralkanzler 
Israel  (H.  K.  v.  Ecker)  und  dem  General- 
sekretär Riphat  (?),  am  8.  März  1787  im 
Druck  allen  Obermeisterschaften  zugehen, 
die  demzufolge  wohl  auch  zum  grössten 
Teile  wieder  in  Thätigkeit  traten.  Es 
liegen  jedoch  bloss  bezüglich  der  Prager 
Obermeisterschaft  Caschawia  (?)  einige 
Daten  vor.  Diese  hatte  schon  am  2.  De?. 
1784  StiftuHgsbrief  erhalten,  1787  aber 
wurde  ein  förmliches  Provinzialadministra- 
tionskapitel  von  Böhmen  errichtet,  dessen 
Petschaft  sich  erhalten  hat.  An  der  Spitze 
des  Kapitels,  sowie  der  Präger  Obermeister- 
schaft stand  Abt  Otto  Steinbach  v.  Kranich- 
stein, dem  sich  die  hervorragendsten  Frei- 
maurer Prags  anschlössen,  darunter  auch 
Graf  Kinigl,  Graf  Thun,  Jos.  Graf  Sweerts, 
Freiherr  Schmidburg  und  Universitätspro- 
fessor Ungar,  welch'  letzterer  jedoch  aus 
dem  Orden  entfernt  wurde  und  darum 
nach  dem  Tode  Steinbachs  ihm  am  meisten 
entgegenarbeitete.  In  Wien  hatte  der 
Orden  aufj^ehört,  nur  Bödeker  hielt  ihn  in 
einem  kleinen  Kreise  von  Brüdern  noch 
aufrecht  und  wusste  auch  den  Hauptmann 
Aigner  (s.  d )  in  Budapest  für  das  System 
zu  gewinnen.  Beide  korrespondierten  mit 
dem  Landgrafen  Karl  von  Hessen,  der 
dem  Orden  nach  wie  vor  ein  reges  In- 
teresse bewahrte.  [Hauptschrift:  Die  Brüder 
St.  Johannis  des  Evangelisten  aus  Asien 
u.  s.  w.  (Brl.  1808),  welche  die  relativ  vollstän- 
digste, freilich  nicht  richtig  geordnete 
Sammlung  der  Originalaktenstücke  des 
Ordens  enthält,  die  auch  teilweise  einzeln 
(Kloss,  Bibl.,  Nr.  2695—2703)  gedruckt 
wurden.  Nächstdem  ist  beachtenswert: 
Authentische  Nachricht  u.  s.  w.  (Kopen- 
hagen 1787)  und:  Der  Asiate  in  seiner 
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52 


Asien  —  Asträa. 


Blosse  (Bremen  1790).  Gegenschriften  zur 
Verteidigung  der  A.  B.,  von  dem  genannten 
y.  Ecker  anonym  herausgegeben,  sind:  Ab- 
fertigung u.  8.  w.  und :  Werden  und  können 
Israeliten  u.  s.  w.  (Hmbg.  1787—88);  blosse 
Auszüge  aus  den  vorstehenden  Schriften 
in  der  Beleuchtung  der  Truggestalten  u.s.  w. 
nPhiladelphia  1808),  S.  351  fg.,  und:  Das 
Ganze  aller  geheimen  Ordens- Verbindungen 
(Altbg.  1805),  S.  410  fg.  Vgl.  Abafi,  Gesch. 
der  Rosenkreuzer  MS.] 

ABlen.  In  Asien  ist  die  Freimaurerei 
zuerst  von  den  Engländern  verbreitet  wor- 
den, die  schon  1730  in  Kalkutta  eine  Lo^e 
errichteten;  ihr  folgten  bald  weitere  in 
Ostindien,  so  dass  dieses  Land  jetzt  an  Zahl 
seiner  Logen  das  ganze  übrige  Asien  weit- 
aus überragt.  Noch  vor  der  Mitte  des  18. 
Jahrh.  fasste  die  Freimaurerei  in  der  asia- 
tischen Türkei  Fuss,  1763  in  Niederlän- 
disch-Indien  durch  die  Holländer,  1767 
und  1771  in  China  und  auf  Ceylon  durch 
die  Engländer.  1809  entstand  die  erste 
Loge  in  den  Straits  Settlements,  1866  in 
Japan,  1868  in  Kotschinchina,  1870  auf 
den  Philippinen  und  1886  in  Tongking. 
Die  Mitgliedschaft  in  den  Logen  be- 
schränkt sich  aber  in  der  Hauptsache  auf 
die  Fremden;  die  Eingebomen  nalten  sich 
mit  Ausnahme  der  iSder  und  der  Syrer 
von  der  Freimaurerei  fem.  Es  giebt  auch 
z.  Z.  keine  Grossloge  in  A.,  die  Gross- 
loge der  Türkei  in  Smyma  und  die  von 
Persien  haben  nur  ein  kurzes  Dasein  ge- 
fuhrt. Alle  Logen  unterstehen  vielmehr 
europäischen  und  nordamerikanischen 
Grossloeen,  von  denen  die  von  England 
9  Distrikts^osslogen  und  die  von  Schott- 
land 2  Pro  vinzialgrosslogen  errichtet  haben. 
1898  bestanden  in  A.  240  Logen  unter 
folgenden  Grosslogen:  1)  Grossloge  von 
England:  9  Distriktsgrosslogen,  nämlich: 
Bombay  mit  27.  Pandschab  mit  20,  Madras 
mit  27,  Bengalen  mit  48,  Birma  mit  12, 
ostindischer  Archipel  mit  7,  Hongkong 
und  Süd-China  mit  8,  Nord-China  mit  6 
und  Japan  mit  4  Logen;  sodann  in  der 
asiatischen  Türkei  1.  auf  Cypem  2  und 
Ceylon  3,  zusammen  166  Logen.  2)  Gross- 
loge von  Irland:  auf  Ceylon  8  Logen. 
3)  Grossloge  von  Schottland:  2  Provin- 
zialgrosslogen,  nämlich  Syrien  mit  3  und 
Ostindien  mit  35  Logen  auf  dem  Festland 
von  Ostindien,  1  in  Aden,  1  in  Belutschistan, 
8  in  China  und  3  in  Japan,  zusammen  46 
Logen.  4)  Grossorient  von  Frankreich: 
5  Logen,  nämlich  2  in  Tongking,  1  in 
Kotsäinchina  und  2  in  der  asiatischen 
Türkei.  5)  Grossosten  der  Niederlande: 
14  Logen  inNiederländisch-Indien.  6)  Gross- 
orient von  Italien :  2  Logen,  nämlich  je  1 
in  der  asiatischen  Türkei  und  in  Hong- 
kong. 7)  Grossloge  Zu  den  drei  Welt- 
kugeln: 1  Loge  in  China.  8)  Grossorient 
von  Griechenland:  1  Loge  auf  Cypem. 
9)  Grossloge  von  Massachusetts:  1  Loge 
in  China.    10)   Grossloge  von  Kanada:    1 


Loge  in  der  asiatischen  TürkeL  Ob  die 
Logen  unter  den  spanischen  Grosslogen 
auf  den  Philippinen  noch  bestehen,  ist  un- 
sicher. Im  übrigen  s.  die  einzelnen  Länder. 

iBpiruity  8.  Saohender. 

iBpirantentafel,  s.  Vorsohlagstaf«!. 

Aflgoilatloii.  Nebhuth  inFHedberg  schlug 
1869  vor:  der  Freimaurerbund  solle  durch 
Aufnahme  des  Assoziationsgeistes  an 
frischem  Leben,  an  Ansehen,  an  Wirksam- 
keit und  Beteiligung  gewinnen.  Man  wollte 
mehr  thätige  Hilfe  in  allen  Notfällen  ein- 
führen, wie  sie  bereits  in  Amerika  (FZ. 
1868.  S.  233)  besteht.  Der  Gründungs- 
zweck ist  abgedruckt  Bh.  1869,  S.  172. 
Die  Sache  entspricht  aber  nicht  dem  idealen 
Zweck  der  deutschen  Freimaurerei;  auch 
ist  die  Wohlthätigkeit  ausserhalb  der  Logen 
in  neuerer  Zeit  so  ausgedehnt  in  Pflege, 
dass  diese  dagegen  verschwinden.  (Vgl. 
Wohlth&tigkeit.) 

Assmii,  J.  W.  V.,  früher  preussischer 
Hauptmann,  Mitglied  der  Loge  Zu  den 
drei  Weltkugeln  in  Berlin,  wurde  eifriger 
Anhänger  Zinnendorfs  (s.  d.)  und  trat  1785 
mit  dem  Plan  eines  neuen  maurerischen 
Systems  von  Grünstadt  (s.  d.)  auf,  mit  dem 
das  Projekt  einer  Leiningen-Westerburgi- 
schen  Lotterie  verbunden  war  und  für  &s 
er  einen  grossen  maurerischen  National- 
kongress  des  Deutschen  Reichs  zu  berufen 
beabsichtigte.  Er  starb  indess  schon  1787. 
[Kloss,  Annalen  der  Loge  zur  Einigkeit. 
S.  225.  Liersch,  Freimaurerei  in  Neuwied 
(1899),  S.  30,  41.1 

Agtor,  Joh.  Jacob,  Bauemsohn  aus 
Waldorf  bei  Heidelberg,  geb.  17.  Juli  1763. 
gest.  28.  März  1848  in  New  York,  wurde 
von  einem  nach  London  ausgewanderten 
Bruder  eingeladen,  ihm  zu  folgen.  So  zog 
er  1783  von  London  mit  musikalischen 
Instrumenten  nach  Baltimore,  wo  er  diese 
gegen  Pelze  vertauschte,  die  er,  nach  Eng- 
land zurückgekehrt,  mit  grossem  Nutzen 
verkaufte.  Später  liess  er  sich  in  New 
York  als  Pelzhändler  nieder  und  erwarb 
ein  Vermögen  von  20  Millionen  Dollar. 
Den  Armen  in  Waldorf  vermachte  er 
500001,  zur  Gründung  einer  öffentlichen 
Bibliothek  in  New  York  400000  |  und 
ausserdem  viele  wohlthätige  Stiftunffen. 
Er  war  Mitglied  der  Hollandloge  Nr.  8  in 
New  York,  aufgenommen  1790,  1797  deren 
erster  Aufseher,  1798  Meister  vom  Stuhl^ 
1798—1800  Schatzmeister  der  Grossen  Loge 
des  Staats.  [Vgl.  Mitteilungen  aus  dem  Ver- 
ein deutscher  Freimaurer  1,  2.  Heft,  S.  108.) 

Astrfta  ist  der  Titel  eines  freimaureri- 
schen Taschenbuchs  oder  Jahrbuchs  (s. 
Preste).  30  Bände:  1.  — 11.  Jahrgang, 
herausgeg.  von  Friedr.  v.  Sydow  (s.  d.),  1824 
bis  1845;  12. — 20.  Jahrgang  herausgeg.  von 
Aug.  Wilh.  Müller  (s.  d.)  und  Ludw.  Bechstein 
(s.  d.)  1846—1858;  21.— 80.  Jahrgang,  her- 
ausgeg. von  A.W.Müller  allein,  1859—1870. 
Neue  Folge:  1882,  bis  jetzt  herausgeg.  von 
Rob.  Fischer  (Lpz.,  bei  Br.  Zechel). 

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Astrologie  —  Atheismus. 


58 


Astroli^e.  Die  A.  oder  Sterndeutekunst 
machte  einen  Zweig  der  Astronomie  aus, 
und  soweit  man  in  deren  Geschichte  zu- 
rückgeht, findet  man  auch  Spuren  yon 
jener  mystischen  Lehre,  durcn  die  der 
Geist  des  Menschen,  sonst  überall  an  die 
engen  Schranken  des  Zeitlichen  gebunden, 
eine  andre  Welt  sich  zu  erschliessen 
wähnte.  Den  Kräften  des  Himmels,  die 
in  der  Wirkung  der  beiden  Gestirne,  die 
den  Tag  und  die  Nacht  regieren,  sich 
jedem  ohne  weiteres  kundthun,  glaubte 
man  einen  grossem  Einfluss  beilegen  zu 
müssen.  Der  Mensch  wurde  von  seiner 
Geburt  an  in  die  geheimnisvolle  Verbin- 
dung, die  der  gläubige  Sinn  zwischen 
Himmel  und  Erde  sah,  mit  verflochten, 
und  sein  ganzes  Wesen  und  Sein  sollte 
in  dem  Stand  der  Gestirne  eine  Er- 
klärung finden.  Was  anfangs  eine  Ahnung 
des  Gemüts  war,  sah  man  in  der  Erfah- 
rung bestätigt,  weil  man  es  wünschte;  und 
so  bildete  sich  durch  Überlieferung  eine  voll- 
ständige Lehre  aus,  die  durch  ihr  Alter 
und  den  Eingang,  den  sie  bei  verschie- 
denen Völkern  der  Vorzeit  (besonders  bei 
den  Chaldäem  und  Akkadem)  gefunden 
hatte,  ein  hohes  Ansehen  genoss.  Das 
Mittelidter  huldigte  der  A.,  und  nodi  weit 
über  dieses  hinaus  hat  sie  ihre  Anhänger 

fefunden  (z.  B.  einen  Tycho  de  Brahe  und 
[epler).  Auch  Melanchthon  gehört  zu 
ihren  eifrigen,  aber  nicht  blinden  Ver- 
teidigern. —  Auf  diesen  Einfluss  der  Ge- 
stirne stützte  sich  auch  die  Heilkunde  des 
16.  Jahrb.,  indem  sie  in  der  überkonunenen 
Lehre  von  Sympathie  und  Antipathie, 
durch  welche  die  Körper  aufeinander 
wirken,  sich  einen  Weg  bahnte  zu  neuen 
Heilmitteln,  wenn  die  gewöhnlichen  ihren 
Dienst  versagten.  So  hatte  die  A.  ein 
weites  Feld  erobert  Sie  war  nicht  bloss 
der  prophetische  Teil  der  Astronomie,  wie 
Melanchthon  ihn  nennt;  sie  ist,  nach  seiner 
Erklärung  ader  Teil  der  Physik,  der  be- 
stimmt, was  für  einen  Einfluss  die  Ge- 
stirne auf  die  Bildung  der  Temperamente 
haben;  er  wird  auch  im  Leben  bei  der 
Heilkunde  angewandt«.  —  Übrigens  gab 
es  schon  im  15.  Jahrh.  Gegner  der  A., 
z.  B.  Pico  V.  Mirandola;  ebenso  hatte  früher 
Basilius  (858)  den  Einfluss  der  Gestirne  in 
Abrede  gestellt  und  behauptet,  dass  man 
mit  dieser  Annahme  Gott  zum  Urheber 
aller  menschlichen  Vergehen  mache.  [Aus 
Bernhardt,  Phil.  Melanchthon  als  Mathe- 
matiker und  Physiker  (Wittenberg  1865), 
S.  42  fg.]  —  Li  mystischen  fireimaurerischen 
Schriften  wird  der  A.  nicht  selten  gedacht: 
auch  im  sog.  Freimaurerverhör  (s.  d.)  wird 
auf  die  Frage:  »Was  verbergen  und  ver- 
hehlen die  Maurer?«  unter  anderm  geant- 
wortet: »Die  Kunstj  zukünftige  Dinge  vor- 
herzusagen«, wobei  auch  mit  an  A.  zu 
denken  ist. 

Afltr^omie     (Sternkunde)     heisst     die 
WissenBchaft,  die  sich  mit  der  Beobachtung 


der  Himmelskörper  und  der  Bestimmung 
der  Gesetze,  denen  diese  unterthan  sind, 
beschäftigt.    Schon  Plato  sagt:  die  Augen 
seien  den  Menschen  um  der  A.  willen  ge- 
geben worden,   und  weist  damit  auf  die 
tiefere,  ethische  Bedeutung  des  Studiums 
dieser   Wissenschaft  hin.     Ln  sog.  Frei- 
maurerverhör (s.  d.)  wird  in  der  Antwort 
auf  die  Frage:  »Li  welchen  Künsten  haben 
die  Maurer  die  Menschen   unterwiesen?« 
u.  a.  die  A.  genannt.    Die  Kenntnis  der 
Al.  dient,   nach   einigen   freimaurerischen 
Systemen,    zur  Erlangung    eines  Begrifls 
von  dem  Wesen  des  unendlichen  Gebäudes, 
das  Gott  aufgeflüirt  hat.    Seitdem  ein  Ko- 
pemikus,   ein  Kepler,   Galilei  u.  a.   die 
Wunder  des  Himmels  dem  Auge  des  Erden- 
bewohners erschlossen  haben,   haben  die 
Maurer,  wie  alle  andern  gebildeten  Menschen 
gelernt,   die  Grösse   des  Schöpfers  nicht 
mehr  nach  irdischen  Massen,  sondern  an 
der  Unendlichkeit  des  Weltalls  selber  zu 
messen,  seine  Macht  und  Weisheit  immer 
mehr  zu  bewundem,  immer  tiefer  zu  ver- 
ehren und  zugleich  sich  selbst  nicht  nur 
als  Erdenbewohner,  sondern  auch  als  Welt- 
bürger zu  erkennen  in  höherm  und  um- 
fassenderem  Sinne,    als    es    jemals   den 
Völkern  des  Altertums  möglich  war.    [Vgl. 
Herder,   Ideen  z.  Philos.   d.   Gesch.   der 
Menschheit,   erstes  Buch  L    BZO.   1882, 
S.  132—138.    S.  auch  Wissensohaften.] 
Atelier,  s.  Bauhütte. 
Athelsrnng,  Gottesleugnung,  ist  die  Welt- 
anschauung, die  das  Bestehende  im  Sinne 
der     unbedingten     Einerleiheit     auffasst, 
nur   die   Existenz    der    Welt    anerkennt 
und  das  Dasein  Gottes  leugnet.     Dieser 
monistischen    Weltauffossung    steht    die 
dualistische  entgegen,   nach  der  es  zwei 
Existenzen  giebt,    Gott  und  Welt,    und 
diese  zwei  von  einander  verschieden  sind. 
Die   Freimaurerei  gründet  sich   auf  der 
dualistischen  Weltauffassung,   und   diese 
ist    bei    ihr   vor    dem    Auseinanderfallen 
durch  ihren  Theismus  geschützt,  nach  dem 
Gott  bei  aller  Übersinmichkeit  doch  inner- 
weltlich   besteht    und   wirkt.     Die  Frei- 
maurerei erhebt  gegen  einen  theoretischen 
Atheismus  keinen  sittlichen  Tadel,  wenn 
er  auf  dem  Wege  eines  redlichen,  wissen- 
schaftlichen Forschens  entstanden  ist;  aber 
sie   achtet   seine   Begründung   für  unzu- 
reichend und  nichts  beweisend  und  ihn 
selbst  daher  für  einen  Irrtum.  Von  einem 
Irrtum    hofit     sie    zur    Erkenntnis    der 
Wahrheit  führen  zu  können.    Einen  Irr- 
tum kann  sie  bemitleiden,  verzeihen,  ja, 
aus  Achtung  für  seine  Gründe  mit  einer 
gewissen  Duldung  behimdeln.     Was  sie 
aber  um  ihrer  selbst  willen  nicht  dulden 
darf,   das  wäre,   wenn  der  Atheismus  in 
ihrem    eignen   Gebiet    eine  massgebende 
und  herrschende  Stellung  einnehmen  und 
eine    grundlegende    Bedeutung    in    An- 
spruch  nehmen  wollte.     Das  erste  ihrer 
grossen  Lichter,   die  Bibel,  |ist  zwar  für 
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54 


Athelstan  —  Auerbach. 


sie  kein  Lehrbuch,  kein  Gesetzbuch, 
aber  ein  Symbol  von  grundlegender  Be- 
deutung, d.  h.  ein  tnatsächlicher  Pro- 
test gegen  die  Gottesleugnung,  eine  ent- 
schiedne  Ablehnung  des  Atheismus.  Bei 
atheistischer  Weltajoschauung  kann  Beli- 

fion  und  Religiosität  nicht  bestehen,  und 
och  gehört  Beli^on  zur  menschlichen 
Veranlagung  und  ist  einer  der  bedeutend- 
sten Hebel  menschlicher  Kultur.  Wenn 
auch  echt  sittliches  Thun  seine  Motive 
nicht  hernimmt  von  der  Furcht  vor  Strafe, 
von  der  Hoffiiung  auf  Lohn,  welche  beide 
der  höchste  Yergelter  in  seiner  Macht 
hat,  so  sind  dem  Menschen  doch  mit 
dem  Gottesglauben,  mit  den  intimen  Be- 
ziehungen des  menschlichen  Herzens  zu 
Gott  und  zu  seiner  die  Welt  überragenden 
Gotteswelt  die  Quellen  der  fruchtbarsten 
imd  mächtigsten  Motive  sittlichen  Han- 
delns aufgethan.  Gegen  den  praktischen 
Atheismus,  bei  dem  der  Mensch  sich  des 
Gottesbewusstseins  lediglich  aus  dem 
Grunde  entschlägt,  weil  es  ihn  in  seinem 
der  Sinnlichkeit  und  Unsittlichkeit  er- 
gebnen Leben  stört  und  ihn  in  seinem 
Gewissen  quält,  muss  die  Freimaurerei 
ihren  strengen  sittlichen  Tadel  erheben.  Für 
ihn  hat  sie  keine  Nachsicht,  keinerlei  Dul- 
dung. Britische,  amerikanische  u.  a.  Logen 
haben  die  Frage,  ob  Atheisten  aufgenommen 
werden  können^  stets  verneint  und  darum 
brachen  auch  die  genannten  mit  dem  Gross- 
orient von  Frankreich  (s.  d.)  den  Verkehr 
ab,  als  dieser  die  Vorschrift  des  Gottes- 
glaubens aus  der  Verfassung  entfernte. 
In  Deutschland  wird  nicht  nach  der  An- 
sicht des  Aufzunehmenden  über  Gott  ge- 
fragt; doch  lassen  die  Rituale  mindestens 
die  Annahme  dieses  Glaubens  als  selbst- 
verständlich erscheinen.  (S.  Gott.)  [Vgl. 
Marbach,  Atheismus  und  Freimaurerei: 
R.  1878,  Nr.  4  u.  5.  Bh.  1869,  S.  262; 
1868,  S.  187,  168,  267;  1867,  S.  181,  260; 
1881,  S.  105,  187;  1888,  S.  189,  246.  FZ. 
1868,  S.  57,  837;  1894,  8.  217.  L.  1890, 
S.  88.  Br.L.  1896—97,  S.  57.  H.  L.  1898, 
S.  2688.] 

Athebtan,  ein  angelsächs.  König  (925 
bis  940),  spielt  in  der  Zunftsage  der  eng- 
lischen Werkmaurer  die  Rolle  des  ersten 
königlichen  Beschützers  in  England.  Auch 
Anderson  (s.  d.)  giebt  ihm  darum  einen 
Platz  in  seiner  Geschichte  der  Maurerei 
und  dichtet  ihm  allerlei  Leistungen  an, 
von  denen  die  wirkliche  Geschichte  nichts 
weiss.    [Vgl.  unter  England  L] 

Atholt-Masoiis.  Die  »Ancient-Masons« 
(s.  d.)wurden  unter  der  Grossmeisterschaft 
des  Herzogs  von  Atholl  (Athol,  Athole) 
von  1791—1813  auch  »A.-M.«  und  ihre 
Logen  aAthoU-Lodges«  genannt,  während 
die  »Modems«  nach  ihrem  Grossmeister 
»Prince  of  Wales  Masons«  (1790—1818) 
Messen.  Derselbe  Herzog  von  Atholl  (der 
Vierte)  war  vorher  von  1775—1781  schon 
einmal  Grossmeister  der  »Alten«  gewesen, 


als  Nachfolger  des  dritten  Herzogs  von 
Atholl,  der  von  1771—74  an  ihrer  Spitze 
gestanden  hatte.  Eine  Übersicht  über  die 
Logen  der  »Alten«  haben  wir  von  Goiüd, 
The  Altholl  Lodges  (London  1879)  mit 
vielen  wichtigen  geschichtlichen  Einzel- 
heiten. 

Atlantis  (Nova),  s.  Baoon. 

Atwood,  Henry  C,  ein  in  der  äeuem 
Geschichte  der  nordamerikanischen  Frei- 
maurerei vielgenannter  Name,  geb.  13. 
März  1801  in  Woodbury,  Grafschaft 
Litchfield,  Connecticut,  gest.  20.  Sept.  1860 
in  Seymour,  Conn.,  wurde  1822  zum  Frei- 
maurer aufgenommen  in  der  Moming  Star 
Lodge  Nr.  47  in  Oxford,  Conn.  Bald  darauf 
zog  er  nach  der  Stadt  New  York  und  schloss 
sich  ausserdem  der  neuerrichteten  Mystic 
Lodge  Nr.  389,  zu  deren  Meister  vom  Stuhl, 
und  dem  Rising  Sun  Chapter  an,  zu  dessen 
Hohem  Priester  er  gewählt  wurde  (1827). 
1880  verlegte  A.  seinen  Wohnsitz  nach 
Oxford,  Conn.;  1831—34  bekleidete  er 
die  Ämter  des  Meisters  vom  Stuhl  der 
Moming  Star  Lodge  Nr.  47  und  eines 
Hohen  rriesters  im  Eureka  Chapter  Nr.  22. 
In  New  York,  wohin  er  1835  wieder  zog, 
war  er  von  1835—37  Vorsitzender  der 
York  Lodge  Nr.  367.  Als  wegen  einer 
ohne  Erlaubnis  der  Grossloge  von  meh- 
reren Töchtern  derselben  am  Johannisfeste 
1837  abgehaltnen  Prozession  diese  Logen 
zur  Rechenschaft  und  Strafe  gezogen 
wurden,  erstand  aus  ihnen  die  St.-Johns- 
Grossloge,  deren  Hauptleiter  und  Gross- 
meister A.  wurde.  Bei  der  1850  erfolgten 
Vereinigung  der  (Willard8-)Gros8loge  von 
New  York  mit  St -Johns- Grossloge  war  er 
besonders  thätig  und  wurde  von  ersterer 
als  Past-Grossmeister  anerkannt.  Schon 
1854  sagte  er  sich  mit  mehreren  Logen 
abermals  von  der  Grossloge  los  und  rief 
die  St.-Johns-Grossloge  wieder  ins  Leben. 
Auf  Grund  einer  durch  Foulhouze  von 
dem  Grossorient  von  Frankreich  über 
das  Meer  gebrachten  Vollmacht  suchte  A. 
im  Dez.  1852  das  Supreme  Council,  dessen 
Mitglied  er  früher  gewesen,  in  Flor  zu 
bringen  und  wurde  zu  dessen  Gross-Kom- 
mandeur erwählt,  an  die  Stelle  des  frei- 
willig zurückgetretnen  J.  L.  Cross.  Zur 
Verteidigung  (ueser  Einrichtung,  besonder^ 
dem  nördlichen  Supr.  Council  in  Boston 
gegenüber,  veröffentlichte  er:  Masonic 
Sentinel  (New  York  1852).  —  Ausserdem 
sind  von  ihm  mehrere  Streitschriften  im 
Literesse  der  St.-Johns-Grossloge  erschie- 
nen, z.  B.:  Circular  Letter  of  the  Gr. 
Master  of  St. -Johns  Gr.  Lodge  of  New  York, 
to  the  subordinate  Lodges  under  its  Juris- 
diction (New  York  1854). 

Auerbach  (St.  im  Königr.  Sachsen,8136  E.). 
Freimaurerklub  unter  der  Loge  in  Plauen, 
ffest.  27.  Se]>t  1866.  Mitgliederzahl  (1899): 
28.  Vers,  im  Hotel  zum  Braunen  Ross 
den   2.   Sonntag.     Ferien:    Mai   bis   Ok- 

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Anerbach  —  Aufhebung. 


55 


Anerbaeb,  l)£erthold^  hervorragender 
Schriftsteller,  geb.  28.  Febr.  1812  in  Nord- 
stetten  im  württembergischen  Schwarzwald, 
gest.  8.  Febr.  1882  in  Cannes,  war  zum 
jüdisch -theologischen  Studium  bestimmt 
und  wandte  sich  in  Tübingen,  München 
imd  Heidelberg  dem  Studium  der  Philo- 
sophie zu,  wurde  1837  wegen  Zugehörigkeit 
zur  Burschenschaft  zu  mehrmonatlicher 
Festungshaft  auf  dem  Hohenasperg  ver- 
urteilt und  begann  seine  litterarische  Lauf- 
bahn mit  der  Flugschrift  «Das  Judentum 
und  die  neueste  Litteratur«.  (Stuttg.  1886.) 
Aufsehen  erregte  1837  derEoman>Spinoza«, 
dem  sich  1889  «Dichter  und  Kaufmann« 
anschloss.  Seine  Stellung  in  der  Litteratur 
begründeten  indessen  erst  die  »Schwarz- 
wälder Dorfgeschichten«  (Mannheim  1848), 
die  heute  noch  ihren  Kang  behaupten. 
An  die  ersten  Dorfgeschichten  reihten  sich 
spätere  Folgen,  darunter  »Die  Frau  Pro- 
fessorin«, »Diethelm  vonBuchenberg«u.  8.w. 
Und  in  spätren  Jahren:  »Barf&ssele«, 
»Joseph  im  Schnee«  und  »Edelweiss«. 
Unter  seinen  grossem  Bomanen  sind 
»Auf  der  Höhe«  (Stuttg.  1865,  3  Bde.)  und 
»Das  Landhaus  am  Bhein«(das.  1868, 4 Bde.) 
die  bekanntesten.  A.  war  ein  be^isterter 
Anhänger  der  deutschen  Einheitsbestre- 
bungen und  die  Wärme  der  patriotischen 
Empfindung  durchglüht  die  meisten  seiner 
Werke.  An  dem  Vorparlament  in  Frank- 
furt hatte  er  teilgenommen,  später  ist  er 
als  praktischer  Politiker  wenig  mehr  her- 
vorgetreten. A.,  der  als  Jude  für  das 
Deutschtum  thätig  war,  musste  durch  die 
antisemitische  Bewegung,  die  während 
seiner  letzten  Lebensjahre  ihre  Orgien 
feierte,  besonders  schwer  getroffen  werden; 
sie  hat  ihm  in  der  That  die  letzte  Lebens- 
zeit vergiftet.  —  Freimaurer  wurde  A.  3.  Okt. 
1888  in  d£r  Loge  Zur  aufgehenden  Mor- 
genröte in  Frankfurt  a.  M.  Er  gehörte 
dieser  Loge  bis  zu  seinem  Lebensende  an. 
Am  24.  Febr.  1882  fand  dort  eine  Trauerfeier 
statt,  die  Jakob  Auerbach  leitete,  und  bei 
der  dessen  Sohn,  Fritz  Auerbach,  die  Ge- 
denkrede hielt.  [Vgl,  Bericht  über  die 
Trauerloge  (Frkf.  a.  M.  1882).  Bh.  1882, 
S.  67,  155.    H.  L.  Nr.  191.] 

2)  Jakob,  geb.  24.  Nov.  1810  in  Emmen- 
dingen (Baden),  gest.  31.  Okt.  1887  in 
Frankfurt  a.  M.,  studierte  in  Heidelberg 
Philosophie,  Philologie  und  Theologie, 
wirkte  als  Eeligionslehrer  in  Wiesbaden, 
als  Hauslehrer  in  Wien,  von  1843 — 79  als 
Lehrer  am  Philanthropin  in  Frankfurt  a.M., 
wo  er  auch  von  1848  an  als  Lehrer  des 
Hebräischen  am  Gymnasium  und  von  1865 
bis  1885  als  Leiter  der  grossenteils  nach 
seinen  Ajisichten  organisierten  Flersheim- 
schen  Erziehungsanstalt  thätig  war.  A. 
entfaltete  neben  seiner  bedeutenden  päda- 
gogischen auch  eine  hervorragende  schrift- 
stellerische Thätigkeit.  Seine  »Kleine 
Schul-  und  Hausbibel«  und  »Biblische 
Geschichten«  sind  noch  heute  im  Gebrauch. 


Eine  Studie  »Lessing  und  Mendelssohn« 
wurde  sehr  geschätzt.  Nach  dem  Tode 
seines  intimen  Freundes  und  Verwandten 
Berthold  Auerbach  (s.  d.)  veröffentlichte 
er,  einem  Wunsche  des  Verstorbenen  ent- 
sprechend, dessen  Briefe  an  Jakob  Auer- 
bach (Frkf  a.  M.  1884,  2  Bde.),  die  sich 
durch  40  Jahre  erstrecken.  Das  Erscheinen 
dieses  Buches  wurde  als  litterarisches  Er- 
eignis betrachtet.  A.  war  ein  scharfer 
Denker,  zugleich  aber  ein  edler,  mild  ur- 
teilender, dem  Höchsten  zugewandter 
Mensch.  Diese  Eigenschaften  bewies  er 
auch  in  seiner  freimaurerischen  Thätigkeit. 
Die  Aufnahme  in  den  Freimaurerbund 
fand  er  1.  Nov.  1843  in  der  Loge  Zur  auf- 
gehenden Morgenröte  in  Frankfurt  a.  M. 
1855  wurde  er  zum  Meister  vom  Stuhl 
dieser  Loge  gewählt,  dreimal  drei  Jahre 
lang.  In  der  Grossen  Mutterloge  des 
Eklektischen  .Bundes  bekleidete  er  nach- 
einander die  Ämter  des  zweiten  Grossauf- 
sehers, des  Grossredners  und  des  zugeord- 
neten Grossmeisters.  Er  vertrat  die  Gross- 
loge auf  mehreren  Grosslogentagen.  Be- 
sondere Verdienste  erwarb  er  sich  bei  der 
Verfassungsrevision  des  Eklektischen  Bun- 
des, sowie  durch  die  von  ihm  im  Auftrag 
der  Gr.  Mutterloge  ausgearbeiteten  gut- 
achtlichen Berichte  über  die  vom  Gross- 
logentag zur  Beratung  gestellten  Fragen« 
A.  gehörte  zu  den  führenden  Geistern  der 
Eklektischen  Grossloge.  Er  wusste  wie 
kein  Zweiter  GegensäUe  zu  vermitteln  und 
auszugleichen,  ohne  den  prinzipiellen  Stand- 
punkt zu  opfern.  Von  seinen  freimaure- 
rischen Arbeiten  seien  besonders  hervor- 
gehoben: »Goethe  und  die  Freimaurerei«, 
»Über  Lessings  Freimaurergespräche  Ernst 
und  Falk«,  »Nathan  der  Weise«,  »Fünfzig 
Jahre  sind  vorüber«,  femer  seine  Festrede 
bei  der  Säkularfeier  des  Eklektischen  Bun- 
des.   [Vgl.  FZ.  1887,  S  381.] 

Aiier8berg,KarlGraf,  geb.  1750  in  Wien, 
1775  k.  k.  Kämmerer  und  Hauptmann  bei 
Stein-Infanterie,  der  1789  als  Oberst  sich 
im  Türkenkriege  bei  Orsova  auszeichnete 
und  infolgedessen  den  M.-Theresien-Orden 
erhielt  und  zum  Generalmajor  ernannt 
wurde.  —  1775  Mitglied  der  Loge  Zu  den 
drei'  Adlern  in  Wien,  dann  Stifter  und 
1783—84  Meister  vom  Stuhl  der  Loge  Zu 
den  sieben  Weisen  in  Linz. 

Anenperg,  Johann  Baptist  Graf, 
Domherr,  später  Fürstbischof  zu  Passau, 
geb.  28.  Febr.  1745,  war  1785  Mitglied  der 
Loge  Zu  den  drei  Wassern  in  Passau. 

Anfenthaltsloge  nennt  man  die  Loge 
des  Orts,  an  dem  man  sich  aufhält,  im 
Gegensatz  zur  Heimatsloge,  in  der  man 
auf-  oder  angenommen  ist  und  alle  Rechte 
und  Pflichten  besitzt,  während  man  in 
jener  nur  als  ständig  besuchendes  Mitglied 
sich  bewegt. 

Auf  hebnng  einer  Loge  kann  durch  die 

Obrigkeit  oder  auch,  bei  den  unter  Grosfi- 

logen  (s.  d.)  stehenden  Tochterlogen,  durch 

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56 


Auflösung  -r-  Aufnahme  in  den  Frelmaurerbund. 


die  ihr  übergeordnete  Grossloge  verfügt 
werden.  Letzteres  pflegt  nur  ab  äusserste 
Massregel  bei  fortaauemder  oder  grober 
Überschreitung  der  maurerischen  Gesetze 
einzutreten.  Die  aufgehobne  Loge  yer^ 
liert  das  Becht,  maurerisch  zu  arbeiten 
und  irgend  welche  Versammlungen  in  ihren 
Bäumen  zu  veranstalten. 

Auf  ISsiing  einer  Loge  erfolgt  entweder 
freiwillig  oder  unfreiwüiig.  Die  freiwillige 
Auflösung  (Deckung^  beruht  auf  einem 
Beschluss  der  Mitglieder,  ist  jedoch  in 
manchen  Logenbünden  noch  an  besondere 
Voraussetzungen  geknüpft.  Die  unfrei- 
willige tritt  im  Falle  det  Aufhebung  (s.  d.) 
der  Loge  ein.  —  Die  wohlthätigen  Stif- 
tungen, die  bei  einer  aufgelösten  Loge  be- 
standen, werden  nach  den  dafür  vorhan- 
denen Hausgesetzen  oder  nach  allgemeinen 
Gesetzen  anderweit  verwaltet. 

AoftiahMe  in  den  Freimanrerbnnd  (auch 
Bezeption  genannt,  franz.  und  engl,  ini- 
tiation).  Die  Aufnahme  ist  an  gewisse, 
teils  materielle,  teils  formelle  Voraus- 
setzungen geknüpft  L  Aufnahmefähig- 
keit. 1)  Die  materiellen  Voraussetzungen 
(Erfordernisse)  sind  wiederum  a)  gesetz-, 
liehe.  Als  solche  steht  obenan  die 
Selbständigkeit,  d.  h.  Grossjährigkeit,  in 
Deutschland  21  Jahre  (in  I^eussen,  nach 
dem,  in  einzelnen  Punkten  von  den  drei 
altpreussischen  Grosslogen  noch  aufrecht 
erhaltnen  Edikt  von  1798,  25  Jahre),  bei 
Söhnen  von  Logenmitgliedem  18  Jahre 
(s.  Alter).  Auss^em  wird  verlangt  die 
freie  Verfügung  über  das  Vermögen,  die 
HandlungtOhigkeit  [vgl.  Bh.  1873,  S.  12; 
1875,  S.  115],  ein  guter  Buf  (»keine  un- 
sittlichen und  beschimpften  Leute«  — 
Alte  Pflichten  — )  und  männliches  Ge- 
schlecht («keine  Weiber«  —  Alte  Pflich- 
ten — ).  Über  Frauenauftiahme  und  Frauen- 
logen, sog.  Adopttonsmanrerei  (s.  d.).  Teil- 
weise wird  das  christliche  Beligionsbekennt- 
nis  verlangt,  nämlich  bei  dem  schwedischen 
System  (Schweden,  Norwegen,  Dänemark), 
in  Deutschland  bei  der  Grossen  Landesloge 
in  Berlin)  und  bei  der  Grossen  National- 
Mutterloge  Zu  den  drei  Weltkugeln  (s. 
Juden).  Als  zweifelhaft  gilt,  ob  Gebrech- 
liche aufzunehmen  sind.  In  den  alten 
Zünften  der  Maurer  und  Steinmetzen  war 
der  Ausschluss  in  Hinsicht  auf  die  wirk- 
liche Ausübung  des  Handwerks  selbst- 
verständlich. Man  nahm  das  seiner  Zeit 
hinüber  in  den  Freimaurerbund;  selbst 
noch  die  Alten  Pflichten  erwähnen  das 
unter  No.  IV.  Auch  wird  in  Amerika 
noch  teilweise  streng  darauf  gehalten  und 
die  mannigfaltigsten  Entscheidungen  der 
dortigen  Grosslogen  liegen  darüber  vor. 
In  Frankreich  war  man  schon  milder  ge- 
stimmt. Auch  in  England  liess  man  sich 
in  diesem  Punkte  nicht  durch  engherzige 
Bücksichten  leiten.  In  Deutschland  waren 
die  Stimmen  noch  in  Mitte  des  19.  Jahr- 
hunderts geteilt,   und  die  Grosse  Landes- 


loge von  Sachsen  hatte  9.  Mai  1854  die 
Aufnahme  von  Blinden  für  unzulässig  er- 
klärt, ebenso  die  von  Tauben  und  Taub- 
stummen. Ungefähr  zu  gleicher  Zeit  wurde 
inHamburg  einTaubstummer  aufgenommen, 
und  in  der  Loge  zu  Altenburg  war  bereits 
1842  ein  Blinder  aufgenommen.  Von  Ein- 
fluss  auf  die  Entscheidung  der  Frage  war 
die  Aufnahme  des  blinden  Königs  G^org  V. 
von  Hannover  am  14.  Jan.  1857.  [Vgl.  über 
die  gesetzlichen  Bestimmungen  in  Amerika, 
Frankreich,  England  die  vorige  Auflage  H, 
S.  165  fg.  unter  »Krüppel«,  v.  Groddeck 
und  Henne- Am  Bhyn,  Versuch  einer  Dar- 
stellung des  positiven  Freimaurerrechts« 
(Lpz.  1877)  S.  134  fg.],  Weiter  rechnen 
unter  die  gesetzlichen  Erfordernisse  die 
des  sog.  Sprengelrechts  (s.  d.  unter  II). 
Auch  österreichische  Beamte  sollen,  weil 
die  Freimaurerei  in  Österreich  verboten 
ist,  nach  einem  Beschluss  des  Deutschen 
Grosslo^ntags  von  1889  in  den  deutschen 
Logen  nicht  angenommen  werden,  b)  A 1 1  - 
gemein  und  selbstverständlich  sind: 
ein  gewisser  Grad  von  BUdung,  um  die 
Freimaurerei  überhaupt  verstehen  zu  kön- 
nen, Sinn  für  Höheres  und  Ideales,  Sinn 
und  Verständnis  für  Symbolik,  sittlicher 
Ernst,  Energie  und  Arbeitskraft,  Trieb 
zur  Unterordnung  unter  die  Mehrheit  und 
eine  Autorität.  [Vgl.  Bh.  1884,  S.  88. 
L.  X,  S.  98, 116;  1889,  S.  28].  Bei  einigen 
Logen  sind  noch  besondere  Vorschriften 
gegeben,  um  die  Aufnahme  solcher  zu  ver- 
hindern, die  in  Hinsicht  ihrer  religiösen 
Anschauungen  oder  politischen  Gesin- 
nungen nicht  genügende  Bürgschaft  geben. 
Dass  erklärte  Atheisten  nicht  A.  finden 
können,  ist  einleuchtend  (s.  Atheiamaa). 
Vor  allen  Dingen  soll  der  Eintritt  in  den 
Freimaurerbund  freiwillig  sein  und  nicht 
auf  Überredung  beruhen.  [Vgl.  Bh.  1873, 
S.  86;  über  die  Bedingungen  zur  A.  im 
allgemeinen  Bst.  B.  1882,  S.  58.]  — 
2)  Die  formellen  Voraussetzungen  der 
A.  sind:  a)  vorläufige  Mitteilung  an  die 
Suchenden  zur  Belehrung  über  das,  was 
sie  zu  erwarten  haben.  [VgL  Bh.  1868, 
S.  287;  1881,  S.  397.  Zd.  1889,  S.  83.] 
An  Stelle  dieser  amtlichen  Belehrung  kann 
dem  Suchenden  ein  entsprechendes  Schrift- 
chen gegeben  werden,  z.  B.  Beidl,  Der 
Freimaurerbund  (Wien  1874h  Fischer, Bob., 
Briefe  über  Freimaurerei  (4.  Aufl.,  Lpz.  1895) ; 
Findel,  Geist  und  Form  der  Freimaurerei 
(6.  Aufl.,  Lpz.  1898);  Henne -Am  Bhyn, 
Zehn  Fragen  und  Antworten  (5.  Aufl.  1882). 
b)  Lebenslauf-Beschreibung  nebst  Abgabe 
einer  Erklärung,  ob  die  A.  schon  früher 
anderswo  versudit  worden  ist.  (Vgl.  Bh.  1888, 
S.  236].  c)  Bürgschaft  eines  Mitglieds  der 
Loge,  in  der  die  A.  gesucht  wird  (s.  Bärge). 
d)  Prüfung  der  Vorschlagsf&higkeit  vor 
weiterer  Bekanntgabe  des  Gesudis  durch 
den  Logenvorstand  oder  den  Beamtenrat, 
damit,  fsMB  sich  wesentliche  Bedenken  er- 
geben, das  Gesuch  noch  rechtzeitig  zurück- 

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Anfiichtigen  und  Getreuen  —  Aufzüge. 


57 


ffezogeu  werden  kann,  e)  Bekanntgabe 
des  Gesuchs  an  die  Loge,  womit  das  hier 
und  da  übliche  Anschreiben  des  Namens 
des  Suchenden  an  die  Vorschl^stafel  (s.d.) 
und  Aufforderung  zur  Erkundigung  über 
den  Suchenden  in  Verbindung  steht, 
f )  Prüfung  des  Suchenden  über  seine  Ver- 
hältnisse und  sonstigen  Eigenschaften,  hier 
und  da  durch  einen  Prüfungsausschüsse 
deren  Mitglieder  teilweise  verschwiegen 
bleiben.  Diese  Prüfung  enthält  auch  die 
Bekanntgabe  des  Gesuchs  an  die  Logen 
des  Orts,  in  deren  Nähe  der  Suchende 
wohnt,  um  von  da  etwaige  Bedenken  zu 
hören.  In  Hamburg  und  in  Berlin  be- 
stehen besondere  Zentralstellen  zur  Ee- 
gistrierung  von  Aufnahmegesuchen.  (S. 
Auflknnftsstelle).  g)  Abstimmung,  Eu- 
gelung  (s.  d.),  die  nur  auf  ein  Jahr  gilt, 
worauf  sie  wiederholt  werden  muss. 
IIL  Die  Aufnahmehandlung  selbst 
findet  nach  einer  einleitenden  Vorberei- 
tung (s.  d.)  unter  sinnvollen  Gebräu- 
chen, feierlichen  Ansprachen  und  Ge- 
sängen statt,  die  jedes  empfängliche  Gemüt 
ergreifen,  indem  sie  ihn  darauf  hinweisen, 
di^  der  Freimaurer  über  dem  Hohen  und 
GK^ttlichen,  was  die  Menschen  einigt,  das 
Nichtige,  Zufällige  und  Menschliche  ver- 
gessen soll,  was  sie  trennt.  Nach  einer 
alten  Verordnung  sollen  auf  einmal  nicht 
mehr  als  fünf  Personen  aufgenommen 
werden.  Die  A.  erfolgt  in  besondem 
Fällen,  namentlich  bei  Fürstlichkeiten, 
historisch,  d.h.  so,  dass  die  ganzen  Ge- 
bräuche nur  in  erzählendem  Tone  vorge- 
tragen werden.  Die  A.  kann  auch  im 
Auftrag  einer  andern  Loge  erfolgen,  für 
die  sie  vorgenommen  wird  und  in  die  der 
Aufzunehmende  eintritt.  [Vgl.  über  die 
Ansprachen  undBitualeMarbach,  Agenda  J. 
(4.  Aufl.,Lpz.  1877);  E.Fischer,  Maurerweihe 
(2.  Aufl.,  Lpz.  1900)].  IV.  Nach  englischer 
Verfassung  wird  man  nur  in  den  Frei- 
maurerbund  überhaupt  aufgenommen,  wäh- 
rend der  Eintritt  in  eine  bestimmte  Loge 
nachfolgt.  In  andern  Ländern,  insbeson- 
dere in  Deutschland,  erfolgt  die  A.  in  die 
betreffende  Loge  und  in  den  Freimaurer- 
bund gleichzeitig.  Dem  Aufgenommenen 
wird  der  Logenpass  (s.  d.),  die  Verfassung 
der  Loge,  das  Mitgliederverzeichnis  (s.  d.) 
ausgehäiidigt,  oft  auch  noch  mehr.  Mit 
der  A.  wird  vielfach  eine  Tafelloge  (s.  d ) 
verbunden,  die  gewissermassen  zum  Auf- 
nahmeakt mit  gehört.  [Vgl.  E.  Fischer, 
Entwurf  zu  einem  Handbuch  für  die  Amts- 
thätigkeit  der  Logenmeister  (Lpz.  1891),  S. 
6—17.  Allgemeines  deutsches  Aufinahme- 
gesetz  v.J.  1884.  Findel,  Geist  und  Form  der 
Freimaurerei  (6.  Aufl^  Lpz.  1898),  S.  48,  48.] 
AaMehügen  und  Getreuen  (Orden  der), 
auch  Ordre  de  la  sinc^rit^,  ein  1762  in 
Koburg  gegründeter  Jünglingsbund  mit 
moralischen  Tendenzen  und  einigen  der 
Freimaurerei  nachgeahmten  Formen.  [Vgl. 
Bh.  1861,  Nr.  25.] 


Aufseher  (franz.  surveillant,  engl,  war- 
den)  heissen  die  beiden  ersten  hammer- 
führenden Beamten  jeder  Loge  nach  dem 
Meister  vom  Stuhl.  Sie  werden  als  erster 
und  zweiter,  in  England  als  senior  und 
junior  unterschieden.  Ihr  Amt  ist  dem 
der  Parlirer  in  der  Handwerksmaurerei 
nachgebildet.  ßQoss,  Die  Freimaurerei 
in  ih^r  wahren  Bedeutung,  S.  140  fg.]  Sie 
haben  für  die  Ordnung  und  den  regel- 
mässigen Gang  der  Arbeiten  in  Unter- 
stützung des  Meisters  vom  Stuhl  zu  sorgen 
und  zu  diesem  Behuf  namentlich  besondere 
rituelle  Verrichtungen  zu  üben;  auch 
vertreten  sie  der  Eeihe  nach  den  Meister 
vom  Stuhl  in  dessen  oder  seines  sonstigen 
Stellvertreters  Behinderung.  Nicht  minder 
liegt  ihnen  die  Überwachung  des  Ver- 
haltens der  Mitglieder  ihrer  Loge  ausser- 
halb der  letztem  ob.  Sie  bilden  mit  dem 
Vorsitzenden  Meister  und  dem  Schriftführer 
den  ausführenden  Logenvorstand  und  ver- 
treten die  Loge  mit  ihnen  nach  aussen. 
In  der  strikten  Observanz  hiessen  die  A. 
Vorsteher,  daher  sie  auch  in  einzelnen 
Logen  heute  noch  so  genannt  werden  ^  in 
denen  von  jener  Überreste  geblieben  sind, 
so  in  der  Loge  Minerva  zu  den  drei  Palmen 
in  Leipzig  und  in  Altenburg.  Auch  in 
Logen  nach  Fesslerschem  System  kommt 
die  Bezeichnung  noch  vor.  Nach  der 
Lehrart  der  Grossen  Landesloge  in  Berlin 
vergegenwärtigt  der  erste  A.  den  Verstand, 
der  zweite  das  Gemüt,  das  Herz,  das  Ge- 
wissen. [Vgl.  über  beide  A.  Bh.  1895,  S. 
105,  über  die  Stellung  des  zweiten  A.  zur 
Loge  FZ.  1854,  S.  401.] 

Aufsieht.  Die  maurerischen,  eigentlich 
ausser  der  organischen  Gliederung  der 
Logenwelt  stehenden  Freimaurervereine 
(s.  d.)  stellen  sich  meist  unter  die  A.  einer 
anerkannten  Loge,  die  darüber  zu  wachen 
hat,  dass  keine  Unregelmässigkeiten  in 
jenen  vorkommen  und  das  Ansehen  der 
Freimaurerei  keine  Gefahr  durch  sie  leide. 
Diese  A.  schliesst  in  der  Eegel  das  Eecht 
der  Bestätigung  der  Vorsitzenden,  oft  auch 
der  übrigen  Beamten  bei  den  Vereinen  in 
sich,  sowie  das  Eecht,  jährliche  Berichte 
über  die  Versammlungen  und  die  Thätig- 
keit  der  Vereine  zu  verlangen. 

Aofittge  von  Freimaurern  haben  in  Eng- 
land, Irland  und  Schottland  schon  früh 
stattgefunden  und  sind  noch  heute  in 
Grossbritannien,  wie  in  Amerika,  eine  sehr 
häufige  Erscheinung,  besonders  bei  Ge- 
legeimeit  von  Grundsteinlegungen,  zu 
denen  die  Freimaurer  mit  Vorliebe  heran- 
gezogen werden.  Die  Londoner  Grossloge 
hat  eine  Eeihe  von  Jahren  bei  der  Ein- 
setzung neuer  Grossmeister  grosse  Au£&üge 
veranstaltet,  indem  die  letztem  von  ihren 
Wohnungen  abgeholt  und  nach  dem  Ort 
der  Versammlung  begleitet  wurden.  Nach 
Anderson  (1738,  S.  112)  soll  ein  solcher 
A.  bereits  am  24.  Juni  1721  stattgefunden 
haben,  was  aber  sicher  nicht  wahr  ist, 
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58 


Auge  der  Vorsehung  —  Aurich. 


denn  die  Zeitnngen  wissen  nichts  davon. 
Auch  in  den  1723  beginnenden  Protokollen 
der  Grossloge  ist  bis  zum  Jahre  1780  nichts 
derartiges  zu  finden.  Zuerst  am  29.  Jan. 
1730  berichtet  das  Protokoll,  dass  der 
Grossmeister  Lord  Kingston  mit  seinen 
Grossbeamten  den  erwählten  Grossmeister 
Herzog  yon  Norfolk  aus  seinem  Hause 
abgeholt  und  mit  zahlreichem  Gefolge  von 
vornehmen  Brüdern  in  Kutschen  nach  der 
Halle  der  Grossschneider  geleitet  habe, 
wo  dann  ein  grossartiger  Zug  in  die  Halle 
stattfand,  nach  einer  im  Protokoll  genau 
beschriebnen  Ordnung.  Gleiche  oder  ähn- 
liche Beschreibungen  wiederholen  sich  in 
den  folgenden  Jahren,  und  für  den  24.  Juni 
1741  wird  noch  einmal  eine  neue  Ordnung 
des  Zugs  in  die  Festhalle  vorgeschrieben, 
die  bei  allen  zukünftigen  Festen  gelten 
soll.  Es  ist  klar,  dass  der  A.  von  1730 
der  allererste  gewesen  ist,  dass  also  alle 
Erzählungen  Andersons  von  frühem  A. 
dieser  Axt  erfunden  sind  (vgl.  Ander- 
son). Da  diese  öffentlichen  A.  durch 
Bemerkungen  in  den  Zeitungen,  sowie 
durch  Spottlieder  und  Karrikaturen  öfter 
lächerlicn  gemacht  wurden,  beschloss  die 
Grossloge  am  3.  April  1747  einstimmig, 
sie  fortan  wegfallen  zu  lassen  (An- 
derson-Entick  1756,  S.  248).  —  In  Dublin 
hat  bereits  am  24.  Juni  1725  ein  solcher 
A.  stattgefunden,  wie  ein  Zeitungsblatt 
vom  26.  Juni  1725  darüber  berichtet.  [Vgl. 
Crawley,  Caem.Hib.  Fase.  11  (Dublin  1896).] 
Von  weitem  derartigen  A.  in  Dublin  haben 
wir  keine  Kunde.  —  Die  Grossloge  in 
Edinburg  veranstaltete  am  30.  Nov.  1754 
einen  A.  von  mehr  als  400  Brüdern  mit 
Fackelbegleitung,  und  am  30.  Nov.  1886, 
dem  Tage  der  Jahrhundertfeier  der  Gross- 
loge, machten  die  Brüder,  fast  1000  an 
Zidil,  mit  mehrem  Musikkapellen  und  von 
400  Fackelträgern   begleitet,   einen   ganz 

gossartigen  Zug  durch  die  Stadt.  [Vgl. 
lurie,  History  (Edinburg  1859),  S.  116 
ü.  220.]  An  Grundsteinlegungen  hat  sich 
die  schottische  Grossloge  unzählige  Male 
in  hervorragender  Weise  beteiligt,  stets  in 
feierlichen  A.;  Laurie  zählt  von  1788  bis 
1858  nicht  weniger  als  48  solche  Feier- 
lichkeiten auf.  —  In  England  finden 
Grundsteinlegungen  noch  jetzt  sehr  oft 
statt,  bei  denen  selbst  der  Prinz  von  Wales 
als  Grossmeister  manchmal  erscheint.  Na- 
türlich tragen  alle  Brüder  dazu  ihre  mau- 
rerische Bekleidung.  —  Auch  in  andern 
Ländern  haben  gelegentlich  öffentliche  A. 
stattgefunden,  selbst  in  Deutschland,  wo 
man  im  allgemeineh  solchen  Schau- 
stellungen nicht  hold  ist.  In  Amerika 
sind  sie  an  der  Tagesordnung.  [Vgl.  FZ. 
1892,  S.  315.1  Weffen  des  Tragens  von 
maurerischer  Bekleidung  bei  öffentlichen 
A.  in  England  s.  noch  L.  1899,  S.  111. 

Äugt  der  Yonehniig,  ein  Auge  in  einem 
Dreieck,  ward  im  Mittelalter  über  die 
Kreuze  der  Kirchen  und  über  die  Hoch- 


altare gesetzt.  Dieses  A.  d.  V.  findet  sich 
auch  noch  in  den  Logen  verschiedner  Lehr- 
arten, zugleich  ^s  maurerisches  Sinnbild. 

Augsburg  (St.  in  Bayern,  81896  E.). 
1)  Hier  bestand  früher  die  Loge  Ludwig 
zum  halben  Mond,  gest.  1.  Febr.  1783 
vom  Eklektischen  Bunde;  sie  erlosch  17. 
Nov.  1785.  2)  Am  6.  Dez.  1817  wurde 
ein  Verein  eröffnet,  der  wahrscheinlich 
1831  wieder  einging.  3)  1849  —  50  ver- 
suchte man  wieder  einen  solchen  ins  Leben 
zu  rufen,  aber  ohne  Erfolg.  4)  1859 — 61 
fanden  Zusammenkünfte  statt.  5)  Am 
12.  Mai  1870  bildete  sich  ein  maurerisches 
Kränzchen,  aus  dem  die  Loge  Augusta 
unter  der  Grossloge  Zur  Sonne  am  4.  Dez. 
1872  entstand,  die  17.  Mai  1874  eingeweiht 
wurde.  Eignes  Logenhaus,  Schiessgraben 
30,  eingew.  24.  Okt.  1897.  Mitgliederzahl 
(1899):  117.  Vers.  Donnerstags.  Milde 
Stiftungen:  drei  mit  12000  M.  Kapital. 
Lokalgesetze  vom  14.  Juni  1877  und  27. 
Febr.  1896  mit  Ergänzung  vom  18.  Mai 
1897;  Bücherverzeichnisse  von  1891,  1895. 
(Bücherbestand  1600  Bände.)  [Vgl.  Klopper 
Festschrift  zur  25 jähr.  Gründungsfeier  una 
Logenhausein weihung  (1897).]  —  In  A.  be- 
stand auch  ein  Zirkel  der  Kosenkreuzer 
(s.  d.). 

Angustengtiltong,  eine  von  den  drei  alt- 
preussischen  Grosslogen  zur  Erinnerung 
an  den  Tag  der  silbernen  Hochzeit  des 
Prinzen  Wilhelm  und  seiner  Gemahlin 
Augusta  am  11.  Juni  1864  gegründete 
Stiftung,  um  würdigen  Brüdern  Freimaurern 
zur  Feier  ihrer  silbernen  Hochzeit  ein  An- 
denken an  diesen  Tag,  bestehend  in  einer 
silbernen  Denkmünze  mit  dem  Bilde  des 
Herrscherpaares  und  den  Namen  des  Jubel- 
paars, den  Bedürftigen  unter  ihnen  ein 
Geldgeschenk  und  ausserdem  bedürftigen 
Witwen  und  Waisen  verdienter  Maurer 
eine  Geldunterstützung  zu  gewähren.  Seit 
der  goldnen  Hochzeit  des  Kaiserpaares 
hat  <ue  Stiftung  insofern  eine  Erweiterung 
erfahren,  als  von  da  ab  auch  goldne  Denk- 
münzen an  Brüder,  die  ihre  goldne  Hoch- 
zeit feiern,  verteilt  werden  können.  [Vgl. 
HMW.  Nr.  20,  21,  166.] 

AuguBtlgeher  StU,  »Augustan  Stiele«, 
heisst  bei  Anderson  (s.  d.)  der  Baustil,  wie  er 
zur  Zeit  des  Kaisers  Augustos  hauptsäch- 
lich durch  Vitruvius,  »den  Vater  aller 
echten  Baumeister  bis  auf  diesen  Tag« 
(1723,  S.  25),  gepflegt  wurde.  Gleich- 
bedeutend damit  gebraucht  Anderson  die 
Namen  «römische  Maurerei«  (S.  29),  »rö- 
mische Baukunst«  (S.  38),  »alte  Baukunst« 
(S.  80).  Der  öft;er  wiederholte  Versuch, 
diesen  »A.St.«  in  geheimnisvoller  Weise  als 
eine  besondere  Form  geistiger  Freimaurerei 
auszudeuten,  muss  als  gänzlich  verfehlt 
aufgegeben  werden. 

Aumönler,  s.  Armenpflege. 

Anrieh  (St.  in  der  preuss.  Prov.  Hanno- 
ver, 5899  E.).    1^  Von  der  grossen  Mutter- 
loge Zu  den  drei  Weltkugeln  in  Berlin  aus 
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Auserwählte  Brüder  —  Auserwählter. 


59 


wnrde  hier  1779  eine  Loge  Zu  den  drei 
königlichen  Adlern,  gestiftet,  die  1813 
zu  der  Grossen  Loge  von  Holland  trat, 
aber  am  Ende  der  zwanziger  Jahre  ein- 
ring. 2)  Hiemächst  vereinigten  sich 
die  Überbleibsel  der  Logen  in  Emden. 
Leer  und  A.  und  stifteten  21.  Jan.  1842 
unter  der  Grossen  Loge  von  Hannover  die 
Loge  Zur  ostfriesischen  Union,  die 
18W)  nach  Emden  (s.  d.)  verlegt  wurde. 
3)  Jetzt  besteht  hier  seit  17.  Okt.  1878 
unter  der  Loge  in  Emden  ein  Freimaurer- 
kränzchen Zum  Upstalsboom.  Mit- 
gliederzahl (1899):  11.  Vers,  am  2.  Diens- 
tag im  Monat.    Lokal:  Hotel  Piqueurhof. 

AnserwUilte  Brfider,  der  9.  Grad  der 
Lehrart  der  Grossen  Landesloge  in  Berlin. 

Anserwilüte  CoSns  (Elus  CoSns  =  aus- 
erwählte PriesterJ,  ein  theosophisches 
Hochgradsystem,  aas  um  1764  von  Marti- 
nez  Pasqufüis  (s.  d.)  in  Lyon  erfunden  und 
dem  der  von  diesem  verfasste  Traitö  de 
la  redint^gration  des  ötres  cr^^  dans  leur 
primitive  propri^t^,  vertue  et  puissance 
spirituelle,  eine  Weltgeschichte  von  der 
Schöpftmg  bis  zur  Geburt  des  Erlösers, 
zu  Grunde  gelegt  wurde.  Zu  diesem  Hoch- 
gradsystem hatten  Frauen  Zutritt.  Es 
wurde  1768  von  Pasqualis  nach  Paris  ge- 
bracht und  gelangte  hier  unter  dem  Bei- 
stand des  Malers  van  Loo  um  1775  zur 
Blüte.  Es  bestanden  Logen  desselben 
ausser  in  den  beiden  genannten  Städten 
auch  in  Bordeaux,  Toulouse  und  Turin. 
Ausser  den  drei  symbolischen  Graden  hatte 
es  noch  sechs  höhere,  von  denen  der  fQnfte 
und  sechste  in  Thorys  Histoire  de  la  fon- 
dation  du  Grand  Orient  de  France  (Paris 
181,2)  S.  244  fg.  veröffentlicht  sind.  Im 
sechBten  musste  das  eidliche  Versprechen 
gegeben  werden,  der  katholisch-apostoli- 
schen römischen  Beligion  treu  zu  sein  und 
den  Brüdern  mit  Rat  und  Börse  beizu- 
stehen. Durch  Willermoz  (s.  d.)  kamen 
1778  noch  zwei  geheime  theosophische 
Grade  hinzu,  in  denen  das  kabbalistisch- 
alchemistische  System  des  Pasaualis  ver- 
edelt umgearbeitet  war.  [Vgl.  Thory,  His- 
toire, 8.  239  fg.  Kloss,  Geschichte  der 
Freimaurer  in  Frankreich  I,  287.  Lach- 
mann, Geschichte  und  Gebräuche  der 
Hochgrade  (Braunschweig  1866),  S.  101.] 

Aiuerwililte  der  Wahrheit  (Eins  de  la 
v^rit^),  ein  Hochgradsystem,  das  von  der 
1758  gestift^eten  Loge  La  parfaite  union 
in  Bennes  1776  eingeführt  wurde,  aber  nur 
in  wenigen  Logen  der  Nordprovinzen 
Frankreichs  Aufoahme  fand  und  schon 
Ende  des  18.  Jahrhunderts  erlosch.  Die 
Rituale  waren  von  einer  Kommission  ent- 
worfen, der  Mangourit  (s.  d.)  angehörte. 
Nach  seinen  Versicherungen  Thory  und 
Lerouge  gegenüber  beabsichtigte  man  in 
den  hohem  Graden  nur  eine  freimaure- 
rische  Elite  zu  schaffen  und  verwarf  alle 
auf  Eabbala,  Magie  und  dergl.  gegründeten 
Grade.   Ausser  vier  niedem,  die  drei  sym- 


bolischen enthaltenden  Graden  besass  dieses 
System  noch  acht  höhere.  Der  zwölfte  war 
der  des  Rosecroix  (s.  d.),  bis  zu  dem  die 
gewöhnlichen  Maurer  gefCihrt  wurden. 
Darüber  hinaus  lag  der  eigentliche  Bit  des 
Elus  de  la  v^rit^  in  zwei  Ordres.  [Vgl. 
Thory,  Histoire  de  la  fondation  du  Grand 
Orient  de  France,  S.  204.  Kloss,  Geschichte 
der  Freimaurer  in  Frankreich  I,  289.  Lach- 
mann, Geschichte  und  Gebräuche  der 
Hochgrade  (Braunschweig  1866),  S.  105.] 
Aiiserwihlter  (franz.  ^lu,  engl,  elect), 
der  allgemeine,  durch  vielfache  Zusammen- 
setzungen veränderte  Name  eines  weitver- 
breiteten Hochgrads,  der  in  Frankreich 
erftmden  wurde.  1)  Die  Idee  des  Grades. 
Sein  Inhalt  ist  eine  Fortsetzung  der  Le- 
gende von  der  Ermordung  Hirams  (s.  d.). 
Salomo  liess  sich  die  Bestrafung  der  drei 
Mörder  angelegen  sein.  Ein  Unoekannter 
machte  ihm  Mitteilung  von  deren  Aufent- 
halt. Durch  das  Los  bestimmte  Salomo 
neun  Meister,  die  er  A.  nannte,  zur  Aus- 
fahrung  der  Strafe.  Bei  Joppe,  in  der 
Nähe  einer  Höhle,  stiessen  sie  auf  zwei 
der  Übelthäter,  die  auf  der  Flucht  durch 
den  Sturz  in  eine  Schlucht  ums  Leben 
kamen.  Den  Hauptübelthäter  fand  der 
Anführer  der  neun  A.  in  der  Höhle.  Als 
sich  jener  entdeckt  sah,  gab  er  sich  selbst 
durch  einen  Dolchstoss  den  Tod.  Der  A. 
nahm  den  Dolch  zu  sich  und  labte  sich 
an  einer  aus  dem  Felsen  sprudelnden 
Quelle.  Die  Häupter  der  Übelthäter 
brachten  die  neun  bei  Nacht  nach  Jeru- 
salem. Salomo  gesellte  den  neun  noch 
sechs  zu,  so  dass  es  idsdann  15  A.  gab. 
Als  Dekoration  erhielten  sie  eine  schwarze 
Schärpe,  die  ihnen  von  der  linken  Schulter 
zur  rechten  Hüfte  ging  und  an  deren 
Ende  sich  ein  Dolch  mit  goldnem  Griff 
befand.  Sie  hatten  die  Aufsicht  über  den 
Bau  zu  fahren,  dem  König  Rechenschaft 
abzulegen  und  über  Maurer  zu  Gerichte 
zu  sitzen.  Ihre  Erkennungszeichen  ent- 
sprachen der  That,  die  sie  verrichtet  hatten. 
Der  Unbekannte,  ein  Hirte,  wurde  zum 
Maurer  ausgebilaet  und  unter  die  A.  auf- 
genommen. Um  für  andre  zum  Eintritt 
in  den  Grad  der  15  A.  Platz  zu  machen, 
liess  er  aus  diesen  durch  die  Brüder  zwölf 
auswählen,  die  dem  König  täglich  über 
den  Tempelbau  zu  berichten  und  den 
Werkleuten,  die  nach  Art  der  zwölf  Stämme 
Israels  in  zwölf  Abteilungen  geteilt  waren, 
den  Lohn  auszuzahlen  hatten.  Diesen  gab 
er  den  Namen  der  erhabenen  A.  2)  Die 
Geschichte  der  französischen  Maurerei 
weist  viele  Veränderungen  der  Grade  der  A. 
auf.  Die  Grade  der  neun,  der  15,  des 
Unbekannten  und  der  erhabnen  A.  kommen, 
aber  auf  verschiednen  Stufen,  vor  im 
Clermontschen  System  (s.  Clermont),  in 
dem  Rit  primitif  (s.  d.),  in  den  von  Thory 
benutzten  Archiven  der  Sammlung  des 
Metropolitankapitels  von  Frankreich,  in 
Pyrons  Sammlungen^  toKit^^^^ 


60 


Auskunftisielle  —  AnstraUen  und  Ozeamen. 


raXm  (s.  d.)  und  im  Kitas  von  Memphis 
(s.  d.).  Der  Bit  ^cossais  philosophiqne  (s. 
Bohottisoher  Bitu«)  hatte  einen  (zweiten) 
Instniktionsgrad  des  ^lu  philosophiqne 
und  einen  ^In  snprdme  oder  Tabemacle 
des  ^us  parfaits.  —  In  Holland  gab  es 
vor  der  Einführung  der  jetzigen  französi- 
schen Hochgrade  einen  achten  Kapitel- 
grad des  grand  ^lu.  Die  uitverkoren 
meesters  der  neuem  holländischen  Mau- 
rerei bilden  nur  eine  Art  Erkenntnisstufe 
(s.  Abteilungen). — In  Deutschland  kommen 
Grade  der  A.  unter  den  frühem  Hoch- 
graden der  altpreussischen  Grosslogen 
und  im  Zinnendorfschen  System  vor.  ' 
3)  Aus  der  Legende  zog  man  ur- 
sprünglich die  moralische  Lehre,  dass  die 
Strafe  dem  Vergehen  sicher,  wenn  auch 
bisweilen  langsam,  folge.  Doch  hat  man 
später  in  der  Erkenntnis  des  Unpassen- 
den und  Widerwärtigen  dieser  Legende 
und  der  Art  der  Erteilung  dieser  Grade 
ihr  einen  andern  Gedsuiken  abzuge- 
winnen gesucht:  In  den  Mördem  seien 
die  Menschen  zu  sehen,  die  durch 
Aberglauben  und  Irrtum  einen  verhäng- 
nisvollen Schlag  gegen  die  Wahrheit 
führten,  und  in  dem  Schwert,  das  sie  ent- 
hauptet, die  Fackel  des  Lichts,  mit  der 
man  seinen  Nächsten  erleuchten  und  so 
allen  Betrug  und  alle  Tyrannei  vernichten 
solle.  Die  einzigen  Waffen  des  Maurers 
seien  die  des  Wissens,  der  Vernunft  und 
des  Herzens.  [VgLDupont^s,  Oours  pratique 
de  Franche-MaQonnerie  IV,  244.  Manuel 
maconnique,  S.  285.  Maurerisches  Hand- 
buch, S.  164  und  Tafel  20  und  21  ] 

Auskniiftsstelle  der  Johannislogen  in 
Berlin  und  der  Provinz  Brandenburg  (früher 
»Zentralstelle  zur  Registrierung  von  Bei- 
tritts- und  Entlassungsgesuchen«)  bezweckt 
sichere  und  schnelle  Prüfung,  ob  die  zur 
Aufnahme  in  den  Freimaurerbund  Vorge- 
Bchlagnen  bereits  früher  vorgeschlagen 
waren,  aus  welchen  Gründen  die  Auf- 
nahme nicht  erfolgt  ist  und  weshalb  die 
sich  zur  Annahme  oder  Wiederaufnahme 
meldenden  Brüder  entlassen  sind.  Sie  be- 
steht seit  1894.  [Vgl.  B.  C.  1892/93,  S.  22. 
L.  1894,  S.  117;  1898,  S.  62.] 

Ausscheiden  eines  Freimaurers  aus  dem 
Maurerbunde  erfolgt,  ausser  durch  den 
Tod,  entweder  durch  freiwilligen  Austritt 
(s.  Deckpng)  oder  durch  Ausschliessung 
(s.  d.),  in  gewissen  Fällen  auch  durch 
Streichung  (s.  d.)  von  den  Mitgliederlisten. 

—  Der  freiwillige  Austritt  kann  sich  auch 
bloss  auf  Ausscheiden  aus  der  Loge  zum 
Zweck  des  Eintritts  in  eine  andre  Loge  durch 
Anns^me  (s.  d.)  beschränken,  in  welchem 
Falle  ein  Entlassungsschein  (s.  d.)  erteilt 
wird.  —  Durch  das  Ausscheiden  aus  dem 
Bunde  gehen  alle  Rechte  verloren,  die 
der  Bund  und  die  einzelne  Loge  gewährt. 

—  Die  Grossloge  von  London  entschied, 
dass,  wenn  einBmder  seinen  Austritt  aus 
der  Loge  erklärt,   diese  Erklärung  nicht 


wieder  zurückgenommen  werden  kann,  die 
Wiederaufnahme  mithin  das  ganze  gesetz- 
liche Verfahren  bedingt.  Auch  ist  ein 
freiwilliges  Ausscheiden  nicht  mehr  zu- 
lässig, sobald  ein  maurerisches  Verfahren 
^egen  das  betreffende  Mitglied  eingeleitet 
ist.  Übrigens  wird  mehrfach  ein  ein- 
seitiger Austritt  nicht  mehr  gestattet,  viel- 
mehr ist  nur  das  Gesuch  um  Entlassung  zu- 
lässig. [Vgl.F.Z.1887,S.277.  Bh.1887,  S.29.] 
Eine  Besonderheit  bildet  das  widerruf- 
liche Gastrecht  für  einfach  Entlassene. 
[Vgl.  Bh.  1893,  S.  257.]  Wegen  der  Gründe 
zum  Ausscheiden  vgl.  Zd.  1848,  S.  52,  181. 
Die  Entlassung;  ern>lgt  entweder  einfach 
oder  ehrenvoll,  letzteres  bei  besondem 
Verdiensten  des  Ausscheidenden  um  die 
betreffende  Loge  oder  die  Freimaurerei 
überhaupt. 

Aosscnliessiuig  (Exklusion)  eines  Mit- 
glieds des  Freimaurerbundes  aus  der  Loge 
ist  die  Form  des  Ausscheidens  (s.  d.),  (Üe. 
als  härteste  Strafe  wegen  maurerischer  oder 
gemeiner  bürgerlicher  Vergehen  eintritt. 
Sie  kann  bei  den  unter  maurerischen  Ober- 
behörden stehenden  Logen  in  der  Regel 
nur  von  den  erstem  gültig  ausgesprochen 
werden  und  setzt  ein  Verfahren  vor  dem 
Ehrenrat  (s.  d.)  voraus.  Die  Ausschliessung 
erfolgt  entweder  nur  aus  der  Loge  oder 
gleichzeitig  aus  dem  Bunde.  Sie  wird  ent- 
weder ausdrücklich  als  solche  in  dem  Mit- 
§liederverzeichnis  bemerkt  oder  der  Name 
es  Ausgeschlossenen  wird,  namentlich  bei 
geringem  Vergehen,  nur  aus  dem  Verzeich- 
nis weggelassen.  Wenn  die  Ausschliessung 
nur  auf  Zeit  erfolgt  (zeitweiliger  Ausschluss), 
nannte  man  ihn  und  nennt  ihn  noch  jetzt 
vielfach  Suspension. 

Aaftralien  und  Ozeanien,  In  A.  hat 
die  Freimaurerei  erst  im  19.  Jahrh.  Ein- 
gang gefunden,  und  zwar  von  Grossbritan- 
nien  aus.  Die  erste  australische  Loge 
wurde  1814  in  Sydney  (Neusüdwales) 
durch  die  irische  Grossloge  errichtet.  1823 
wurde  die  erste  Loge  in  Tasmanien,  1888 
in  Südauatralien,  1841  in  Victoria,  1842 
in  Westaustralien,  1843  in  Neuseeland 
und  1859  in  Queensland  eröffnet.  Die 
Zahl  der  Logen  vermehrte  sich  bald  be- 
trächtlich, so  dass  die  Grosslogen  von 
England,  Schottland  und  Irland  Distrikts- 
und Provinziallogen  in  den  einzelnen  Ko- 
lonien errichteten.  Bald  begannen  aber 
auch  Bemühungen,  unabhängige  Gross- 
logen zu  gründen,  wogegen  sich  indes 
die  britischen  Grosslogen  ablehnend  ver- 
hielten. Trotzdem  ging  man,  zunächst  1877 
in  Neusüdwales,  mit  der  Gründung  einer 
eignen  Grossloge  vor.  Diesem  Beispiel 
folgte  1883  Victoria,  1884  Südaustralien, 
und  1890  Tasmanien  und  Neuseeland.  Die 
britischen  Grosslogen  haben  schliesslich 
die  Anerkennung  aussprechen  müssen,  und 
so  besitzen  die  Mutterlogen  in  diesen 
Kolonien,  abgesehen  von  Neuseeland,  nur 
noch  wenige  Logen,  die  sich  den  einhei- 

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Auswandenrngskomitee  —  Autorität. 


61 


mischen  Grosslogen  nicht  haben  an- 
schliessen  wollen.  Neuerdings  will  man  auch 
in  Queensland  und  Westaustralien  selbstän- 
dige Grosslogen  bilden.  In  den  französischen 
Besitzungen  O.s  wurden  Logen  von  Frank- 
reich aus  gegründet,  und  zwar  1834  auf 
den  Gesellschaftsinseln,  1850  auf  den  Mar- 
kesasinseln und  1868  in  Neukaledonien, 
ebenso  1850  auf  Hawai,  wo  auch  die 
Grossloge  von  Kalifornien  zwei  Logen  er- 
richtete. Endlich  bestehen  auch  seit  1872 
britische  Logen  auf  den  Fidschiinseln. 
1898  bestanden  in  A.  und  O.  insgesamt 
808  Logen,  und  zwar  unter  folgenden 
Grosslogen:  L  Grossloge  von  Neusüdwales: 
191;  n.  Grossloge  von  Victoria:  170; 
111,  Grossloge  von  Südaustralien:  42; 
rV.  Grossloge  von  Tasmanien:  21 ;  V.  Gross- 
loge von  Neuseeland:  110;  VI.  Grossloge 
von  England:  144  (je  1  in  Neusüdwales 
und  Victoria,  28  unter  einer  Distrikts- 
Grossloge  in  Westaustralien,  52  unter  einer 
Distrikts-Grossloge  in  Queensland,  64  unter 
5  Distrikts-Grosslogen  in  Neuseeland,  8 
auf  den  Fidschi  inseln);  VEL  Grossloge  von 
Schottland:  99  (16  unter  einer  Provinzial- 
Grosslo^  in  Westaustralien,  52  unter  einer 
^rovinzial-Grosslo^  in  Queensland,  81 
unter  drei  Provinzial-Grosslogen  in  N'eu- 
seeland,  je  1  auf  den  Fidschiinseln  und  in 
Hawai);  Vm.  Grossloge  von  Irland:  26 
(1  in  Südaustralien^  19  unter  einer  Pro- 
vinzial- Grossloge  in  Queensland  und  6 
unter  einer  solchen  in  Neuseeland); 
IX.  Grossorient  von  Frankreich:  3  (je  1 
in  Neusüdwales,  Victoria  und  Neukaledo- 
nien);  X.  SuprSme  Conseil  von  Frankreich: 
1  in  Hawai;  XI.  Grosslo^e  von  Kalifor- 
nien: 1  in  Hawai.  Im  übrigen  s.  die  ein- 
zelnen Länder. 

Answandemiigskomitee  (maurerisches). 
Der  Gedanke,  die  Beschützung  deutscher 
Auswanderer  diesseit  und  jenseit  des 
Ozeans  zu  einem  besondem  Werke  der 
Freimaurerei  zu  machen,  war  zuerst  von 
E.  Bobrik  in  Zürich  1840  in  einem  Fest- 
schreiben an  die  Grosse  Loge  in  Hamburg, 
«inige  Jahre  später  in  der  Loge  Karl  und 
Charlotte  zur  Treue  in  Offenbach  angeregt 
worden,  wurde  aber  erst  1848  seiner  Aus- 
führung näher  gebracht  durch  Dr.  med. 
Rosalino,  Mitglied  der  Loge  Sokrates  in 
Frankfurt  a.  M.,  der  in  der  Sitzung  der 
Eklektischen  Grossloge  vom  24.  Nov.  1848 
beantragte,  dass  die  Grossloge  die  Aus- 
wanderungsangelegenheit einstweilen  in 
die  Hand  nehme.  Die  Grossloge  beschloss 
auf  den  Antrag  eines  dazu  eingesetzten 
Ausschusses  8.  Jan.  1849,  sich  vorläufig 
als  Mittelpunkt  für  diese  Thätigkeit  zu 
erklären  und  ein  Mitglied  des  Bundes,  G. 
Fischer  in  Darmstadt,  der  im  Begriff  stand, 
nach  New  York  abzureisen,  mit  Einlei- 
tungen zur  Gründung  eines  solchen  Vereins 
ift  New  York,  New  Orleans  und  Louisville 
zu  beauftragen,  auch  sämtliche  deutsche 
Logen  und  Grosslogen  zum  Beitritt,  zur 


Beitragszeichnung  und  sonstigen  thatsäch- 
liehen  Unterstützung  (namentlich  an  Ein- 
schiffui^orten)  aufzufordern.  Der  vorge- 
nannte Ausschuss  konnte  auch  bereits 
Johannis  1849  die  Anmeldung  von  19  Logen 
und  die  Einsendung  von  Geldbeiträgen  an 
zusammen  830  Fl.  berichten.  Allein  im 
Laufe  des  folgenden  Jahres,  bis  Johannis 
1850,  traten  nur  sechs  neue  Logen  bei, 
und  auch  der  nach  Amerika  abgesendete 
Beauftragte  fand  nur  sehr  vereinzelt 
Anklang  seiner  Bestrebungen.  Nur  die 
beiden  eklektischen  Logen  in  Hamburg 
errichteten  ein  Auswanderungskomitee. 
Ungeachtet  einer  erneuerten  Aulforderung 
an  die  deutschen  Logen  lehnte  man  fast 
allerwärts  aus  verschiednen  Gründen  den 
Beitritt  ab  und  vermochte  die  Aus- 
wanderungsfrage, wie  dies  auch  die  Grosse 
Landesloge  von  Sachsen  15.  Nov.  1850 
bestimmt  erklärte,  nicht  als  eine  beson- 
dere Sache  der  Freimaurerei  zu  betrachten. 
Der  Ausschuss  stellte  daher  25.  Aug. 
1851  seine  Wirksamkeit  ein.  und  der  vor- 
handne  Kassenbestand  wurde  teils  an  die 
17  Logen,  die  bis  dahin  Beiträge  gegeben 
hatten,  soweit  sie  es  verlangten,  anteilig 
zurückerstattet,  teils  an  die  deutschen  Ge- 
sellschafben in  New  York  und  New  Orleans 
verteUt.  [Vgl.  FZ.  1849,  S.  41,  57,  125, 
273.] 

Auswärtige  Mitglieder  einer  Loge  — 
im  Gegensatz  zu  den  einheimischen,  d.  h. 
den  am  Orte  der  Loge  oder  doch  in  dessen 
unmittelbarer  Nähe  wohnenden  —  sind 
nach  den  meisten  Logengesetzen  in  Deutsch- 
land nur  zur  Zahlung  geringerer  Beiträge 
als  die  einheimischen  verpflichtet,  haben 
aber  die  Pflicht,  binnen  eines  gewissen  Zeit- 
raums (gewöhnlich  eines  Jahw)  wenigstens 
einmal,  sowie  stets  bei  Veränderung  ihres 
Wohnsitzes  oder  ihrer  persönlichen  Ver- 
hältnisse ihren  Logen  Nachricht  zu  geben. 
Das  längere  (gewö^ich  mehrjährige)  Aus- 
bleiben solcher  Nachricht  hat  die  Strei- 
chung (s.  d.)  ihrer  Namen  aus  der  Logen- 
liste zur  Folge.  —  In  mehrem  deutschen 
Logen  besteht  die  Vorschrift  für  a.  M., 
sich  unter    den    einheimischen    ein   Mit- 

flied  zu  wählen,  das  ihnen  über  die  Ar- 
eiten  und  Vorfälle  in  der  Loge  von  Zeit 
zu  Zeit  Nachricht  erteilt. 

Autorität  bezeichnet  das  Ansehen,  das 
Menschen  unter  ihren  Mitmenschen  ge- 
messen und  durch  das  sie  einen  be- 
stimmenden und  Weg  weisenden  Einfluss 
auf  diese  ausüben.  Hohes  Alter,  bei  dem 
man  Erfahrung  und  Weisheit,  hohe  geistige 
Begabung,  richtige  Erkenntnis  und  reichen 
Wahrheitsbesitz  voraussetzen  darf,  einfluss- 
reiches, wichtiges  Amt  und  hohe  Geburt, 
materielle  Macht  und  Reichtum  sind 
geeignet,  dem  Menschen  unter  seinen  Mit- 
menschen Autorität  zu  verschaffen  und 
Urheber  ihres  Verhaltens  zu  werden.  Aber 
man  kann  viel  erleben,  ohne  recht  erfahren 
zu  werden.  Man  kann  geistig,  hoch  begabt 
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62 


Avignon  —  Babylonischer  Turm. 


sein  und  doch  in  Irrtümer  verfallen.  Man 
kann  ein  hohes  Amt  bekleiden  und  von 
hoher  Geburt  sein  und  persönlich  doch 
hinter  deren  Anforderungen  zurückbleiben. 
Man  kann  Macht  und  Reichtum  besitzen  und 
doch  wegen  deren  Anwendung  der  Ver- 
ehrung und  Beachtung,  der  Rücksichtnahme 
und  der  Unterordnung  seitens  seiner  Mit- 
menschen sittlich  unwert  sein.  Mit  dieser 
Erkenntnis  ist  in  neuem  Zeiten  der  Drang 
nach  Freiheit  und  Selbständigkeit  des 
Lebens  immer  mehr  zu  einer  Nichtachtung 
aller  Autorität  gelangt.  Da  jedoch  mit 
diesem  Drang  die  Reife,  die  Selbstzucht  und 
die  Fähigkeit  der  Menschen,  sich  selbst 
innerhalb  der  menschlichen  Gesellschaft  zu 
ordnen,  nicht  auf  gleicher  Höhe  steht,  so 
droht  diese  Autoritätsverachtung  der 
menschlichen  Gesellschaft  sehr  geShrlich 
zu  werden.  Ihr  wird  durch  Wiederher- 
stellung und  Beschirmung  der  Autoritäten 
in  der  Menschheit  ein  belangreicher  Dienst 
erwiesen,  und  in  diesem  Dienste  will  die 
Freimaurerei  mitthätig  sein.  Nicht  zwar 
auf  die  Worte  des  Meisters  will  sie  ihre 
Jünger  schwören,  aber  doch  dem  bewährten 
Wahrheitsforscher  und  Besitzer  die  Beach- 
tung als  einer  Autorität  einräumen  lassen. 
Ni<£t  von  der  leeren  Summe  der  Lebens- 
jahre lässt  sie  sich  beeinflussen;  aber  die 
lErfahrung  und  Weisheit,  die  das  Alter 
gesammelt  und  sich  angeeignet  haben  soll 
und  kann,  ist  ihr  ein  Besitztum  der  Mensch- 
heit, dem  Achtung  und  Verehrung  gebührt. 
Nicht  vom  gleissenden  Schein  vornehmer 
Geburt,  hohen  Standes  und  Amtes  lässt 
sie  sich  blenden;  aber  ihr  Träger  gilt  ihr 
als  einer,  der  mit  der  Darstellung  und 
Ausübung  einer  notwendigen  und  heil- 
samen sittlichen  Ordnung  betraut  ist,  und 
alle  Achtung  und  Unterordnung,  die  sie 
dieser  Person  widmet,  ist  im  Grunde  dieser 
sittlichen  Ordnung  erwiesen.  Alle  ge- 
nannten menschlichen  Ausstattungen,  wie 
auch  Schönheit,  Macht  und  Reichtum,  sind 
in  ihren  Augen,  weit  entfernt,  ein  Freibrief 
zu  sittlicher  Willkür  zu  sein,  vielmehr 
hohe,  ernste  Verpflichtungen,  und  in  die- 
sem Sinne  erkennt  sie  aucn  auf  ihrem 
eignen  Gebiete,  in  ihrer  Wissenschaft  und 
in  ihrer  Organisation,  willig  die  Bedeutung 
der  Autorität  an.  Die  Verehrung  und 
Beachtung,  die  sie  dem  alten,  erfahrnen 


Maurer  zollen  lehrt,  ermöglicht  den  heil- 
samen Einfluss,  der  von  der  Autorität  aus- 
geht, und  die  Ehrerbietung  und  der  Ge- 
horsam, zu  dem  sie  gegen  ihre  Beamten 
anleitet,  gilt  der  in  Wwirheit  und  Recht 
gegründeten  Autorität  des  Gesetzes.  [Vgl. 
L.  1884,  S.  169;  1889,  S.  17,  25,  84;  1897, 
S.  49.  Z.  1893,  S.  9.  Mitteilungen  aus 
dem  Verein  deutscher  Freimaurer  1884/85, 
S.  42.] 

AYigiion  (Hauptst.  des  franz.  Depart. 
Vaucluse,[1891]43453E.).  In  derGeschichte 
der  französischen  Maurerei  spielt  A.  eine 
nicht  unwichtige  Rolle,  indem  es  von  1740 
bis  zur  französischen  Revolution  der  be^ 
ständige  Sitz  alchemistischer,  theoso- 
phischer  und  kabbalistischer  geheimer 
Verbindungen  war,  die  sich  maurerischer 
Formen  bedienten.  Eine  scharfe  Verfol- 
gung traf  diese  22.  Juli  1757  durch  ein 
Mandat  des  Erzbischofs  von  A.,  Jos.  de 
Guyon  de  Crochans,  wider  die  Freimaurer 
[abgedr.  in:  Les  vrais  jugements  sur  la 
soci^t^  des  Francma9ons  (Brüssel  1752), 
S.  116  fg.,  und  Thory,  Annales,  S.  311  fgj, 
und  3.  Febr.  1775,  wo  der  Inquisitor  P. 
Mabille,  selbst  Freimaurer,  mit  gewaffneter 
Hand  die  Mfere-Loge  du  comtat  das.  über- 
fiel, die  sich  infolge  dessen  auflöste.  [Eloss, 
Geschichte  der  Freimaurer  in  Frankreich, 
I,  207,  231.]  —  Zu  den  vorstehend  ge- 
dachten Vereinen  gehörten  auch  die  sog. 
Illumin^s  d'Avignon,  ein  von  dem 
polnischen  Starosten  Hrabianka  (s.  d.)  das. 
1785  eingeführtes  System. 

Axen,  Otto  von,  Kaufmann  und  Ober- 
alter, geb.  26.  Juni  1757  in  Hamburg,  gest. 
das.  7.  Dez.  1831,  wurde  2.  Sept.  1784  in 
die  Loge  Absalom  das.  aufgenommen,  war 
1792—1804  Meister  vom  Stuhl  dieser  Loee, 
1816 — 1824  zugeordneter  Grossmeister  der 
Grossen  Loge  von  Hamburg  und  n^achte 
sich  um  den  Bau  des  Logenhauses  und 
die  Einrichtung  des  Freimaurerkranken- 
hauses sehr  verdient,  zu  dessen  Errichtung 
er  den  Vorschlag  machte  und  über  das  er 
den  »Ersten  Rechenschaftsbericht  und  die 
Verhaltungsregeln  für  die  Ärzte  und 
Beamten«  (Hmbg.  1796)  herausgab.  [Vgl. 
Brandt,  Geschichte  des  Alten  Logenhauses 
(Hmbg.  1891)  S.  37.] 
Azur,  s.  Blau. 


B. 


Babylonischer  Torm.  Die  im  Mittel- 
alter allgemein  verbreitete  Nachricht,  dass 
Nimrod  der  Urheber  des  Turmbaus  ge- 
wesen, hat  der  Verfasser  der  Geschichte 
der  Maurerei  im  Cooke  MS.  (vgl.  Eng- 
land I)  benutzt  und  erzählt,  Nimrod  habe 
den  Turm   von  Babylon   begonnen    und 


seine  Werkleute  die  Kunst  der  Maurerei 
gelehrt,  ihnen  auch  Pflichten  gegeben. 
Aus  dieser  Fassung  sind  die  spätem  durch 
verschiedne  Umarbeitungen  hervorge- 
gangen und  haben  daher  die  gleiche  Nach- 
richt weiter  vererbt,  so  dass  unter  den 
Werkmaurem  die  Überlieferung  entstand. 


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Bachoff  V.  Echt  —  Baden. 


63 


die  Erkennun^zeichen  seien  zuerst  beim 
Turm  von  Babylon  gegeben  worden.  So 
heisst  es  im  Sloane  MS.  im  zweiten  Frage- 
stück: »Wo  wTirde  das  Wort  zuerst  ge- 
geben?€  »Beim  Turm  von  Babylon».  Im 
»Grand  Mystery  Discovered«  (1724  und 
1725)  steht,  die  Maurer  hätten  »beim  Bau 
des  Turms  zu  Babel  und  beim  Tempel  zu 
Jerusalem«  ihre  Anweisungen  erhalten. 
In  Prichards  »Masonry  Dissected«  (zuerst 
1730)  sagt  das  Vorwort,  »beim  Bau  des 
Turms  zu  Babel«  sei  die  Kunst  der  Mau- 
rerei zuerst  eingeführt  worden.  Selbstver- 
ständlich hat  auch  Anderson  (s.  d.)  seine  Ge- 
schichte mit  diesem  Zuge  der  Zunftsage 
ausgeschmückt. 

Baehoff  t.  Eeht  (Freiherren).  1)  J  o  h  a  n  n 
August,  geb.  21.  Dez.  1717  in  Gotha,  gest. 
12.  Juli  1794  in  Schlettwein,  widmete  sich 
anfangs  der  Forst-  und  Jagdwissenschaft, 
wurde  preuss.  Kammerherr  und  Prälat  des 
Domkapitels  zu  Kamin,  legte  diese  Stelle 
^äter  nieder  und  bezog  1766  sein  Gut 
Heukendorf  bei  Altenburg,  ein  Jahr  später 
aber  das  ihm  gleichfalls  gehörige  Gut 
Schlettwein  bei  Pössneck,  und 

2)  Ludwig  Heinrich,  geb.  16.  März 
1726,  gest.  16.  Mai  1792  in  Dobitschen, 
widmete  sich  dem  Studium  der  Philoso- 
phie und  Jurisprudenz,  lebte  in  innigem 
Verkehr  mit  Geliert,  ging  in  dänische 
Staatsdienste,  wurde  Gesandter  am  Ma- 
drider Hofe,  kam  hierauf  in  gleicher  Eigen- 
schaft nach  Begensburg  und  dann  nach 
Dresden.  1779  zog  er  sich  von  allen  Ämtern 
auf  sein  Eittergut  Dobitschen  bei  Alten- 
burg zurück.  —  Beide  entstammten  einer 
alten  adligen  Familie,  die  wegen  ihres 
protestantischen  Glaubens  ihr  Vaterland 
verlassen  und  anderwärts  ein  Unterkommen 
suchen  musste,  erblickten  auf  ihren  Beisen 
—  wo  ist  nnbekannt  —  das  Licht  der 
Maurerei;  14.  Okt.  1741  wurden  sie  nebst 
ihrem  Schwager,  Albert  Anton  v.  Rüx- 
leben  (s.  d.)  in  der  Loge  Aux  trois  compas 
Hetzt  Minerva  zu  den  drei  Palmen)  in 
Leipzig,  nachdem  sie  »als  in  einer  ge- 
rechten und  vollkommnen  Loge  zu  Lehr- 
lingen und  Gesellen  aufgenommen  aner- 
kamit  worden  waren«,  in  den  Meistergrad 
befördert.  In  Gemeinschaft  mit  ihrem  ge- 
nannten Schwager  gründeten  sie  31.  Jan. 
1742  die  Loge  Archimedes  zu  den  drei 
Beissbrettem  in  Altenburg.  Ein  tiefes 
religiöses  G^emüt  zeichnete  die  Brüder 
B.  V.  E.  aus;  der  Maurerei  waren  sie  von 
ganzem  Herzen  zugethan  und  haben  sich 
um  diese  ein  grosses  Verdienst  durch 
Gründung  einer  der  ältesten  deutschen 
Logen  erworben.  Ludwig  Heinrich  B.  v.  E. 
ist  auch  als  geistlicher  Liederdichter  be- 
kannt; von  ihm  erschien  u.  a.  Versuch  in 
geistlichen  Oden  und  Liedern  (Altb^.  1774). 
Eine  Anzahl  dieser  Lieder  ist  in  ver- 
schiedne  evangelische  Gesangbücher  über- 

fegangen.    Auch  als  Dichter  maurerischer 
«ieder  ist  er  bekannt;  einige  dieser  ent- 


hält das  Gesangbuch  der  Altenburger  Loge. 
[Vgl.  A.  Z.  1842,  S.  31  fg.  Dietrich,  Aus  ver* 
gangenen  Tagen  (Altbg.  1889),  S.  5—10.] 

Back,  Karl,  Geheimer  Begierungsrat 
und  Direktor  der  Generalkommission  für 
Ablösungen  in  Altenburg,  geb.  23.  Febr. 
1799  in  Eisenberg,  gest.  6.  Jan.  1869  in 
Altenburg,  wurde  in  den  Freimaurerbund 
in  der  Loge  Archimedes  zu  den  drei  Beiss- 
brettem in  Altenburg  17.  Juli  1823  auf- 
genommen und  bekleidete  1838—44  das 
Amt  eines  Meisters  vom  Stuhl  dieser  Loge. 
Wie  sonst  vielfach  durch  gemeinnützige 
Thätigkeit  in  zahlreichen  Vereinen  und 
in  populären  Schriften  für  gewerbliche, 
landwirtschaftliche,  naturwissenschaftliche 
und  sonstige  Kulturzwecke,  sowie  für  vater- 
ländische Altertumskunde  ausgezeichnet, 
auch  Verfasser  zahlreicher  Aufsätze,  Ge- 
dichte, Rezensionen  u.  s.  w.  in  verschiednen 
Zeitschriften,  hat  er  auch  auf  freimaure- 
rischem Gebiet  eine  sehr  grosse  Anzahl 
kleinerer  prosaischer  und  poetischer  Vor- 
träge teils  einzeln,  teils  in  verschiednen 
periodischen  Schriften  veröffentlicht  und 
sich  um  die  Loge  zu  Altenburg,  wie  um 
die  Sache  der  Freimaurerei  durch  Wort, 
Schrift  und  That  verdient  gemacht.  FVgl. 
Dietrich,  Deutsches  Logenleben  (Altbg. 
1890),  S.  189—208.    Bh.  1869,  S.  28.] 

Baeon,  Francis,  geb.  22.  Jan.  1561, 
gest.  9.  April  1626,  Baron  von  Verulam 
und  Viscount  Saint -Alban,  berühmt  als 
Staatsmann  und  Philosoph,  hat  ausser 
wissenschaftlich  bedeutenden  Werken  auch 
einen  Staatsroman  geschrieben,  die  »Nova 
Atlantis«,  eine  der  sog.  Utopien  des  17. 
Jahrh.  Wiederholt  ist  der  Versuch  ge- 
macht worden,  die  Freimaurerei  zu  jener 
Schrift  in  Beziehung  zu  setzen.  R.  Waiden 
gab  zu  diesem  Zweck  eine  deutsche  Über- 
setzung heraus:  »Neu- Atlantis  von  Franz 
Bacon  v.  Verulam«  (Brl.  1890)  und  suchte 
in  der  Abhandlung  »Die  Freimaurerei  und 
die  Nova  Atlantis  Bacons  v.  Verulam« 
[Beiträge  zur  Vorgeschichte  der  Freimau- 
rerei, 3.  Heft  (Brl.  1890J]  einen  Zusammen- 
hang nachzuweisen.  Der  Versuch  ist  als 
misäungen  zu  betrachten.  [Vgl.  R.  1895, 
S.  21  fg.] 

Baden  (Grossherzogtum).  I.  (Ge- 
schichte.) Zu  Anfang  des  19.  Jahr- 
hunderts bestanden  in  B.  zwei  selbständige 
maurerische  Oberbehörden:  der  Gross- 
orient  von  B.  mit  dem  Sitz  in  Mann- 
heim und  der  Grosse  Landeslogen- 
verein vonB.  mit  wechselndem  Sitz  in 
Karlsruhe,  Freiburg  und  Heidelberg.  Der 
Grossorient  von  B.  trat  27.  Dez.  1806  ins 
Leben,  indem  das  Kapitel  der  Loge  St.  Karl 
zur  Einigkeit  (Eintracht)  in  Mannheim  sich 
aus  eigner  Machtvollkommenheit  zu  dieser 
maurerischen  Oberbehörde  erUärte.  Ein 
Jahr  später,  Ende  Dez.  1807,  bildete  sich 
der  Grossorient  von  B.  zu  einer  eignen 
unabhängigen  Werkstätte  aus,  d.  h.  zu 
einer  Vereinigung  zahlreicher  Vertreter 
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64 


Baden. 


der  einzelnen  Logen.  Das  frühere  Kapitel 
der  Loge  St.  Karl  zur  Eintracht  wurde  in- 
folgedessen in  alter  Form  wieder  herge- 
steUt.  Eine  feste  endgültige  Organisation 
erhielt  der  Grossorient  von  B.  erst  28.  Juni 
1812,  indem  an  diesem  Ti^e  die  durch 
den  Oberhofgerichtsrat  Wühelm  Gaurn 
entwor&en  Statuten  in  Ejrafb  traten. 
[Über  die  innere  Einrichtung  dieser  mau- 
rerischen Oberbehörde  vgl.  Schwarz,  Ge- 
schichte der  Loge  Karl  zur  Eintracht  in 
Mannheim  (1896),  S.  66  fg.  FZ.  1865,  S.  66.] 
Grossmeister  war  der  4.  Juli  1807  gewählte 
Badische  Oberst  der  Kavallerie  Karl  August 
Fürst  V.  Isenburg(s.  d.).  Vorher  hatte  die  Ge- 
schäfte Henry  Ricard  geführt,  über  dessen 
Persönlichkeit  bis  jetzt  nichts  bekannt  ge- 
worden ist.  Dem  Grossorient  von  B.  unter- 
standen folgende  Logen:  1)  St.  Karl  zur 
Eintracht  in  Man^eim  (s.  d.);  2)  Karl 
zurgutenHo  f  f  n  u  n  g  in  Heidelberg  (s.  d.), 
gegr.  9.  Febr.  1807  [mese  schloss  sich  je- 
doch im  Sommer  dess.  J.  der  Eegensburger 
Loge  Zu  den  drei  Schlüsseln  an];  8)  Zum 
Tempel  des  vaterländischen  Wohles 
in  Bruchsal   (s.  d.),   ^egr.  24.  Dez.  1808; 

4)  Karl  zur  Treue  in  Karlsruhe  (s.  d.), 
gegr.  24.  Dez.  1808  [sie  vereinigte  sich 
21.  Jan.  1809  mit  der  alten  eklektischen, 
seit  26.  Nov.  1808  wieder  zum  Leben  er- 
wachten Loge  Karl  zur  Einigkeit  das.]; 

5)  Karl  und  Stephanie  zur  Har- 
monie in  Mannheim  (s.  d.),  gegr.  17.  März 
1809;  6)  Zu  den  drei  Bingen  in  Mann- 
heim (s.  d.),  gegr.  10.  März  1810;  7)  Karl 
zurTreuein  Karlsruhe  (s.  d.),  wieder  neu 
errichtet  14.  Nov.  1811.  Der  Grossorient 
von  B.  war  verbrüdert  mit  den  Gross- 
orienten von  Frankreich,  Westfalen,  Italien 
und  dem  Grossen  Landeslogenverein  von  B. 
(s.  unten).  Er  versagte  die  Erteilung  einer 
Stiftungsurkunde  den  beiden  Logen  Napo- 
leon und  Alexander  zum  Tempel  des 
Friedens  in  Wörth  (s.  d.)  bei  Aschaffen- 
burg (unter  dem  Namen  Napoleon  und 
Luise  zur  glücklichen  Vereinigung  nach 
Miltenberg  verlegt)  und  Napoleon  und 
Alexander  zum  Tempel  des  Friedens 
in  Klingenberg  (s.  d.  —  seit  26.  Okt.  1810 
Napoleon  zur  Hoffnung  des  ewigen  Frie- 
dens genannt).  Der  Grosse  Landes- 
logenverein von  B.  als  zweite  maure- 
rische Oberbehörde  wurde  in  Karlsruhe  in 
den  Ta^en  vom  21.— 28.  Mai  1809  von 
den  badischen  Logen  strikter  und  eklek- 
tischer Observanz  gegründet.  AUe  drei 
Jahre  sollte  das  Direktorium  unter  den 
Logen  des  Bundes  wechseln.  Grossmeister 
war  der  Badische  Geheimrat  Karl  Fried- 
rich Schilling  v.  Cannstadt.  Der  Verein 
umfasste  die  Logen:  1)  Karl  zur  Einig- 
keit in  Karlsruhe  (s.  d.  —  gegr.  18.  Mai 
1785,  eingesetzt  am  18.  Juli  1785  von  der 
damals  ruhenden  Loge  St.  Charles  de 
rUnion  in  Mannheim,  wieder  errichtet 
26.  Nov.  1808)  gehörte  dem  eklektischen 
System  der  Provinzialloge  zur  Einigkeit 


in  Frankfurt  a.  M.  an;  2)  Zur  edlen  Aus- 
sicht in  Freiburg  i.  B.  (s.  d.  —  S^* 
22.  Juni  1784  von  der  nieder(^sterreichi- 
schen  Provinzialloge)  arbeitete  nach  dem 
System  der  Wiener  Provinzialloge;  8)  Karl 
zur  guten  Hoffnung  in  Mannheim  (s.  d. 
—  gegr.  im  französischen  Ritus  vom  Gross- 
orient von  B.  9.  Febr.  1807)  gehörte  seit 
Sommer  1807  der  schwedisch-strikten  Obser- 
vanz und  seit  Frühjahr  1809  dem  eklekti- 
schen Bunde  an.  Die  beiden  genannten 
maurerischen  Oberbehörden  des  Landes  er- 
kannten sich  als  höhere  maurerische  Be- 
hörden gegenseitig  an  und  gestanden  sich  alle 
Rechte  zu,  die  Grosslogen  ^ikommen.  Ausser 
den  bisher  genannten  Logen  waren  um 
diese  Zeit  im  Grossherzogtum  noch  zwei 
Logen  in  Heidelberg  (s.  d.)  thätig,  näm- 
lich Karl  zur  deutschen  Biederkeit 
(^gr.  von  der  Provinzialloge  des  Eklekti- 
üschen  Bundes  19.  Juni  lb09)  und  Karl 
zur  geprüften  Treue  (gegr.  von  der 
Grossen  Provinzial-Mutterloge  der  königL 
bayrischen  Provinzen  in  Franken  Anar- 
charsis  zum  erhabenen  Zwecke  28. 
Okt.  1811).  Grossherzog  Karl  verordnete 
durch  Reskript  vom  16.  Febr.  1818  die  Auf- 
lösung aller  Logen  im  Lande.  Die  Logen  Karl 
zur  Eintracht  in  Mannheim  und  Karl  zur 
Einigkeit  in  Karlsruhe  schlössen  27.  Febr. 
1818  ihre  Tempel.  Am  3.  März  1818  löste 
sich  die  Loge  Zur  edlen  Aussicht  in  Frei- 
burg, 5.  März  die  Loffe  Zur  guten  Hoff- 
nung in  Heidelberg  und  20.  März  die  Loge 
Karl  zur  Biederkeit  daselbst  auf.  Während 
der  Regierungszeit  Grossherzogs  Ludwig 
(1818—1880)  konnte  eine  Wiederbelebung 
des  Logenlebens  nicht  ins  Werk  gesetzt 
werden,  da  er  ein  Gegner  freier  Geistes- 
richtung und  freier  Bewegungen  auf  bür- 
ferlichem  und  religiösem  Gebiete  war. 
>urch  Verordnung  vom  27.  Dez.  1824 
brachte  er  das  Reskript  seines  Vorgängers 
in  Erinnerung.*  Als  hellere  Tage  im  Gross- 
herzogtum  unter  der  Regierung  seines 
Nachfolgers,  des  Grossherzogs  Leopold 
(1880—1852)  anbrachen,  erwachte  auch  der 
Gedanke  der  Wiederbelebung  der  Logen. 
Die  kräftige  Beeinflussung  des  Willens 
der  badischen  Regierung  durch  den  Staats- 
rat und  Regierungspräsidenten  des  Fürsten- 
tums Birkenfeld,  Lorenz  Hannibal  v.  Fischer 
(s.  d.),  femer  die  unermüdliche  Thätigkeit 
des  Advokaten  Franz  Anton  Ejräuter,  der 
sich  an  die  Spitze  der  Bewegung  zur 
Wiederaufrichtung  der  Freimaurerlogen  in 
B.  stellte,  sowie  der  schöne  Verlauf  des 
von  der  Grossh.  Regierung  gestatteten 
maurerischen  Einweihungsfestes  der  Erwin- 
bildsäule in  Steinbach  (s.  Erwin)  führten 
19.  Febr.  1847  die  Aufhebung  der  Ver- 
ordnung vom  16.  Febr.  1818  herbei.  In- 
zwischen hatte  die  Loge  Karl  zur  Ein- 
tracht unter  Mitwissen  der  staatlichen 
Behörde  19.  Aug.  1845  ihre  Arbeiten  er- 
öfihet.  Von  18&— 1870  entstanden  in  B. 
sieben  Logen,  nämlich  1)  Karl  zur  Ein- 

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Baden  —  Baffometus. 


66 


tracht  in  Mannheim  (1845);  2)  Leopold 
zur  Treue  in  Karlsruhe  (1847J;  3)  Zur 
edlen  Aussicht  in  Freiburg  (1847);  4)  Rup- 
recht zu  den  fünf  Kosen  in  Heiaeiberg 
(1856);  5)  Beuchlin  in  Pforzheim  (1864); 
6)  Constantia  zur  Zuversicht  in  Konstanz 
(1865)  und  7)  Allvater  zum  freien  Gedanken 
in  Lahr  (1868).  Die  Militärloge  Wilhelm 
zum  Schwarzwald  in  Rastatt,  gegr.  1860 
von  der  Grossen  National-Mutterloge  Zu 
den  drei  Weltkugeln,  ging  1866  wieder 
ein.  Seit  1870  sind  hinzugekommen: 
1)  Badenia  zum  Fortschritt  in  Baden- 
Baden  (1871);  2)  Wilhelm  zur  Dankbarkeit 
in  Mannheim  (1897),  3)  Friedrich  zur 
Treue  in  Freiburg  (1897);  4)  Zur  Wahrheit 
und  Treue  in  Heidelberg  (1897).  1861 
beschlossen  die  badischen  Logen,  gegen- 
seitig ihren  Stuhlmeistern  die  Ehrenmit- 
fliedschaft  zu  erteilen.  Im  Sept.  1864  regte 
*rof.  Bluntschli  (s.  d.)  die  Gründung  eines 
badischen  Logenbunds  mit  wechselndem 
Sitz  an,  der  jedoch  nicht  zu  Stande  kam. 
Von  allgemeinem  Interesse  ist  das  von 
BluntochU  im  Auftrag  der  Loge  Rupprecht 
zu  den  ftinf  Rosen  verfasste  Rundschreiben 
als  Antwort  auf  die  Encyklica  Pius  IX. 
vom  8.  Dez.  1864.  11.  (Statistik.}  In 
B.  bestehen  gegenwärtig  11  Logen,  davon 
8  unter  der  Grossloge  zur  Sonne  (in  Baden, 
Freiburg,  Heidelberg,  Karlsruhe,  Konstanz, 
Lahr,  Mannheim  und  Pforzheim)  und  je 
1  unter  der  Grossen  National-Mutterloge 
Zu  den  drei  Weltkugeln  (in  Freiburc),  der 
Grossen  Landesloge  in  Berlin  (in  Mann- 
heim) und  der  Grossen  Mutterloge  des 
Eklektischen  Bundes  (in  Heidelberg). 

Baden  (Fürstenhaus).  Aus  ouesem 
Fürstenhaus  sind  drei  Mitglieder  Frei- 
maurer gewesen:  1)  ^in  Prinz  August 
von  B.  hat  nach  v.  Hunds  Angabe  bei 
dessen  Auftiahme  in  Frankfurt  a.  M.  am 
18.  Okt.  1741  als  Aufseher  fungiert.  Dies 
dürfte  der  G^neralfeldmarschall  Karl 
August  Johann  Reinhard  Prinz  von  B. 
gewesen  sein,  der  als  ältester  Sohn  des 
Prinzen  Christoph  14.  Nov.  1712  geboren 
wurde. 

2)  Karl  Friedrich,  seit  1771  Mark- 
gral seit  1806  Grossherzog  von  B.,  geb. 
22.  Nov.  1728  in  Karlsruhe,  gest.  10.  Juni 
1811.  wurde  in  London  in  den  Freimaurer- 
buna aufgenommen.  Obschon  seit  1808 
nicht  mehr  beteiligt,  zeigte  er  doch  In- 
teresse an  der  Maurerei  in  seinem  Lande 
und  liess  ihr  seinen  Schutz   angedeihen. 

3)  Ludwig  Wilhelm  August,  Prinz 
von  B.^  Enkel  des  Vorigen  und  Bruder 
des  regierenden  Grossherzogs,  geb.  18.  Dez. 
1829.  gest.  27.  April  3897  in  Karlsruhe, 
wurde  25.  März  1856  in  der  Loge 
Urania  zur  Unsterblichkeit  in  Berlin  auf- 

§enommen  und  war  1859 — 64  Grossmeister 
er  Grossen  Loge  Royid  York,  worauf  er 
zum  Ehrengrossmeister  ernannt  wurde. 
Als  1859  die  ultramontane  Partei  in  Baden 
eifrigst  den  Abschluss   eines  Konkordats 

AUgemeines  Handbaoh  der  Freimaarerei. 


mit  Rom  betrieb,  das,  wäre  es  zur  Aus- 
führung gelangt,  die  freisinnige  Entwick- 
lung im  Lande  vielleicht  auf  lanee  Jahre 
zum  Stillstand  gebracht  und  vor  a&em  den 
Logen,  wie  im  J.  1813,  den  Lebensfaden 
abgeschnitten  hätte,  beschloss  die  Loge  in 
Freibur^,  die  drei  badischen  Logen  in 
Mannheim,  Karlsruhe  und  Heidelberg  zu 
einer  Besprechung  nach  Karlsruhe  einzu- 
laden, die  eine  Denkschrift  an  den  Prinzen 
W.  zu  richten  habe,  damit  er  sich  für  den 
Bund  mit  Kopf  und  Herz  verwende.  Die 
Sitzung  in  Karlsruhe  wurde  am  27.  Dez. 
1859  gehalten.  Gegen  Abend  empfing  Prinz 
W.  die  Abgeordneten  und  beriet  mit  ihnen 
über  eine  Stunde.  Am  11.  Febr.  1860 
wurde  aus  diesem  Anlass  dem  Prinz  W. 
die  Ehrenmitgliedschaft  sämtlicher  badi- 
schen Logen  erteilt  und  am  gleichen  Tage 
zur  Feier  dieses  Ereignisses  in  Karlsruhe 
eine  Festloge  gehalten.  Die  Krisis  nahm 
einen  glücMichen  Ausgang  im  Sinne  des 
Bundes,  und  es  ist  anzuerkennen,  »  dass  Prinz 
W.'s  auf  maurerischen  Antrieb  unternom- 
mener, bedeutungsvoller  Gang  zu  den 
Stufen  des  Throns  die  grösste  Maurerthat 
war,  die  seit  der  Aufhebung  der  Leibeigen- 
schaft durch  seinen  unvergesslichen  Gross- 
vater, Karl  Friedrich,  gethan  wurde.« 

Baden  (St.  und  Badeort  im  Grossherzogt. 
Baden,  14862  E.).  1)  Im  Herbst  1867  wurde 
hier  ein  Kränzchen  gegründet,  das  am 
8.  Dez.  1867  eingeweiht  wurde.  2)  Aus 
ihm  entstand  die  Loge  Badenia  zum 
Fortschritt  unter  der  Grossloge  Zur 
Sonne,  gegr.  15.  Nov.  1871,  eingew.  26. 
Nov.  1871.  Mitgliederzahl  (1899):  59.  Vers, 
den  2.  Dienstag  im  Monat.  Ferien:  Juli 
bis  September.  Lokal:  Restauration  Zum 
Krokodil,  Mühlengasse  4,  seit  4.  Okt.  1888. 
Hausgesetze  vom  14.  Jan.  1884.  Milde 
Stiftimg:  Sterbe-  und  Unfallkasse  mit 
8450  M.  Kapital. 

BaffoinetiiiB,  auch  Baphometus,  ist  der 
Name  des  Idols,  dessen  Anbetung  den 
Tempelherren  vorgeworfen  wurde.  Munter 
in  seiner  Abhandlung  über  die  den  Tempel- 
herren gemachten  Beschuldigungen  [Maga- 
zin für  Religionsphilosophie,  H,  351—475, 
oder  Neues  Magazin,  V,  351 — 4751  sieht 
darin  nur  ein  Reliquienbehältnis.  Hammer 
in  seiner  Abhandlung:  Mysterium  Bapho- 
meti  revelatum  [Fundgruben  des  Orients 
Bd. IV,  Heft  1]  und  in:  Schuld  der  Templer 
(Wien  1855)  das  Symbol  der  Verehrung 
der  Naturkräfte,  namentlich  der  Zeugungs- 
kraft, eines  Kultus,  dem  die  Templer  vor- 
züglich zugethan  gewesen  wären.  Der 
Name  B.  ist  verstünmielt  aus  Mohammed, 
und  das  Idol  selbst,  für  gewöhnlich  ohne 
Eigennamen,  wird  nur  in  einigen  Zeugen- 
aussagen Bsiffomet  genannt.  Es  war  ein 
Werlueug  und  Gegenstand  des  astrologi- 
schen Aberglaubens.  Am  übersichtlichsten 
wird  die  Sache  besprochen  in  F.  Wilckes 
Geschichte  des  Ordens  der  Tempelherren 
(2.  Aufl.,  Halle  1860),  H,  127—85,  265--74. 
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«6 


Bahamainseln  —  Bahrdt. 


422 — 80,  woselbst  auch  die  ganze  Litteratur 
zusammengestellt  und  beurteilt  ist. 

Ba]iamaiiii»ela  (LukaTlsche  Inseln,  brit- 
westind.  Insdgruppe).  Schon  1752  und 
1759  ernannte  die  englische  Grossloge  der 
Modems  Provinzial-Grossmeister  für  die  B. 
Die  ersten  Logen  wurden  aber  erst  1785  und 
1787,  und  zwar  von  der  englischen  Gross- 
loge der  Ancients  hier  gestiftet.  1803, 
1^  und  1856  grOndete  die  Grossloge  von 
Schottland  8  Logen  auf  den  Turksinseln, 
New  Providence  und  Inagua  und  richtete 
für  sie  eine  Provinzial-Grossloge  ein.  1837, 
1855  und  1869  rief  endlich  auch  die  Gross- 
loge von  England  8  Logen  in  New  Provi- 
dence, Gross-Turk  und  Harbour  ins  Leben, 
errichtete  fOr  sie  auch  1843  eine  jetzt 
wieder  eingezogne  Provinzial-Grossloge. 
Jetzt  bestehen  hier  vier  Logen,  nämlich 
die  letztgenannten  drei  englischen  und  die 
schottische  in  New  Providence. 

BahnBon,  Franz   Wilhelm   Viborg, 

feb.  22.  April  1826  in  Sonderburg  (Alsen), 
eteiligte  sich  als  stud.  theol.  1848—50  an 
dem  Kampf  der  Schleswig- Holsteiner 
mit  den  Dänen,  wurde  als  Leutnant  25.  Juli 
1850  bei  Idstedt  schwer  verwundet  und 
im  Herbst  1851  als  Invalide  entlassen. 
Damach  studierte  er  Mathematik  und 
Physik,  wurde  Lehrer,  später  Professor  am 
Realgymnasium  des  Johanneums  in  Ham- 
burg und  Ostem  1895  in  den  Buhestand 
versetzt.  —  Am  4.  April  1855  wurde  er  in 
die  Loge  Zur  Brudertreue  an  der  Elbe  in 
Hamburg  aufgenommen,  später  Bedner, 
abgeordneter  und  stellvertretender  Meister 
und  ist  seit  1885  Meister  vom  Stuhl.  Er 
schrieb  »Instruktions-Vorträge  über  den 
Eklektischen  Katechismus«  in  drei  Teilen 
(Hmbg.  1895—97). 

Bahrdt,  Karl  Friedrich,  der  ver- 
schrieene Aufklärer  und  theologische 
Abenteurer  des  vorigen  Jahrhunderts,  geb. 
25.  Aug.  1741  in  Bischofswerda,  gest.  28. 
April  1792  in  Halle,  ist  in  der  Geschichte 
der  Freimaurerei  bedeutsam  durch  ein  erst 
gegen  das  Ende  seines  Lebens  von  ihm 
ausgegangnes  grosses,  aber  freilich  erfolg- 
loses Keformprojekt.  Schon  im  20.  Jahre 
trat  er  als  akademischer  Lehrer  auf.  Er 
wurde  1762  Prediger,  dann  Substitut  in 
Leipzig  an  der  Peterskirche,  1767  ausser- 
ordentlicher Professor  der  geistlichen 
Philologie,  1 768  Baccalaureus  der  Theologie ; 
allein  schon  in  demselben  Jahre  verlor  er 
infolge  unsittlichen  Lebenswandels  sein 
Amt.  Er  ging  nach  Halle,  von  wo  aus 
ihm  eine  Professur  der  biblischen  Alter- 
tümer, freilich  ohne  Gehalt,  in  Erfurt  ver- 
mittelt ward.  Hier  wurde  er  in  eine  Unter- 
suchung verwickelt,  schrieb  zu  seiner  Ver- 
teidigung »Versuch  eines  Systems  der 
biblischen  Dogmatik«  und  verschaffte  sich 
von  Erlangen  die  theologische  Doktor- 
würde. Die  Untersuchung  hatte  nur  eine 
Ermahnung  zu  grösserer  Behutsamkeit  zur 
Folge.  Um  1770  entwarf  er  einen  ausgedehn- 


ten Plan,  der  in  einiger  Beziehung  Ähnlich- 
keit mit  seinem  spätem  freimaurerischen 
Projekt  hatte:  den  einer  Verbindung  der 
Theologen  zur  Revision  des  theologischen 
Systems.  Allein  es  kam  über  die  blossen 
Anregungen  nicht  hinaus.  Er  ging  nun 
nach  Giessen,  wurde  auch  hier  angegriffen 
und  aus  einer  peinlichen  Lage  durch  einen 
Ruf  gerettet,  den  er  1775  an  das  von 
V.  Salis  ins  Leben  gerufene  Philanthropin 
in  Marschlins  in  Graubünden  erhielt. 
Allein  bald  zeigte  sich,  dass  die  beider- 
seitigen Erwartungen  getäuscht  waren.  B. 
entwarf  hier  einen  philanthropischen  Er- 
ziehungsplan (1776),  den  er  in  grossem 
Massstabe  in  Deutschland  zu  verwirklichen 
trachtete,  und  war  bald  so  glücklich,  an 
die  Verwirklichung  dieses  Plans  gehen  zu 
können,  indem  er  1776  in  der  Pfalz  als 
Superintendent  der  gräflich  Leiningen- 
Dachsburgischen  Lande  nach  Dürkheim 
a.  d.  Haardt  berufen  wurde.  Hier  errich- 
tete er  1777  in  einem  benachbarten  Schlosse 
zu  Heidesheim  eine  Erziehungsanstalt. 
Sie  kam  aber  bald  in  Verfall.  Eine 
Reise  nach  Holland  und  England,  die  er 
fast  ganz  ohne  Sprachkenntnisse  unternahm, 
führte  ihm  wieder  eine  Anzahl  neuer 
Jünglinge  zu.  Auf  dieser  Reise  trat  er 
auch  1777  dem  Freimaurerbunde  bei. 
Bald  nach  der  Rückkehr  traf  ihn  das 
Missgeschick,  dass^  er  vom  Reichshofrat 
1779  aller  seiner  Ämter  entsetzt  wurde. 
Er  verliess  heimlich  das  Philanthropin,  das 
er  bis  dahin  unter  dem  Schutz  seines 
Fürsten  noch  aufrecht  erhalten  hatte,  und 
flüchtete  nach  Halle.  Hier  widmete  er 
sich  anfangs  bloss  schriftstellerischer,  bald 
aber  und  mit  grösserm  Beifall  auch 
akademischer  Thätigkeit,  indem  er  als 
Privatdozent  Vorlesungen  hielt  und  in  der 
Anleitung  zur  Deklamation  und  Beredsam- 
keit sehr  geschätzt  wurde.  B.  hatte,  als 
er  aus  Dürkheim  flüchten  musste,  seine 
Heterodoxie  in  ein  kurzes  Glaubensbe- 
kenntnis zusammengefasst,  worin  er,  wie 
G.  Frank  in  der  AUg.  Deutschen  Biographie 
sagt,  die  christliche  Religion  bis  auf  die 
Knochen  abschälte  und  nichts  als  ein 
blosses  Gerippe  vom  kahlen  Deismus  mit 
moralischen  Bettlerlappen  behängt  übrig 
liess.  Nach  der  1788  erschienenen  Schrift 
»Ausführung  des  Plans  und  Zweckes  Jesu« 
ist  Jesus  der  Stifter  einer  geheimen  Or- 
densgesellschaft mit  drei  Graden,  welche 
die  vernünftige  Religion  im  Stillen  ver- 
wahren und  sie  gegen  Aberglauben  und 
Priesterbetrug  schützen  sollte,  wie  denn 
auch  schon  Moses  mittels  einer  Art  von 
Freimaurerei  die  Israeliten  vom  Joche  der 
Ägypter  befreit  habe.  Die  Ordensbrüder 
hätten  Jesu  bei  den  wunderbar  scheinen- 
den Handlungen  beigestanden  und  sich 
besonders  zur  Zeit  seines  Leidens  und 
Sterbens  als  stärkende  Engel  und  als 
Engel  in  weissen  Kleidern  thätig  erwiesen. 
Nach  der  scheinbaren  Himmelfahrt  habe 


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Baldaehin  —  Band. 


«7 


Jesus  fortgelebt  als  unbekannter  Oberer 
einer  Mutterloge,  in  die  noch  Paulus  auf- 
genommen worden  sei.  —  Erschöpft  von 
zu  anstrengender  Thätigkeit  beschloss  er 
zur  Yer&nderung  seiner  Lebensweise  eine 
Bestauration  auf  einem  Weinberge  bei 
Halle  anzulegen.  Hier  hatte  B.  nach  der 
Crermar^Ecksteinschen  Geschichte  der  Hal- 
lischen Logen  auf  seinem  Weinberg  eine 
Winkelloge  errichtet,  fttr  die  er  angeblich 
von  der  eklektischen  Loge  in  Wetzlar 
einen  Stiftungsbrief  erhalten  hatte.  Die 
Loge  Zu  den  drei  Degen  in  Halle  berich- 
tete deshalb  1787  an  ihre  Mutterloge  in 
Berlin,  und  diese  wendete  sich  beschwerde- 
führend an  das  Oberkuratorium  der  Uni- 
versitäten. Dessen  Einwirkung  scheint 
aber  nichts  genützt  zu  haben,  da  die  Degen- 
loge 1788  nach  Berlin  berichtete,  B.  treibe 
sein  Wesen  nunmehr  beinahe  öffentlich 
und   halte  regelmässig    alle  Monate    ein 

f »aarmal  Loge.  Inzwischen  war  B.  immer 
itterarisch  thätig  gewesen.  Sein  Hang 
zur  Projektmacherei  führte  ihn  auch 
zur  Begründung  der  von  ihm  sogenann- 
ten Deutschen  Union  (s.  d.),  einer  im 
allgemeinen  auf  Verbreitung  der  Auf- 
klärung gerichteten  Verbindung,  die  B. 
mit  xlem  Freimaurerbunde  in  Zusammen- 
hang setzen  wollte.  Wegen  dieser  beab- 
sichtigten geheimen  Veroindung  sowohl, 
als  wegen  eines  Lustspiels:  »Das  Keligions- 
ediktc  (auf  das  unter  dem  Ministerium 
Wöllner  in  Preussen  9.  Juli  1788  erlassene 
Beligionsedikt  bezüglich)  geriet  er  1789  in 
Untersuchung  und  dreissigwöchentliche 
Gefangenschaft  in  Halle.  Während  dieser 
schrieb  er  eine  seiner  besten  Schriften: 
»Die  Moral  für  den  Bürgere.  Ein  Urteil 
der  Kriminaldeputation  des  Kammer- 
gerichts zu  Berlin  sprach  ihn  zwar  wegen 
seiner  Teilnahme  an  der  Leitung  der 
Deutschen  Union  ificei,  verurteilte  ilm  aber 
wegen  Beteiligung  an  der  Abfassung  jenes 
Lustspiels  zu  zweijährigem  Festungsarrest 
in  Magdeburg,  welche  Strafe  im  Gnaden- 
weg auf  die  Hälfte  herabgesetzt  wurde. 
In  diesem  Arrest  schrieb  er  die  Geschichte 
seines  Lebens.  Zurückgekehrt  setzte  er 
«eine  frühere  Lebensweise  auf  dem  Wein- 
berg bei  Halle  fort,  bis  ihn  der  Tod  end- 
lich ereUte.  Infolge  eines  Streits  mit 
dem  Leibarzt  Zimmermann  in  Hannover, 
in  den  sich  Kotzebue  mit  seinem  Pas- 
quile  »Dr.  Bahrdt  mit  der  eisernen  Stirn« 
mischte,  hat  er  1790  den  heute  noch  ge- 
läufigen Beinamen  »B.  mit  der  eisernen 
^tim«  erhalten.  —  B.'s  freimaurerische 
Schriften  beziehen  sich  fast  sämtlich  auf 
die  Deutsche  Union;  auch  schrieb  er  noch 
1790  eine  Beleuchtung  des  Apologismos 
des  bekannten  Dr.  Starck  (s.  d.).  Die  zahl- 
reiche Litteratur  über  B.  hat  G.  Frank  in 
Kaumers  Hist.  Taschenbuch  von  1866 
aufgeführt.  [Vgl.  AUg.  Deutsche  Biogra- 
phie; L.  XXI,  30  fg.  Bbl.  I89d,  S.  249.] 
Baldachin.     Ein  B.  überdeckt  in   ein- 


zelnen Logen  den  Sitz  des  Meisters 
vom  Stuhl  oder  auch  die  ganze  Loge  als 
Sinnbild  des  Himmels  und  zum  Zeichen 
der  Allgemeinheit  der  Freimaurerei.  In 
Prichards  »Zergliederter  Freimaurerei  c 
lautet  auf  die  Frage:  Was  für  Bedeckung 
habt  ihr  zu  der  Loge?  die  Antwort:  Einen 
gewölbten  Himmd  von  unterschiednen 
Farben  oder  die  Wolken.  Kjrause,  »Drei 
Kunsturkundenc,  Bd.  I,  Abth.  1,  S.  217, 
bemerkt  hierüber:  »Der  Sinn  dieses  schö- 
nen Lehrzeichens  ist  nicht  zu  verfehlen. 
Man  bedenke,  dass  Loge  ursprünglich  kein 
verschlossenes  Gebäude  anzeigt;  man  be- 
denke femer,  dass  die  Loge  allgemein  sein 
und  bis  zum  Himmel  reichen  soll:  so  ver- 
nehmen wir  in  diesem  Büd  die  Lehre, 
dass  überall  unter  dem  Himmel,  in  jedem 
Klima  und  zu  allen  Jahreszeiten  Frei- 
maurerei von  der  Brüderschaft  geübt  zu 
werden  bestimmt  sei.«  [Vgl.  Hohlfeldt, 
Maurerischer  Nachlass  (Dresd.  1851),  S.  193. 
FZ.  1868,  S.  2991 

Ballemstedt  (St.  im  Herzogt.  Anhalt, 
5197  £.).  Hier  bestand  ein  maurerischer 
Verein  unter  der  Loge  in  Bemburg,  der  seit 
1870  eingegangen  ist.  Jetzt  hat  sich 
wieder  eine  zwanglose  Vereinigung  gebildet. 
Mitgliederzahl  (1899):  35. 

Ballotage,  s.  Kugelung. 

Balsamo,  Giuseppe,  s.  Cagliostro. 

Baltimore  (St.  im  nordamerik.  Staat 
Maiyland,  [1890]  434439  £.).  Hier  bestehen 
zwei  deutsche  Logen  unter  der  einheim. 
Grossloge:  1)  Germania  Nr.  160,  gegr. 
16.  Jan.  1872.  Vers,  den  2.  und  4.  Freiteg 
im  Maurertempel.  2)  Sincerity  Nr.  181, 
gegr.  1.  April  1887.  Vers.  3.  Freitag  im 
Maurertempel. 

Balustre  (wörtlich:  Geländersäule)  ist  in 
den  französischen  hohem  Graden  der  Name 
für  ProtokoU. 

Bamberg  (St  in  Bayern,  88940  E.).  Loge 
das.  unter  der  Grossloge  zur  Sonne:  Zur 
Verbrüderung  an  der  Begnitz,  gegr. 
10.  Jan.  1875,  eingew.  12.  Sept  1875. 
Mitgliederzahl  (1899k  «2.  Vers.  1.  Mitt- 
woch im  Monat.  KIud:  Mittwochs.  Ferien: 
Juli  und  August.  Eignes  Logenhaus^ 
Franz-Ludwigstrasse  16,  eingew.  24.  Mai 
1891.  Milde  Stiftungen  (2):  Witwen-  und 
Waisenfonds,  Dr.  Blumm-Stiftung  zur  ver- 
mehrten Unterbringung  von  Schulknaben 
in  den  Ferienkolonien.  Hausgesetz  vom 
Okt.  1898.  [Vgl.  Geschichte  der  ersten 
zehn  Jahre  der  Loge  (1888).] 

Band.  An  einem  B.  um  oen  Hals  tragen 
die  Beamten  der  Grosslogen  und  der  ein- 
zelnen Logen  ihre  Amtszeichen,  wie  auch 
vielfach  die  Mitglieder  ihre  Logenzeichen. 
Die  Farbe  des  B.  ist  in  den  verschiednen 
Grosslogen,  sowie  auch  in  den  verschiedr 
neu  Logen,  besonders  in  den  Niederlanden, 
verschieden;  vorherrschend  ist  die  blaue 
Farbe.  Statt  des  B.  ist  in  manchen  Logen 
nur  eine  (blaue]  Schleife  oder  Bosette  ge- 
bräuchlich, an  der  das  Logenzeichen  hängt. 
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68 


Bänfiy  —  Bärenstein. 


Binliy,  Georg  de  Losoncz  Graf, 
geb.  1747  in  Piski  (Comitat  Hiinyad),  gest. 
1822,  widmete  sich  dem  Staatsdienst  und 
wurde  wegen  seiner  hervorragenden  Fähig- 
keiten von  Joseph  11.  sehr  eeschätzt,  den 
er  auch  bei  seiner  Beise  durch  Sieben- 
bürgen, schon  1783  zum  siebenbürgischen 
Honrizekanzler  ernannt,  1786  begleitete. 
Im  darauf  folgenden  Jahre  wurde  er  zum 
Gouverneur  von  Siebenbürgen  ernannt,  in 
welcher  hohen  Stellung  er  sich  unverfäng- 
liche Verdienste  um  sein  Vaterland  er- 
warb. —  1777  in  der  Loge  St.  Andreas  in 
Hermannstadt  dem  Bunde  beigetreten, 
wurde  er  noch  in, demselben  Jahre  Mit- 
glied des  Hochkapitels  St.  Polten  in  Wien, 
1781  aber  Grossmeister  der  Provinzialloge 
von  Siebenbürgen,  in  deren  Interesse  er, 
sowie  in  dem  der  siebenbürgischen  Logen 
überhaupt,  eine  unermüdliche  Thätigkeit 
entfaltete. 

Bankett,  s.  Tafelloge. 

Banner  (Fahne,  Standarte,  Panier).  Im 
Mittelalter  führte  jede  Körperschaft  bei 
den  Aufzügen  ein  solches,  das,  der  Innung 
vorgetragen,  den  Schutzheiligen  oder  die 
Handwerksabzeichen  zeigte.  So  bei  den 
Steinmetzhütten  (Baukorporationen),  na- 
mentlich in  England,  wo  die  Heiligen 
Johannes  oder  Andreas  nebst  Maurer- 
abzeichen dargestellt  wurden.  Wo  noch 
öffentliche  Aufzüge  stattfinden,  ist  der 
Gebrauch  auch  von  den  Logen  beibehalten 
worden;  sonst  findet  er  sich  nur  bei  Hoch- 
graden und  in  den  Logen,  die  etwas 
Theatralisches  lieben,  wie  z.  B.  in  den 
französischen  und   amerikanischen.     Für 

gewöhnlich  erscheinen  sechs  B.  (ohne  die  mit 
en  Logenwappen),  jedes  bezeichnet  mit 
den  Worten:  Glaube,  Hoffnung,  Liebe, 
Weisheit,  Stärke,  Schönheit.  Auf  dem 
Teppich  der  englischen  Royal- Arch-Kapitel 
finden  sich  die  B.  der  zwölf  jüdischen 
Stämme  verzeichnet.  In  manchen  Gross- 
logen ist  der  Grossosten  mit  den  Stan- 
darten der  einzelnen  Logen  geschmückt. 
In  Deutschland  findet  sich  ein  B.  (Fahne) 
nur  noch  an  den  Logenhäusem  bei  fest- 
lichen Gelegenheiten  angebracht,  meist 
aber  sehr  einfach,  blau  mit  gelben  Ab- 
zeichen (Zirkel  und  Winkelmass). 

Bannertrftger  (franz.  Porte -^tendard, 
engl  Standard-Bearer  oder  Banner-Bearer), 
in  den  französischen  und  englischen  Hoch- 
graden ein  Logenamt,  dessen  Bedeutung 
sich  aus  dem  Wortlaut  ergiebt.  B.  kom- 
men, wenn  auch  nicht  SLb  eigentliches 
Amt,  in  allen  Logen  vor,  die  den  Gebrauch 
des  Banners  (s.  d.)  namentlich  bei  Auf- 
zügen beibehalten  nahen.  So  können  nach 
der  Verfassung  der  englischen  Grossloge 
dergleichen  für  solche  Gelegenheiten  vom 
Meister  vom  Stuhl  ernannt  werden. 

Bannis  (les  Fr^res),  die  verbannten 
Brüder,  wurden  die  elf  zur  Partei  Lacome 
(s.  d.)  gehörigen  Mitglieder  der  Grossen 
Loge  von  Frankreich  genannt,  die  wegen 


der  Schmähschriften,  die  sie  gegen  diese 
verbreitet  hatten,  1766  ausgestossen  und 
erst  21.  Juni  1771  in  ihre  maurerischen 
Rechte  wieder  eingesetzt  wurden.  [Vgl. 
Kloss.  Gesch.  der  Freim.  in  Frankr.,  I, 
S.  lOd,  181.    Siehe  auch  Frankreich.] 

Barbados  rbrit.-westind.  Insel,  eine  der 
kleinen  Antillen).  Schon  1740  ernannte 
die  Grossloge  von  England  einen  Provin- 
zialgrossmeister  für  B.,  und  von  diesem 
Jahre  an  wurdefi  zahlreiche  Tochterlogen 
von  ihr  hier  gegründet,  die  meist  bald 
wieder  eingingen.  Auch  die  Grossloge  von 
Irland  stiftete  1763—1842  sieben  Logen,  für 
die  sie  eine  Provinzialgrossloge  errichtete. 
1790  folgte  die  englische  Grossloge  der 
Ancients  mit  einer  Tochterloge,  1799 
und  1844  errichtete  auch  die  Grossloge 
von  Schottland  zwei  Logen.  Jetzt  be- 
stehen in  B.  1)  unter  der  Grossloge  von 
England  drei  Logen  (unter  einer  Distrikts- 
grossloge) und  2)  unter  der  Grossloge  von 
Schottland  eine  Loge. 

Bardeleben,  Friedrich  Wilhelm  v., 
geb.  27.  Jan.  1768  in  Kassel,  gest.  das.  27. 
April  1888,  früher  in  Militärdiensten,  hatte 
als  Oberhofmeister  die  Kurprinzessinnen 
während  der  westfälischen  Besetzung 
nach  Berlin  begleitet  und  war  dort  als 
Mitglied  der  Grossen  Loge  Boyal  York 
ein  begeisterter  Anhänger  dieser  ge- 
worden. Ihm  war  1814  das  Wiederauf- 
leben der  Freimaurerei  in  Hessen-Kassel 
(s.  d.)  zu  danken,  und  er  trat  an  die  Spitze 
der  neugegründeten  Grossen  Provinzialloge 
und  spätem  Grossloge  von  Kurhessen. 
Er  war  ein  Mann  von  hoher  BUdung  und 
tiefer  Menschenkenntnis,  der  die  Sache 
der  Maurerei  zu  seiner  Lebensaufgabe  ge- 
macht hatte  und  nun  in  seiner  Stellung 
als  Grossmeister  unablässig  bemüht  war, 
die  Maurerei  zu  befestigen  und  zu  ver- 
edeln. Neben  seiner  maurerischen  Thätig- 
keit als  Grossmeister  der  kurhessischen 
Grossloge  hielt  er  geschichtliche  Vor- 
lesungen über  alle  Gi^e  und  wusste  mit 
gewinnender  Liebenswürdigkeit  die  ver- 
schiedenartigsten Elemente  in  die  von  ihm 
gewiesene  Bahn  hinzuleiten.  Sein  reicher 
maurerischer  Nachlass  ist  nicht  allein  eine 
wichtige  geschichtliche  Quelle,  sondern 
lässt  auch  einen  tiefen  Bück  in  die  ge- 
läuterten Ideen  einer  Bichtung  werfen,  die 
vielleicht  in  ihm  ihren  überzeugtesten  An- 
hänger hatte. 

B&renstein,  Horst  v.,  preuss.  Haupt- 
mann, geb.  15.  Juni  1888  auf  dem  Bitter- 
gut Zechau  bei  Altenburg,  gest.  10.  Febr. 
1898  in  Saalfeld,  wurde  aufgenommen  m 
der  Loge  Archimedes  zu  den  drei  Beiss- 
bretern  in  Altenburg  10.  Mai  1860.  Haupt- 
sächlich als  Archivar  und  maurerischer 
Geschichtsforscher  hat  er  sich  hohe  Ver- 
dienste um  seine  Loge  und  um  die  Frei- 
maurerei erworben.  Er  war  ein  durchaus, 
gründlicher  Kenner  maurerischer  Ge- 
schichte. Mit  grossen  persönlichen  Onfera 
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Barmen  —  Basel. 


«rwarb  er  sich  allm&hlich  eine  bedeutende 
maoreriBcbe  Münz-  undMedaillensammlung, 
die  nach  seinem  Tode  durch  Kauf  in  den 
Besitz  der  Loge  Archimedes  zu  den  drei 
Eeissbretem  in  Altenburg  (s.  d.)  überging. 
Die  letzten  Lebensjahre  beschäftigte  ihn 
die  Neubearbeitung  des  »Handbuchs  der 
Freimaurereien  für  die  er  mit  wahrem 
Bienenfleiss  berichtigenden  und  ergänzen- 
den Stoff  zusammentrug.  Nach  langen 
vergeblichen  Bemühungen  fand  er  Unter- 
stützung für  die  Ausführung  seines  Vor- 
habens beim  Verein  deutscher  Freimaurer, 
der  die  Sache  in  die  Hand  nahm  und 
ihn  in  den  Ausschuss  für  die  yorbereiten- 
den  Arbeiten  wählte.  Leider  liess  sein 
frühzeitiger  Tod  ihn  den  Erfolg  seiner 
Arbeiten  nicht  erleben.  Seine  nachgelas- 
senen Manuskripte  für  die  Neubearbeitung 
des  »Handbuchs  der  Freimaurerei  c  gingen 
käuflich  in  den  Besitz  des  Vereins  deut- 
scher Feimaurer  über  und  sind  in  vor- 
liegender Auflage  vielfach  verwertet.  [Vgl. 
FZ.  1893,  S.  69.    Bh.  1898,  S.  87.] 

Barmen  (St.  in  der  preuss.  Bheinprov., 
126992  £.).  Loge  das.  unter  der  Grossen 
National -Mutterloge  Zu  den  drei  Welt- 
kugeln: Lessing,  gest.  16.  Aug.  und  er- 
öffnet 28.  Dez.  1866.  Mitgliederzahl  (1899) : 
124.  Vers.  1.  Mittwoch.  Klub:  Mittwochs. 
Logenlokal:  H6tel  Vogeler.  »Die  milde 
StiÄungc  (Statut  v.  9.  Mai  1867)  zur  Unter- 
stützung von  Witwen  und  Waisen  der 
Loffenmitglieder  und  zur  Errichtung  von 
halben  Schulfreistellen.  [Vgl.  Bh.  1869, 
S.  25.] 

Barmberaigkeit  (Orden  der),  Ordre  de 
la  mis^ricorde,  einer  der  vielen  neuen  frei- 
maurerischen Itite,  die  zu  Anfang  des  19. 
Jahrhunderts  in  Frankreich  als  angebliche 
Fortsetzungen  des  alten  Tempelherren- 
ordens auftauchten.  Er  wurde  1807  er- 
richtet, erlosch  aber  sehr  bald  wieder. 
[Kloss,  Gesch.  der  Freimaurerei  in  Frank- 
reich, I,  517.] 

Bartels,  Job.  Heinrich,  Bürgermeister 
von  Hamburg,  geb.  das.  20.  Mai  1761,  gest. 
das.  1.  Febr.  1850,  studierte  zuerst  Theo- 
logie und  wurde  1784  Kandidat  des  Ham- 
burger Ministeriums.  Nach  vielen  Reisen, 
die  er  in  Italien  machte,  ging  er  nach 
Güttingen,  um  die  Bechte  zu  studieren, 
wurde  1790  Dr.  jur.,  1798  Senator  in  Ham- 
burg und  am  25.  März  1820  zum  Bürger- 
meister gewählt.  1781  wurde  B.  in  Göt- 
tingen in  den  Freimaurerbund  aufgenom- 
men, schloss  sich  9.  Febr.  1799  der  Lo^e 
Absalom  an,  wurde  1804  nebst  v.  Axen  (s.d.) 
zum  Vorsteher  des  neuen  Freimaurer- 
krankenhauses ernannt  und  1820  zum  Ehren- 
grossmeister der  Grossen  Loge  von  Hamburg 
erhoben.  [Vgl.  Brandt,  Geschichte  des  alten 
Logenhauses  (Hmbg.  1891),  S.  56,  73.]  Zu 
seiner  goldnen  Hochzeit  wurde  1842  eine 
Denkmünze  geprägt.    [HMW.  Nr.  96J 

Bartensteu  (St.  in  der  preuss.  Prov. 
Ostpreussen,  6888  E.).    Hier  wurde  unter 


der  Grossen  Landeslo^e  in  Berlin  1.  Okt. 
1882  eine  Loge  Wilhelm  zur  ost- 
preussischen  Treue  gegründet.  Mit- 
gliederzahl (1900):  66. 

Barth  (St.  in  der  preuss.  Prov.  Pommern, 
6228  E.).  Hier  besteht  eine  freie  Verei- 
nigung von  Brüdern,  die  sich  am  1.  und 
8.  Sonnabend  versammeln. 

Barthelmees,  J.  P.  M.  Richard,  ein 
um  die  Verbreitung  deutschen  freimaure- 
rischen Geistes  in  den  Vereinigten  Staaten 
sehr  verdienter  Mann,  geb.  10.  Juni  1820 
in  Nürnberg,  gest.  15.  Juli  1885  das.,  wid- 
mete sich  dem  Studium  der  Medizin,  war 
1847 — 52  als  praktischer  Arzt  in  seiner 
Vaterstadt  thätig  und  wanderte  1852  nach 
Amerika  aus,  von  wo  er  1872  nach  Deutsch- 
land zurückkehrte.  Aufgenommen  8.  März 
1845  in  der  Loge  Zu  den  drei  Pfeilen  in 
Nürnberg,  schloss  er  sichl852  derLogePytha- 
goras  Nr.  1  in  New  York  an  und  wurde 
1859  und  1860  ihr  Meister  vom  Stuhl  Seit 
1857  war  er  Vorsitzender  des  Engbunds 
New  York.  Er  veröffentlichte  eine  Biblio- 
graphie der  Freimaurerei  in  Amerika 
(New  York  1856)  und  das  Verzeichnis  der 
Sammlung  maurerischer  Bücher  und  Münzen 
der  Loge  Pythagoras  Nr.  1  (New  York  1859). 
Nach  Europa  zurückgekehrt^  trat  er  der 
Loge  Zu  den  drei  Pfeilen  wieder  bei  und 
wurde  deren  versitzender  Meister.  Er  war 
ein  treues  Mitglied  des  Vereins  deutscher 
Freimaurer.  Viele  seiner  Vorträge  und  Ab- 
handlungen sind  in  dessen  »Mittheilungenc, 
sowie  namentlich  in  der  »Bauhütte«  ver- 
öffentlicht. B.  war  eine  durchaus  prak- 
tische, wenn  auch  etwas  derbe  Natur, 
die  es  mit  der  Freimaurerei  ernst  nahm. 

Basel  (Hauptst.  des  Schweiz.  Kantons 
Basel-Stadt,  (1898)  94646  E.).  1)  Hier  be- 
stand schon  1744  eine  Loge,  von  der  nichts 
näheres  bekannt  ist.  2)  1765  wurde  das.  die 
Loge  Liberias  im  System  der  strikten 
Observanz  von  Andreas  Buxdorf  ge- 
gründet, für  die  er  von  der  Präfektur 
Kittersfelde  (Zu  den  drei  Disteln  in  Frank- 
furt a.  M.)  einen  Stiftungsbrief  erhielt 
1772  vereinigte  sich  die  sdiottische  Loge 
mit  der  Loge  Modestia  in  Zürich  zu  einer 
Präfektur.  Da  sich  Peter  Burkhard  (s.d.) 
und  Andreas  Buxdorf  nicht  vertrugen, 
gründete  ersterer  1778  eine  zweite  Loge: 

3)  Vollkommene  Freundschaft,  die 
3.  Juli  1779  von  Lavater  (s.  d.)  eingeweiht 
wurde.  Die  Loge  Liberias  ging  nun  ein.  Auf 
einem,  Aug.  1779  in  iUisel  abgehaltnen 
Konvent  schlössen  sich  Zürich  und  Basel 
der  V.  Provinz  des  rektifizierten  Systems 
an.  Die  schweizerischen  Logen  budeten 
ein  Priorat  (schottisches  Direktorium)  mit 
dem  Sitz  in  B.,  das  zur  Präfektur  er- 
hoben   wurde.     1785    deckte    die   Loge. 

4)  Am  12.  Jan.  1808  wurde  unter  dem 
Grossorient  von  Frankreich  die  Loge 
Freundschaft  und  Beständigkeit  ge- 
gründet und  24.  März  1809  eingeweiht; 
1811  trennte  sie  sich  jedoch  wieder  von 

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70 


Batemkow 


Bauhütte. 


diedem  Grossorient,  schloss  sich  dem 
rektifizierten  Schottischen  Bitus  an  und 
begann,  ihre  Arbeiten  in  der  deutschen 
Sprache,  statt  in  der  französischen,  zu  hal- 
ten. Am  28.  Jan.  1809  war  auch  die  Loge 
Vollkommene  Freundschaft  wieder  aufge- 
lebt und  vereinigte  sich  1811  mit  der  neuen 
Loge.  1810  hatte  sich  auch  das  Priorat 
wieder  aufgethan ,  das  sich  28.  April  1828 
abermals  auflöste.  Am  17.  Jan.  1824  fand 
die  Weihe  des  Logenhauses  Zum  Venedig 
statt.  Felix  Sarasin  (s.  d.),  Meister  vom 
Stuhl  der  Basler  Loge  (1811—1822),  be- 
mühte sich  umsonst  als  Grossmeister  des 
schottischen  Direktoriums,  eine  Einigung 
aller  schweizerischen  Logen  herbeizu- 
führen. Infolgedessen  erklärte  sich  Basel 
als  unabhängige  Loge.  Am  27.  Juni  1840 
versammelten  sich  in  B.  die  Ver- 
treter der  Logen  von  Bern,  Zürich,  Locle, 
Winterthur,  Aarau  und  B.,  um  eine 
Vereinigung  der  schweizerischen  Logen 
anzubahnen.  Dieser  Wunsch  ging  in  &- 
füllung.  Am  22.  Juni  1844  trat  die  Basler 
Loge  der  neugegründeten  Grossloge  Al- 
pina bei.  Jung  (s.  d.)  war  1851  —  1856 
Grossmeister  der  Alpina  und  B.  Sitz  des 
Verwaltungsrats.  1848  fand  in  B.  der 
dritte  allgemeine  Freimaurerkongress  statt. 
Mitgliederzahl  (1899):  111.  Vers.:  an 
jedem  Sonnabend;  Klub:  Sonnabends. 
Eignes  Logenhaus,  neugebaut  und  12.  Juli 
1891  eingeweiht:  Zum  neuen  Venedig  am 
Byfangweg  18. —Liederbuch  der  Loge  (1878, 
zweiter  Teil  1883).  Statuten  für  die 
maurerische  Witwen-,  Waisen-  und  Alters- 
Kasse  (1870).  Katalog  der  Bibliothek  von 
Heinr.  Boos  (1892).  [Vgl.  Festschrift:  Ge- 
schichte der  Freimaurerei  in  B.  von  H. 
Boos  (Basel  1892).  H.  Boos,  Handbuch 
der  Freimaurerei  (Aarau  1894),  S.  831  fg., 
389  fg.    Alpina  1888,  S.  17  fg.]. 

Batemkow,  G.S.,  einer  der  bedeutendsten 
Dekabristen,  machte  das  Kriegsleben  1818 
und  1814  mit^  widmete  sich  dann  der  Lauf- 
bahn eines  Ingenieurs.  Er  wurde  bereits 
vor  1814  in  den  Freimaurerbund  aufge- 
nommen und  gehörte  zur  Petersburger  Loge 
Zum  auserwählten  Michael,  dann  zu  den 
Gründern  der  Loge  Zur  Leuchte  des  Ostens 
in  Tomsk  (eröffnet  1818  vom  Asträabund). 
Seine  Freimaurermemoiren  schrieb  er  als 
Greis  wenige  Monate  vor  seinem  Tode 
(29.  Okt.  1868).  [Vgl.  Pypin,  QueUen 
und  Beiträge  zur  Geschichte  der  Frei- 
maurerlogen Busslands  (Eiga  1896),  S.  152 
bis  162.]  Diese  Memoiren,  wenngleich  noch 
nicht  gedruckt,  sind  kulturhistorisch  in- 
teressant und  bekunden,  wie  die  Angehörig- 
keit zum  Orden  eine  bedeutende  er- 
zieherische Macht  für  den  Verfasser  ge- 
wesen ist. 

Bau.  Die  Aufgabe  der  Freimaurerei  (s.  d.) 
wird  unter  dem  Bilde  eines  B.,  des  B.  eines 
Tempels  (s.  d.),  vorgestellt.  [Vorträge, 
welche  diese  Vergleichung  im  Ganzen 
durchführen,  s.  FZ.  1857,  S.  869;  1861  S.  145 


und  A.  XI,  79.    Schauberg,  Symbolik  der 
Freimaurerei  (SchaflTh.  1861),  I,  878.1 

Baocant  oder  Baoe^an  (Beauseant,  Beau- 
ceant,  Baucent,  Baucens),  Name  der  grossen 
Ordensfahne  der  Teinpler.  Sie  ist  weiss 
mit  rotem  Kreuz,  die  Kriegsfahne  schwarz 
und  weiss  gestreift.  Der  Name  kommt 
eigentlich  von  schwarz  und  weiss  gefleckten 
Pferden.    Früher  scheint  die  Ordensfahne 

ivexillum  balzanum,  daher  der  Bannerträger 
>alzanifer)  mit  der  Kriegsfahne  eins  ge- 
wesen zu  sein. 

Bauchseiehen  (Stomachale)  ist  eines  der 
verschiednen  Meisterzeichen. 

Bauer,  Johann  Kaspar,  Kaufinann, 
geb.  19.  Sept.  1802  in  Weichtungen  bei 
Münnerstadt  in  Bayern,  gest.  12.  Juli  1882 
in  Frankfurt  a.  M.,  besuchte,  frühzeitig 
für  den  geistlichen  Stand  bestimmt,  meh- 
rere Jahre  das  katholische  Gymnasium  in 
Münnerstadt.  Seine  Neigung  wandte  sich 
aber  dem  Kaufmannsstande  zu.  1828 
eröffnete  er  in  Frankfurt  a.  M.  ein  eignes 
Geschäft,  das  er  im  Laufe  der  Zeit  in 
schwunghaften  Betrieb  brachte.  Das  Ver- 
trauen seiner  Mitbürger  berief  ihn  zu 
hervorragenden  Ehrenämtern.  —  Dem 
Freimaurerbunde  zugeführt  wurde  B.  in 
der  Loge  Karl  zum  aufgehenden  Licht 
in  Frankfürt  a.  M.  am  8.  Dez.  1882. 
Er  bekleidete  nacheinander  das  Amt  des 
Schaffners,  Armenpflegers,  Schatzmeisters, 
ersten  Aufsehers,  zugeordneten  Meisters 
und  (1858)  das  des  Meisters  vom  Stuhl. 
In  der  Verwaltung  der  Loge  leistete  er 
Vorzügliches:  zweckmässige  wirtschaftliche 
Reformen  und  die  bewährte  Einrichtung 
des  Verwaltungsrats  der  Loge  sind  sein 
Werk.  In  die  Grosse  Mutterloge  berufen, 
war  er  der  erste  aus  den  Mitgliedern  der 
Loge  Karl  zum  aufgehenden  Licht  ge- 
wählte Grossmeister  (1861 — 68).  Auch  in 
dieser  Stellung  bewährten  sich  seine  her- 
vorragenden Eigenschaften.  [Vgl.  Paul, 
Annalen  des  Eklektischen  Freimaurerbun- 
des (Frkf.  a.  M.  1888),  S.  261.1 

Baohtttte  (Werkstätte,  Atelier).  I.  So 
nennt  man  das  Bretterhaus,  das  auch  heute 
noch  neben  grössern  Bauten  aufgeschlagen 
wird,  in  dem  die  Steinmetzen  ihre  Werk- 
zeuge aufheben,  auch  wohl  bei  übler  Wit- 
terung arbeiten  und  sich  versammeln.  Wo 
bedeutende  Bauten  jahrelange  Beschäf- 
tigung zusicherten,  wurden  solche  Bau- 
hütten natürlich  mit  grösserer  Fürsorge 
errichtet  und  dienten  nicht  allein  voU- 
ständig  als  Werkstätten,  sondern  in  ihnen 
wurden  auch  die  zureisenden  Genossen 
begrüsst  und  die  Versammlungen  des  Hand- 
werks gehalten.  Der  englische  Name  da- 
für ist  Lodge.  Da  die  in  diesen  Bauhütten 
oder  Logen  Versammelten  einen  festen 
Verband,  eine  Brüderschaft  bildeten,  so 
wurde  der  Name  ihres  Versammlungsorts 
auf  ihre  Verbindung  übertragen,  und  unter 
Bauhütte,  Loge  verstand  und  versteht  man 
einen  Verband  solcher  Brüder,  die  unter 


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Baukorporation  —  Bausteine. 


71 


bestimmten  Gesetzen  und  Einrichtongen 
sich  zu  versammeln  pflegen.  —  11.  Jetzt 
ist  B.  der  allgemeine  Name  jeder  dauernden 
maurerischen  Vereinigung  zur  Vornahme 
ritueller  maurerischer  Thätigkeit(s.  Arbeit), 
im  Gegensatz  zu  den  Vereinen  (s.  d.).  In 
den  drei  Johannisgraden  (s.  d.)  und  nach 
manchen  Lehrarten  auch  in  den  höhern 
Graden  ist  dafür  der  Name  Loge  (s.  d.) 
gebräuchlich,  in  Deutschland  allgemein. 
Dagegen  kommen  in  den  hohem  Graden  der 
französischen  und  der  englischen  Maurerei 
sehr  yerschiedne  Namen  je  nach  den  Bang- 
stufen der  Grade  vor.  Der  nächste  und 
gangbarste,  auch  in  Dänemark  und  Schwe- 
den vorkommende,  ist  Kapitel;  dann  folgen 
aufsteigend  nach  dem  Bite  fran^ais  das 
Conseil,  Tribunal,  Consistoire,  nach  dem 
Bite  ^cossais  Conseil,  College,  Areopage, 
Tribunal,  Consistoire.  Im  System  der  eng- 
lischen und  der  amerikanischen  Tempelritter 
(Kniehts  Templar)  wird  dafür  der  Name 
Heeuager  (Encampment^  gebraucht.  (S.  die 
einzelnen  Benennungen.)  —  HE.  Die  Bau- 
hütte, Zeitung  für  Freimaurer,  begründet 
und  herausgegeben  von  J.  G.  Findel  seit 
3.  Juli  1858,  »unter  dem  maurerischen 
Schutze  Sr.  Hoheit  Ernst  n.,  Herzog  von 
Sachsen-Koburg-Gotha«,  mit  Nr.  26  von 
1891  auf  eine  Aktiengesellschaft  in  Frank- 
furt a.  M.  übergegangen  (s.  FreBse). 
Schriftleiter  unter  dieser  ist  Dr.  Gotthold 
in  Frankfurt  a.  M. 

Baukorporation.  Unter  den  römischen 
Söldnern  in  den  Provinzen  bestanden  Ver- 
bindungen aller  möglichen  Bauhandwerker 
unter  dem  Namen  der  CoUegia  fabrorum, 
von  deren  innerer  Einrichtung  man  nur 
wenig  weiss.  Sie  hatten  eine  eigne  Ver- 
fassung, standen  unter  eignen  Beamten 
(ädiles),  hatten  Meister  (magistri)  und  Auf- 
seher (decuriones),  stellten  Urkunden  aus 
und  zählten  viele  kenntnisreiche  Mitglieder. 
—  Es  ist  nicht  zu  verwundem,  dass  man 
bei  den  Forschungen  nach  dem  Ursprung 
der  Freimaurerei  diese  Verbindungen  mit 
ihr  in  einen  nahen  Zusammenhang  zu 
bringen  suchte,  um  von  da  aus  eine  Brücke 
in  das  griechische  und  ägyptische  Alter- 
tum zu  haben.  Namentlich  hat  Krause  in 
in  den  »Drei  Kunsturkunden«,  2.  Aufl.  IV, 
92  fg.,  mit  grösstem  Fleiss  alles  zusammen- 

festeUt,  was  ihm  für  eine  Herleitung  der 
'reimaurerei  von  jenen  Verbindungen  zu 
sprechen  schien.  [Vgl.  Schneider  im  A.  J., 
m,  2  (1812),  S.  166  fg.]  Der  historischen 
Ableitung  Krauses  folgten  später  Schau- 
berg (Zürich)  und  Em.  Bebold  (Histoire 
g^n^rale,  Paris  1851),  teilweise  auch  F. 
Gould  (History  of  Freemasonry  I,  36  fg.). 
Die  neuem  Forschungen  haben  nachge- 
wiesen, dass  die  genossenschaftlichen  Ver- 
bindungen der  Bauhandwerker,  wie  sie  seit 
Eindringen  der  christlichen  Kultur  in  die 
mitteleuropäischen  Länder  hervortraten,  in 
den  uralten  Sitten  der  germanischen  Völker 
ihre  Begründung  fanden  und  auch  nur  unter 


ihnen  eine  Ausbildung  erlangten.  (S.  Bau- 
hütte, Brüdenohaft,  Collegia,  Korpo- 
ration.) [Vgl.  Findel,  Geschichte  der 
Freimaurerei.    B.  1894,  S.  69.] 

Baokiiiist.  Wie  die  Geometrie  (s.  d.)  die 
Grundwissenschaft  der  Freimaurerei,  so  ist 
die  B.  diejenige  Kunst,  von  der  sie  ihre 
Sinnbilder  zum  wichtigsten  Teile  entlehnt. 
Sie  eignet  sich  hierzu  nicht  bloss,  insofern 
sie  eine  der  wichtigsten  und  ältesten  Künste, 
sondern  indem  sie  auch  vorzüglich  geeig- 
net ist,  den  Menschen  höher  auszubilden 
und  rein  menschliche  Anschauungen  und 
Gefühle  zu  erregen.  [Vgl.  Krause,  Kunst- 
urkunden, n,  74.]  Daher  knüpft  sich  die 
Entstehung  und  erste  Ausbildung  der  Frei- 
maurerei an  die  Entwickelung  der  (mittel- 
alterlichen) B.  ^S.  Bauhütte  und  Frei- 
maurereil)  —  Eine  allgemeine  Kenntnis 
der  Geschichte  der  B.  und  ihrer  Stile  ist 
wegen  dieses  engen  Zusammenhangs  mit 
der  Geschichte  und  Symbolik  der  Frei- 
maurerei für  die  Kenntnis  der  letztem  nicht 
ohne  Nutzen,  weshalb  das  Studium  der  B. 
angelegentlichst  empfohlen  werden  kann. 
Gelegenheit  hierzu  ist  in  unzähligen 
Schriften  gegeben,  von  deren  Aufzählung 
hier  abgesehen  werden  kann.  Das,  was 
Anderson  in  seinem  Konstitutionenbuch 
über  die  Geschichte  der  B.  sagt,  hat  natür- 
lich in  der  Gegenwart  wenig  Bedeutung 
und  wissenschaftlichen  Wert  mehr. 

Bauld  de  Nans,  s.  Le  Bauld  de  Nana. 

Baumeister,  als  Benennung  eines  Logen- 
amts oder  Hochgrads,  s.  Architekt. 

Baumeister,  der  grosse,  des  Weltalls  ist 
in  der  freimaurerischen  Sprache  eine  Be- 
nennung Gottes  als  des  Schöpfers  und  Er- 
halters der  Welt.  Anderson  bedient  sich 
des  Ausdrucks  «great  Architect  of  the 
Universec  gleich  am  Anfang  seiner  Ge- 
schichte der  Maurerei  (1728,  S.  1),  aber 
vor  ihm  hat  schon  Eugenius  Philalethes  jun. 
in  der  Vorrede  zu  seinen  »Long  Livers« 
zweimal  den  Namen  »Allmächtiger  Bau- 
meisterc  (8.  VHI  u.  XVH).  Früher  wird 
er  sich  in  der  freimaurerischen  Litteratur 
nicht  aufweisen  lassen,  aber  er  ist  sehr  alt, 
denn  schon  in  der  Bibel  wird  Gott  ein 
> Baumeister c  genannt  (Hebr.  11,  10).  — 
Mit  dieser  Bezeichnung  hängen  die  in 
maurerischen  Schriften  und  Beden  ge- 
brauchten Worte  zusammen:  Zu  Ehren 
des  allmächtigen  Baumeisters  der  Welten 
(lat.:  ad  universi  terrarum  orbis  summi 
architecti  gloriam;  franz.:  ä  la  gloire  du 
grand-architecte  de  l'univers;  engl.:  to  the 
glory  of  the  grand  architect  of  the  universe). 

Bausteine  nennt  man  vielfach  die 
Vorträge  in  den  Logen.  Daher  z.  B.  »Bau- 
steine, gesammelt  von  Brüdern  des  Logen- 
bundes Royal  York  zur  Freundschaft  zu 
Berlin«,  erschienen  in  vier  Jahrgängen 
1881  —  1884;  femer  »Bausteine.  Mittei- 
lungen der  Grossen  Loge  von  Preussen, 
genannt  Kaiser  Friedrich  zur  Bundestreue«, 
BerUn  1892  fg.  (s.  Presse). 


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72 


Bautzen  —  Bayern. 


BAntien,  wendisch  Bndissin  (St.  im  König- 
reich Sachsen,  28678  E.).  Logen  das.:  1)  Jo- 
hannisloge  Zur  goldenen  Mauer,  gegr. 
19.  Febr.  1802,  erhielt  24.  Juni  1802  von 
der  Grossen  National -Mutterloge  Zu  den 
drei  Weltkugeln  ihre  Stiftun^urkunde  und 
hat  sich  zwar  dem  1811  errichteten  säch- 
sischen Logenbund  angeschlossen,  jedoch 
ihre  Arbeiten  nach  der  Lehrart  ihrer 
Mutterlose  fortgesetzt.  Das  Doppelver- 
hältnis dieser  Loge  zu  den  beiden  Gross- 
logen ist  durch  einen  Grundvertrag  vom 
1 8.  April  1812  geregelt,  dessen  Bestinmiungen 
ebenso  für  den  sächsischen  Logenbund,  wie 
für  die  Grundverfassung  und  die  Bundes- 

fesetze  der  Grossen  iNational-Mutterloge 
iu  den  drei  Weltkugeln  massgebend  sind. 
Hiemach  ist  die  Loge  in  Sachen  die  ein- 
zige, die  nach  der  Lehrart  der  Drei  Welt- 
kugeln arbeitet.  Mit^liederzahl  (1900):  180. 
Vers,  oder  Klub:  Mittwochs.  Logenhaus, 
Oarolastrasse  6.  Milde  Stiftungen:  Witwen- 
und  Waisenfonds  und  Konfirmandenbeklei- 
dung. Eine  Denkmünze  dieserLoge  v.  J.  1845 
s.  BMW.  Nr.  7.  —  2)  Delegierte  altschotti- 
sche Loge  Zur  goldenen  Mauer,  gegr. 
3.  Juli  1804.  —  Dass  schon  vor  1768  da- 
selbst eine  Loge  der  Afrikanischen  Bau- 
herren (s.  d.)  bestand,  wird  in  zwei  Schriften 
moss,  BibL,  Nr.  1907  u.  1908],  die  einer 
Bauhermloge  in  B.  gedenken,  versichert. 
[Vgl.  FZ.  1855,  S.  64.] 

Bajem  (Königreich).  L  In  den  alten 
bayerschen  Stammlanden  bestand  seit  1777 
eine  von  der  Loge  Royal  York  zu  Berlin 
gestiftete  Lose  Theodor  zum  guten 
Kat  in  München,  nachdem  schon  vorher 
unregelmässige  Logenversammlungen  da- 
selbst mehrere  Jahre  hindurch  stattgefun- 
den hatten,  (ß.  Münohen.)  Zu  .^Sifang 
der  achtziger  Jahre  drang  in  diese  Loge 
das  Hluminatenwesen  ein  (s.  Bluminaten) ; 
auch  in  einigen  benachbarten  Städten,  z.  B. 
Freising,  Ingolstadt,  wurden  Versamm- 
lungen in  diesem  Sinne  gehalten.  Dies  gab 
dem  Kurfürsten  K^arl  Theodor,  der  unterm 
Einfluss  der  Jesuiten  stand,  Veranlassung 
zu  einem  Verbot  gegen  alle  »unbestätigten 
und  unzulässigen  Communitäten«  (22.  Juni 
1784),  dem  2.  März  und  16.  Ai^.  1785  sehr 
strenge  Verbote  gegen  die  Freimaurer  und 
Bluminaten  folgten;  die  gleichzeitige  Ver- 
folgung des  Hluminatismus  erstreckte  sich 
auch  auf  die  Mitglieder  des  Freimaurer- 
bundes. Die  Loge  in  München  stellte  ihre 
Arbeiten  freiwillig  ein,  die  in  Mannheim, 
das  damals  unter  derselben  Begierung  stand, 
und  die  Bluminatenklubs  wurden  aufge- 
hoben. Dagegen  blieben  fruchtlos  die 
Schreiben  des  Hofrats  v.  Born  (s.  d.)  in 
Wien  an  den  Präsidenten  der  kurfOrstl. 
Akademie  der  Wissenschaften  in  München 
vom  2.  Sept.  1785  und  an  den  Kanzler 
und  Herzogl.  Bayerschen  Hofrat  Freiherm 
V.  Ejreittmayr  vom  9.  Nov.  1 785.  [Abgedruckt 
im  W.  J.  II,  S.  123.]  Erst  1873  wurde  in 
München  die  Loge  Zur  Kette  von  der  Gross- 


loge Zur  Sonne  eröffnet,  von  der  sich  1895 
die  Loge  In  Treue  fest  (unter  der  Grossen 
Landesloge  von  Deutschland)  abzweigte. 
Eine  dritte  entstand  1897  unter  der  nicht 
anerkannten  Grossloge  Kaiser  Friedrich 
in  Berlin.  —  H:  Als  1799  dem  Kurfürsten 
Karl  Theodor  der  Kurfürst  (nachmalige 
König)  Maximilian  Joseph  gefol^  war, 
erliess  dieser  bald  nach  seinem  Regierungs- 
antritt eine  Verordnung  (München,  4.  Nov. 
1799),  in  der  »jede  geheime  Gesellschaft,  die 
sich  zu  irgend  einem  politischen,  reli- 
nösen  oder  angeblich  wissenschaftlichen 
Zweck  verbindet  und  solchen  Zweck  dem 
Staat  entweder  verhehlt  oder  einen  andern 
anjgiebt,  als  sie  wirklich  bezielt,  ihre 
Mitglieder  mögen  sich  versammeln  oder 
nur  durch  Korrespondenz  oder  Zeichen 
zusammenhängen^  verboten  wird«.  [Abge- 
druckt in  der  vorigen  Auflage  dieses  Hand- 
buchs, I,  65.]  Diese  Verordnung  wurde 
durch  eine  spätere  (unter  dem  Ministerium 
des  Freiherrn  von  Montgelas  ergangene) 
Verordnung  vom  5.  März  1804  erneuert 
und  eingeschärft.  [Abgedruckt  in  der 
vorigen  Auflage  dieses  Handbuchs,  I,  66.] 
So  schwer  diese  Verbote  den  Frei- 
maurerbund zu  treffen  schienen^  waren  sie 
ihm  doch  nicht  gerade  schädlich,  da  in 
den  bayerschen  Staaten  nirgends  mehr  eine 
Loge  bestand.  Erst  1806  trat  diese  Frage 
mit  thatsächlicher  Wichtigkeit  in  den  Vor- 
dergrund, als  das  Fürstentum  Ansbach, 
Nürnberg  und  mehrere  andre  Gebietsteile 
an  die  Ejrone  B.  fielen.  In  Ansbach 
'b,  d.)  bestand  schon  seit  1758,  in  Fürth 
|s.  d.)  seit  1808  eine  Loge;  in  Nümbert 
's.  d.)  wirkten  zwei  solche  seit  1761  und 
1789.  Während  diese  fränkischen  Logen 
vorbereitende  Schritte  zur  Sicherung  ihres 
Fortbestands  thaten,  insbesondere  die 
Loge  Joseph  zur  Einigkeit  in  Nürnberg 
aus  dem  Abhängigkeitsverhältnis  vom 
Prinzen  Karl  von  Hessen  (s.  d.)  trat,  hatte 
die  Loge  in  Ulm  (s.  d.),  das  von  1803—10 
unter  bayerscher  Hoheit  stand,  die  Ge- 
stattung zur  Wiederaufriahme  ihrer  1795 
aufgegeonen  Thäti^keit  unmittelbar  beim 
König  erbeten  und  28.  April  1807  unter 
Einhaltung  gewisser  Vorschriften  erhalten. 
Unter  denselben  Bedingungen  wurde  diese 
Genehmigung  den  fränkischen  Logen  durch 
einen  Erlass  des  königl.  Generallandkom- 
missariats in  Franken,  Grafen  von  Thür- 
heim  (Ansbach,  8.  Mai  1807),  auf  Grund 
königlicher  Anordnung  erteilt.  Diese  Be- 
dingungen waren  folgende:  »1)  Alle  drei 
Monate  soll  eine  Liste  der  Mitglieder  der 
Loge  von  dem  Vorsteher  derselben  ge- 
fertigt und  unterzeichnet  an  den  General- 
kommissar  der  Provinz  übergeben  werden; 
2)  eine  jede  Veränderung  in  den  Ämtern, 
sobald  sie  geschieht,  ebenfalls  dem  Chef 
der  Provinz  angezeigt,  ebenso  3)  eine  jede 
Abänderung  der  S&tuten  und  Satzungen 
dahin  berichtet  werden«.  Weiter  biess  es 
noch  im  gedachten  Erlass:    »Damit  aber 


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Bayern. 


78 


das  Ganze  um  so  eher  bei  TorkommeDder 
Gelegenheit  kontrolliert  und  beurteilt  wer- 
den kann,  muss  ein  echtes,  auf  die  ünter- 
thanentreue  der  Vorsteher  beglaubigtes 
Exemplar  der  Statuten  bei  dem  General- 
kommissariat hinterlegt  werden,  welches 
man  allerlängstens  binnen  drei  Monaten 
mit  der  ersten  Listeneinrichtung  erwartet. 
Übrigens  setzt  man  voraus,  dass  aller  Zu- 
sammenhang und  jede  direkte  oder  in- 
direkte Korrespondenz  mit  jeder  Loge  in 
Berlin  oder  in  aen  bisherigen  preussischen 
Provinzen  aufgehoben  sei  una  auf  immer 
aufgehoben  bleibe«.  —  Hiermit  war  der 
Bestand  der  Logen  gesichert,  und  bei  der 
nichts  weniger  als  günstigen  Stimmung, 
die  in  den  massgebenden  Kreisen  Münchens 
gegen  die  Freimaurerei  herrschte,  musste 
man  sich  dieser  Entscheidung,  deren  Vor- 
schriften so  leicht  zu  entsprechen  war,  um 
80  mehr  freuen.  Sie  war  unstreitig  dem 
König  persönlich  zu  danken.  Auch  das  harte 
Verbot  jeder  brieflichen  Verbindung  mit  den 
preussischen  Logen  erfuhr  vom  General- 
landkommissariat die  mildeste  Auslegung. 
Die  zunächst  davon  betroffene  Loge  in 
Ansbach  musste  zwar  aus  dem  Verband 
der  Berliner  Grossen  National -Mutter- 
loge Zu  den  drei  Weltkugeln  ausscheiden, 
doch  ward  ihr  unter  persönlicher  Verant- 
wortlichkeit des  Meisters  vom  Stuhl  ihren 
Briefverkehr  fortzusetzen  gestattet,  ja 
sie  wurde  selbst  von  ihrer  bisherigen  Gross- 
loge als  Provinzialloge  in  Franken  unter 
dem  Namen  Anacharsis  zum  erhabenen 
Zweck  gegründet.  Ebenso  begnügten  sich 
v.  Thürheim  und  dessen  Delegierter  in 
Nürnberg,  v.  Lochner,  persönlich  Einsicht 
von  den  Statuten  der  Logen  zu  nehmen. 

ETgl.  Geist,  Geschichte  der  Loge  Joseph  zur 
inigkeit  in  Nürnberg  (1861),  S.  117.]  — 
Allein  schon  17.  Jan.  1808  genehmigte  der 
König  zwar,  dass  die  Freimaurerlogen  in 
der  Art  fortbestehen  durften,  er  ordnete 
aber  an,  «dass  es  in  Bezug  auf  die  Staats- 
diener, die  zur  Gesellschan  der  Freimaurer 
gehören,  bei  den  allgemeinen  Verord- 
nungen vom  15.  Sept.  1799  und  5.  März 
1804,  nach  welchen  kein  Staatsdiener  an 
der  Verbindung  der  Freimaurer  Anteil 
nehmen  darf,  sein  unabänderliches  Be- 
wenden habe«.  Diese  Verordnung  musste 
drei  Tage  nach  ihrer  Bekanntmachung  an 
die  Logenvorstände  ins  Werk  gesetzt  wer- 
den. Die  Loffe  Joseph  zur  Einigkeit  in 
Nürnberg  verlor  dadurch  auf  einmal  87 
ihrer  angesehensten  Mitglieder.  Zwar 
nahmen  die  Loeen  Alexander  zu  den  drei 
Sternen  in  Ansbach  und  die  unterdes  ge- 
stiftete Loge  Karl  zur  Treue  in  Pappen- 
heim (s.  d.)  Veranlassung,  in  einer  Ein- 
gabe an  den  König  selbst  zu  bitten,  dass 
die  ausgetretenen  Staatsdiener  wieder  an 
den  Logen  Anteil  nehmen  dürften;  allein 
es  erging  hierauf  (Edikt  vom  20.  Febr. 
1808,  abgedruckt  in  Findel,  Geschichte  der 
Grossloge  Zur  Sonne  (Lpz.  1898),  S.  176)  ein 


ablehnender  Bescheid.  —  Zwar  wurde  in 
einem  Dekret  »vom  2.  April  1808  erklärt, 
dass  Advokaten  und  Justizkommissarien 
nicht  unter  den  Staatsdienem  zu  b^eifen 
seien;  dagegen  wurde  die  Loge  Zu  den 
drei  Pfeilen  in  Nürnberg  auf  ihre  Anfrage 
vom  27.  Jan.  1809,  ob  nidbt  wenigstens 
Quieszenten,  Geistliche  und  Schullehrer 
an  den  Logen  Anteil  nehmen  dürften,  aus 
dem  Ministerium  des  Linem  (v.  Montgelas) 
12.  Febr.  1809  dahin  beschieden,  «dass  die 
in  Quieszenz  kommenden  Staatsdiener 
präsumtiv  nur  momentan  ausser  Aktivität 
treten,  somit,  wenn  es  erforderlich  ist, 
augenblicklich  in  solche  zurückberufen 
werden  können,  selbe  sonach  auch  allen 
jenen  Verbindlichkeiten  nicht  entsagen 
dürfen,  die  sie  als  effektive  Diener  des 
Staates  in  ihren  vorigen  Verhältnissen 
übernommen  haben.  Der  Bücktritt  oder 
die  Aufnahme  von  quieszierten  Dienern  in 
die  Loge  kann  daher  nicht  stattfinden  und 
ebensowenig  den  mit  Dienstesstellen  be- 
kleideten Geistlichen  und  Schullehrem  der 
Zutritt  in  selbe  erlaubt  werden,  c  —  m.  Im 
J.  1810  kamen  durch  den  Anfall  von  Bay- 
reuth und  Begensburg  an  die  Krone  B. 
wiederum  mehrere  Logen,  die  zum  Teil 
wie  die  Loge  Zur  Sonne  in  Bayreuth  (s.  d.) 
und  Karl  zu  den  drei  Schlüsseln  in  Begens- 
burg (s.  d.)  schon  sehr  lange  unter  den 
frühem  staatlichen  Verhältnissen  ungestört 
bestanden  hatten,  unter  bayersche  Staats- 
hoheit. 1812  bestanden  im  ganzen  folgende 
Logen  in  B.:  Joseph  zur  Einigkeit  und 
Zu  den  drei  Pfeilen  in  Nürnberg;  Zur 
Wahrheit  und  Freundschaft  in  Fürth;  Li- 
banon zu  den  drei  Cedem  in  Erlangen; 
Karl  zu  den  drei  Schlüsseln  in  Begens- 
burg; Eleusis  zur  Verschwiegenheit  in 
Bayreuth ;  Karl  zur  Treue  in  Pappenheim ; 
Alexander  zu  den  drei  Sternen  in  Ans- 
bach; Aristides  zur  Wahrheit  und  Gerech- 
tigkeit in  Markt-Rentweinsdorf ;  Zum  Mor- 
genstern in  Hof.  Li  einer  Anzahl  andrer, 
jetztbayerscher  Städtebestanden  in  früherer 
Zeit  Logen,  die  aber,  noch  bevor  jene  Orte 
an  B.  kamen,  eingezogen  waren,  z.  B.  in 
Aschaffenburg,  Eichstädt.  Hersfeld,  K^uf- 
beuem,  Kempten,  Landau,  Rothenburg, 
Zweibrücken.  Allerdings  musste  nun  schon 
1813  die  Universität  Erlangen  alle  öffent- 
lichen Lehrer  verpflichten,  keiner  geheimen 
Gesellschaft,  namentlich  nicht  der  der  Frei- 
maurer anzugehören.  Allein  nach  Bay- 
reuth war  die  Anordnung  wegen  des  Aus- 
tritts der  Staatsdiener  nicht  gelangt. 
Da  erschien  (München  18.  Sept.  1814) 
eine  neue  köni^l.  Verordnung  von  Maxi- 
milian Joseph,  die  sich  insbesondere  gegen 
die  Staatsdiener  wendete  (abgedruckt  in 
der  vorigen  Auflage  dieses  Handbuchs  I, 
68).  Diese  Verordnung  traf  zunächst  die 
Freimaurerlogen  nicht,  da  diese  nicht  zu 
den  geheimen  Gesellschaften,  deren  Zwecke 
dem  Staat  nicht  bekannt  sind,  zählten. 
Auch  erfuhr  nur  eine  einzige  infolge  der- 

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74 


Bayern. 


selben  eine  polizeiliche  Anfechtung:  in 
Begensburg  wurde  dem  Wist  der  dasigen 
Loge  untersagt,  die  Versammlung  der  Frei- 
maurer in  seinem  Hause  zu  gestatten,  und 
es  blieb  diese  ohnedies  nicht  sehr  thiltige 
Loge  geschlossen,  obgleich  ihr  Meister  vom 
Stuhl,  Graf  v.  Westerholt,  deshalb  Be- 
schwerde führte.  Allein  bala  darauf  erging 
eine  neue  königl.  Verordnung  aus  Wien, 
vom  15.  Jan.  1815,  in  der  ausdrücklich  be- 
tont wurde,  dass  sich  das  durch  die  Ver- 
ordnung vom  13.  Sept.  1814  erneuerte  Ver- 
bot der  Teilnahme  an  geheimen  Gesell- 
schaften in  Ansehung  der  in  mittel-  oder 
unmittelbaren  Staatsdiensten  stehenden 
Personen  ohne  Ausnahme  auch  auf  die 
Freimaurerlogen  erstrecke.  Dies  traf 
namentlich  die  Loge  von  Bayreuth  sehr 
hart,  aus  der  hiemach  über  50  Mitglieder 
austreten  mussten.  Auch  die  Logen  in 
Ansbach  und  Pappenheim  verloren  die  an- 
gesehensten Mitglieder  und  wurden,  da 
nur  wenige  Gewerbtreibende  oder  Privat- 
leute ihnen  angehörten,  sehr  bald  genötigt, 
ihre  Wirksamkeit  ganz  einzustellen.  Ein 
Gleiches  war  mit  der  Loge  in  Kentweins- 
dorf  der  Fall.  —  IV.  Die  oben  erwähnte 
Bestimmung  vom  8.  Mai  1807  bildete  die 
Grundlage  fttr  die  Oberaufsicht  der  Staats- 
regierung über  die  Logen  in  B.  Das  Ver- 
bot in  Betreff  der  Staatsdiener,  auch  der 
in  Ruhestand  versetzten,  der  GeisÜichen 
und  der  Schullehrer  bestand  in  Kjraft 
1850  (Verordnung  vom  15.  März,  nach  deren 
Erscheinen  Staatsanwalt  Bitter  in  Bayreuth 
der  Loge  sofort  wieder  beitrat).  Von  da 
ab  stand  auch  Magistratspersonen  und 
Lehrern  der  Eintritt  wieder  frei,  und  die 
lästigen  Schranken  waren  gefallen.  Trotz- 
dem meldeten  sich  Offiziere  und  Staats- 
diener auch  fortan  spärlich  zur  Aufaahme. 
[Vgl.  übrigens  FZ.  1864,  S.  355,  389.  — 
Können  bayrische  Beamte  und  Offiziere 
Mitglieder  des  Freimaurerbundes  werden? 
Vortrag,  gehalten  in  der  Sitzung  des  fränki- 
schen Bezirks  des  Vereins  deutscher  Frei- 
maurer zu  Nürnberg  9.  März  1874  (2.  Aufl.).] 
In  neuerer  Zeit  trat  die  staatliche  Beau&ich- 
tigung  der  Logen  in  immer  weitere  Grenzen 
zurück  und  beschränkte  sich  zuletzt  auf 
die  jährliche  Anzeige  der  Vorstandswahl 
und  des  etwaigen  Vorstandswechsels. 
Gleichwohl  haben  die  Angriff*e  in  B.  nicht 
nachgelassen,  so  dass  noch  1878  und  1894 
im  Landtag  solche  zum  Vorschein  traten. 
[Vgl.  FZ.  1894^  S.  105.  Steger,  Für  und 
wider  die  Freimaurerei  (Bamberg  1894), 
S.  3—11.]  —  Unverkennbar  und  von  den 
bayerschen  Logen  selbst  vielfach  anerkannt 
ist,  dass  die  Freimaurerei  in  B.  unter  diesen 
Verhältnissen  an  dem  vollständigen  Ge- 
deihen behindert  ist,  so  viele  dafür  geeig- 
nete Personen  auch  in  den  ebenso  intelli- 
genten, als  thatkräftigen  Ständen  der  Kauf- 
leute, Gewerbtreibenden,  Künstler,  Ärzte 
u.  s.  w.  sich  finden.  Um  so  höhere  Ach- 
tung verdient  das  unausgesetzte  Streben 


der  jetzt  noch  bestehenden  Logen,  sich 
nach  Massgabe  aller  ihnen  zu  Gebote 
stehenden  Kräfte  als  würdige  Glieder  des 
Freimaurerbundes  zu  behaupten.  Es  sind 
dies  die  Logen  zu  Bayreuth.  Nürnberg  (2), 
Erlangen  (2),  Fürth  und  Frankenthal, 
welche  letztere,  schon  1807  gestiftet,  erst 
mit  der  Wiedererlangung  der  Bheinpfalz 
an  B.  kam;  die  Loge  in  Hof  (s.  d.)  stellte 
1849  ihre  Thätigkeit  ein,  nahm  sie  aber 
1865  wieder  auf.  Neu  gegründet  wurden 
die  Logen  in  Kaiserslautem  (eingegangen), 
Schweinfurt,  Würzburg,  Augsburg.  Mün- 
chen (3),  Bamberg,  Neustadt  a.H.  undKulm- 
bach,  deren  nunmehr  gesicherter  Bestand 
mehrfach  durch  Errichtung  stattlicher 
Logenhäuser  bekundet  ward.  Drei  dieser 
Logen,  die  zuBayreuth,  Erlangen  und  Joseph 
zur  Einigkeit  in  N  ümberg,  haben  bereits  ihre 
hundertjährigen  Jubiläen  gefeiert.  —  Die 
Bestrebungen  zur  EMchtung  einer  bayer- 
schen Gross-  oder  Direktori^loge  sind  er- 
folglos geblieben.  Dagegen  wurden  1817 
zeitweise  Versammlungen  der  Meister 
vom  Stuhl  der  vier  benachbarten  Logen 
zu  Nürnberg,  Erlangen  und  Fürth  ein- 
gerichtet, die  sich  als  fOr  die  Aufrecht- 
haltung der  maurerischen  Beziehungen 
sehr  vorteilhaft  bewährt  haben,  aber 
1829  wieder  eingingen.  Erst  seit  1896  sind 
wieder  Versammlungen  der  bayerschen 
Stuhlmeister  zur  Besprechung  gemein- 
samer Angelegenheiten  eingeführt  worden. 
Die  erste  fand  7.  Juni  1896  in  Nürnberg- 
statt  [vgl.  L.  1896,  S.  123],  die  zweite  in 
Bamberg  2.  Mai  1897  [vgl.  L.  1897,  S.  155; 
FZ.  1897,  S.  284].  [Vgl.  die  oben  ange- 
fahrte Schrift  von  Geist,  sowie  Findel, 
Geschichte  der  Grossloge  zur  Sonne  (Lpz. 
1898).]  —  Zur  Zeit  bestehen  in  B.  17  Logen,, 
und  zwar  12  unter  der  Grossloge  Zur  Sonne 
(Augsburg,  Bamberg,  Bayreuth,  Erlangen- 
Germania,  Frankenthal,  Fürth,  Hof,  Kulm- 
bach, München-Zur  Kette,  Neustadt  a.  H., 
Schweinfiirt,  Würzburg),  3  unter  der 
Frankfurter  Grossloge  ^rlangen-Libanon 
und  die  beiden  Nürnberger  Logen)  und  je 
1  unter  der  Grossen  Landesloge  von 
Deutschland  (München-In  Treue  fest)  und 
unter  der  Grossloge  Kaiser  Friedrich 
(München-Bruderkette  an  der  Isar). 

Bayern  (Fürstenhaus).  Aus  dem  Hause 
Witteisbach  sind  vier  Mitglieder  dem  Frei- 
maurerbunde beigetreten:  I.  Aus  dem  Kur- 
bayerschen  Hause:  Clemens  August, 
Herzog  von  B.  und  Kurfürst  von  Köln^ 
Bruder  Kaiser  Karls  VIL,  geb.  16.  Aug. 
1700  in  Brüssel,  gest.  6.  Febr.  1761  in 
Ehrenbreitstein.  Nachdem  1738  die  Bann- 
bulle von  Clemens  XH.  gegen  die  Frei- 
maurer erschienen  war,  sah  sich  der  Kur- 
fürst genötigt,  aus  dem  Bunde  zurückzu- 
treten. Als  Entschädigunff  für  sich  grün- 
dete er  1740  den  Mopsorden  (s.  d.).  [Vgl. 
Mering,  Clemens  August  (Köln  1851)]. 

n.  Aus  der  Linie  Pfalz -Zweibrücken- 
Birkenfeld:  1)  Friedrich  Michael,  Pfalz- 


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BaTreuth. 


75 


graf  von  Zweibrücken,  Sohn  des  Pfalz- 
grafen Christian  DI.,  geb.  27.  Febr.  1724, 
gest.  15.  Aug.  1767  in  Schwetzingen,  war 
seit  Anfang  der  sechziger  Jahre  des  18. 
Jahrhunderts  Protektor  und  Grossmeister 
der  Schottenloge  St.-Charles  de  l'union, 
die  von  etwa  1756  an  in  Mannheim  be- 
stand. [Vgl.  Schwarz,  Geschichte  der  Loge 
Karl  zur  Eintracht  in  Mannheim  (1896), 
S.  17.1 

2)  Maximilian  I.  Joseph,  seit  1795 
Pfalzgraf  von  Zweibrücken,  seit  1799  Kur- 
fürst von  Bayern,  seit  1805  König  von 
Bayern,  Sohn  des  Vorigen,  geb.  27.  Mai 
1756  in  Schwetzingen,  gest.  18.  Okt.  1825 
in  Nymphenburg,  trat  1777  in  Strassburg 
der  strikten  Observanz  zu.  Seine  Edikte 
gegen  alle  geheimen  Gesellschaften   vom 

4.  Nov.  1799  und  5.  März  1804,  sowie  die 
spätem  Zugeständnisse  seit  1807  s.  oben 

5.  72.  [Vgl.  Söltl,  M.  Joseph,  König  von 
Bayern  (Stuttg^  1837).] 

3)  L  u  d  w  i  g ,  Prinz  von  Pfalz-Zweibrücken, 
wird  in  der  Liste  der  fünften  Provinz  der 
strikten  Observanz  in  Strassburg  aufge- 
führt. Wahrscheinlich  ist  Prinz  Johann 
Karl  Ludwig,  Sohn  des  Pfalzgrafen  Johann 
von  Birkenfeld,  geb.  18.  Sept.  1745,  ge- 
meint. 

Bayrentli  (St.  im  Königr.  Bayern,  27693 
E.).  Hier  besteht  eine  Grossloge  und  eine 
Johannisloge.  —  I.  Markgraf  Friedrich 
von  Brandenburg -Bayreuth  (s.  Freussen) 
stiftete  21.  Jan.  1741  die  (Schloss-) 
Loge  Zur  Sonne,  die  er  eine  Zeit  lang 
leitete,  wie  er  auch  später  zuweilen  in  der 
Stadtloge  den  H.  führte,  die  sich  4.  Dez. 
1741  von  jener  abzweigte  und  unter  grossen 
Feierlichkeiten  eingeweiht  wurde.  Die 
Loge  nahm  1744  den  Titel  einer  Grossen 
Mutterloge  an  und  stiftete  1757  die 
Loge  Libanon  in  Erlangen  und  1758 
die  Loge  Zu  den  drei  Sternen  in  Ansbach. 
Die  Schlossloge  ging  nach  dem  Schloss- 
brande (1758)  ein.  Der  1756  zum  Stuhl- 
meister erwählte  von  Metzsch  Hess  sich 
für  die  Hochgrade  gewinnen;  er  erwarb 
1763  nach  einem  Besuche  von  S.  Rosa 
(s.  d.)  das  Patent  zu  einem  Kapitel  und 
führte  1764  die  Loee  der  strikten  Obser- 
vanz zu,  sicherte  ihr  aber  auch  das  Pro- 
tektorat des  neuen  Landesf ürsten  Friedrich 
Christian.  An  ihrer  Spitze  stand  ein  alt- 
schottisches Direktorium.  Ais  1769  das 
Fürstentum  mit  dem  von  Ansbach  ver- 
einigt worden  war,  zog  der  nunmehrige 
Protektor  Markgraf  Alexander  dieses 
Direktorium  1778  zur  Loge  Alexander  zu 
den  drei  Sternen  in  Ansbach  fs.  d.)  und 
vereinigte  die  Direktorien  beiaer  Logen 
unter  ein  und  demselben  altschottischen 
Obermeister.  Diesem  Direktorium  wurden 
die  von  der  Loge  Zur  Sonne  gegründeten 
Logen  in  B.,  Ansbach,  Marktsteft  und 
Erlangen  untergeordnet.  Auch  die  Loge 
Joseph  zur  Einigkeit  in  Nürnberg  wurde 
ihm   zugewiesen.     Die  Johannisloge   Zur 


Sonne  in  B.,  die  seit  1765  geruht  hatte, 
nahm  11.  Jan.  1779  die  Arbeit  wieder  auf, 
ohne  zu  rechter  Lebenskraft  zu  gelangen. 
Als  das  Land  an  die  Krone  Preussen  fiel 

il791),  trat  abermals  eine  Ruhepause  ein, 
►is  es  dem  hochverdienten  Schunter  (s.  d.) 
gelang,  4.  Dez.  1807  von  der  Grossen  Loge 
Koyal  York  in  Berlin,  der  sie  sich  in- 
zwischen angeschlossen  hatte,  die  Rechte 
einerPr  o  vi  nzial-Grosslogezu  erwirken. 
Unter  der  französischen  Herrschaft  lockerte 
sich  indessen  das  mit  Berlin  geknüpfte 
Band.  Nachdem  B.  30.  Juni  1810  an 
die  EjTone  Bayern  gekommen  war,  bil- 
dete sich  die  Loge  in  B.  am  24.  Januar 
1811  mit  den  Logen  in  Fürth  und  Hof, 
zunächst  noch  unter  dem  Namen  einer 
Provinzial- Grossloge,  als  unabhängige 
Grossloge,  da  sie  nach  dem  Verlangen 
der  Regierung  nicht  mehr  von  Berlin  ab- 
hängig sein  sollte.  Als  olche  behielt  sie 
den  alten  Beisatz  »Zur  Sonne«,  während 
die  Johannisloge  den  Namen  Eleusis 
zur  Verschwiegenheit  (s.  unter  H.) 
annahm.  In  ihrem  Grundvertrag  von 
1810—11,  erneuert  Januar  1829,  ist  aus- 
gesprochen, dass  unter  dem  Namen  der 
Grossen  Loge  die  Gesamtheit  der  vereinig- 
ten Logen  und  Brüder,  die  dem  maure- 
rischen Verband  dieser  Grossloge  zugethan 
sind,  dann  auch  das  die  Angeleeeimeiten 
des  Vereins,  nämlich  die  Ausbildung  und 
Aufirechthaltung  ihrer  Verfassung  verwal- 
tende Kollegium  verstanden  werde.  Ein 
besonderer  1.  April  1802  eingesetzter 
(seit  1860  wieder  eingegangener)  »Innerer 
Orient«  hat  die  Verwaltung  und  Ausspen- 
dung des  »maurerischen  Kenntnisschatzes« 
unter  sich,  d.  h.  der  bei  der  Lehrart  dieser 
Grossloge  anerkannten  und  üblichen  hohem 
Grade  (die  Fessl ersehen  historischen  Er- 
kenntnisstufen mit  Einweihungen,  die 
jedoch  auf  eine  einzige  und  zwar  sehr  ein- 
fache »Initiation«  beschränkt  sind),  also 
das  Ritualwesen.  Die  in  ihn  von  der 
Grossen  Loge  gewählten  Mitglieder  brauch- 
ten nicht  ihr  selbst  anzugehören.  —  Die 
Lehrart  der  Grossen  Loge  war  das  Fessler- 
sche  (s.  Fessler);  ihrer  Verfassung  liegt 
der  Entwurf  Fesslers  zu  Grunde,  der  jedoch 
in  ihr  teilweise  schärfer  und  reiner  hervor- 
tritt, als  in  der  Verfassung  der  Grossen  Loge 
Royal  York  zu  Berlin  |Bh.  1860,  S.  1121. 
Am  29.  Sept.  1829  nahm  die  Provinzial- 
Grossloge  auch  förmlich  den  Titel  einer 
Grossloge  an  und  wurde  endgültig  aus 
dem  Verband  der  Grossen  Loge  Itoyal 
York  entlassen.  Von  1816  —  57  führte 
die  Grossloge,  da  es  ihr  nach  dem  er- 
zwungenen Austritt  der  Staatsdiener  an 
Kräften  mangelte,  ein  Stillleben,  dem 
nach  Begründung  der  »Bauhütte«  (1858)  und 
der  WaM  Feustels  (s.  d.)  zum  Grossmeister 
(1862)  eine  Zeit  des  Schaffens  und  der 
Neugestaltung  folgte.  Schon  31.  Aug. 
1847  hatte  die  Grossloge  die  Aufnahme- 
fähigkeit  der  Nichtchristen  ausgesprochen. 

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76 


Basot  —  Beamte. 


Im  Sept.  1864  hatte  die  Loge  in  Heidel- 
berg (Bluntschli)  eine  Auäorderung  zu 
einer  Versammlung  der  badischen  Logen 
in  Karlsruhe  erlassen,  um  einen  badiscnen 
Logenbund  mit  wechselndem  Vorsitz  zu 
bilden.  Diese  Besprechung  fand  am 
26.  Sept.  statt.  A.  Ficke  (s.  d.)  und  F.  J. 
Faller  von  Freiburg  beantragten  aber,  den 
Bund  auf  alle  10  Töchterlogen  der  Gross- 
loge Zur  Sonne  auszudehnen  und,  erst  im 
Falle  es  von  dieser  verweigert  würde, 
einen  besondem  badischen  Logenbund  zu 
bilden.  Die  Sache  gelangte  am  21.  Juli 
1865  zur  Verhandlung  in  der  Grossloge, 
und  es  wurde  beschlossen,  dass  die  Gross- 
loge ständig  in  B.  bleiben  solle,  hin- 
fe^en  bei  Gegenständen  von  Wichtig- 
eit  die  Vorsitzenden  sämtlicher  Logen  in 
irgend  einer  Johannisloge  zusammenberufen 
werden  sollten.  Der  badische  Logenbund 
fiel,  doch  fand  später  ein  eingehender 
Ideenaustausch  über  die  Reformbestre- 
bungen  statt.  1866  übertrug  die  Grossloge 
Bluntschli  (s.  d.)  die  Revision  des  Gesetz- 
buchs und  die  Neubearbeitung  der  Ritua- 
lien. Diese  Arbeit  wurde  1868  vollendet 
und  die  neue  Verfassung  in  den  Gross- 
logenversammlungen in  Stuttgart  11.  Okt. 
und  in  Kaiserslautem  24.  Okt.  1869  ange- 
nommen. Sie  ist  eine  der  freisinnigsten 
in  Deutschland.  Der  Ort  der  Zusammen- 
kunft der  Grossloge  wechselt.  Die  Organe 
des  Bundes  sind  die  Grossloge  (die  aus 
den  Bundesbeamten,  Stuhlmeistern,  Ehren- 
mitgliedern und  Abgeordneten  besteht), 
der  Bundesrat  (aus  den  Bundesbeamten 
und  den  Vertretern  fremder  Grosslogen) 
und  der  Grossmeister  mit  den  Bun- 
desbeamten. Auf  dieser  Versammlung 
in  Elaiserslautem  beschloss  die  Gross- 
loge zugleich,  ein  Rundschreiben  zu  er- 
lassen, »das  die  Stellung  klären  und  fest- 
setzen solle,  die  die  Maurerei  den  ihr  im 
Syllabus  gemachten  Vorwürfen  und  der 
beabsichtigten  Unfehlbarkeitserklärung  des 
Papstes  gegenüber  einnehme.«  Wegen 
des  Kriegs  fiel  1870  die  Grosslogenver- 
sammlunff  aus;  1871  fand  sie  in  Fürth 
statt  und  nahm  die  Satzungen  des  Deut- 
schen Grosslogenbundes  (s.  d.)  an;  1872 
ta^  sie  in  Heidelberg.  Der  Bundesrat 
zeigte  hier  der  Grossloge  an,  dass  er  mit 
allen  ^egen  eine  Stimme  sämtliche  geübte 
Ritualien  als  zu  Recht  bestehend  anerkannt 
habe,  das  Freiburger  in  der  Form,  wie  es 
in  der  Umarbeitung  von  Ficke  (s.  d.)  in  der 
Loge  üblich  ist,  unter  der  Bedingung, 
dass  bei  der  Erklärung  des  weissen  Buches 
(s.  d.)  mitgeteilt  werde,  dass  die  Bibel  in 
Logen  an^-er  Lehrarten  als  erstes  grosses 
Lidit  auf  dem  Altar  liege.  Damit  war 
dem  viel  angefochtnen  Freiburger  Ritual 
die  förmliche  Genehmigung  erteilt.  Femer 
wurde  in  Heidelberg  beschlossen,  ein 
Ritual  für  den  Gebrauch  der  Grossloge  zu 
Bchafibn  und  diese  Arbeit  einer  Fünfer- 
Kommission  übertragen.    Auf  der  Gross- 


logenversammlung in  Karlsruhe  1878  wurde 
das  von  Bluntschli  entworfne  Ritual  zu 
dem  der  Grossloge  erklärt,  den  Logen 
aber  Ritualfreiheit  gewährt.  Die  neuere 
Zeit  bietet  keine  Ereignisse  von  hervor- 
tretender Wichtigkeit;  die  Grossloge  war 
zumeist  mit  den  Gesetzgebungsarbeiten 
des  Deutschen  Grosslogenbundes  und  der 
Einsetzung  neuer  Logen  beschäftigt.  [Vgl. 
Findel,  Geschichte  der  Grossloge  Zur 
Sonne  (Lpz.,  1897)1.  —  (Statistik.)  Die 
Grossloge  zählt  1900  32  Logen,  davon  27  im 
DeutschenReich,  nämlich  12  inBayem(Augs- 
burg,Bamberg,Bayreuth,Erlangen,Franken- 
thal,  Fürth,  Hof,  Kulmbach,  München, 
Neustadt  a.H.,  Schweinfurt,  Würzburg),  8  in 
Baden  (Baden,  Freiburg,  Heidelberg,  Karls- 
ruhe, Konstanz,  Lahr,  Mannheim,  Pforz- 
heim), 2  in  Preussen  (Berlin,  Düsseldorf), 
2  in  Württemberg  (Ludwigsburg,  Stutt- 
gart). 1  in  Sachsen- Weimar  (Jena),  1  in 
Hamburg  (Hamburg)  und  1  in  Bremen 
(Bremen)  —  und  5  in  Norwegen  (Christiania, 
Drontheim,Hamar,  Lillehammer,  Skien),  die 
unter  der  Provinzial-Grossloge  Polarstjer- 
nen  (gegr.  1893)  stehen.  —  Provinzial- 
Grossmeister  (bis  1811)  waren:  Graf 
und  Herr  v.  Giech,  Regierungspräsident 
V.  Völdemdorf,  Konsistorialdirektor  Schun- 
ter  (s.  d.).  Als  Grossmeister  (seit  1811) 
fungierten:  Regierungsrat  und  Konsistorial- 
direktor Schunter  (s.  d.),  J.  G.  F.  Simon,  J.  K. 
H.  von  Paschwitz,  Carl  Freih.  von  Red- 
witz, Kaufmann  K.  Fr.  Münch,  Buch- 
druckereibesitzer Birner,  Flachsspinnerei- 
besitzer Sophian  Kolb,  Lehrer  Christian 
K.  Künzel,  Bankier  Friedr.  v.  Feustel  (s.  d.). 
Geh.  Rat  Prof.  Bluntschli  (s.  d.),  Repsseur  Dr. 
Fedor  Löwe  (s.  d.),  Fabrikant  Julius  Bayer- 
lein,  General  a.  D.  A.  v.  Reinhardt  (s.  d.). 
—  U.  Die  Johannisloge  Eleusis  zur 
Verschwiegenheit,  gegr.  4.  Dez.  1741. 
Mitgliederzahl  (1899):  100.  Vers.:  letzten 
Freitag  im  Monat,  Klub:  Freitag  und 
Sonnt^.  Eignes  Logenhaus  (eingew. 
28.  Aug.  1881),  Hofgarten  19.  [Vgl.  Bh. 
1866,  8.  145  fg.]  [Zwei  Denkmünzen  der 
Loge,  HMW.  Nr.  5  u.  6] 

Baiot,  Etienne  Francois,  Gelehrter 
in  Paris,  geb.  1782  in  Chäteau-Chinon, 
verfasste  zaldreiche  maurerische  Schriften, 
unter  denen  die  bekannteste:  Manuel  du 
Franc-Ma^on  (1.  Ausg.,  Paris  1811;  7. 
Ausg.,  2  Bde.,  Paris  1846),  eine  der  besten 
französischen  Schriften  dieser  Art.  Er  war 
Herausgeber  des  Vocabulaire  des  Franc- 
Ma^ons  (Paris  1805  u.  öfter),  das  von  Vig- 
nozzi  1810  ins  Italienische  übersetzt  wurde. 
Verfasser  war  Laurens,  von  B.  rühren  bloss 
Anmerkungen  und  Zusätze  der  spätem  Aus- 
gaben her  [Thory,  Acta,  H,  SuppL,  S.  8.] 

Beamte  (franz.  officiers,  engl,  officers). 
I.  Der  Ämterorganismus  ist  zwar  nach  den 
verschiedenen  I^hrarten  und  örtlichen  Ver- 
hältnissen vielfach  abweichend,  hat  aber 
eine  gewisse,  mit  der  geschichtlichen  Her- 
ausbildung    des     Freimaurerbundes     zu- 

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Beamtenversammlangen,  Beamtenkonferencen,  Beamtenrat  —  Beatos. 


77 


sammenhängende  Einheit  in  den  Grund- 
Zügen.  Diese  ^Abweichungen  einzehi  auf- 
zumhreUy  mag  hier  umgangen  werden.  Es 
genügen  folgende  allgemeine  Darlegungen, 
wie  sie  namentlich  in  Deutschland  Geltung 
haben.  1)  Organismus.  Als  notwendige 
B.  sind  anzusehen:  der  Meister  vom  Stuhl, 
die  beiden  Aufseher,  die  beiden  Schaffher, 
der  Schriftführer  und  der  Schatzmeister, 
nach  englisch-amerikanischer  Lehrart  noch 
der  Wachthabende.  Entbehrlich  sind:  der 
zugeordnete  Meister  yom  Stuhl,  der  Bedner, 
der  Ordner  (Zeremonienmeister),  der  Vor- 
bereitende, der  Armenpfleger,  der  Ökonom, 
der  Bücherwart  (Bibliothekar),  der  Ur- 
kundenbewahrer  (Archivar),  der  Musik- 
meister, ausserdem  die  Stellvertreter  der 
B.  Nach  einzelnen  Grosslogengesetzen  wer- 
den Redner,  Ordner  und  Vorbereitender 
unter  die  notwendigen,  d.  h.  jeder  Zeit  zu 
besetzenden  Stellen  gerechnet.  2)  Die  Be- 
zeichnung der  B.  sollte  durchweg  deutsch 
gewählt  werden,  wie  in  diesem  Handbuch, 
und  mehr  und  mehr  in  Brauch  kommen. 
[Vgl.  liOgenspraohe.]  8)  Die  Wahl  ist 
je  nach  den  Grosslogenbestimmungen  ver- 
schieden; entweder  erfolgt  sie  bloss  von 
der  Meisterschaft  oder  von  der  gesamten 
Brüderschaft  oder  teilweise  von  der  Meister- 
schaft, teilweise  vonsämtlichenBrüdem  oder 
teilweise  von  diesen  (die  hammerführenden 
B.  —  Meister  vom  Stuhl,  zugeordneter 
Meister  vom  Stuhl,  die  beiden  Aufseher), 
teilweise  vom  Meister  vom  Stuhl  (die  übri- 
gen B.).  Ursprünglich  wurden  im  englischen 
System  der  1.  Aufseher  vom  Meister  vom 
Stuhl,  der  2.  Aufseher  vom  1.  Aufiseher 
und  die  Stewards  vom  2.  Aufseher  ge- 
wählt. Wählbar  sind  nur  Meister,  in  der 
Regel  auch  nur  einheimische  oder  in  un- 
mittelbarer Nähe  des  Logenorts  wohnende 
Meister,  oft  auch  nur  solche,  die  ein  oder 
mehrere  (drei)  Jahre  Meister  waren,  letz- 
teres namentlich  bei  den  hammerführenden 
B.  [Vgl.  V.  Groddeck  und  Henne-Am  Rhyn, 
Versuch  einer  Darstellung  des  positiven, 
innem  Freimaurerrechts,  S.  853.  Z.  1892, 
S.  4.]  4)  Die  Dauer  der  Wahl  ist  meist 
nur  ein  Jahr,  hier  und  da  wird  der  Meister 
vom  Stuhl  auf  drei  Jahre  gewählt  (Grosse 
Landesloge  in  Berlin).  Die  Bestimmung, 
dass  nach  einer  bestinmiten  Zeitdauer  (ein, 
zwei,  drei  Jahre)  der  Meister  vom  Stuhl 
oder  alle  B.  zunächst  nicht  wieder  gewählt 
werden  dürfen,  ist  nicht  gerade  empfehlens- 
wert, obwohl  bei  neuem  Logen  in  letzter 
Zeit  vielfach  versucht.  Man  kommt  meist 
bald  davon  zurück.  Es  kann  sich  hier- 
bei überhaupt  nur  um  den  Meister  vom 
Stuhl  handeln,  da  bei  den  übrigen  B.  ein 
Öfterer  Wechsel  ohnehin  fast  allgemeiner 
Brauch  und  notwendig  ist.  Ein  Meister 
vom  Stuhl  bedarf  längerer  Zeit  zum  voll- 
ständigen Einleben  in  sein  Amt,  die  Loge 
der  ruhigen  Entwicklung  und  fester  Grund- 
sätze. Bei  den  Hochgraden  werden  die 
Vorsitzenden  Meister  zum  Teil  lebensläng- 


lich (s.  d.)  gewählt.  5)  Eine  Bestätigung 
ist  bei  den  Grosslogen  meist  Vorschrin 
rücksichtlich    des    Vorsitzenden   Meisters. 

6)  Einführung  und  Verpflichtung  der 
B.  ist  mit  Ausnahme  des  Meisters  vom 
Stuhl,  der  mitunter  von  der  Grossloge 
eingesetzt  wird,  sonst  aber  selbst  das  Ge- 
lübde vor  den  versammelten  Brüdern  ab- 
legt, nicht  voreeschrieben,  geschieht  aber 
rücksichtlich  der  übrigen  B.  durch  den 
Meister  vom  Stuhl  in  der  Stiftungsfestloge 
oder  in  der  ersten  ordentlichen  Lehrlings- 
loge nach  dem  Wahlakt.  [Ansprachen  in 
Marbach,   Agenda  J.    Bh.   1867,    S.  75.] 

7)  Die  B.  haben  besondere  Auszeich- 
nung durch  Beamtenzeichen,  die  an 
blauen  Bändern  um  den  Hals  getragen 
werden.  [BZC.  1900,  S.  49  fg.]  Sie 
haben  besondere  Titel  (s.  Anreden)  und 
Plätze  in  der  Loge.  8)  Für  ihre  Thätig- 
keit  sind  Instruktionen  am  Platze, 
damit  die  B.  genau  wissen,  was  sie  zu 
thun  haben,  [ygl-  dergleichen  in  dem  Ge- 
setzbuch der  Loge  Apollo  in  Leipzig  und 
in  dem  der  Loge  Lessing  zu  den  drei 
Ringen  in  Greiz,  auch  in  verschiednen 
Grosslogengesetzen  (z.  B.  Hamburg).]  Wegen 
desThätigkeitskreises  selbst  vergleiche  man 
die  Artikel  über  die  einzelnen  B.  fVgl. 
R.  Fischer,  Entwurf  zu  einem  Handouch 
für  die  Amtsthätigkeit  der  Logenmeister 
(Lpz.  1891),  S.  78.  Findol,  Geist  und  Form 
der  Freimaurerei  (6.  Aufl.,  Lpz.  1898),  S.  37. 
Schauberg,  Symoolik  der  Freimaurerei 
(Schaffh.  1861)  H,  S.  225.] 

BeamteDTenainiiiliiiigeD,  Beamteiikoii- 
fereBien,  Beamtenrat.  Zu  diesen  gehören 
sämtliche  Beamte  der  Loge,  oft  auch  deren 
Stellvertreter.  Die  Zuständigkeit  dieser 
Körperschaft  richtet  sich  nach  den  Haus- 
gesetzen; in  der  Regel  erstreckt  sie  sich 
auf  die  ganze  innere  Verwaltung.  Be- 
schlussfähigkeit ist  ebenfalls  orts^esetz- 
lich,  sonst  eigentlich  bei  Anwesenheit  von 
fünf  Mitgliedern.  Die  Sitzungen  sind  mög- 
lichst nicht  mit  andern  Arbeiten  zu  ver- 
binden, wenn  sie  nicht  aussergewöhnliche 
sind;  sie  pflegen  im  Logenkalender  (s.  d.) 
festgesetzt  zu  werden. 

BeatODy  Frau,  gest.  1802  in  St.  Johns, 
Maddermarket  (Norwich),  im  Alter  von  85 
J^en,  wurde  Freimaurer  genannt,  weil 
sie  sich  eines  Abends  hinter  dem  hohen 
Getäfel  einer  Logenhalle  verborgen  und 
die  freimaurerischen  Gebräuche  beobachtet 
hatte.  Sie  bewahrte  treu  ihr  Geheimnis. 
Diese  Nachricht  stützt  sich  auf  eine  1828 
oder  1829  erschienene  Geschichte  von  Nor- 
folk. Etwas  näheres,  namentlich  wo  sich 
der  Vorfall  zugetragen  hat  und  ob  diese 
Frau  ebenfalls,  damit  sie  das  Geheimnis 
bewahre,  förmlich  aufgenommen  worden 
ist,  ist  nicht  ermittelt.   HTgl.  L.  1896,  S.  60]. 

Beatns,  Karl  Adolf,  Geistlicher,  geb. 

28.  Juli  1807  in  Gera,  gest.  das.  26.  Aug. 

1876    als    emer.    Pfarrer.      Aufgenommen 

wurde  B.   in   der  Loge  Archimedes   zum 

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78 


Beauchaine  —  Becker. 


ewigen  Bunde  in  Gera  7.  Nov.  1882. 
Er  bekleidete  fast  ununterbrochen  die 
wichtigsten  Logenämter,  war  1841  bis 
1846  Redner,  1845—1846  zugleich  zweiter 
Aufseher,  1846—1847  zugeordneter  Meister, 
dann  mit  Ausnahme  der  Jahre  1856  bis 
1857  Meister  vom  Stuhl  bis  1862. 
Er  hat  für  seine  Loge  viel  gewirkt  und 
durch  seine  Vorträge,  von  denen  viele  in 
A.  und  FZ.  abgedruckt  sind,  die  Brüder 
erhoben.  Er  schrieb  eine  ausführliche  Ge- 
schichte der  Loge  im  Manuskript,  die 
später  fortgesetzt  wurde.  Mehrere  Lieder 
von  ihm  sind  in  Musik  gesetzt  worden.  Die 
Trauerfeier  auf  seinen  Tod  befindet  sich 
ausführlich  mit  Nekrolog  in  R.  1876,  Nr.  9. 
Gedruckt  sind  von  ihm  mehrere  Johannis- 
schreiben;  Der  ehrliche  Mann  (Gera  1850) 
und  fünf  Hefte  Festklänge  aus  den  Jahren 
1849,  1850,  18dl,  1852  und  1862. 

Beaaehaine,  Chevalier  de,  war  der  Gründer 
des  Ordens  der  Fendeurs  (s.d.)  in  Frank- 
reich 1747,  nach  Thory  (Acta  Lat.,  n,  286) 
der  fanatischte  aller  unabsetzbaren  Meister 
der  frühern  Grossen  Loge  von  Frankreich, 
der  seine  Loge  im  Wirtshaus  Zur  goldnen 
Sonne  in  der  Strasse  St.-Victor  eingerichtet 
hatte,  wo  er  auch  schlief  und  für  6  Fr. 
alle  Grade  der  Maurerei  erteilt  haben  soll. 
Auch  war  er  der  Stifter  einer  Loge  in  Frank- 
furt a.  M.  [Vgl.  Kloss,  Geschichte  der  Frei- 
maurerei in  Frankreich,  I,  77.  Ders., 
Annalen  der  Loge  Zur  Einigkeit,  S.  26.] 

Beauharnais,  Eug^nede  (nachmals  Fürst 
von  Eichstätt  und  Herzog  von  Leuchten- 
berg), geb.  S.  Sept.  1781,  gest.  in  München 
21.  Febr.  1824.  Als  er  1805  zum  französi- 
Bch^i  Prinzen  und  Vizekönig  von  Italien 
erhoben  worden  war,  übernahm  er  die 
Würde  eines  Grossmeisters  von  Italien  in 
der  Grossloge  zu  Mailand. 

Beeherer,  Chr.  Friedr.,  preuss.  Gehei- 
mer Kriegs-  und  Oberhof  baurat  in  Berlin, 
Direktor  des  Oberbauamts,  Stifter  der  Bau- 
ffewerkschule  daselbst,  geb.  1747  in  Span- 
dau, gest.  6.  Dez.  1828  in  Berlin,  war 
vom  27.  Dez.  1817  bis  27.  Dez.  1821  Ordens- 
meister derGrossenLandesloge  vonDeutsch- 
land  und  schloss  als  solcher  insbesondere 
81.  Mai  1819  einen  Vereinigungsvertrag 
mit  der  Grossen  Landesloge  von  Schweden. 
[Vgl.  Prov.-Kal.  fQr  Mecklenburg  1824, 
S.  61  fg.] 

Beelisteiii,  Ludwig,  Dichter  und  Schrift- 
steller, geb.  24.  Nov.  1801  in  Weimar,  gest. 
14.  Mai  1860  in  Meiningen,  von  seinem 
Oheim,  dem  berühmten  Naturforscher  Joh. 
Matth.  Bechstein  in  Dreissigacker  bei  Mei- 
ningen an  Eandesstatt  angenommen,  wid- 
mete sich  von  Michaelis  1818  der  Apodieker- 
kunst  in  Arnstadt,  wo  sich  seine  dichte- 
rische Begabung  entwickelte.  Herzog  Bern- 
hard von  Meiningen  Hess  ihn  Geschichte 
und  Philosophie  studieren  und  ernannte 
ihn  10.  Nov.  1831  zu  seinem  Kabinets- 
bibliothekar.  1883  wurde  er  erster  Biblio- 
thekar  der   öffentlichen  Bibliothek,    1840 


Hofrat.  Als  Dichter  zeichnete  sich  B.  be- 
sonders auf  dem  Gebiet  der  Lyrik  und  Epik 
aus,  nicht  minder  auf  dem  Gebiet  des  xto- 
mans  und  der  Novelle.  Er  gründete  1832 
den  «Hennebergischen  altertumsforschen- 
den Verein«,  dessen  Leiter  er  26  Jahre 
war.  Berühmt  sind  unter  seinen  grossem 
Gedichten:  Der  Totentanz,  Faustus  und 
Luther.  Thüringens  Königshaus,  ein  deut- 
sches Nationalepos,  erschien  als  nachge- 
lassenes Werk.  —  In  den  Bund  der  Frei- 
maurer wurde  er  6.  Okt  1842  in  der  Loge 
Charlotte  zu  den  drei  Nelken  in  Meiningen 
aufgenommen.  Die  Loge  verdankt  seiner 
begeisterten  Mitwirkung  ein  neues  reges 
Leben.  Von  1844—50  war  er  Schnft- 
führer  der '  Loge,  1850  zweiter,  1855 
erster  Aufseher  und  1856  zugeordneter 
Meister,  als  welcher  er  namentlich 
1857  während  eines  langem  Unwohl- 
seins des  Meisters  vom  Stuhl,  A.  W. 
Müller  (s.  d.),  die  Loge  mit  grosser  Um- 
sicht leitete.  Hauptsächlich  verdient  um 
die  Maurerei  machte  er  sich  durch  die 
Herausgabe  der  freimaurerischen  Zeitschrift 
Asträa  (s.S.52)  seit  1 846,  in  der  er  nebstseinem 
Miüierausgeber  Müller  (s.  d.)  treflTliche  Ar- 
beiten veröffentlichte.  Im  vierten  Bande  der 
Zeitschri  fb :  DieWissenschafben  im  1 9.  Jahrb., 
erschien  von  ihm  ein  Aufsatz:  Geschichte, 
Geist  und  staatliche  Ausbreitung  der  Frei- 
maurerei. Freimaurerlieder  sind  von  ihm 
in  grosser  Menge  vorhanden,  ebenso  lie- 
ferte er  mehrere  wertvolle  Gelegenheits- 
festgedichte. Am  6.  März  1861  feierte 
seine  Loge  in  einer  Trauerloge  sein  An- 
denken, wobei  ein  von  ihm  verfEisstes  Ge- 
dieht »Psyche«  melodramatisch  vorgetragen 
wurde.  [Vgl.  A.  1861,  S.  271  fg.  mit  B.'s 
Bildnis.    FZ.  1861,  S.  198.] 

Becker,  auch  Johnson,  beides  falsche 
Namen  des  unter  dem  zweiten  berühmt 
gewordnen  Leucht  (s.  Johnson), 

Beeker,  1)  Rudolf  Zach..  Volks- 
schriftsteller, geb.  9.  April  1752  in  Erfurt, 
gest.  28.  März  1822  als  Hofrat  in  Goth^ 
wurde  1782  Lehrer  in  Dessau  und 
siedelte  später  nach  Gotha  über,  wo  er 
seit  1791  den  bekannten  Allgemeinen  An- 
zeiger der  Deutschen  herausgab.  1797 
gr£idete  er  die  Beckersche  Buchhandlung 
in  Gotha.  Er  gehörte  der  Loge  Zum  Eom- 
pass  in  Gotha,  die  auch  in  seinem  Hause 
ihre  Versammlungen  hatte,  seit  27.  Febr.  1 782 
als  Mitglied  an,  war  Freund  Bodes  (s.  d.) 
und  eifriger  Anhänger  der  Freimaurerei 
und  des  lUuminatenordens.  In  den  Jahren 
1786, 1789—90  warB.  Redner,  später  (1798?) 
Schatzmeister  der  Loge  Zum  Kompass. 
Von  ihm  erschien:  Grundsätze,  Verfassung 
und  Schicksale  des  Illuminatenordens 
(Gotha  1786).  [Vgl.  Beck,  Ernst  der  Zweite, 
Herzog  von  Sachsen-Gotha  und  Altenburg, 
etc.  Gotha  1854,  an  versch.  Stellen,  s.  auch 
S.  111.  Ders.,  Gesch.  des  goth.  Landes, 
Bd.n  Gesch.  der  Stadt  Gotha,  Gotha  1870. 
an  versch.  Stellen.  H.  A.  O.  Reichara 
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Beckmann  —  Beförderung. 


79 


(1751  —  1828).  Seine  Selbstbiographie, 
Überarb.  u.  nerausgeg.  yon  ühde  (Stuttg. 
1877),  inßbes.  S.  264.  —  Reichard,  Ver- 
such einer  Gesch.  d.  L.  Ernst  zum  Eom- 
pass  etc.  im  O.  v.  Gotha  (1824),  S.  32 
über  eine  Bede  Beckers  y.  J.  1790.  Bbl. 
1890,  S.  85.1 

2)  Karl  Friedrich,  Geschichts- 
schreiber, geb.  1777  in  Berlin,  gest.  das. 
15.  llärz  1806,  war  Hauslehrer  in  Eott- 
bus  und  1798—1800  Mitglied  des  Seminars 
fOr  gelehrte  Schulen  in  Berlin.  Wegen 
Kränklichkeit  widmete  er  sich  dann  aus- 
schliesslich litterarischen  Arbeiten.  Er  ist 
der  Verfasser  der  allgemein  bekannten 
•Weltgeschichte« (Halle  1801—1805.  9Bde., 
zuletzt  Stuttgart  1883—1886,  12  Bde.).  In 
den  Freimaurerbund  wurde  er  in  der  Loge 
Zum  Brunnen  in  der  Wüste  in  Eottbus 
6.  Aug.  1797  aufgenommen.  [Vgl.  L.  1897, 
S.  65.] 

Beeknuum,  Johann,  Begründer  der 
Technologie,  geb.  4.  Juni  1789  in  Hoya, 
gest.  8.  Febr.  1811  in  GöUingen,  1768 
Professor  in  St.  Petersburg,  1766  Pro- 
fessor und  SDäter  Hofrat  in  Göttingen, 
bearbeitete  die  Technologie  zuerst  in 
wissenschaftlicher  Form  und  gab  verschie- 
dene Schriften  darüber  heraus.  Er  ist  in 
Güttingen  in  der  Loge  Augusta  zu  den 
drei  Flammen  in  den  Freimaurerbund  auf- 
genommen worden. 

Beekniann,  ein  in  der  deutschen  Frei- 
maurerei namhaftes  Geschlecht.  1)  Joh. 
PhiL  B.,  ^eb.  31.  Dez.  1752,  ^t.  28.  Juni 
1814,  Dr.  jur.  und  Domherr  in  Hamburg, 
in  den  Freimaurerbund  aufgenommen  in 
der  Loge  La  vertu  in  Leiden  1776,  Meister 
vom  Stuhl  der  Loge  Ferdinande  Caro- 
line in  Hamburg  1787—89,  der  er  sich  1777 
angeschlossen  hatte.  B.  versah  l&ngere 
Zeit  das  Amt  des  Grosssekretärs,  war  Präses 
des  Schatz-  und  Almosen-Komitee,  zug. 
Provinzialgrossmeisterl  794—99,  Provinzial- 
^ossmeister  der  englischen  Provinzialloge 
inHamburg  1799—1811,  erster  Grossmeister 
der  Grossen  Loge  von  Hamburg  181 1—14, 
der  treue  Genosse  Schröders  (s.  d.),  der 
unter  B.'s  oberster  Leitung  seine  grossen 
Beformen  ausführte.  Von  ihm  wurden  12 
neue  Logen  unter  der  Grosslo^  von  Ham- 
burg gestiftet  und  eine  (Balduin  zur  Linde 
in  Leipzig)  angenommen.  [VgL  Brandt, 
Geschichte  des  Alten  Logenhauses,  S.8, 30.] 

2)  Philipp  Martin  B.,  des  Vorigen 
Sohn,  geb.  29.  März  1788  in  Hamburg, 
gest  1868  in  Leipzig,  früher  Bankier, 
oann  Privatmaun  in  Leipzig,  in  den 
Freimaurerbund  in  der  Loge  Ferdi- 
nande Caroline  in  Hamburg  aufge- 
nommen 1.  Juni  1806,  der  Loge  Balduin 
zur  Linde  in  Leipzig  angeschlossen  1817, 
1818 — 20  zugeordneter  Meister  der  letz- 
tem, um  die  er  sich  vielfache  Verdienste 
erworben  hat. 

3)  Hermann  B.,  ^eb.  9.  Mai  1819  in 
Leipzig,  Sohn  des  Vongen,  Kaufinann  und 


italienischer  Konsul  a.  D.  das.,  aufge- 
nommen in  die  Loge  Balduin  zur  Linde 
1.  Juni  1856.  [V^.  Marbachs  Rede  in 
der  FZ.  1856,  S.  265.] 

Beeskow  (St.  in  der  preuss.  Prov.  Bran- 
denburg, 4101  E.).  Hier  besteht  unter  der 
Grossen  Landesloge  in  Berlin  eine  Lo^e 
Euthanasia  zurUnsterblichkeit,  die 
23.  Dez.  1816  in  Frankfurt  a.  O.  (s.  d.) 
gestiftet  und  23.  April  1826  nach  B.  ver- 
legt wurde.    Mitgliederzahl  (1899):  25. 

BefOrdemng  heisst  die  Erteilung  eines 
hohem  Grads  (is.  d.)  der  Freimaurerei.  Sie 
erfolgt  unter  gewissen  symbolischen  und 
rituellen  Handlungen  und  ist  mit  einem 
Unterricht  über  die  Besonderheiten  des 
erteilten  Grads  verbunden.  1)  Nach  den  Ge- 
setzen der  Grossloge  von  England  (Kon- 
stitutionenausgabe von  1833,  S.  80.  Nr.  7) 
soll  ein  höherer  Grad  nicht  eher  als  nach 
Ablauf  von  vier  Wochen  nach  Empfang 
des  vorhergehenden  und  nur  nach  vorhe- 
riger, in  offner  Loge  vorzunehmender  Prü- 
fimg in  diesem  Grad  erteilt  werden.  Von 
diesen  beiden  Erfordernissen  findet  sich 
das  erstere  auch  in  den  meisten  andern 
Logen,  nur  mit  verschiedner  Bestinmiung 
des  Zeitraums,  der  seit  Erteilung  des  vor- 
herigen Grades  abgelaufen  sein  muss.  So 
ist  in  Deutschland  gewöhnlich  eine 
Zwischenzeit  von  einem  Jahre,  in  manchen 
Logen  auch  wohl  eine  solche  von  zwei 
Ja£-en  erforderlich.  In  Frankreich  ist  eine 
Zwischenzeit  von  fünf  Monaten  zwischen 
dem  ersten  und  zweiten,  von  zwei  Monaten 
zwischen  dem  zweiten  und  dritten  bestimmt. 
Doch  kann  von  diesem  Erfordernisse  hier, 
wie  in  andern  Ländern,  unter  besondem 
Umständen  (namentlich  inBerücksichtigung 
hohem  Lebensalters,  besonderer  Verdienste 
u.  s.  w.)  abgesehen  werden,  so  dass  so^ar 
die  gleichzeitige  (d.  h.  unmittelbar  aufein- 
ander folgende)  Erteilung  des  zweiten  und 
dritten  Grads  stattfinden  kann,  die  in 
England  verboten  ist.  Bei  den  hohem, 
über  die  Johannismde  (s.  d.)  hinausge- 
henden Graden  pflegt  häufig  eine  soge- 
nannte historische  Erteilung  (s.HistoriBohe 
Aufnahme)  einzutreten,  die  übrigens, 
jedoch  selten,  wohl  auch  bei  der  B.  zu 
dem  zweiten  und  dritten  Johannisgrade 
Platz  greift.  Diese  ist  jedoch  beschränkt 
auf  die  zwischen  den  letzten  und  Haupt- 

gaden  der  verschiednen  IQassen  eines 
ochgradsystems  (s.  Hoehgrade)  inmitten 
liegenden  Grade.  —  2)  Die  Prüfung 
ist  in  Deutschland  gewöhnlich  auf  eine 
Begutachtung  der  Befähigung  des  Be- 
trenenden durch  einen  Prüfungsausschuss 
(s.  d.)  und  eine  Abstimmung  (meist 
durch  Kugelung)  der  den  betreffenden 
hohem  Graden  angehörigen  Mitglieder  be- 
schränkt. Li  einigen  Logen  wird  ausser- 
dem die  schriftliche  Arbeit  aus  dem  Be- 
reich des  Grades,  dem  der  zu  Beför- 
dernde zur  Zeit  angehört,  erfordert,  eine 
Einrichtung,  die  äs  sehr  ^  zwec^iäi^i^ 
y  y  ^^ 


80 


Befreiung  —  BegräbniA. 


anerkannt  und  allenthalben  zu  empfehlen 
ist.  Auch  finden  in  den  verschiednen 
Logen  darin  Abweichungen  statt,  dass 
die  einen  die  B.  von  einem  vorherigen 
Gesuch  um  solche  abhängig  machen,  die 
andern  im  Gegenteil  ein  solches  für 
unzulässig  erklären  und  blosse  Berufung 
zur  B.  durch  den  Meister  vom  Stuhl  (nach 
vorheriger  Begutachtung)  eintreten  lassen. 
3)  Die  GebührenfürB.  werden  mehr  und 
mehr  abgeschafit,  damit  die  B.  nicht  durch 
Zahlung,  sondern  durch  Würdigkeit  er- 
reicht werde.  Die  Gebühren  werden  dann 
entweder  zu  den  Aufnahmegebühren  ge- 
schlagen oder  besser  nebst  diesen  auf  eine 
Reihe  von  (zehn)  Jahren  verteilt. — 4)  Die  B  e  - 
k  u  n  d  u  n  g  der  B.  erfolgt  durch  Ausfertigung 
eines  neuen  Logenpasses  (s.  d.)  oder  durch 
Bescheinigung  auf  dem  alten,  noch  gül- 
tigen.— 5)  Auch  im  Auftrag  andrer  Locen 
kommen  B.  vor,  und  zwar  häufiger  als  oei 
Aufnahmen.  Ohne  ausdrückliche  Zustim- 
mung der  Heimatlogen  sind  B.  ungültig. 
C7g\,  E.  Fischer,  Entwurf  zu  einem  Hand- 
uch  für  die  Amtsthätigkeit  der  Logen- 
meister (Lpz.  1891),  8. 17.  Bh.  1874,  S.  408. 
FZ.  1867,  8.41;  1873  8. 229.  Mittheilungen 
aus  dem  Verein  aeutscher  Freimaurer 
1878/74,  8.  34J 

Beft*eiiuig  (Dispensation),  die  in  einem 
einzelnen  Falle  von  gewissen  maurerischen 
Verpflichtungen  gewährt  wird,  z.  B.  von 
der  ^Entrichtung  von  Beiträgen  oder  Ge- 
bühren, oder  von  Vorschriften  der  Logen- 
gesetze, z.  B.  den  Fristen  für  die  Auf- 
nahme oder  Beförderung,  pflegt  aus  Grün- 
den der  Billigkeit  und  Zweckmässigkeit 
erteilt  zu  werden  und  steht  meistenteils 
dem  Beamtenkörper  oder  doch  dem  Vor- 
stand einer  Loge,  in  manchen  Fällen  bloss 
der  Grossloge  zu.  —  Li  Nordamerika  kann 
eine  neue  Xoge  durch  B.  eines  Gross- 
meisters eröffnet  werden,  die  aber  nur 
vorläufige  Gültigkeit  bis  zur  nächsten 
Grosslogensitzun^  hat,  in  der  sie  entweder 
bestätigt  oder  widerrufen  wird.  Li  ähn- 
licher Weise  erteilt  die  Grossloge  von  Un- 
garn »provisorische  Arbeitsbewilligungen«. 
Begemanii,  Wilhelm,  Dr.  phil.,  8chul- 
mann,  geb.  26.  Juli  1843  in  Bückeburg, 
nach  Abschluss  der  8tudien  1872—76 
Dozent  an  der  damaligen  Akademie  für 
neuere  8prachen  in  Berlin,  1876—95  8chul- 
direktor  in  Rostock,  seit  1895  in  Char- 
lottenburg. Von  ihm  erschienen  bemerkens- 
werte Arbeiten  zur  Vorgeschichte  und  Ge- 
schichte der  Freimaurerei,  namentlich  in 
der  Berliner  Zirkelkorrespondenz  und  im 
Mecklenburgischen  Logenblatt.  Haupt- 
arbeiten: »Beiträge  zur  Würdigung  der 
englischen  Werkmaurer  vor  Gründung  der 
Londoner  Grossloge«  [BZC.  1888—94]. 
»Beiträge  zur  Geschichte  des  Namens 
Königliche  Kunst«  [BZC.  1895].  »Bemer- 
kungen zu  einigen  Rosenkreuzerschriften 
(8chweighardt)«  [BZC.  1896].  »Deismus 
und  Freimaurerei?«  [M.  L.  1894-96]  (nach- 


gedruckt in  der  »Bauhütte«).  8eit  Jahren 
ist  er  mit  8tudien  der  Bosenkreuzerei  be- 
schäftig, um  die  Frage  der  Existenz  der- 
selben in  verneinendem  Sinne  zu  entschei- 
den. Aufgenommen  am  1.  Febr.  1879  in 
der  Vereinigten  Johannisloge  L'ene  zu  den 
drei  Sternen^  Tempel  der  Wahrheit  und 
Prometheus  in  Rostock,  war  er  deren  ab- 
geordneter Logenmeister  1883 — 86,  ab- 
geordneter Meister  der  Andreasloge  Lu- 
oens  das.  1886—88  und  Provinzifdgross- 
meister  von  Mecklenburg  1888 — 95. 

Begräbnis.  Von  alters  her  ist  es  8itte, 
beim  Tode  eines  Freimaurers  die  ehrende 
Teilnahme  der  Loge,  der  er  angehörte, 
durch  Beteiligung  beim  Begräbnis,  auch 
durch  Vornahme  gewisser  maurerischer 
Gebräuche  bei  diesem  an  den  Tag  zu  legen. 
I.  Über  die  nach  alter  englischer  8itte 
beobachteten  Gebräuche  und  Feierlich- 
keiten 8.  A.  Z.  1833/34,  8.  307  fg.  —  Li 
Nordamerika  bestehen  im  allgemeinen  die 
englischen  Bestimmungen.  Nähere  Be- 
schreibung der  Feierlichkeiten  in  der  vo- 
rigen Auflage  I,  8. 88  und  A.  VII,  8.  5»  fg. 
Femer  findet  man  die  Beschreibung  eines 
maurerischen  Begräbniszugs  in  8cnlözer8 
Briefwechsel,  Th.  5,  Heft  29,  Nr.  88.  ü.  In 
Deutschland  finden  maurerische  Leichen- 
begleitungen statt,  aber  nie  in  voller  maure- 
rischer Bekleidung,  dagegen  spricht  wohl 
am  Grabe  ein  Logenmit^lied.  Viele 
Logen  haben  besondere  Bestimmungen,  so 
die  Loge  Zum  schwarzen  Bär  in  Hannover 
V.  J.  1827,  die  Logen  in  Leipzig  v.  J.  1852. 
[Vgl.  L.  1886,  8.  29.]  Die  Loge  Balduin 
zur  Linde  hat  dabei  den  richtigen  Vor- 
behalt gemacht,  dass  es  dem  Meister  vom 
Stuhl  überlassen  bleibt,  in  jedem  einzelnen 
Falle  darüber  Entschliessun^  zu  fassen,  ob 
ein  maurerisches  B.  im  8inne  des  Ver- 
storbenen und  im  Literesse  der  Lo^e,  sowie 
der  Freimaurerei  überhaupt  erscheine  oder 
nicht.  Vielfach  werden  an  8telle  der 
Leichenbegleitungen  und  der  Ansprachen 
am  Grabe  Haustrauerfeiem  oder  solche 
in  der  Loge  abgehalten,  die  entschieden 
Vorzug  vor  jenen  öffentlichen  Veranstal- 
tungen verdienen,  zumal  auch  den  Familien- 
angehörigen dadurch  Gelegenheit  ge- 
geben wird,  sich  zu  beteiligen.  [Ritual 
hierzu  R.  1876,  Nr.  9.  L.  1899,  8.  177.] 
Die  Vereinte  Loge  Zu  den  drei  8chwertem 
und  Asträa  zur  ^lilnenden  Raute  in  Dresden 
hat  ein  Begräbnisstatut  1853  erlassen,  ebenso 
ein  Regulativ  die  Loge  Apollo  in  Leipzig 
[FZ.  1863, 8. 16].  Reden  am  Grabe  von  Brü- 
dern sind  erschienen  von  R  JPischer  unter  dem 
Titel  »Akazienzweige«  (Gera  1871).  [VgL  da- 
rüber noch  Bh.  1860,  8. 361.]  HL  Für  Be- 
stattung durch  Feuer  hat  man  in  Amerika 
bereits  besondere  Rituale  ausgearbeitet 
und  Bestimmungen  getroffen,  ebenso  be- 
stehen solche  för  Bestattungen  zur  See. 
[Vgl.  FZ.  1856,  8.  407.  Ln  übrigen  vgl. 
K.  Fischer,  Entwurf  zu  einem  Hand- 
buch für  die  Amtsthätigkeit  der  Logen- 
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B^gue-Clavel  —  Beldnyi. 


81 


meister  (Lpz.  1891),  S.  23.  Bbl.  1897,  S. 
288  fg.] 

B^oe-ClaTel,  F.  T.,  s.  ClaveL 

Belarrender  wird  nach  dem  Ritual  der 
Loge  in  St  Gallen  und  der  Grossloge 
Zur  Sonne  der  zu  befördernde  Lehrling 
genannt. 

Beifallsieicheii  ist  das  in  maurerischer 
Form  gegebene  Zeichen  der  Zustimmung 
oder  Bejfüiung  zu  einem  gemachten  Vor- 
schlag oder  zu  einer  gestellten  Frage. 
(S.  Abstiimnung.) 

Beigeordneter  Meister  Tom  Stuhl,  s. 
Zugeordneter  M.  v.  8t. 

Beiträge  1)  zu  den  Logen  seitens  der 
Mitglieder  sind  teils  Aufnahme-  und  Be- 
förderungsgebühren, teils  laufende  (Jah- 
res-) Beitr^e.  Erstere  sind  zum  Teil  ziem- 
lich hoch  (bis  zu  800  Mark  und  mehr;, 
letztere  richten  sich  meist  nach  den  örtlichen 
Verhältnissen,  steigen  aber  auch  (infolge 
der  neuen  Logenbauten)  bis  50  Mark  und 
mehr.  In  einzelnen  Logen  bestehen  Ein- 
kaufsgelder wegen  des  Immobiliar-  und 
Kapitelbesitzes,  die  in  die  Au&ahmege- 
bühren  eingerechnet  sind.  Hier  und  da 
werden  die  sonstigen  Aufnahme-  und  die 
Beförderungsgebühren  auf  eine  Reihe  von 
(zehn)  Jahren  y erteilt  und  zu  den  Jahres- 
beiträgen geschlagen,  sind  aber  bei  vor- 
herigem SeiwilliKen  Ausscheiden  ent- 
sprechend zu  be^eichen.  Die  Beiträge 
müssen  so  bemessen  sein^  dass  die  Loge 
unter  Hinzurechnung  ihrer  sonstigen 
regelmässigen  Einnahmen  mit  den  laufen- 
den Ausgaben  auskommen  kann.  Ein 
Vorschlag,  die  Selbsteinschätzung  einzu- 
führen und  die  Beiträge  nach  den  Ver- 
mögensverhältnissen  der  Mitglieder  zu  be- 
rechnen, ist  nirgend  befolgt  worden. 
Die  auswärtigen  Mitglieder  zahlen  in  der 
Kegel  weniger  Beiträge,  als  die  einhei- 
mischen: ebenso  werden  die  BeitrSge  der 
ständig  Desuchenden  (s.  d.)  Mitglieder  ge- 
ringer bemessen  und  düifen  drei  Vier- 
teile der  Beiträge  der  einheimischen  Mit- 
gliedern innerhalb  des  Deutschen  Gross- 
logenbundes nicht  übersteigen.  [Vgl.  R. 
Fischer,  Entwurf  zu  einem  Handbuch  für 
die  Amtsthätigkeit  der  Logenmeister 
(Lpz.  1891),  S.  82.]  2)  Die  Beiträge  der 
Logen  an  die  Grosslogen  sind  in  Eng- 
land gering  und  wurden  noch  nach  dem 
Xonstitutionenbuch  1841  nur  von  den  Mit- 
gliedern für  Eintragung  in  das  grosse 
Logenregister  und  den  Wohlthätigkeits- 
fonds,  nicht  von  den  Logen  entrichtet.  In 
Deutschland  wurde  die  Beitragspflicht  der 
Logen  durch  die  strikte  Observanz  und 
deren  ökonomischen  Plan  eingeführt  und 
ist  von  da  am  ausgebildetsten  auf  die 
Grosse  Landesloge  in  Berlin  übergegangen, 
wo  noch  der  dritte  Teil  sämtlicher  Auf- 
nahme- und  Beförderungsgebühren,  sowie 
ein  Beitrag  zur  Armenkasse  der  Grossen 
Landesloge  abzuführen  ist.  Letzterer 
(Johuinesdukaten,    auch     Goldthaler  — 

AUgemeints  Handbuch  der  Freimaurerei. 


s.  d.  —  genannt)  besteht  auch  sonst 
noch  in  einzelnen  Grosslogen,  sonst 
ist  der  Beitrag  fest  bestimmt,  am  gerech- 
testen bei  den  Grosslogen  in  Hamburg, 
in  Darmstadt  und  in  der  Schweiz  nach 
der  Mitgliederzahl  berechnet.  Ebenso  ist 
es  in  der  Grossen  National-Mutterloge  Zu 
den  drei  Weltkugeln,  wo  der  Beitrag 
Bekognitionsgebühr  genannt  wird. 
Bei  der  bunten  Mannigfaltigkeit  innerhalb 
der  deutschen  Grosslogen  dürfte  sich 
eine  grössere  Gleichheit  sehr  empfehlen; 
sie  wird  auch  sonst  zur  Einheit  wesent- 
lich mit  beitragen.  [Vgl.  FZ.  1878,  S.  81.] 
Bekleidang.  Die  älteste  schriftliche 
Nachricht  über  maurerische  Bekleidung 
stammt  von  1728.  Li  Bezug  auf  das  Jo- 
hannisfest  dieses  Jahres  wird  gesagt,  dass 
sämtliche  Brüder  »in  geziemender  Klei- 
dung« erschienen  seien.  Man  darf  daraus 
schliessen,  dass  schon  damals  eine  be- 
sondere maurerische  B.  bestanden  habe. 
Sie  hat  aber  wahrscheinlich  nur  in  Schurz 
(b.  d.)  und  Hut  (s.  d.)  bestanden.  Die 
Sitte  des  Tragens  von  Handschuhen  ibt 
erst  später  hinzugetreten.  Das  Degen- 
tragen (s.  d.)  ist  noch  später  aufge- 
kommen und  im  allgemeinen  wieder  ver- 
schwunden. Einer  noch  viel  spätem 
Zeit  entstammen  die  Mitgliedszeichen  (s.d.) 
und  deren  Anlegung.  Schurz  und  Hut 
führen  auf  die  alten  Steinmetzbrüder- 
schaften (s.  d.)  zurück  und  werden  deshalb 
überall  hochgehalten.  Diese  einfache  mau- 
rerische B.  schwand  nach  Errichtung  der 
ersten  Grossloge  in  England;  von  da  ab 
ward  die  B.  immer  prunkender,  zu- 
gleich unter  Scheidung  aer  Beamten  und 
der  übrigen  Mitglieder.  —  Die  B.  wird 
nur  bei  rituellen  Logenversammlungen 
angelegt.  In  den  Grosslogen  und  den 
Tochterlogen,  die  ausschliesslich  in  den 
Johannisgraden  arbeiten,  gilt  vielfach  die 
Bestimmung,  dass  Abzeichen  höherer  Grade 
nicht  getragen  werden  dürfen.  [Vgl. 
Triangel  1869  S.  66.  M.  L.  1898/99  S.  49.] 
In  England  hatte  das  Tragen  manrerischer 
B.  ausserhalb  der  eigentlichen  Logen- 
arbeiten sehr  überhandgenommen.  Wäh- 
rend es  früher  nur  vorkun  bei  der  Grund- 
steinlegung zu  einem  öfientlichen  Ge- 
bäude, ward  später  auch  die  Erlaubnis  nach- 
fesucht  für  Gottesdienste,  Bälle  und 
[onzerte  zum  Besten  eines  freimaure- 
rischen Wohlthätigkeitszwecks.  Infolge- 
dessen ist  25.  Mai  1899  bestimmt  worden, 
dass  das  Tragen  maurerischer  B.  bei 
Gottesdiensten  in  Kirchen,  wie  bei  Unter- 
hidtungen  in  Gegenwart  von  Frauen  und 
Nichtmaurem  nicht  gestattet  ist.  [Vgl. 
L.  1899,  S.  111.]  Einen  gleichen  Bescüluss 
hat  die  Grossloge  von  Neusüdwales  gefasst. 
Belänyl,  Franz,  Finanzministerialsekre- 
tär.,  geb.  29.  Juni  1844  in  Budapest,  gest. 
das.  27.  Juli  1881,  wurde  14.  Dez.  1872 
in  der  Loge  Kisfaludy  in  Baab  aufge- 
nommen, trat,  nach  Budapest  berufen,  der 
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82 


Beigard  —  Belgien. 


Loge  Galilei  bei  und  wurde  1.  Nov.  1875 
Chef  der  Kanzlei  der  Grossloge,  als  wel- 
cher er  zugleich  einige  Zeit  deren  amtliches 
Organ  leitete,  auch  einige  Aufsätze  in 
Wiener  Maurerblättern  veröffentlichte. 

Beigard  (St.  in  der  preuss.  Prov.  Pom- 
mern, 7386  E/).  I.  Hier  Destanden  folgende 
Logen:  1)  Zur  Eintracht,  unter  der 
Grossen  Landesloge  zu  Berlin,  16.  Febr. 
1775  errichtet,  geschlossen  seit  1785; 
2)  Aurora,  von  der  National-Mutterloge 
Zu  den  drei  Weltkugeln  20.  Dez.  1785 
gegr.,  unter  der  Leitung  des  Prinzen 
Ludwig  von  Württemberg  (s.  d.)  als 
Meister  vom  Stuhl.  Als  dieser  aber  im 
folgenden  Jahre  mit  seinem  Stabe  nach 
Treptow  (s.  d.)  versetzt  wurde,  wurde  auch 
die  Loge  dcLhin  verlegt.  11.  Im  Okt. 
1880  wurde  hier  ein  maurerisches  Kränz- 
chen ins  Leben  gerufen,  das  aber  auch 
^eder  längst  eingegangen  ist. 

Belgien  (Königreich).  L  (B.  unter 
österreichischer  Herrschaft.)  In  den 
österreichischen  Niederlanden  schlug  die 
Freimaurerei  früher  als  in  Holland  Wurzel ; 
doch  ist  die  älteste  Geschichte  ziem- 
lich dunkel.  Nach  einer  in  den  Annales 
maQonniques  des  Pays-Bas  (I,  14)  abge- 
druckten Urkunde  soll  schon  24.  Juni 
1721  zu  Mons  im  Hennegau  eine  Loge 
La  parfaite  union  mit  Zustimmung  des 
Grossmeisters  der  Grossen  Loge  von  Eng- 
land, Herzog  von  Montagu,  errichtet  wor- 
den sein,  was  aber  höchst  zweifelhaft 
erscheint.  [Vgl.  L.  1896,  S.  96.  AQO 
X,  46.]  Auch  in  Gent  soll  eine  Loge 
gleichen  Namens  seit  1730  bestanden 
haben.  Obgleich  die  Freimaurerei  während 
des  18.  Jahrb.  in  B.  nicht  verfolgt  worden 
ist,  weil  die  päpstlichen  Bannbullen  macht- 
los waren,  hat  sie  doch  keine  grosse  Ent- 
wicklung gefunden,  bis  zur  Regierung  des 
Statthalters  Karl  von  Lothringen,  der  Frei- 
maurer war,  wie  der  Gemahl  der  Kaiserin 
Maria  Theresia,  Franz  von  Lothringen. 
Der  Einfluss  der  Freimaurerei  wurde  deut- 
lich erkennbar  seit  der  Gründung  der 
Grossen  Pro  vinzialloge  der  Niederlande  1 770 
durch  den  Marquis  von  Gages,  der  1769  vom 
Grossmeister  der  Grossloge  von  England, 
Herzog  von  Beaufort,  zum  Provinzialgross- 
meister  der  österreichischen  Niederlande 
ernannt  worden  war.  Als  die  Bildung  einer 
österreichischen  Landesloge  1781  geplant 
und  vorläufig  die  Monarchie  in  sieben 
Provinziallogen  geteilt  wurde,  sollte  auch 
in  den  österreichischen  Niederlanden  eine 
solche  errichtet  werden;  sie  kam  jedoch 
nicht  zu  Stande.  Nach  Errichtung  der 
österreichischen  Landesloge  1784  aber 
setzte  ein  besonderes  kaiserliches  Dekret 
diese  auch  fOr  die  Niederlande  als  höchste 
freimaurerische  Behörde  ein,  und  es  sollten 
Logen,  die  deren  Oberherrschaft  nicht 
anerkennen,  aufgelöst  werden.  Trotzdem 
kam  es  zu  keinem  engem  Anschluss  der 
niederländischen  Logen  an  die  österreichi- 


sche Landesloge.  Vielmehr  trat  plötzlich 
ein  Umschwung  ein  durch  zwei  Edikte 
des  Kaisers  Joseph  II.  vom  9.  Jan.  und 
vom  15.  Mai  17o6,  deren  letzteres  alle 
belgischen  Logen  aufhob,  mit  Ausnahme 
von  zwei  oder  drei  in  Brüssel,  die  ihre 
Listen  dem  Statthalter  einliefern  und  ihre 
Thüren  der  Polizei  offen  halten  mussten. 
So  blieben  nur  die  drei  Logen:  L'heureuse 
rencontre,  Les  vrais  amis  riunis,  Les  vrais 
amis  de  Tunion  in  Brüssel  bestehen,  zwei 
andere  La  constance,  L'union  und  La  par- 
faite amiti^,  sowie  18  Logen  in  den  Provinzen 
mussten  ihre  Tempel  schliessen.  Die  Logen 
in  Lüttich  und  Spaa,  die  in  dem  Fürsten- 
tum Lüttich  lagen  und  unmittelbar  von 
ihrem  Fürstbischof  abhingen,  blieben  offen. 
Mehrere  Logen  unterhielten  aber  heimlich 
ihre  Arbeiten.  An  der  Spitze  der  Logen 
standen  damals  überhaupt  die  vornehmsten 
Edelleute,  die  den  demokratischen  Ten- 
denzen ergeben  waren  und  dadurch  ihren 
Einfluss  auf  das  Volk  verdoppelten.  Selbst 
die  Geistlichen  waren  zu  jener  Zeit  warme 
Anhänger  der  Freimaurerei  und  der  Bischof 
von  Lüttich  gehörte  1770  der  dortigen 
Loge  an,  während  deren  Beamten  alle  aus 
der  hohem  Geistlichkeit  waren.  Die  Loge 
L'heureuse  rencontre  in  Brüssel  bestand 
1786  aus  42  Mitgliedern,  unter  denen  sich 
der  Marquis  von  Chasteler  als  Meister 
vom  Stuhl,  der  bekannte  H.  van  der  Noot, 
die  Herzöge  von  Ursel  und  von  Aremberg, 
die  Prinzen  von  Ligne  und  von  Gavre  und 
andre  angesehene  Männer  befanden.  [S.  hier- 
über die  unter  dem  Pseudonym  J.  le  Sueur 
von  Robineau  Beaunoir  herausgegebene 
Schrift :  Les  masques  arrach^es  u.  s.  w.  bei 
Kloss,  Bibl.,  Nr.  3439,  8440.]  Die  Brüssler 
Logen  hatten  sich  stets  vor  den  andern 
hervorgethan.  Man  feierte  dort  sogar,  ge- 
wissermassen  um  den  Sieg  über  die  An- 
sichten des  Wiener  Kabinetts  zu  begehen, 
80.  April  1787  ein  grosses  maurerischeB 
Fest  von  420  Gedecken.  Beim  gleich- 
zeitigen Ausbruch  der  Revolution  in  Paris 
und  Brüssel  1789  beschloss  Joseph  II.  die 
Freimaurerei  unbedingt  in  allen  seinen 
Staaten  zu  verbieten;  aber  sein  Tod  20. 
Febr.  1790  verhinderte  die  Ausführung. 
Sein  Nachfolger  Leopold  H.  gab,  als  er 
die  Macht  in  den  Niederlanden  wieder 
erhielt,  der  Freimaurerei  die  Freiheit  zu- 
rück. —  n.  (B.  unter  französischer 
Herrschaft.)  Mit  dem  Übergjmg  der 
österreichischen  Niederlande  an  die  fran- 
zösische Herrschaft  traten  auch  die  Logen 
unter  den  Grossorient  von  Frankreich.  Ea 
waren  deren  vor  dieser  Zeit  überhaupt  34 
(mit  Einschluss  derer  in  dem  Fürstentum 
Lüttich)  gewesen,  teils  von  der  Grossen 
Loge  von  England,  teils  vom  Grossorient 
von  Frankreich,  oder  von  Provinzialgross- 
meistem  gegründet;  aber  nur  fünf  über- 
dauerten die  Epoche  der  französischen 
Herrschaft  und  oestanden  noch  1814:  La 
bonne  amitiö  in  Namur,  Les  Mres  r^unis 
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Belgien. 


83 


in  Toumay,  La  parfaite  intelligence  in 
Lüttich  y  Les  vrais  amis  de  Tunion  in 
BrüBsel  und  Les  trois  niveaux  in  Ostende; 
die  andern  waren  alle  bereits  vor  1795  er- 
loschen. Dagegen  kamen  allerdings  von 
1799—1813  22  andre  hinzu,  die  vom  Gross- 
orient von  Frankreich  gestiftet  wurden 
und  1814  noch  bestanden,  und  sechs, 
welche  inmittelst  gestiftet  worden,  aber 
auch  wieder  eingegangen  waren.  Die 
Geschichte  der  Maurerei  in  B.  in  diesem 
Zeitraum  geht  ganz  in  der  der  Maurerei 
in  Frankreich  auf.  —  HL  (B.  als  Teil 
des  Königreichs  der  Niederlande.) 
Als  die  französische  Herrschaft  beseitigt 
war,  zählte  man  (1.  Jan.  1814)  in  den  süd- 
lichen Niederlanden  27  Logen.  Diese  Zahl, 
die  sich  durch  die  Vereinigung  der  beiden 
Brüssler  Logen  La  paix  und  La  candeur 
1816  auf  26  ermässigte,  stieg  seit  der  Ein- 
setzung der  südlichen  Grossloge  des  König- 
reichs 11.  April  1818  auf  30  und  seit  der 
Versammlung  dieser  Grossloge  19.  Juni 
1820  auf  33.  Die  Lage  der  Logen  war, 
nachdem  diese  1814  der  Oberleitung  des 
Grossorients  von  Frankreich  ledig  gewor- 
den waren,  sehr  unsicher.  Man  föhlte  das 
Bedürfnis  einer  Vereinigung,  aber  über 
die  Wege,  zu  dieser  zu  gelangen,  war  man 
verschiedner  Ansicht.  Einige  der  sog. 
schottischen  Logen  versuchten  ihrem  Sy- 
stem die  Oberherrschaft  zu  verschaffen. 
Ein  sog.  Conseil  des  sublimes  princes  du 
royal  secret  in  der  Brüssler  Loge  Les  amis 

Shilanthropes  erliess  10.  Dez.  1814  ein 
»undschreiben,  in  dem  es  sich  als  die 
höchste  maurerische  Oberbehörde  aller 
belgischen  Logen  erklärte.  Die  Logen 
lehnten  jedoch  diesen  Vorschlag  ab,  teils 
als  verfrüht,  weil  die  politischen  Verhält- 
nisse B.'s  erst  noch  ihrer  Erledigung  auf 
dem  Wiener  Kongresse  harrten,  teils  als 
zu  vorgreifend,  weil  es  dazu  einer  Über- 
tragung der  obersten  Gewalt  von  den  ein- 
zelnen Logen  bedürfe.  Mehr  Aussicht  auf 
«in  günstiges  Ergebnis  versprach  eine  Be- 
ratung, die  die  Meister  vom  Stuhl  der  drei 
Logen  des  Rite  ancien  r^form6  in  Brüssel 
—  Les  vrais  amis  de  l'union,  L'esp^rance 
und  La  parfaite  amiti^  —  und  der  beiden 
fichottischen  Logen  daselbst  —  La  paix 
et  candeur  und  Les  amis  philanthropes  — 
im  Nov.  1815  bei  dem  Meister  vom  Stuhl 
der  genannten  Loge  L'espörance,  Honno- 
rez,  hielten  und  in  der  man  beschloss,  einen 
Ausschuss  von  15  Abgeordneten  zur  Vor- 
legung eines  Organisationsentwurfs  nieder- 
zusetzen. Von  den  Entwürfen,  die  im 
Laufe  des  Jahres  1816  von  vier  dieser 
Logen  vorgelegt  wurden,  nahm  man  Ende 
desselben  Jahres  den  der  Loge  Les  amis 
philanthropes  alß  Grundlage  eines  allge- 
meinen Entwurfs  an.  Obwohl  nun  infolge- 
dessen sämtliche  Logen  B.'s  zu  einer  Ge- 
neralversammlung von  Abgeordneten  zur 
Bildung  eines  Grossorients  eingeladen 
«wurden  und   diese  Versammlungen  auch 


1.  Febr.  und  15.  März  1817  in  Brüssel  statt- 
fanden, kam  es  doch  zu  keiner  Vereinigung. 
Vielmehr  bildeten  die  dem  altschottischen 
Direktorium  sich  anschliessenden  Logen 
ein  Supr^me  Conseil  im  33.  Grade  des  Rite 
^cossais,  wie  schon  durch  das  oben  er- 
wähnte Rundschreiben  ausgesprochen  war, 
als  oberste  maurerische  Behörde,  wogegen 
die  Logen,  die  dem  Rite  ancien  röform^ 
mit  sieoen  Graden  huldigten,  ein  Grand 
Atelier  de  la  Belgique  für  dieses  System 
gründeten.  Um  diese  Zeit,  6.  Mai  1817, 
erging  infolge  eines  schon  1815  von  dem 
Justizminister,  später  von  dem  Staats- 
sekretär Baron  v.  Falck  (der  dem  Maurer- 
bunde angehörte)  an  den  König  erstatteten 
Berichts  eine  Zuschrift  des  zweiten  Sohnes 
des  Königs,  des  Prinzen  Friedrich  der 
/Niederlande,  an  die  belgischen  Logen, 
worin  diesen,  gemäss  dem  Entschluss,  den 
der  König  auf  jenen  Bericht  gefasst  hatte, 
der  Wunsch  der  Beamten  der  unterdes  ge- 
gründeten Grossloge  von  Holland  zu  einer 
engern  Verbindung  unter  einer  den  nörd- 
lichen und  südlichen  Provinzen  des  König- 
reichs der  Niederlande  gemeinschaftlichen 
maurerischen  Oberbehörde,  jedoch  mit  Er- 
richtung zweier  besondem,  voneinander 
unabhängigen  Provinzialgrosslogen,  ausge- 
sprochen wurde.  Nach  längern  Verhand- 
lungen beschloss  man  belgischerseits  die 
Vereinigung,  worauf  11.  April  1818  die 
Einsetzung  der  Provinzialgrossloge  der 
südlichen  Provinzen  in  Brüssel  erfolgte. 
Bei  der  Grossloge  wurde  eine  besondere 
Abteilung  zur  Acuninistration  der  südlichen 
Provinzen  errichtet,  die  zugleich  die  west- 
indischen Kolonien  und  Luxemburg  unter 
sich  hatte.  —  Von  da  an  hat  die  belgische 
Freimaurerei  wiederum  mit  der  der  Nieder- 
lande eine  gemeinschaftliche  Geschichte 
(s.  Niederlande),  und  es  sei  hier  nur  er- 
wähnt, dass  in  B.  insbesondere  während 
dieses  Zeitraums  sich  mehrere  besondere 
maurerische  Systeme  Geltung  zu  verschaffen 
suchten.  —  IV.  (B.  als  selbständiges 
Königreich.)  Nach  der  Trennung  B.'s 
von  dem  Königreich  der  Niederlande  for- 
derte die  frühere  Provinzialgrossloge  16. 
Dez.  1832  alle  Logen  auf,  sich  unter  ihr 
als  selbständiger  maurerischer  Oberbehörde 
zu  vereinigen,  und  lud  zu  einer  Versamm- 
lung von  Abgeordneten  für  den  25.  Febr. 
1833  ein,  die  allerdings  bloss  von  vier 
Logen  beschickt  wurde,  während  fünf  andre 
die  Einladung  teils  stillschweigend,  teils 
ausdrücklich  abgelehnt  hatten,  sechs  andre 
aber  damals  unthätig  waren.  An  diesem 
Tage  bildete  sich  der  Grand  Orient  de 
Belgique.  [Eine  Denkmünze  darauf  BDMW. 
Nr.  244.]  Am  23.  Mai  desselben  Jahres 
traten  neun  Abgeordnete,  die  auf  drei  Jahre 
zum  neuen  Grossorient  von  B.  gewählt 
waren,  zusammen  und  ernannten  vorläufig 
J.  de  Frenne  zum  ersten  Grossaufseher, 
während  sie  die  Stelle  eines  Grossmeisters 
vorläufig  noch  unbesetzt  li^eo^  JEiPi  ppt 
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84 


Belgien. 


irrosser  Mässigong  und  IQugheit  abgefasstes 
Bundschreiben  vom  1.  April  desselben 
Jahres  enthielt  die  Grundsätze,  die  den 
Grossorient  leiteten,  an  der  Spitze  die  Er- 
klärung: »Der  Grossorient  darf  und  muss 
nichts  mehr  sein,  als  die  nationale  Ver- 
tretung der  Maurerei  c.  Infolgedessen 
schlössen  sich  die  meisten  Logen  B.'s  der 
neuen  Vereinigung  an.  Diese  stellte  sich 
unter  den  Schutz  des  Königs  Leopold,  der 
in  der  Grossloge  von  England  das  Amt 
eines  ersten  Grossaufsehers  verwaltet  hatte, 
und  man  wählte  hierauf  1.  März  1885  den 
Baron  Goswin  Jos.  Augustin  y.  Stassart 
zum  (L)  Grossmeister,  der  3.  Mai  eingesetzt 
wurde.  [Eine  Denkmünze  auf  seine  Ein- 
setzung s.  HMW.  Nr.  246;  eine  weitere  v. 
J.  1839  in  HMW.  Nr.  252.]  Die  wenigen 
Logen,  die  sich  dem  Grossorient  nicht  an- 
schliessen  wollten,  wurden  4.  Jan.  1836 
für  unregelmässig  erklärt.  Als  Baron  v. 
Stassart  10.  Juni  1841  sein  Amt  nieder- 
legte, folgte  ihm  11.  Juli  1842  in  dieser 
Würde  (2^  Eugen  Defacqz  d'Ath,  Rat  am 
Kassationshofe  in  Brüssel,  und  als  zu- 
geordneter Grossmeister  Peter  Theodor 
Verhaegen  (s.  d.),  Advokat  und  Präsident 
der  Abgeordnetenkammer,  der  (3.)  die  Gross- 
meisterwürde 1854  bis  zum  8.  Dez.  1862, 
seinem  Todestage,  inne  hatte.  Nach  ihm 
waren  Grossmeister:  4)  Joseph  Viktor  van 
Schoor,  Senator  (geb.  1806,  gest.  30.  März 
1895),  1862—1869;  5)  Pierre  van  Hum- 
beeck  (s.  d.),  Advokat,  Repräsentant  und 
Unterrichtsminister,  1869—1872  [HMW. 
Nr.  259,  260,  261,  262];  6)  August  Pierre 
Couvreur,  Publizist,  später  Vizepräsident 
der  Abgeordnetenkammer  (gest.  4 894),  1872 
bis  1875;  7)  Henri  Bergö^  Professor  der 
Chemie  an  der  Universität  in  Brüssel,  1875 
bis  1878;  8)  Couvreur  (von  neuem),  1878 
bis  1880;  9)  Berg^  (von  neuem),  1880  bis 
1888;  10)  Graf  Eugke  Goblet  d'Alviella, 
Professor  an  der  Universität  in  Brüssel, 
Senator,  1884—1886;  11)  Viktor  Lynen, 
Kaufmann,  1887-1889;  12)  Emest  Reisse, 
Wechselagent,  Präsident  des  Provinzial- 
kollegiums  von  Brabant  (gest.  28.  Jan.  1894), 
1890—1893 ;  13)  Ch.  Houzeau  de  Lehaie,  Pro- 
fessor an  der  Bergschule  in  Mons,  Senator, 
1893—1895;  l4:)Bers6 (von neuem)  seit  1896. 
Die  Verfassung  des  Grossorients,  aus  15 
Artikeln  bestehend,  wurde  19.  Jan.  1838 
beschlossen.  Sie  bezieht  sich  bloss  auf 
die  symbolischen  Grade  und  lässt  die 
Grade  und  Systeme,  welche  darüber 
hinausgehen^  unbeachtet.  Als  Zweck  der 
Freimaurerei  erklärt  sie  die  moralische 
Vervollkommnung  des  Menschen.  Mit- 
glieder des  Grossorients  sind  drei  Abge- 
ordnete jeder  Loge;  er  ernennt  aus  seiner 
Mitte  14  Grosswürdenträger.  Die  Verfassung 
ist  später  ohne  wesentliche  Abänderungen 
revidiert  worden,  und  zwar  unter  Weg- 
lassung der  Devise  A.  L.  G.  D.  G.  A.  D.  L.U. 
—  V.  Schon  13.  Dez.  1833  hatte  der 
Grand   Orient  de  Belgique  die  Zulässig- 


keit  einer  Häufung  der  Rite  in  seinen 
Logen  anerkannt.  Daher  bestehen  bei 
den  belgischen  Logen  auch  noch  höhere 
Grade  unter  der  Leitung  des  Supr^me 
Conseil  (des  sog.  Schottischen  Ritus),  das 
1.  März  1817  unter  dem  General  Rouyer 
als  ersten  Grand  Commandeur  begründet 
wurde.  Ihm  folgten  in  dieser  Würde  Cras- 
sous,  Ramel,  (1841)  P.Alb. J.Stevens,  Advo- 
kat am  Appellationshof  in  Brüssel,  (1852) 
Carton  de  Famillieureux ,  Kriegsminister 
Generalleutnant  Renard,  Unterrichtsminis- 
ter Pierre  van  Humbeeck  und  Emile  de  Mot, 
Advokat  und  Schöffe  der  Stadt  Brüssel. 
Nach  einem  Vertrag  von  1880  hat  der 
Grossorient  dem  SuprSme  Conseil  die 
Herrschaft  über  alle  hohem  Grade,  als 
die  8  Johannisgrade,  überlassen  und  um- 
gekehrt, nur  aie  Logen  in  Brüssel  und 
eine  Loge  in  Antwerpen  haben  ihre  doppelte 
Behörde  fttr  alle  von  ihnen  zu  erteilen- 
den Grade  beibehalten.  VI.  Nach  dem 
Ritus  von  Memphis  (s.  d.)  wurde  in 
Brüssel  eine  Loge  L'invisible  Mai 
1854  errichtet,  und  aus  dem  J.  1857  wird 
daselbst  ein  Grand  Conseil  r^pr^sentatif 
dieses  Ritus  für  Belgien  namhait  gemacht. 
Zwei  andre  Logen  desselben  Ritus  La 
bienveillance     und    Les     sages    d'H^lio- 

Eolis  sollen  1843  in  Brüssel  bestanden 
aben.  Der  Ritus  ist  aber  längst  wieder 
erloschen.  VII.  Eine  Spaltung  trat  1854 
infolge  eines  Vortrags  ein,  den  der  zu- 
geordnete Grossmeister  Verhaegen  am  Jo- 
hannisfest  dieses  Jahres  hielt  und  worin 
er  es  für  zulässig  und  notwendig  erklärte, 
auch  politische  und  kirchliche  Angelegen- 
heiten in  den  Logen  zu  verhandeln.  Um 
dies  gehörig  zu  würdigen,  muss  man  in 
Betracht  ziehen,  dass  die  Freimaurerei  in 
B.  schon  seit  längerer  Zeit  den  An- 
feindungen der  politisch  -  kirchlichen 
Obskurantenpartei  ausgesetzt  war.  Schon 
im  Dezember  1837  waren  durch  ein 
Rundschreiben  der  Bischöfe  von  B., 
das  diese  infolge  einer  Versammlung  in 
Mecheln  erliessen,  und  zu  Anfang  des 
Jahres  1838  durch  einen  Fastenbrief  dea 
Bischofs  V.  Bommel  in  Lüttich  die  stärk- 
sten Angriffe  auf  die  Freimaurerei  ge- 
macht worden.  Diese  Agitation  gab  dem 
Grossorient  Veranlassung,  bei  Gelegenheit 
einer  grossen  im  März  1838  veranstalteten 
Festloge,  bei  der  800  Freimaurer  an- 
wesena  waren,  eine  Denkmünze  mit  der 
Umschrift:  »La  ma9onnerie  vivra,  Dieu  le 
veut«  (Die  Freimaurerei  wird  leben,  Gott 
will  es),  und  einem  Auszug  maurerischer 
Grundregeln  prägen  und  verteilen  zu 
lassen.  [S.  diese  HMW.  Nr.  249.]  Eben- 
so hatte  15.  März  1845  nach  einer  Sitzung 
der  Abgeordnetenkammer  in  Brüssel  der 
Minister  des  Innern,  Nothomb,  gegen  den  zu- 
geordneten Nationalgrossmeister  V  erhaegen 
geäussert,  die  damalige  Schilderhebung 
gegen  die  Jesuiten  in  der  Schweiz  jühre 
von    belgischen    Maurern    her. 

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Belgien. 


85 


diesen  Vorwurf  verteidigte  sich  der  Gross- 
meister Defacqz  in  einem  öffentlich  ver- 
breiteten Brief  an  Nothomb  [abgedr.  in 
der  Zeitschrift  L'orient  1845,  S.  296  fg.]. 
Gleichwohl  fuhr  die  katholische  Partei  fort, 
durch  ihr  Organ,  das  Journal  de  Belgiaue, 
gegen  die  Freimauerei  zu  kämpfen.  Un- 
ter diesen  Verhältnissen  trat  derselbe  Ver- 
haegen,  gegen  den  Nothomb  jene  Äusse- 
rung gethan  hatte,  1854  in  der  gedachten 
B>ede  mit  der  liberal-demokratischen  Auf- 
fassung des  Berufs  der  Freimaurerei  her- 
vor. Er  erklärte,  das  Verbot  von  Verhand- 
lungen der  Freimaurer  über  Politik  und 
Beligion  sei  nur  im  Reglement  der  Gross- 
loge, nicht  in  der  allgemeinen  Verfassung 
enthalten  und  könne  daher  sofort  durch 
Grosslogenbeschluss  wieder  aufgehoben 
werden;  der  Geist  der  Freimaurerei  ver- 
lange dies;  der  Freimaurer  habe  das  Recht 
und  die  Pflicht,  sich  wie  ausserhalb,  so 
auch  in  den  Logen  über  jede  moralische 
oder  materielle  ^rage,  sei  sie  sozialer  oder 
philosophischer,  d.  h.  politischer  oder 
religiöser  Natur,  aufsuklären.  Die  Ver- 
sammlung stimmte  dieser  Aussprache  leb- 
haft bei,  und  es  wurde  die  Rede  Ver- 
haegens  durch  den  Druck  veröffentlicht. 
Diese  Erklärung  erregte  bei  den  deut- 
schen Logen  grosses  Aufsehen.  Die  Loge 
Apollo  in  Leipzig  war  die  erste,  die  durch 
ihren  Meister  vom  Stuhl,  Lucius,  SO.  Okt. 
1854  einen  »offenen  Protest«  gegen  diese 
Auffassung  unter  Hinweis  auf  me  allge- 
meinen Grundsätze  der  Freimauterei  er- 
gehen liess  [FZ.  1854,  Nr.  461.  In  glei- 
chem Sinne  sprachen  sich  mehrere  andre 
deutsche  Grosslogen  aus  und  brachen  in- 
folgedessen den  Verkehr  mit  dem  Gross- 
orient ab,  indem  sie  zu^eich  den  Mit- 
gliedern seiner  Logen  den  Zutritt  zu  ihren 
Logen  verweigerten,  so  die  Grossloge 
von  Hamburg  16.  Dez.  1854,  die  Grosse 
Landesloge  von  Sachsen  18.  Nov.  desselben 
Jahres  [FZ.  1854,  Nr.  49],  die  Grosse 
National-Mutterloge  in  Berbn  7.  Dez.  des- 
selben Jahres  [FZ.  1855,  Nr.  5],  die 
Grossloge  Zur  Sonne  24.  Jan.  1855  [FZ. 
1855,  Nr.  9]  u.  a.  m.  Li  gleichem  Sinne 
sprachen  sich  7.  Jan.  1855  die  drei  alt- 
preussischen  Grosslogen  aus  [FZ.  1855, 
Nr.  13].  Auch  die  Grosse  Landesloge 
von  Schweden  that  ein  Gleiches.  In  B. 
selbst  rief  jene  Erklärung  insofern  eine 
Spaltung  hervor,  als  sich  die  andre  dor- 
tige maurerische  Oberbehörde,  das  Supr^me 
Conseil,  jener  Auffassung  der  Aufgabe  der 
Freimaurerei  nicht  anschloss,  sondern  an 
den  allgemeinen  maurerischen  Grund- 
sätzen festhielt.  Mehrere  Logen  traten 
infolgedessen  zu  dem  SuprSme  Conseil 
über,  und  seitens  mehrerer  derjenigen 
Grosslogen,  die  den  Verkehr  mit  B.  ab- 
gebrochen hatten,  wurden  die  unter  dem 
Suprdme  Conseil  stehenden  Logen  von 
jenem  Verbote  ausgenommen^  auch  gegen- 
seitige Repräsentation  eingeleitet.  [Über  den 


ganzen  Vorgang  s.  L.  XV,  99  fg.]  Ver- 
backen veröffentlichte  später  eine  Recht- 
fertigung seines  Verfahrens  in  einem 
Brief  an  Leblanc  de  Marconnay  in  Paris. 
Er  erklärte  darin:  wenn  die  belgischen 
Freimaurer  von  dem  Rechte,  das  sie  als 
Staatsbürger  gemessen,  Gebrauch  machten 
und  sich  zur  freien  Aussprache  über 
Fragen  aus  dem  Gebiet  der  Politik, 
Philosophie  und  Reli^on  versammelten, 
so  geschehe  dies  nur,  insofern  diese  Fra- 
gen B.  selbst  interessierten,  und  die  eigen- 
tümlichen Verhältnisse  anderer  Staaten 
blieben  dadurch  unberührt.  Lifolge 
weiterer  Aussprachen  und  Bemühungen 
von  van  Schoor  und  Couvreur  sind  die 
Beziehungen  zwischen  dem  Grossorient 
von  B.  und  den  deutschen  Grosslogen 
seit  1874  wieder  angeknüpft  worden. 
Auch  sind  zwischen  den  Maurern  B.'s  und 
der  Niederlande  engere  Beziehungen  ein- 
getreten. Verhaegen  überbrachte  14. 
März  1861  an  der  Spitze  einer  Abordnung 
von  Mitgliedern  der  Loge  Les  amis 
philanthropes  in  Brüssel  eine  bedeutende 
Wohlthätigkeitspende  fttr  die  in  Holland 
durch  die  Wassersnot  Verunglückten  nach 
dem  Haag;  der  Nationalgrossmeister  Prinz 
Friedrich  der  Niederlande  sprach  sich 
hierbei  in  einer  Weise  gegen  Verhaegen 
aus,  die  das  beste  Einverständnis  zwischen 
den  Vertretern  beider  Grossoriente  und 
die  lebhaftesten  Sjrmpathien  beiderseits 
kund  gab.  Dasselbe  war  bei  einer  Er- 
widerung dieses  Besuchs  durch  eine 
Abordnung  aus  dem  Haag  22.  Juni  in 
Brüssel  der  Fall.  Seitdem  verschiedne 
Besuche  ähnlicher  Art  gewechselt  worden 
waren,  ist  eine  Vereinigung  der  Grenz - 
lo^en  der  beiden  Staaten  unter  Geneh- 
migung ihrer  Grossoriente  eingetreten. 
Übrigens  ist  das  Einvernehmen  zwischen 
dem  Grand  Orient  de  Belgique  und  dem 
SuprSme  Conseil  keineswegs  gestört;  beide 
haben  gemeinschaftliche  lUume  inne,  und 
die  Mitglieder  des  Grossorients,  soweit  sie 
höhere  Grade  haben,  gehören  zugleich 
dem  System  des  SuprSme  Conseu  an. 
[Litteratur:  W.  J.  1786,  S.  199;  für  die  Zeit 
von  1814 — 28  die  Annales  de  la  maconnerie 
des  Pays-Bas  (Brüssel  1822  fg.),  tJbersicht 
der  Gesamtgeschichte  bis  1840  in  L.  H, 
179  fg.;  A.  Cordier,  Histoire  de  POrdre 
maconnique  en  Belgique  (Mons  1854) ; 
Duoreuil,  Histoire  des  Francs-MaQons 
(2  tom.,  Brux.  1888);  die  Speziallitteratur 
bei  Kloss,  Bibl.,  S.  234  fg.;  belgische 
maurerische  Münzen  im  HMW.  Nr.  244 
bis  280.J  —  Vni.  Statistik.  Jetzt  be- 
stehen in  B.  1)  unter  dem  Grossorient  19 
Logen,  nämlich  4  in  Antwerpen^  8  in 
Brüssel,  je  2  in  Gent  und  Vervien* 
und  je  eine  in  Brügge,  Charleroy,  Huy, 
Löwen,  Lüttich,  Mons  (Bergen),  Namur 
und  Spaa,  2)  unter  dem  SuprSme  Conseil, 
2  Areopage  in  Antwerpen  und  Mons, 
7  Kapitel  in  Brüssel  (2),  Antwerpen, 
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86 


Belgien  —  Beratungslogen. 


CJharleroy,  Gent,  Lüttich  und  Mona,  und 
4  Logen,  nämlich  3  in  Brüssel  und  1  in 
Antwerpen. 

Beli^ien  (Königshaus).  Aus  diesem 
Herrscherhaus  hat  dem  Bunde  angehört: 
Leopold  L  Georg  Christian  Friedrich, 
seit  1881  König  der  Belgier,  jüngerer  Bru- 
der des  1844  gestorbenen  Herzogs  Ernst  I. 
von  Sachsen-Koburg  und  Gotha,  geb.  1 6.  Dez. 
1790  in  Koburg,  gest.  10.  Dez.  1865  in 
Brüssel.  Er  trat  früh  in  russische  Kriegs- 
dienste, machte  die  Feldzüge  1813 — 15  mit, 
begab  sich  1815  nach  England  und  wurde 
18tJl  zum  König  der  Belgier  gewählt.  — 
Zwischen  den  Feldzügen  von  1818  und  1814 
hielt  er  sich  in  der  Schweiz  auf  und  trat 
6.  Okt.  1818  in  der  damals  unterm  Gross- 
orient von  Frankreich  stehenden  Loge  Zur 
Hoffnung  in  Bern  in  den  Freimaurerbund; 
drei  Monate  später  erhielt  er  den  zweiten 
und  dritten  Grad  und  wurde  zum  Ehren- 
mitglied der  Loge  erklärt,  die  deshalb 
18.  Dez.  1865  eine  eigne  Trauerloge 
abhielt.  Sie  war  auch  vertreten  bei  der 
Trauerfeier,  die  10.  Febr.  1866  in  Gegen- 
wart von  fast  1200  Freimaurern  vom  Grand 
Orient  de  Belgique  in  Brüssel  zum  Ge- 
dächtnis des  Königs  veranstaltet  wurde. 
Nach  der  Beschreibung  dieser  grossen 
Trauerfeier:  »C^r^monie  funfebre  en  me- 
moire du  Fihre  Leopold  de  Saxe-Cobourg, 
ler  Roi  des  Beiges,  Protecteur  de  la  Franc- 
Ma^onnerie  Nationale«  (Bruxelles  1866)  hat 
sich  L.  in  England  in  den  schottischen 
Bitus  aufnehmen  lassen,  sich  der  Lon- 
doner Lodge  of  Friendship  Nr.  6  ange- 
schlossen und  war  deren  erster  Auf- 
seher. In  Belgien  hat  er  nie  eine  Loge 
besucht,  war  aber  nicht  bloss  dem  Namen 
nach  Protektor  des  Bundes  im  König- 
reiche. Auf  sein  25 jähriges  Regierungs- 
jubiläum  (1856)  und  seinen  Tod  wurden 
Denkmünzen  geprägt  [vgl.  HMW.  Nr.  257 
und  258]. 

Bellermann,  Johann  Joachim,  Theo- 
log, geb.  23.  Sept.  1754  in  Erfurt,  gest. 
1842  in  Berlin,  war  1790  Professor  der 
Theologie  in  Erfurt,  zugleich  am  dortigen 
Gymnasium  Lehrer  der  lateinischen  und 
hebräischen  Sprache.  1790  wurde  er  Di- 
rektor dieses  und  1804  Direktor  des  Gym- 
nasiums zum  grauen  Kloster  in  Berlin, 
1816  ausserordentlicher  Professor  der  Theo- 
logie an  der  Universität  das.  und  1818 
Konsistorialrat;  1828  trat  er  in  den  Buhe- 
stand. In  den  Freimaurerbund  trat  B.  1778 
während  seines  Aufenthalts  in  Beval  in 
der  Loge  Zur  Bruderkette.  Nach  Erfurt 
zurückgekehrt,  nahm  er  an  der  Gründung 
der  Loge  Karl  zu  den  drei  Eädem  das. 
Teil,  deren  Redner  er  bis  zu  seinem  Ab- 
gang nach  Berlin  blieb.  Am  13.  April 
1804  bei  der  Loge  Zur  Eintracht  das.  an- 
genommen, wurde  er  Redner  bis  1812,  1809 
Mitglied  der  Grossloge,  1817  Mitglied  des 
Bundesdirektoriums  und  1828  zugeordneter 
Nationalgrossmeister,     legte     w)er    nach 


60 jähriger  maurerischer  Wirksamkeit,  in 
der  er  sich  auch  schriftstellerisch  auszeich- 
nete, 1839  das  Amt  nieder,  worauf  er  zum 
Ehrengrossmeister  ernannt  wurde.  Er 
beschäftigte  sich  längere  Zeit  mit  der 
Prüfung  der  Kölner  Urkunde.  (Tgl.  Ge- ' 
schichte  der  Grossen  National-Mutterloge 
Zu  den  drei  Weltkugeln  (Brl.  1890)  S.  407. 
Festschrift  zur  Jubelfeier  des  lOOjähr.  Be- 
stehens der  St.  Joh.-Fr.-Loge  Carl  zu  den 
drei  Adlern  in  Erfurt  (1887)  S.  17.] 

BelleTllle  (St.  im  nordamerikanischen 
Staat  Illinois  [1890]  15361  E.).  Hier  be- 
steht unter  der  einheimischen  Grossloge 
eine  in  deutscher  Sprache  arbeitende  Loge 
Archimedes  Nr.  377,  gegr.  8.  Okt.  1863. 
Vers.  1.  Donnerstag  im  Monat. 

Belatschistan  (brit.  Vasallenstaat).  Hier 
arbeiten  in  Quetta  unter  der  Grossloge 
von  Schottland  die  Bolan-Loge,  gest.  1883, 
und  unter  der  Grossloge  von  England  die 
Quetta-Loge,  gest.  1889. 

Bendler,  Karl  Fried r.  Lud w.,  Bürger- 
meister, in  Homberg,  später  in  Neuhaldens- 
leben  und  Müncheberg,  wurde  24.  Juni  1871 
in  der  Loge  Wilhelm  zu  den  drei  Säulen 
in  Wolfenbüttel  in  den  Freimaurerbund 
aufgenommen,  trat  aber  infolge  von  Fami- 
lienverhältnissen 1888  wieder  aus.  B.  war 
ein  warmer  Verehrer  der  Freimaurerei  und 
ein  tiefer  Kenner  derselben.  Er  hat  seine 
geläuterten  Ansichten  vielfach  in  maure- 
rischen Zeitschriften  veröffentlicht,  nament- 
lich in  der  Bauhütte. 

Bengalen,  s.  Ostindien. 

Benjamin  nennt  man  hier  und  da  das 
jüngste  der  neu  aufgenommenen  Mit- 
glieder. 

Benslieim  (St.  im  Grossherzogt.  Hessen, 
6665  E.).  Hier  bestand  ein  Freimaurer- 
kränzchen: Die  Vereinigten  Brüder 
an  der  Bergstrasse,  gegr. 4. Febr.  1863, 
das  aber  1886  wieder  eingegangen  ist. 

Bentinek,  Gustav  Adolf  Graf,  geb. 
21.  Nov.  1809  in  Varel,  gest.  5.  Mai  1876, 
früher  Besitzer  der  Herrschaften  Varel  und 
Kniphausen,  war  aufgenommen  als  letztes 
Mitglied  in  der  Loge  Wilhelm  zum  sil- 
bernen Ejreuz  in  Varel  29.  März  1842  und 
ging  mit  dieser  24.  Juni  1842  zur  Loge 
Zum  goldenen  Hirsch  in  Oldenburg  über, 
trat  26.  Jan.  1855  in  die  Loge  Zum  schwar- 
zen Bär  in  Hannover  ein  und  war  seit  1. 
Febr.  1855  Grossmeister  der  Grossen  Loge 
von  Hannover,  welche  Würde  er  1856 
niederlegte,  als  er  sich  auf  seine  Güter 
nach  Österreich  zurückzog.  Er  war  ein 
Enkel  des  niederländischen  Nationalgross- 
meisters  Graf  Chr.  Friedr.  Ant.  v.  Bentinek 
(s.  Niederlande). 

Beratang8logen(Konferenzlogen)heissen 
maurerische  Versammlungen,  in  denen 
ökonomische,  finanzielle  u.  a.  Angelegen- 
heiten beraten  werden,  hier  und  da  auch 
Kugelungen  stattfinden.  Sie  stehen  im 
Gegensatz  zu  den  geselligen  Abenden  oder 
Klubs  (s.  d.)  und  den  rituellen  und  Fest- 
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Berecz  —  Berlin. 


87 


logen.  Die  B.  werden  zuweilen  in  den 
Gesellschaftsräumen  der  Loge  und  ohne 
strenge  maurerische  Formen  abgehalten. 
In  der  Regel  haben  in  ihnen  nur  die 
wirklichen  Mitglieder  der  betr. Loge  (nicht 
Besuchende)  Stimmrecht,  in  gewissen  An- 
gelegenheiten nur  die  Meister.  Letztere 
Versammlungen  heissen  daher  Meister- 
beratungen (s.  d,).  In  einigen  Logen  wer- 
den bestimmte  Tage  für  die  6.  im  voraus 
festgesetzt. 

Berecs,  Anton  v.,  Direktor  der  staat- 
lichen höhern  Mädchenschule  in  Budapest, 
jetzt  Referent  im  königl.  ungarischen  Mi- 
nisterium für  Kultus  und  Unterricht,  geb. 
1836  in  Boldog  im  Komitate  Pest,  wurde 
1.  Febr.  1872  in  der  Budapester  Loge 
Szent  Istvän  aufgenommen  und  führte 
drei  Jahre  deren  Hammer.  Als  1874  die 
Johannisgrossloge  von  Ungarn  infolge  von 
Uneinigkeiten  in  eine  recht  schwierige 
Lage  geraten  war,  trat  B.  als  zugeordneter 
Grossmeister  in  die  Verwaltung  ein  und 
brachte  die  Grossloge  zu  hoher  Blüte.  Auch 
nach  dem  Zustandekommen  der  symboli- 
schen Grossloge  von  Ungarn,  bei  welcher 
Gelegenheit  er  zum  Ehrengrossmeister  er- 
nannt wurde,  stand  er,  mit  einiger  Unter- 
brechung, im  ganzen  15  Jahre  an  der 
Spitze  der  Verwaltung,  die  er  mit  eiserner 
Strenge  mustergültig  führte.  Die  meisten 
neu  erstandnen  Logen  hat  B.  eingerichtet 
und  bei  den  während  15  Jahren  mit 
unermüdlichem  Eifer  bewerkstelligten 
Logenrevisionen  hielt  er  auf  strenge  Ein- 
haltung der  freimaurerischen  Formen  und 
Gepflogenheiten.  Aber  auch  auf  die  Ent- 
faltung des  fireimaurerischen  Geistes  legte 
er  grosses  Gewicht  und  war  nicht  minder 
ein  Bahnbrecher  auf  humanitärem  Gebiete. 
So  ist  er  noch  heute  Vorstand  des  Kinder- 
freundvereins,  dem  er  zu  hoher  Blüte  ver- 
half 1897,  nach  dem  Tode  des  Gross- 
meister Ivänka,  sehnte  auch  B.  sich  nach 
Ruhe  und  nahm  keine  neue  Wahl  an. 

Berlin  (Hauptst,  des  Eönigr.  Preussen, 
1677304  E.).  I.  Geschichte  im  all- 
gemeinen. Die  Geschichte  der  Frei- 
maurerei in  B.  ist  in  ihren  Anfängen  zu- 
gleich die  früheste  Geschichte  der  Frei- 
maurerei in  Preussen  überhaupt.  Aus  der 
Loge  des  Königs  Friedrich  n.,  die  keinen 
besondem  Namen  f&hrte,  ging  13.  Sept. 
1740  die  Loge  Aux  trois  globes  hervor, 
die  14.  März  1743  beschloss,  abwechselnd 
in  deutscher  und  französischer  Sprache  zu 
arbeiten,  24.  Juni  1744  den  Namen  Grosse 
Königliche  Mutterloge  zudendreiWelt- 
kugeln  und  5.  JuU  1772  ihren  jetzigen 
Namen  Grosse  National -Mutterloge  der 
Preussischen  Staaten  annahm.  Von  ihr 
aus  wurde  80.  Nov.  1742  eine  schottische 
Loge  L' Union  gestiftet.  Die  1743  beab- 
sichtigte Gründung  einer  besondern  Noble 
Loge  erhielt  nicht  die  Genehmigung  des 
königlichen  Grossmeisters  Friedrich  11. 
Die  zweite  Johannisloge,  welche  in  B.  ins 


Leben  trat,  war  die  Loge  La  petite  Con- 
corde, die  jetzige  Loge  Zur  Eintracht, 
eröffnet  4.  Jan.  1755.  Nachdem  im  De- 
zember 1758  de  Lemais  gestattet  worden 
war,  für  die  gefangenen  französischen  Offi- 
ziere, die  Freimaurer  waren,  eine  eigne 
Militärloge  unter  dem  Namen  Lafid^lit^ 
zu  errichten,  die  aber  keine  Aufnahmen 
vollziehen  durfte  und  nach  Auswechslung 
der  Gefangenen  wieder  einging,  wurde  10. 
Aug.  1760  auf  den  Wunsch  in  B.  ansässiger 
französischer  Freimaurer  eine  Loge  Aux 
trois  colombes  errichtet,  die  sich  von 
1761  an  L'amiti^  aux  trois  colombes 
und  vom  12.  April  1765  anRoyaleYork 
de  Tamiti^  nannte.  Am  14.  Febr.  1761 
war  bei  der  Loge  Concorde  eine  Schotten- 
loge L'harmonie  gegründet  worden;  sie 
vereinigte  sich  noch  1761  mit  der  bereits 
bestehenden  Schottenloge  L'union  und  trat 
5.  März  1767  unter  dem  Namen  Friedrich 
zum  goldnen  Löwen  zur  strikten  Ob- 
servanz, der  sich  auch  die  Mutterloge  Zu 
den  drei  Weltkugeln  und  ihre  Tochterloge 
Zur  Eintracht  1 766  anschlössen.  Am  1 9.  Juni 
1760  war  femer  ein  sog.  Clermontsches 
Kapitel  in  B.  errichtet  worden,  an  dessen 
Spitze  Freiherr  v.  Printzen  (s.  d.)  als  Ober- 
meister und  der  bekannte  Bosa  (s.  d.)  als 
dessen  Legat  standen;  es  nannte  sich  »das 
oberste  und  erste  jerusalemische  Elapitel 
deutscher  Nation  zu  Berlin«  und  gründete 
von  hier  aus  28.  Juni  1762  das  Elapitel  in 
Hamburg.  Im  v.  Hundschen  Tempelherren- 
system hiess  übrigens  B.  Templin  und 
wurde  unter  diesem  Namen  auf  dem 
Konvent  zu  Kohlo  (s.  d.)  1772  zur  exemten 
Präfektur  der  siebenten  Provinz  erklärt. 
Die  strikte  Observanz  verlor  aber  schon 
1766  bedeutend  an  Boden  inB.;  in  diesem 
Jahre  trennte  sich  Zinnendorf  (s.  d.),  der 
1765  zum  Meister  vom  Stuhl  der  Grossen 
Mutterloge  gewählt  worden  war,  und  1767 
Koppen  (s.  d.)  von  der  Mutterloge  Zu  den 
drei  Weltkugeln.  Koppen  gründete  das 
System  der  .A^ikanischen  Bauherren  (s.  d.). 
Dieses  System  hörte  aber  1775  in  B.  und 
1785  überhaupt  zu  existieren  auf,  nachdem 
schon  1774  eine  Anzahl  meist  militärischer 
Mitglieder,  Hauptmann  Eimbeck  an  der 
Spitze,  zu  derGrossenLandesloge  über- 
getreten waren.  Diese  hatte  Zinnendorf  27. 
Dez.  1770  gestiftet  unter  Rückdatierung  des 
Stiftungst^  auf  den  24.  Juni  1770;  sie 
war  30.  Nov.  1770  mit  Urkunde  von  der 
Grossen  Loge  von  London,  16.  Juli  1774 
mit  königlichem  Schutzbrief  versehen 
worden.  Schon  vorher,  10.  Aug.  1769,  hatte 
er  die  Loge  Zu  den  drei  goldenen 
Schlüsseln  und  22.  Nov.  desselben 
Jahres  die  Andreasloge  Indissolubilis 
in  B.  errichtet.  1770  wurde  die  Loge 
Zum  flammenden  Stern  unter  der 
Mutterloge  Zu  den  drei  Weltkugeln  ge- 
gründet. Aus  demselben  Jahre  werden 
noch  zwei  andre,  anscheinend  bald  wieder 
eingegangene   Logen    La    candeur   und 


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Berlin. 


Toleranzlo^e  (auch  israelitischen  Brü- 
dern zugänglich)  erwilhnt.  In  den  Zeit- 
raum der  nächsten  sechs  Jahre  fällt  die 
Gründung  der  meisten  noch  bestehenden 
Berliner  Logen:  1771  der  Loge  Zum  gol- 
denen Schiff  und  der  Loge  Pegase. 
beide  unter  der  Grossen  Landesloge ;  1774 
der  Loge  Friedrich  zu  den  drei  Se- 
raj^him,  1775  der  Loge  Verschwiegen- 
heit zu  den  drei  yerbundenen  Hän- 
den, diese  beide  unter  der  Grossen  National- 
Mutterloge,  endlich  1775  der  Loge  Zur 
Beständigkeit  und  1776  der  Logen 
Zum  Pilgrim,  Zum  goldnen  Pflug 
und  Zum  Widder,  diese  vier  unter 
der  Grossen  Landesloge.  Übrigens  trat 
die  Grosse  National-Mutterloge  Zu  den 
drei  Weltkugeln  mit  ihren  Tochterlogen 
bereits  1779  thatsächlich  und  10.  Nov.  1788 
ausgesprochenermassen  von  der  strikten 
Observanz  zurück.  Wichtig  für  die  Frei- 
maurerei in  B.  war  hiernächst  das  J. 
1798,  in  dem  sich  die  Loge  Royal  York 
zur  Freundschaft  zur  Grossloge  um- 
bildete und  sich  11.  Juni  in  ihre  vier 
noch  jetzt  bestehenden  Berliner  Tochter- 
logen teilte.  Während  der  französischen 
Besetzung  wurden  vom  Oktober  1806  bis 
16.  Dez.  1808  in  den  Tochterlogen  der 
Grossen  National-Mutterloge  alle  maure- 
rischen Arbeiten  eingestellt,  um  Unzuträg- 
lichkeiten mit  den  französischen  Freimau- 
rern zu  vermeiden;  es  fanden  nur  gesell- 
schaftliche Zusammenkünfte  fdr  die  eignen 
Mitglieder  undBrudermahle  statt.  DieGrosse 
Loge  Boyal  York  gestattete  1807  der  franzö- 
sischen Loge  La  r^union  das  Lokal  zu  ihren 
Arbeiten.  In  der  Folgezeit  sind  dann 
die  Loge  Friedrich  Wilhelm  zur  Morgen- 
röte (unter  der  Grossen  Landesloge  von 
Deutschland)  5.  Nov.  1855  und  die  Loge 
Zur  Treue  (unter  der  Grossen  Nationä- 
Mutterloge)  22.  März  1872  in  B.  gestiftet 
worden.  Die  Kämpfe  in  der  Grossloge 
Royal  York  um  den  Innersten  Orient,  her- 
vorgerufen durch  die  Beformpläne  des 
Grossmeisters  Settegast  (s.  d.)  führten  27. 
Nov.  1892  zur  Bildung  der  vierten  Gross- 
loge von  Preussen  in  B.,  genannt  Kaiser 
Friedrich  zur  Bundestreue,  nachdem 
die  Gründung  einer  neuen  Loge  unter  der 
Grossloge  von  Hamburg  seitens  der  drei 
altpreussischen  Grosslogen  auf  Schwierig- 
keiten gestossen  war.  Es  entspann  siä 
ein  Verwaltungsstreitverfahren,  dessen 
Zweck  die  Ungültigkeitserklärung  des 
Edikts  vom  20.  Okt.  1798  war.  Damit  war 
zwar  die  Bildung  der  neuen  Grossloge  von 
Staats  wegen  nicht  mehr  anzufechten,  sie 
wurde  aber  von  den  drei  altpreussischen 
Grosslo^en,  wie  vom  Deutschen  Grosslogen- 
bund nicht  anerkannt.  Dennoch  gründete 
sie  in  B.  zehn  Logen,  von  denen  vier 
wieder  eingegangen  sind.  Nach  Besei- 
tigung des  Edikts  gingen  auch  andre 
deutsche  Grosslogen  an  die  Einsetzung  von 
Tochterlogen   in  B.;    die   Grossloge    von 


Hamburg  errichtete  1898  die  Loge  Ham- 
monia  zur  Treue  und  1896  die  Loge 
Friedrich  Ludwig  Schröder,  der 
Eklektische  Bund  1893  die  Loge  Fried- 
rich zur  Gerechtigkeit  und  die  Gross- 
loge Zur  Sonne  1897  die  Loge  Galilei 
zur  ewigen  Wahrheit.  So  bestehen 
jetzt  in  B.  27  Johannislogen,  von  denen 
fünf  zum  System  der  Grossen  National- 
Mutterloge  Zu  den  drei  Weltkugeln,  acht 
zum  System  der  Grossen  Landesloge  von 
Deutschand,  vier  zum  System  der  Grossen 
Loge  Royal  York,  zwei  zur  Grossen  Loge 
von  Hamburg,  je  eine  zur  Eklektischen 
Grossloge  und  zur  Grossloge  Zur  Sonne 
und  sechs  zur  Grossloge  Kaiser  Friedrich 
gehören.  Für  die  hohem  Grade  bestehen 
(abgesehen  von  den  höchsten  Ordens- 
abteilungen): die  allgemeine  altschottische 
Loge  Zu  den  drei  Weltkugeln,  die  An- 
dreasloge Indissolubilis  unter  der  Grossen 
Landesloge  und  der  Innere  Orient  der 
unter  der  Grossen  Loge  Boyal  York  ver- 
einigten Johannislogen. 

n.  Grosslogen. 
1)  Grosse  National-Mutterloge  in 
den  Preussischen  Staaten,  genannt 
Zu  den  drei  Weltkugeln.  A.  Ge- 
schichte. Die  Freimaurerei  hat  in 
Preussen  und  in  B.  ihren  Eingang  unter 
und  zugleich  durch  König  Friedrich  IL 
gefunden.  Als  Kronprinz  auf  der  Rück- 
reise von  Holland,  wohin  er  seinen  Vater 
begleitet  hatte,  in  Braunschweig  1788 
insgeheim  aufgenommen,  hatte  er  schon 
in  Kheinsberg  unter  dem  Vorsitze  v.  Obergs 
(s.  d.)  eine  Loge  errichtet  und  führte  diese 
nach  seiner  Thronbesteigung  in  Charlotten- 
burg selbst  fort,  wo  er  20.  Juni  1740  die 
erste  Versammlung  hielt.  Sie  wurde  La 
löge  premifere  oder  La  löge  du  Roi  notre 
grand  maitre  genannt.  Als  der  König 
Ende  desselben  Jahres  zum  ersten  schle- 
sischen  Kriege  abreiste,  gine  sie  zwar  ein, 
aber  ihre  in  Berlin  lebenden  Mitglieder 
bildeten  unter  Genehmigung  des  Königs 
13.  Sept.  1740  die  Loge  Aux  trois  globes 
in  B.,  unzweifelhaft  nach  den  Formen  der 
englischen  Grossloge,  doch  hatte  die  neue 
Loge  keine  besondere  Stiftungsurkunde  aus 
England  erhalten.  Bei  der  Auflösung  der 
Lo^e  Premixe  des  Königs  1740  traten  die 
meisten  ihrer  Mitglieder  zur  neuen  Loge 
über,  die  übrigens  nach  der  Sitte  jener 
Zeit  bald  selbst  Logen  zu  gründen  anfing. 
Die  erste  dieser  war  die  Lo^e  Aux  trois 
boussoles  in  Meiningen,  die  von  dem 
kurz  vorher  durch  eine  Abordnung  der 
neuen  Berliner  Loge  aufgenommenen  Her- 
zog Karl  Friedrich  von  Sachsen-Meiningen 
(s.  d.)  1741  gestiftet  wurde.  Ihr  folgten 
bald  andre,  in  Frankfurt  a.  d.  0.(Deputations- 
loge),  Breslau  (Zu  den  drei  Totengerippen), 
Halle(Zu  den  drei  goldnen  Schlüsseln)  u.  8.w., 
so  dass  die  Berliner  Loge  dadurch  Veran- 
lassung nfüim,  sich  zur  Befestigung  ihrer 


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Berlin. 


89 


äussern  Stellung  das  Prädikat  einer  Grossen 
königlichen  Mutterloge  Zu  den  drei  Welt- 
kugeln beizulegen,  was  24.  Juni  1744  ge- 
schah. Als  ibj  GroBsmeister  galt  der  König; 
1747  wurde  als  Vizegrossmeister  der  Herzog 
von  Holstein-Beck  (s.  d.)  erwählt.  Die 
Gründung  einer  neuen  Loge  in  Berlin, 
La  petite  Concorde,   die  1754  eine  wenn 

gleich    sehr    beschränkte    Urkunde    von 
er  erstem   erhielt,   und   die   Errichtung 
einer   dritten   durch   französische  Krie^- 

fefangene  unter  Gabriel  de  Lemais  (s.  d.), 
ie  1760  unter  dem  Namen  Aux  trois  co- 
lombes  (mit  dem  spätem  Zusätze  deramiti^) 
erfolgte,  gaben  Veranlassung  zu  Spaltungen, 
die  der  um  den  Freimaurerbund  sehr  ver- 
diente V.  Printzen  (s.  d.)  durch  die  Stif- 
tung des  sog.  Tribunal  ma9onnique  22. 
April  1761  auszugleichen  suchte,  zu  dessen 
GroBsmeister  er  selbst  erwählt  wurde. 
Dieses  löste  sich  jedoch  1768  auf,  und  es 
begann  nun  in  B.  und  weiter  wirkend  auch 
in  andern  Orten  Preussens,  sowie  des  üb- 
rigen Deutschlands  jene  traurige  Periode 
der  Freimaurerei,  wo  das  Eindringen  der 
französischen  Hochgrade  und  das  Auftreten 
verschiedner  andrer  Systeme  ein  Gewirr 
von  Missständen  im  Bunde  hervorriefen, 
wodurch  dieser  seinem  ursprünglichen 
Zweck  vielfach  entfremdet  wurde.  Der  be- 
kannte Bosa  (s.  d.)  suchte  sein  sogenanntes 
schottisches  System  zur  Geltung  zu  bringen, 
und  nach  den  Ereignissen  auf  dem  Kon- 
vent zu  Altenberge  (s.  d.)  war  der  nicht 
minder  bekannte  Schubart  (s.  d.)  bemüht, 
der  strikten  Observanz   an  Stelle  des  so- 

fenannten  Bosa-Clermontschen  Systems 
lingang  zu  verschaffen,  v.  Printzen  hatte 
sich  während  dieser  Zeit  von  der  Ober- 
leitung der  Mutterloge  Zu  den  drei  Welt- 
kugeln zurückgezogen,  Zinnendorf  (s.  d.) 
aber,  der  1765  an  ihre  Spitze  trat,  betrieb 
den  Beitritt  zur  strikten  Observanz,  der 
9.  Aug.  1766  erfolgte.  Auch  die  schon  er- 
wähnte Loge  Zur  Eintracht  (früher  Con- 
corde) trat  bei.  nicht  aber  die  dritte  Ber- 
liner Loge  L'amiti^.  Diese,  schon  16. 
März  17ß  auf  Grund  einer  Urkunde  der 
Braunschweiger  Loge  Puritas  neu  kon- 
stituiert, löste  sich  1765  ganz  von  ihrer 
Mutterloge  Zu  den  drei  Weltkugeln  und 
erhielt,  nachdem  sie  den  Herzog  von  York 
27.  Juni  desselben  Jahres  zum  Freimaurer 
auf-  und  ihm  zu  Ehren  den  Beinamen  Royal 
York  angenommen  hatte,  eine  Stiftungs- 
urkunde von  der  Grossen  Loge  von  Eng- 
land. Aber  auch  Zinnendorf  legte  im  Juni 
1766  die  Leitung  der  Mutterloge  nieder, 
zog  sich  ganz  von  der  strikten  Observanz 
zurück  und  führte  ein  neues  System  (s. 
Zinnendorf  und  BchwediBche  Lehrart) 
ein.  wozu  er  die  Akten  aus  Schweden  erwarb 
una  für  das  er  1770  in  Berlin  die  Grosse 
Landesloge  gründete.  Während  dieser 
Zwistigkeiten  nahm  1772  die  Mutterloge 
Zu  den  drei  Weltkugeln  infolge  der  Er- 
nennung   des   Herzogs   Friedrich   August 


von  Braunschweig  zumNationalgrossmeister 
in  den  Preussischen  Staaten  den  Titel 
yner  »Grossen  National -Mutterloge  der 
Preussischen  Staaten«  an.  Zur  strikten 
Observanz  hielt  sie  jedoch  mehr  äusser- 
lich,  namentlich  seitdem  vom  Direkto- 
rium jener  eine  Union  mit  der  Schwe- 
dischen Grossloge  unter  der  Grossmeister- 
schaft des  Herzogs  von  Südermannland 
angebahnt  wurde,  der  sie  auch  eingestan- 
denermassen  »wegen  der  daraus  zu  zie- 
henden Konsequenzen«  beizutreten  für  be- 
denklich hielt.  Erst  10.  Nov.  1783  trat 
sie  mit  einer  offnen  Erklärung  hervor, 
durch  die  sie  sich  von  der  strikten  Ob- 
servanz lossagte.  Von  dieser  Zeit  an  liess 
sie  auch  die  Mitglieder  der  Grossen  Landes- 
loge zum  Besuche  ihrer  Logen  zu,  was 
diese  erst  1790  vereinzelt  gestattete.    Mit 

1797  begann  eine  neue  Periode.  Die 
Mutterloge  hatte  durch  die  Konfirmations- 
urkunde vom  9.  Febr.  1796  nach  aussen 
hin  eine  gesicherte  Stellung  erhalten.  Am 
1.  Sept.  1797  wurde  ein  Altschottisches 
Direktorium  eingesetzt,  das  das  Ganze  der 
mit  der  Nationid-Mutterloge  verbundenen 
Logen  leiten  und  im  Namen  und  an- 
statt dieser  gerichtliche  und  andre  Ge- 
schäfte verwmen  und  verfassungsmässig 
führen  sollte,  und  22.  Nov.  1797  nahm  man 
eine  neue  Grundverfassung  an,  derzufolge 
das  aus  sieben  Mitgliedern  (ausser  dem 
zugeordneten  Nationalgrossmeister)  beste- 
hende altschottische  Direktorium  zugleich 
den  Lmem  Orient  für  die  vier  hohem 
Grade  des  neuen  »rektifizierten«  Systems 
bildete.  Auch  wurde  eine  Bevision  der 
Statuten  und  Bituale  beschlossen,  die  sich 
jedoch  bezüglich  der  höhern  Grade  bis  in 
das  19.  Jahrh.  hineinzog  und  erst  1819  ab- 
geschlossen ward.  Am  5.  Sept.  1799  er- 
warb man  das  Grundstück  an  der  Splitt- 
gerberffasse,  das  noch  heute  den  Sitz  der 
Mutterioge  bildet.   Das  Edikt  vom  20.  Okt. 

1798  war  auch  für  diese  günstig,  und  sie 
fing  an,  sich  rasch  zu  erweitem,  so  dass 
sie  1800  schon  84  Tochterlogen  zählte. 
Am  10.  Febr.  1801  erhielt  der  Innere 
Orient  seine  bestimmte  Form,  nachdem 
schon  13.  April  1798  die  Mutterlose  er- 
klärt hatte,  dass  sie  gesonnen  sei,  die 
eigentliche  Freimaurerei  nach  ihrem  innem 
Wesen  und  ihrer  Verfassung  von  den  bis- 
her angenommenen  hohem  Systemen,  in- 
sofern sie  nach  ihrem  Wesen  nicht  mit 
der  Freimaurerei  in  Verbindung  ständen, 
zu  trennen.  Am  28.  Dez.  1839  beteiligte 
sich  die  Mutterlose  bei  der  Gründung  des 
Berliner  Grossmeistervereins  (s.  d^.  Zur 
Säkularfeier  der  Mutterloge  am  18.  Sept. 


1840  wurde  eine  Denkmünze  geprägt  ( 
Nr.  18).  Als  Festgeschenk  wurde  das  Schwert 
überreicht,  das  in  der  denkwürdigen 
Nacht  vom  14.  Aug.  1788  in  Braunschweig 
bei  der  Aufnahme  des  grossen  Königs 
Friedrich  H.  benutzt  worden  war.  1849 
wurde  der  Besuch  nichtchristlicher  Mit- 
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Berlin. 


glieder  anerkannter  Logen  zugelassen 
und  demgemäss  die  Verfassung  abgeändert. 
1868  lehnte  die  Mehrheit  der  Gesetz-» 
Prüfungskommission  den  Antrag  von  neun 
Logen  wegen  Aufnahme  von  NichtChristen 
ab,  ebenso  wurde  der  Antrag,  statt  »Orden« 
überall  »Bund«  zu  setzen,  abgelehnt. 
1867  hatte  die  Loge  in  Gotha  eine 
Menge  Reformvorschläge  gemacht,  drang 
aber  mit  den  wenigsten  durch,  so  auch 
bezüglich  der  Aufhebung  der  Zensur  und 
der  maurerischen  Anreden.  Am  10.  Juli 
1873  erteilte  man  Erlaubnis  zur  Gründung 
einer  deutschen  Loge  Germania  in  Schangai, 
die  zeitweise  7.  Okt.  1883  ausser  Thätig- 
keit  trat.  1873  fand  eine  neue  Revision 
der  Grund  Verfassung  und  derBundesstatuten 
statt.  Die  Maiversammlung  ward  dadurch 
zur  gesetzgebenden  Versammlung.  Die 
Judenfrage  stand  1874  nochmals  auf  der 
Tagesordnung,  diesmal  auf  Veranlassung  des 
Bundesdirektoriums.  Es  erhielt  aber  auch 
diesmal  der  Antrag  nicht  die  erforderliche 
Zweidrittelmehrheit  (65  gegen  43),  ebenso 
bei  der  Abstimmung  in  der  Maiversamm- 
lung, wo  sich  abermals  nur  30  gegen  45 
Stimmen  dafür  erklärte.  Zum  drittenmal 
geschah  dasselbe  1875.  Das  Bundesdirek- 
torium hatte  sich  darauf  mit  sechs  gegen 
fünf  Stimmen  selbst  für  die  Zulassung  der 
NichtChristen  ausgesprochen  und  eine 
Denkschrift  verfasst,  um  darzuthun,  dass 
keine  Gefahr  für  die  Lehrart  vorhanden 
sei.  Aber  in  der  Versammlung  von  1876  kam 
abermals  eine  verneinende  Abstimmung 
heraus.  Der  Grossmeister  v.  Etzel  legte 
darauf  die  Grossmeisterwürde  nieder  und 
schied  ganz  aus  dem  Bunde.  Noch  ein- 
mal, 1881,  betonte  die  Mutterloge  in  einem 
Schreiben  an  den  Grossorient  der  Nieder- 
lande, dass  man  im  Prinzip  die  Aus- 
schliessung der  Israeliten  von  der  Auf- 
nahme in  die  Logen  als  nicht  vereinbar 
mit  dem  Grundwesen  der  Freimaurerei  an- 
erkenne und  sich  der  sichern  Hoffnung 
hingebe,  dass  diese  Schranke  auf  gesetz- 
lichem Wege  in  nicht  allzufemer  Zeit  fallen 
werde.  Am  24.  Juni  1883  trat  eine  neue 
Grundverfassung  in  Kraft.  1887  wurden  die 
»Mittheilungen  aus  dem  Bunde  der  Grossen 
National-Mutterloge«  (seit  1869)  zu  einer 
Zeitschrift  »Bunaesblatt«  umgewandelt. 
B.  National-Grossmeister.  1747—61 
Herzog  von  Holstein -Beck,  Vizegross- 
meister; 1761—65  V.  Printzen,  Grossmeister 
des  maurerischen  Tribunals;  1765—72  stand 
die  Grossloge  ohne  selbständige  Leitung 
unter  der  strikten  Observanz;  1772—99 
Herzog  Friedrich  August  von  Braun- 
schweig-Oels,  Grossmeister  der  Grossen 
National -Mutterloge;  1799—1804  Zöllner, 
Oberkonsistorial-  und  Schulrat;  1804—29 
V.  Guionneau,  Oberst  und  Geheimer  Finanz- 
rat; 1829—32  Rosenstiel,  Geheimer  Ober- 
finanzrat; 1832—38  Poselger,  Direktor  der 
Kriegsschule;  1838—48  O'Etzel,  General- 
major; 1848—73  Messerschmidt,  Geheimer 


Kriegsrat;  1873—76  v.  Etzel  (Sohn  von 
O'Etzel;  1876—81  Zschiesche,  Direktor  des 
Grossen  Friedrichs -Waisenhauses;  1881 
bis  1886  Schaper,  Schuldirektor;  1887 
bis  1891  Frederichs,  Professor;  1892  bis 
jetzt  Gerhardt,  Geheimer  Regierungsrat  (s. 
diese  alle).  —  C.  System.  Die  Grosse 
National -Mutterloge  Zu  den  drei  Welt- 
kugeln hatte  sich  zwar  1765  der  strikten 
Observanz  angeschlossen,  aber,  nach- 
dem sie  den  Schottengrad  schon  1742 
angenommen  hatte,  1783  wieder  von  jenem 
getrennt  und  unter  dem  Namen  rektifi- 
ziertes System  ein  eignes  System  aufge- 
stellt, nach  dem  die  Johannisgrade  neu 
bearbeitet  und  mit  besondem  Instruktionen 
versehen  wurden,  auch  der  Schottengrad 
eine  andre  Richtung  und  Gestalt  erhielt. 
Das  System  hat  zwar  noch  sieben  Grade 
(der  sechste  und  der  siebente  Grad  sind 
erst  nach  Zöllners  Tode  hinzugekommen), 
die  sämtlichen  höhern  Grade  gelten  aber 
nur  als  sog.  Initiationen  (Erkenntnisstufen) 
und  geschichtliche  Aufschlüsse.  Der  letzte 
(siebente)  Grad  wird  nur  in  der  allgemeinen 
altschottischen  Loge  erteilt.  Die  Gross- 
loge bemerkt  selbst,  dass  diese  Stufen  in 
dem  damals  gewöhnlichen  Sinne  des  Wortes 
keine  Hochgrade  genannt  werden  dürfen 
und  denen,  die  sie  besitzen,  keine  Ober- 
gewalt über  die  Logen  erteilen,  sich  viel- 
mehr allein  auf  die  Lehre  und  keineswegs 
auf  die  Verwaltung  und  Gesetzgebung  be- 
ziehen. Auch  wurde  ausdrücklich  erklärt, 
dass  die  ganze  freimaurerische  Lehre  in 
den  drei  Johannisgraden  enthalten  sei. 
Man  vergleiche  aber  dagegen  die  »Orga- 
nisation«.—  D.  Organisation.  Die  Grosse 
National-Mutterloge  arbeitet  nach  den  für 
Johannislehrlingslogen  vorgeschriebenen 
Formen.  Sie  besteht  aus  einer  von  der 
Grossloge  je  nach  Bedür&is  bestimmten 
Zahl  aktiver  Mitglieder,  die  in  Berlin  oder 
dessen  nächstem  Umkreis  wohnhaft  und 
aktive  Mitglieder  einer  ihrer  in  Berlin  ar- 
beitenden Tochterlogen  sind.  Die  Zahl 
darf  nicht  über  63  und  nicht  unter  25  be- 
tragen. Die  Mitgliedschaft  ist  dauernd. 
Daneben  besteht  das  Bundesdirektorium, 
das  sich  aus  sieben  Mitgliedern  zusammen- 
setzt, die  von  der  Grossloge  aus  ihren,  auf 
der  höchsten  Stufe  des  Bundes  stehenden 
Mitgliedern  gewählt  werden.  Aus  ihrer 
Mitte  wird  der  Nationalgrossmeister  und 
der  zugeordnete  Grossmeister  gewählt.  Das 
Bundesdirektorium  ist  in  den  äussern 
maurerischen  Angelegenheiten  das  voll- 
ziehende, vertretende  und  bestätigende 
Organ  der  Grossloge.  Es  ist  die  obere 
Behörde  der  Altschottischen  Loge  und 
führt  als  solches  den  Namen  Altschotti- 
sches Direktorium.  Ihm  kommt  die  Stellung 
als  Bewahrer,  Mehrer  und  Spender  der 
Bundeskenntnisse  zu.  Als  Instanz  in  den 
innem  maurerischen  Angelegenheiten  heisst 
es  Höchster  innerer  Orient.  Die  Gesetz- 
gebung wird  von  der  Grossloge  im  Verein 


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Berlin. 


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mit  den  Abgeordneten  der  Tochterlogen 
und  mit  dem  Bundesdirektorium  ausgeübt. 
Erstere  bildet  die  sog.  Gesetzgebende  Ver- 
sammlung, deren  Beschlüsse  der  Geneh- 
migung des  Bundesdirektoriums  bedürfen. 
—  Über  die  drei  Johannisgrade  bestehen 
die  aUgemeine  altschottische  Loge  und 
drei  weitere  Stufen,  deren  Mitglieder  aus- 
erwählte Brüder,  Geweihte  des  innem 
Tempels,  Vertraute  der  Vollendung  heissen. 
Unter  dem  Höchsten  innern  Orient  stehen 
14  Sprengel  mit  ebensoviel  Innern  Orienten 
in  Magdeburg,  Königsberg  i.  Pr.,  Stettin, 
Danzig,  Breslau,  Erfurt,  Münster,  Koblenz, 
Posen,  Bromberg,  K5lna.ßh.,  Halle,  Frank- 
furt a.  O.  und  Brieg.  Der  erste  Sprengel 
(Berlin)  ist  der  Immediat- Sprengel  des 
Höchsten  innem  Orients.  In  diese  Sprengel 
sind  die  Johannislogen  und  die  Scnotten- 
logen  geteüt.  Letztere  bestehen  in  den 
Provinzen  als  Delegationen  der  allge- 
meinen altschottischen  Loge.  —  E.  Sta- 
tistik. Zur  Grossen  National-Mutterloge 
gehören  132  Johannislogen  und  69  Dele- 

gationen  der  Altschottischen  Lo^e  in  Berlin, 
ie,  bei  jedem  Ort  mit  *  bezeichnet,  der 
Zahl  nach  je  in  Klammer  beigefügt  sind. 
Davon  bestehen  in  1)  Preussen  116,  und 
zwar  in  a)  Ostpreussen  6  (3):  Braunsberg, 
♦Insterburg,  *  Königsberg,  *Memel,  Oste- 
rode, Kastenburg;  b)  Westpreussen  5  (5): 
♦Danzig,  *Elbing,  *Konitz,  *  Marienburg, 
♦Marienwerder;  c)  Brandenburg  26  (11): 
Amswalde,  Berlin  5,  *  Brandenburg, 
♦Charlottenburg,  Dahme,  Eberswalde, 
♦Frankfurt  a.  O.,  Krossen,  ♦Küstrin,  ♦Gross- 
lichterfelde, Guben,  ♦Landsberg,  Lübben, 
Luckenau,  ♦Neuruppin,  Perleberg,  ♦Pots- 
dam, ♦Prenzlau,  Soläin,  ♦Sorau,  ♦Steglitz, 
Zielenzig;  d)  Pommern  10  (6):  ♦Anklam, 
Gollnow,  Greifenhagen,  ♦Kolberg,  ♦Köslin, 
Pasewalk,  ♦Stargard,  ♦Stettin,  ♦Stolp, 
Ückermünde;  e)  Posen  8  (4):  ♦Bromberg, 
♦Gnesen,  Inowrazlaw,  Krotoschin,  Mese- 
ritz,  Ostrowo,  ♦Posen,  ♦Schneidemühl; 
f )  Schlesien  12  (9):  ♦Breslau,  ♦Brieg^  ♦Glatz, 
♦Grossglogau,  ♦Hirschberg,  ♦Liegnitz, 
♦Neisse,  Ohlau,  Öls,  ♦Oppeln,  ♦Ratibor, 
Sagan;  g)  Sachsen  17  (8):  ♦Burg,  De- 
litzsch, ♦Erfurt,  ♦Halberstadt,  ♦Halle, 
Heiligenstadt,  Kalbe,  Langensalza,  ♦Magde- 
burg, Merseburg,  *  Mühmausen,  ♦Naum- 
burg, Salzwedel,  Stendal,  ♦Torgau,  Weissen- 
fels,  Wolmirstedt;  h)  Hannover  3  (1):  ♦Gos- 
lar, Osnabrück,  Ülzen;  i)  Westfalen  10  (7): 
♦Bielefeld,  ♦Bochum,  *  Dortmund,  ♦Hamm, 
♦Iserlohn,  ♦Minden,  ♦Münster,  Siegen, 
Soest,  Witten;  k)  Hessen-Nassau  5:  Esch- 
wege, Kassel,  Limburg,  Marburg,  Wies- 
baden; 1)  Rheinprovinz  14  (7):  ♦Aachen, 
Barmen,  Duisburg,  ♦Düsseldorf,  ♦Elber- 
feld,  Essen,  ♦Jüüch,  ♦Koblenz,  ♦Köln, 
Kreuznach,  Mülheim,  München-Gladbach- 
Rheydt,  ♦Wesel,  Wetzlar;  2)  Sachsen  1  (1): 
♦Bautzen;  3)  Baden  1:  Freiburg;  4)  Meck- 
lenburg-Schw^erin  1  (1):  ♦Güstrow;  5)Meck- 
lenburg-Strelitz  1:  Friedland;  6)  Sachsen- 


Weimar  1:  Jena;  7)  Braunschweig  1  (1):  « 
♦  Helmstädt ;  8)  Sachsen  -  Koburg  -  Gotha 
1  (1):  ♦Gotha;  9)  Anhalt  3  (8):  ♦Bern- 
burg, ♦Dessau,  ♦Zerbst;  10)  Schwarz- 
burg-Sondershausen 1:  Arnstadt;  11)  Wal- 
deck 1:  Arolsen;  12)  Lippe  1:  Detmold; 
13)  Hamburg  1:  Hamburg;  14)  im  Aus- 
lande 2:  Säo  Paulo,  Schanghai.  Zahl 
der  Mitglieder  14086.  —  F.  Milde  Stif- 
tungen. 1)  Das  Grossalmosenamt  (Ge- 
schäftsordnung vom  29.  Jan.  1874)  zur 
Unterstützung  vorzugsweise  in  Berlin 
wohnender  hilfsbedürftiger  Mitglieder  des 
Mutterbunds  und  deren  Witwen  und  Waisen. 
Dazu  gehören:  a.  der Fickersche  Legaten- 
fonds; b.  der  Caspari-Legatenfonds;  c.  die 
Bendastiftung  (Statut  vom  7.  Dez.  1865). 
2)  Das  Waisenamt  (Geschäftsordnung  vom 
26.  Febr.  1874).  3)  Sterbekasse  der  in  Berlin 
arbeitenden  fünf  Johannistochterlogen 
(Statut  vom  15.  Nov.  1888).  4)  Stipendien: 
a.  Freitischstipendien;  b. — d.  das  Gross- 
meister ZöUnersche  —  Graf  v.  Malachows- 
kysche  —  Klaprothische  Stipendium  zu  je 
150  Mk.  jährlich  (Stift ungsurkunde  vom 
13.  März  1819);  e.  das  Elsassersche  Stipen- 
dium zu  150  Mk.  jährlich;  f.  das  Gross- 
meister V.  Guionneausche  Stipendium  zu 
150  Mk.  jährlich  (Stiftungsurkunde  vom 
7.  Nov.  1824);  g. — n.  das  Stipendium  zum 
Andenken  König  Friedrichs  11.,  sieben  Sti- 
pendienraten zu  je  100  Mk.  (Stiftungs- 
urkunde vom  12.  März  1840);  o. — s.  der 
Grossmeister  v.  Messerschmidtsche  Stipen- 
dien- und  Pensionsfonds  (Stiftungsurkunde 
vom  6.  Sept.  1866  und  Nachtrag  vom  25. 
Sept.  1873);  t.  der  Obermeister  Boumann- 
sche  Stipendienfonds  (Stiftungsurkunde  vom 
6.  Dez.  1867).  Insgesamt  hatten  1898  die 
Tochterlogen  der  Grossen  National-Mutter- 
loge 354  milde  Stiftungen.  —  G.  Littera- 
tur.  1)  V.  Etzel,  Friedr.  Aug.,  Geschichte 
der  Grossen  Nation  al-Mutterloge  zu  den 
drei  Weltkugeln  nebst  der  Beschreibung 
ihrer  ersten  Säcularfeier  am  17.  Sept.  1840 
(Brl.  1840).  Geschichte  der  Grossen 
National-Mutterloge  zu  den  drei  Welt- 
kugeln nebst  Bericht  über  die  Gründung 
und  Wirksamkeit  der  Wohlthätigkeits- 
anstalten  (Brl.  1890).    Die  drei  Johannis- 

§rade  der  Grossen  National-Mutterloge  zu 
en  drei  Weltkugeln  (Lpz.  1825).  L.  X, 
S.  42;  1886,  S.  126.  Das  Mutterhaus  der 
Grossen  National-Mutterloge  zu  den  drei 
Weltkugeln  im  O.  Berlin  (1888).  Verzeich- 
nis der  Bücher  der  Bibliothek  von  1885. 
2)  Grosse  Landesloge  der  Frei- 
maurer von  Deutschland.  A.  Ge- 
schichte. Ihr  Stifter  ist  Johann  Wilhelm 
Ellenberger,  genannt  v.  Zinnendorf  (s.  d.). 
Schon  1754  war  dieser  in  der  Loge  Phila- 
delphia in  Halle  zum  Freimauer  aufgenom- 
men worden,  erhielt  1 758  inBreslau  die  schot- 
tischen und  1763  in  Halle  die  ftanzösichen 
und  Bosaschen  Kapitelgrade.  [BZC.  I, 
S.  52.1  Zinnendorf  fand  gleichgesinnte 
Freunde.    Bereits  1763  wandte  er  sich  im 

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Berlin. 


Verein  mit  Baumann  und  Schopp  nach 
London  an  Lord  Gramby  um  weitere 
AufschlCisse,  aber  vergeblich;  sodann  be- 
mOhte  er  sich  mit  Baumann,  Starckgraf, 
Serre  und  von  Assum  zusammen  durch 
Vermittlung  von  Schopp  (1763  und  1764) 
in  Stockholm,  um  durch  Dr.  med. 
Karl  Friedrich  von  EcklefT,  schottischen 
Obermeister,  weitere  Kundschaft  zu  er- 
langen. Da  kam  1764  die  strikte  Obser- 
vanz dazwischen,  der  sich  Zinnendorf 
anschloss  (obgleich  er  mit  EcklefT  weiter 
verhandelte),  bis  er  ihre  Nichtigkeit  er- 
kannte. Da  von  Hund  von  der  schwe- 
dischen Lehre  nichts  wissen  wollte,  auch 
Zinnendorfs  bisherige  Qenossen  Starck- 
graf,  Serre  und  von  Assum  bei  der  strik- 
ten Observanz  blieben,  nahm  er  die  Ver- 
handlungen mit  Schweden  allein  unter 
Baumanns  Mithilfe  in  die  Hand.  Ejrftftig 
unterstützt  durch  von  Olthof  und  Schopp 
in  Stralsund,  sowie  durch  den  schwe- 
dischen Staatsrat  Gadebusch  und  den 
Physikus  Kölpin  kam  Zinnendorf  in  ein 
näheres  Verhältnis  zu  den  schwedischen 
Freimaurern.  Zinnendorf  sandte  nun  1765 
Baumann  nach  Stockholm.  Nachdem 
dieser  ihm  die  erhaltenen  Akten  15.  Sept. 
1766  überbracht  hatte,  und  zwar  nicht 
nur  die  vollständigen,  damals  in  Ge- 
brauch gewesenen  schwedischen  Bituale 
und  Akten,  sondern  auch  einen  Freibrief 
[BZC.  Vn,  S.  133  fg.],  sah  sich  Zinnen- 
dorf im  Vertrauen  auf  Ecklefifs  ordens- 
meisterliche Stellung  in  Schweden  als 
dessen  rechtmässigen  Bevollmächtigten 
an.  [Vgl.  BZC.  I,  S.  52  fg.]  Entstan- 
dene GelddifTerenzen  veranlassten  ihn, 
sein  bisheriges  Amt  als  Grossmeister  der 
Grossen  National -Mutterloge  Zu  den 
drei  Weltkugeln  1766  niederzulegen;  am 
20.  Jan.  1767  trat  er  auch  von  der  Mit- 
gliedschaft zurück,  worauf  er  dann  für 
ausgeschlossen  erklärt  wurde.  (Wegen 
der  von  der  strikten  Observanz  gegen  ihn 
verübten  Feindseligkeiten  und  Verleum- 
dungen, sowie  ihre  Wiederlegungen 
durch  verschiedene  amtliche  Untersuchun- 
gen 8.  BZC.  n,  S.  186  fg.)  Zinnen- 
dorf  stiftete  nunmehr  13.  Mai  1768  die 
Johannisloge  Minerva  in  Potsdam  nach  der 
schwedischen  Lehrart  und  setzte  22.  Nov. 
1769  die  Schottische  Loge  Indissolubilis  in 
Berlin  ein;  ferner  wurden  nach  und  nach 
die  Logen  gestiftet:  Zu  den  drei  Schlüs- 
seln in  Berlin  (10.  Au^t  1769),  Zu  den 
drei  goldnen  Ankern  m  Stettin  (3.  März 
1770),  Herkules  in  Potsdam  (5.  Juli  1770), 
Zu  den  drei  Bösen  in  Hamburg  (24.  Jan. 
1770),  Zur  goldnen  Kugel  in  Hamburg 
(29.  August  1770,  bis  zum  2.  Okt.  1770 
Olympia  genannt)  und  Zur  goldnen  Krone 
in  Stargard  (3.  Nov.  1770).  Mit  diesen 
sieben  Logen  wurde  am  27.  Dez.  1770  die 
Grosse  Landesloge  der  Freimaurer  von 
Deutschland  in  Berlin  gegründet,  ihr 
Stiftungstag  aber  auf  den  24.  Juni  1770 


festgesetzt.  Der  (1.)  Landesgrossmeister 
war  Martin  Krönke  1770  bis  1772. 
Zinnendorf,  rastlos  für  Ausbreitung  und 
Festigung  seiner  Schöpfung  bemüht,  er- 
langte 16.  Juli  1774  ein  könirf.  Protek- 
torium  [BZC.  VH,  S.  57],  nachdem  er  am 
30.  Nov.  1773  einen  Stiftungsbrief  von  der 
Grossloge  von  England  erhalten  hatte 
[BZC.  vn,  S.  54],  und  nun  gewann  die 
neue  Grossloge  sowohl  in  Preussen,  als 
auch  im  übrigen  Norden  rasch  an  Aus- 
dehnung. 1773  wurde  Ludwig  Georg 
Karl,  Landgraf  von  Hessen-Darmstadt(s.d.), 
(2.)  Landesgrossmeister,  ihm  folgte  1774 
der  (3.)  Landesgrossmeister  von  Zinnen- 
dorf, 1775  als  4.  Herzog  Ernst  H.  zu 
Gotha  (s.  d.),  1776  als  5.  Graf  von  der 
Goltz,  1777  bis  1780  Dr.  med.  Jakob 
M  u  m  m  s  e  n  (s.  d.)  als  6.  Landesgrossmeister. 
Von  fernher  wandte  man  sich  nach  Berlin, 
um  Stiftungsbriefe  von  der  Gr.  L.-L.  v. 
D.  zu  erhalten.  In  Petersburg,  Biga, 
Strassburg,  ja  selbst  in  Triest  vereinigten 
sich  Freimaurer  zu  diesem  Zweck;  solche 
Anträge  wurden  jedoch  zurückgewiesen, 
um  Misshelligkeiten  mit  der  Grossloge 
von  England  vorzubeugen;  doch  gewann 
die  Gr.  L.-L.  v.  D.  von  Jahr  zu  Jahr  an 
Ausdehnung,  so  dass  bis  1778  schon  34 
Logen  ihr  angehörten  und  Provinziallogen 
in  Österreich,  Schlesien,  Pommern  und 
Niedersachsen  von  ihr  eingesetzt  waren. 
Auch  die  Provinzialloge  von  Russland 
arbeitete  nach  den  Akten  der  Gr.  L.-L. 
V.  D.  und  verpflichtete  sich  zu  deren  un- 
verbrüchlichen, unveränderten  Beibehal- 
tung durch  einen  B>evers  vom  3.  Sept. 
1776,  ohne  jedoch  dem  Verbände  der 
Gr.  L  -L.  V.  D.  beizutreten  [vgl.  Kalender 
för  die  Provinzialloge  von  Mecklenburg, 
1822].  Nach  von  Hunds  Tode  (8.  Nov. 
1776)  brachen  Zwistigkeiten  mit  den 
schwedischen  Brüdern  aus.  Der  nun- 
mehrige schwedische  Ordensmeister  Herzog 
Karl  von  Südermannland,  in  dem  Wahne, 
mit  Hilfe  des  Ordens  an  politischem 
Einfluss  gewinnen  zu  können,  war  be- 
müht, Nachfolger  von  Hunds  an  der 
Spitze  des  damals  noch  grössten  Logen- 
verbands der  strikten  Observanz  zu  wer- 
den, trat  mit  ihr  in  Verbindung  und  be- 
gehrte die  Heermeisterwürde  für  sich. 
Durch  seinen  Übertritt  zur  strikten  Ob- 
servanz setzte  er  sich  mit  der  schwedischen 
Lehre  in  Widerspruch,  und  Zinnendorf 
fasste  dieses  Vernalten  des  Herzogs  zur 
strikten  Observanz  als  Rücktritt  von  der 
schwedischen  Lehrart  auf.  Da  versuchte 
der  Herzog  ein  sehr  bequemes  Mittel,  die 
Gr.  L.-L.  V.  D.  zu  beseitigen:  er  erklärte 
deren  Akten  als  unecht,  widerrief,  bezw. 
Hess  durch  das  grosse  Kapitel  von 
Schweden  die  von  Eckleff  als  Vicarius 
Salomonis  an  Zinnendorf  erteilte  Urkunde 
widerrufen  und  für  nichtig  erklären,  ohne  zu 
bedenken,  dass  dazu  sowohl  der  Grossloge 
von  Schweden,  wie  selbst  dem  derzeitigen 
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Berlin. 


93 


Ordensmeister  jede  Autorität  fehlte ;  denn 
er  hatte  sein  Becht  auch  erst  von  Eckleff, 
und  zwar  später  als  Zinnendorf,  er- 
worben. Als  Antwort  darauf  brach  die 
Gr.  L.-L.  V.  D.  2.  Sept.  1777  die  Ver- 
bindung mit  Schweden  ab.  Durch  Ein- 
wirkung einzelner  unzufriedener  Brüder 
waren  auch  in  Österreich  Misshelligkeiten 
entstanden,  die  aber  durch  v.  Sudt- 
hausen  schnell  aufgeklärt  und  beseitigt 
wurden.  Ebenso  war  die  Provinzialloge 
von  Schlesien,  an  deren  Spitze  der  Fürst 
von  Hohenlohe  stand,  gegen  die  Gr.  L.-L. 
V.  D.  aufgetreten,  doch  reichte  man  sich 
sehr  bald  wieder  die  Hand  zur  Ver- 
söhnung. Lizwischen  war  durch  Zinnen- 
dorf am  20.  Dez.  1776  das  Grosse 
Ordenskapitel  in  Berlin  eingesetzt  worden, 
nachdem  er  durch  Baumann  auch  die 
letzten,  ihm  noch  fehlenden  Auskünfte 
von  Schweden  erhalten  hatte.  Obgleich 
rastlos  thätig  fCb:  sein  Werk  und  dessen 
Festigung,  f&hlte  sich  Zinnendorf  per- 
sönlich gekränkt,  da  man  ihn  ehrver- 
letzend angegriffen  hatte;  anfangs  1779 
verliess  er  den  Staatsdienst.  Seine  Müsse 
benutzte  er  sofort  zu  einer  Beise  nach 
Schweden  und  wurde  dann  wieder  7. 
Landesgrossmeister  vom  24.  Juni  1780 
bis  zu  seinem  Tode  6.  Jan.  1782.  Sein 
Nachfolger  als  8.  Landes^ossmeister  war 
von  Oastill on  (s.  d.),  bis  1789,  dann  9. 
1789—1799  von  Beulwitz  (s.  d.),  worauf 
von  Oastillon  (als  10.  Landesgrossmeister) 
wieder  folgte.  Inzwischen  hatte  die  Gr. 
L.-L.  das  bisher  in  Miete  gehabte,  24. 
Juni  1791  eingeweihte  neue  Gebäude 
Oranienbur^erstrasse  71/72,  käuflich  er- 
worben. Die  schon  in  den  ersten  Jahren 
des  19.  Jahrhunderts  bestandnen  freund- 
schaftlichen Verhältnisse  der  Gr.  L.-L. 
mit  den  beiden  andern  Berliner  Gross- 
logen veranlassten  im  Dez.  1807  einen  engem 
Zusammenschluss  der  drei  Grossmeister 
und  einiger  Grossbeamten.  Eine  Folge 
dieser  Zusammenkünfte  war  der  6.  Jan. 
1810  gestiftete  Grossmeisterverein  (s.  d.). 
V.  Oastillon  starb  27.  Jan.  1814.  Sein 
Nachfolger  als  11.  Landesgrossmeister 
war  von  Neander  (s.  d.),  der  die  im 
Laufe  der  Zeit  locker  gewordenen  Be- 
ziehungen mit  der  höchsten  Ordensab- 
teilun^  in  Schweden  wieder  fester  knüpfte. 
Um  die  noch  fehlenden  Aktenstücke  der 
höchsten  Ordensabteilung  zu  erlangen, 
wurde  auf  Anregung  des  Barons  Ohristian 
Karl  Friedrich  Wilhelm  v.  Nettel- 
bladt  (s.  d.)  in  Parchim  1819  eine  Ab- 
ordnung nach  Stockholm  gesandt.  Ein 
6.  April  1819  abgeschlossener,  31.  Mai 
vollzogener  Vertrag  bekundet,  ,dasseine 
Lehre,  eine  Abstammung,  ein  Geheim- 
nis, eine  Form  und  ein  Wesen  von  je- 
her die  Gr.  L.-L.  und  die  nordischen 
Brüder  aufe  Engste  verbinde."  [Kalender 
für  die  Provinzialloge  von  Mecklenbg., 
Jahrg.    1822.]      Von   1818   bis   1887   war 


V.  Schmidt  (s.  d.)  12.  Landesgrossmeister. 
Zur  Feier  des  50jährigen  Jubiläums  24. 
Juni  1820  wurde  eine  Denkmünze  mit 
dem  Bildnisse  Zinnendorfs  und  1826 
eine  solche  zur  50jährigen  Jubelfeier  des 
Grossen  regierendenOrdenskapitels  geprägt. 

?3MW.  Nr.  11  und  18.]  In  den  dreissiger 
ahren  wurde  dem  genannten  Baron  von 
Nettelbladt  eine  Revision  der  Akten  über- 
tragen, die  sich  jedoch  nur  auf  redaktionelle 
Änderungen,  Ausscheidung  veralteter  Aus- 
drücke und  Kedewendungen  und  dergleichen 
unwesentliche  Dinge  beschränkte  und  An- 
fang der  vierziger  Jahre  beendet  war, 
worauf  diese  so  durchgesehenen  Akten  all- 
gemein eineef^rt  wurden.     Am  22.  Mai 

1840  wurde  der  damalige  Prinz  vonPreussen 
(nachmalige  Kaiser  Wilhelm  I.  —  s.  d.) 
mit  ausdrücklicher  Genehmigung  seines 
Vaters,  Königs  Friedrich  Wilhelm  HL, 
aufgenommen.  Die  Aufnahme  erfolgte  für 
die  drei  altpreussischen  Grosslogen  durch 
den  Grossmeister  Grafen,  Henckel  v. 
Donnersmarck    (s.    d.).        Am    26.    Dez. 

1841  trat  der  Prinz  von  Preussen  als 
Ordensarchitekt  bei  der  Gr.  L.-L.  ein  und 
bewirkte,  dass  die  höchsten  Spitzen  der 
drei  altpreussischen  Grosslogen  gegenseitig 
durch  alle  Grade  der  Systeme  geführt  wur- 
den, und  zwar  zum  ersten  Male  2.  Febr. 
1846  in  der  Grossen  National-Mutterloge 
Zu  den  drei  Weltkugeln.  Am  5.  Nov. 
1858  erfolgte  die  Aufnahme  des  Prinzen 
Friedrich  Wilhelm  von  Preussen  (nach- 
maligen Kaiser  Friedrich  UI.  —  s.  d.),  und 
zwar  wurde  sie  im  Palais  dessen  Vaters 
von  diesem  selbst  vollzogen.  Bei  meh- 
reren Mitgliedern  der  Gr.  L.-L.  hatte  sich 
die  Vermutung  entwickelt,  dass  Lücken 
in  den  Akten  der  Gr.  L.-L.  vorhanden  sein 
möchten  und  es  daher  wünschenswert  sei, 
eine  Ver^leichung  der  diesseitigen  Akten 
mit  den  in  Schweden  gebräuchlichen  vor- 
zunehmen. Zu  dem  Zwecke  wurde  1869 
eine  besondere  Abordnung  nach  Stockholm 
entsandt.  Die  Abgesandten  gewannen  die 
Überzeugung,  dass  sich  ihre  Akten  und 
Dokumente,  Rituale  u.  s.  w.  in  Überein- 
stimmung mit  den  in  Schweden  gebräuch- 
lichen befänden;  ausserdem  aber  erhielten 
sie  Mitteilung  von  verschiednen  altem 
Zeichnungen  und  einzelnen  Listruktionen 
der  höchsten  Ordensabteilung,  sowie  von 
solchen  Dokumenten  und  historischen 
Nachrichten,  die  hundertjährige  Zweifel 
der  Lösung  näher  führten;  dadurch  hat  die 
Gr.  L.-L.  V.  D.  die  Überzeugung  gewonnen, 
mit  den  schwedischen  Brüdern  genau  nach 
denselben  Lehren  und  Ritualen  zu  arbeiten. 
Besondere  Bedeutung  erhielt  das  hun- 
dertjährige Jubiläum  durch  eine  Rede 
des  Ordensmeisters  Friedrich  Wilhelm. 
Kronprinzen  des  Deutschen  Reiches  una 
von  Preussen,  worin  dieser  zu  vorurteils- 
freien und  eingehendsten  geschichtlichen 
Forschungen  dringend  aufforderte.  Diese 
Rede  war  die  Veranlassung  zum  Ruf  iiach  _ 

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94 


Berlin. 


Reformen,  namentlich  vom  Ordensober- 
architekt Archidiakonus  Schiflinann.  Selbst 
Widmann  wagte  es  1872,  mancherlei  in 
den  Überlieferungen  des  schwedischen 
Systems  für  zweifelhaft  zu  erklären.  Allein 
die  Reform  wollte  zunächst  nicht  vorwärts 
kommen.  In  Hannover  wurden  20  Mit- 
glieder suspendiert,  und  Schifimann,  der 
im  Auftrag  des  Kronprinzen  weitere  Unter- 
suchungen anstellte,  oereitete  man  Schwie- 
rigkeiten und  verweigerte  ihm  die  Be- 
nutzung des  Grosslogenarchivs.  Inmittels 
war  auch  eine  Streitschrift  von  Findel 
gegen  die  Grosse  Landesloge  erschienen: 
»Die  Schule  der  Hierarchie  und  der  Ab- 
solutismus in  Preussen«  (Lpz.  1870).  Am 
7.  März  1874  legte  der  Kronprinz  den 
ordensmeisterlichen  Hammer  nieder.  An 
die  Stelle  des  Kronprinzen  trat  v.  Dach- 
röden  (s.  d.)  als  Ordensmeister.  Wegen 
des  Wahlmodus  entspannen  sich  zwischen 
Schiffmann  und  Widmann  Streitigkeiten, 
die  zu  öffentlichen  Auseinandersetzungen 
und  zur  Suspendierung  Schiffmanns  als 
wortfuhrender  Meister  des  Stettin  er  Ka- 
pitels, zuletzt  zu  seinem  Ausschluss 
führten.  Auch  die  Logen  in  Stettin  und 
Stralsund  schieden  aus  dem  Verband  der 
Grossen  Landeslo^e.  Am  13.  Febr.  1889 
wurde  Prinz  Friedrich  Leopold  von 
Preussen  (s.  d.)  in  der  Loge  Friedrich  zur 
Morgenröte  in  Berlin  mit  Genehmigung  des 
Deutschen  Kaisers   zum   Freimaurer  auf- 

fenommen  und  übernahm  am  2.  Jan.  1894 
as  Protektorat  der  drei  altpreussischen 
Grosslogen  und  am  12.  Dez.  1895  das  Amt 
des  Ordensmeisters.  Im  Laufe  des  J. 
1898  verkaufte  die  Gr.  L.-L.  ihr  seit  dem 
24.  Juni  1791  benutztes  Ordenshaus  und 
schreitet  nun  zum  Bau  eines  neuen  in  der 
Eisenacher  Strasse  (Schöneberg),  wozu  am 
11.  Nov.  1898  der  Grundstein  gelegt  worden 
ist.  —  B.  Organisation.  Die  ganze 
Ordenslehre  ist  in  drei  Hauptabteilungen 

fefasst:  1)  die  Johannisloge,  mit  den  cb*ei 
ohannisgraden  (s.d.);  2)  die  Andreasloge, 
als  4.  Grad,  die  Stufen  der  Andreaslehr- 
linge und  der  Andreasgesellen  zusammen- 
fassend, und  als  5.  Grad,  den  Andreas- 
meister darstellend;  8)  das  Kapitel,  um- 
fassend im  6.  bis  9.  Grad  die  Stufen  der 
Ritter  vom  Osten,  der  Ritter  vom  Westen, 
der  Vertrauten  Brüder  und  der  Auser- 
wählten Brüder.  Hieran  schliesst  sich  noch 
ein  Ehren-  oder  sog.  10.  Grad,  der  der 
Brüder  mit  dem  roten  Kreuz,  früher  auch 
Ritterkommandeure  genannt.  Das  Ober- 
haupt der  Grossen  Landesloge  ist  der 
Ordens  t  Meister.  An  der  Spitze  steht 
jder  Landesgrossmeister,  der  ein  Gross- 
beamtenkollegium zur  Seite  hat.  Die  Grosse 
Landesloge  im  engem  Sinne  ist  die  oberste 
Behörde  für  die  Andreas-  und  Johannis- 
grade,  die  erste  Abteilung  gilt  den  An- 
3reas-,  die  zweite  den  Johannislogen. 
Die  Grosse  Landesloge  versammelt  sich 
vierteljährlich       (Quartal  Versammlungen). 


Die  Provinziallogen  sind  maurerische  Be- 
hörden, die  in  einigen  Sprengein  die 
Zwischenbehörde  zwischen  den  dort  be- 
findlichen Andreas-  und  Johannislogen 
und  der  Grossen  Landesloge  bilden;  an 
ihrer  Spitze  steht  der  Provinzialgross- 
meister.  Die  höchste  Ordensabteilung 
ist  die  oberste  Ordensbehörde  für  die  Ka- 
pitel, sowie  für  alle  Ritualangelegenheiten. 
Sie  besteht  aus  dem  Ordensrat  für  die 
Verwaltungsangelegenheiten  und  der  Ge- 
setzgebenden Versammlung  für  Ände- 
rung in  Lehre  und  Ritual.  An  der  Spitze 
des  Ordensrats  steht  der  OrdensfMeister, 
ihm  zur  Seite  der  Ordensoberarchitekt 
und  der  Ordensunterarchitekt.  Der  Or- 
densrat bildet  die  geschäftsführende  Be- 
hörde der  höchsten  Ordensabteilung.  Die 
Kapitel  haben  die  Aufgabe,  die  den  vier 
höchsten  Ordensstufen  vorbehaltene  Lehre 
an  die  Brüder  der  Logen  ihres  Bezirks 
zu  übermitteln.  Es  giebt  vier  Arten  von 
Kapiteln:  1)  gesetzmässige  für  den  6.  und 

7.  Grad;  2)  verbesserte  für  den  6.,  7.  und 

8.  Grad;  3)  voUkommne  für  den  6.-9. 
Grad;  4)  das  Grosse  regierende  Ordens- 
kapitel in  Berlin  für  den  6. — 9.  Grad.  An 
der  Spitze  eines  jeden  Kapitels  (1 — 3) 
steht  aer  wortführende  Meister,  aucn  Ka- 
pitelmeister genannt,  an  der  Spitze  des 
Grossen  regierenden  Ordenskapitels  der 
OrdensfMeister  und  der  Ordensrat.  Or- 
densfMeister  waren  vom:  1)  20.  Dez. 
1776  V.  Zinnendorf  (s.  d.);  2)  27.  Dez.  1782 
V.  Geusau  (s.  d.),  1808—1809  blieb  das  Amt 
zur  Erinnerung  an  v.  Geusau  unbesetzt; 
3)  27.  Dez.  1809  v.  Castillon  (s.  d.);  4)  27. 
Dez.  1814  Gramer,  f  31.  Aug.  1815;  5)  20. 
Sept.  1815  Müller,  f  23.  Dez.  1815;  6)  27. 
Dez.  1815  V.  Neander  (s.  d.);  7)  27.  Dez. 
1817  Becherer  (s.  d.),  legte  das  Amt  nieder 
am  27.  Dez.  1821 ;  8)  27.  Dez.  1821  Joh. 
Mich.  Palmiä  (s.  d.);  9)  12.  Juli  1841  Graf 
Henckel  v.  Donnersmarck  (s.  d.);  10)  22. 
Okt.  1849  v.Selasinsky  (s.  d.);  11)  18.  Juni 
1860  Friedrich  Wilhelm,  Kronprinz  des 
Deutschen  Reiches  und  von  Preussen  (s.  d), 
legte  das  Amt  nieder  am  7.  März  1874; 
12)  7.  März  1874  v.  Dachröden,  legte  das 
Amt  nieder  am  29.  März  1877  (s.  d.);  13) 
15.  Juni  1877  v.  Ziegler  (s.  d.);  14)  10.  Sept. 
1882  Alexis  Schmidt  (s.  d.),  legte  das  Amt 
nieder  am  15.  Dez.  1895;  15)  15.  Dez.  1895 
Prinz  Friedrich  Leopold  von  Preussen.  Die 
Landesgrossmeister  sind  oben  unter  A 
aufgeführt  bis  zum  12.  v.  Schmidt.  Ihm 
folgten:  13)  24.  Juni  1837  Joh.  Mich. 
Palmiä;  14)  24.  Juni  1838  Graf  Henckel  v. 
Donnersmarck;  15)  24.  Juni  1841  v.  Sela- 
sinsky;  16)  24.  Juni  1842  Graf  Henckel 
V.  Donnersmarck;  17)  24.  Juni  1843  Busch; 
18)  24.  Juni  1858  Klemm;  19)  24.  Juni 
1864  V.  Dachröden;  20)  24.  Juni  1872  v. 
Ziegler  (s.  d.);  21)  24.  Juni  1883  Neuland 
(s.  d.);  22)  24.  Juni  1891  Zöllner  (s.  d.).  — 
C.  Statistik.  Ausser  dem  Grossen  re- 
gierenden   Ordenskapitel    in   Berlin,    ge- 

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Berlin. 


95 


nanntlndissolubilis,  bestehen  noch  folgende 
Kapitel:  die  yollkommenen  Provinzial- 
kapitel  von  Preussen  in  Königsberg  i.  Pr. 
(Fidelitas  sempiterna) ,  eingesetzt  16.  Aug. 
1817,  von  Mecklenburg  und  Neu -Vor- 
pommern in  Eostock  (Inseparabilis) ,  er- 
richtet 18.  Okt.  1820,  eingesetzt  4.  März 
1821,  von  Schlesien  in  Breslau  (Integra), 
gestiftet  6.  Aug.  1828,  für  Eheinland  und 
Westfalen  in  Krefeld  (Conjuncta),  einge- 
setzt 5.  Aug.  1868,  das  verbesserte  Provin- 
zialkapitel  von  Niedersachsen  in  Hamburg 
(Inviolabilis),  gest.  24.  Okt.  1834,  einge- 
setzt 16.  Dez.  1834,  und  das  gesetzmässige 
Provinzialkapitel  für  Sachsen  und  Thü- 
ringen in  Nordhausen  (Crescens),  eingesetzt 
7.  Okt.  1876.  Ausserdem  arbeiten  im  Be- 
reich der  Grossen  Landeslogen  drei  Pro- 
vinziallogen:  1)  von  Mecklenburg  in 
Rostock,  errichtet  17.  Sept.  1819;  2)  von 
Schlesien  in  Breslau,  errichtet  20.  Juni 
1776;  3)  von  Niedersachsen  in  Hamburg, 
errichtet  4.  Juni  1777,  eingesetzt  8.  Jmi 
1777.  Unter  der  Grossen  Landesloge  ar- 
beiten (1900)  28  schottische  Andreaslogen 
(sie  sind  in  der  folgenden  Zusammen- 
stellung in  Klammern  und  durch  einen  '*' 
iingegeDen)  mit  3390  Mitgliedern  und  111 
Johannislogen  mit  11613  Mitgliedern,  und 
zwar  in:  1)  Preussen  84,  nämlich  a)  Ost- 
preussen  5  (3):  Allenstein,  Bartenstein, 
*Gumbinnen,  *Königsberg  i.  Pr.,  *Tilsit; 
b)  Westpreussen  2  (2):  *Danzig,  *Thom; 
<;)  Brandenburg20  (3):  Beeskow,  »Berlin  8, 
Fürsten walde,  Havelberg,  Königsberg  i.  N., 
*Kottbu8,  Nauen,  *  Potsdam,  Rathenow, 
Schwedt,  Spandau,  Spremberg,  Wriezen; 
d)  Pommern  10  (2):  Demmin.  Greifswald, 
Lauenburg,  Neustettin,  Putous,  Pyritz, 
♦Stettin,  *  Stralsund,  Swinemünde,  Trep- 
tow; e)  Posen  1:  Rawitsch;  f)  Schlesien 
15  (4):  »Breslau,  Bunzlau,  Freiburg,  Glogau, 
Görlitz,  Haynau,  Jauer,  Kattowitz,  Löwen- 
berg, *Neisse,  Schmiedeberg,  *Schweid- 
nitz,  Striegau,  *Tamowitz,  Waidenburg; 
g)  Schleswig-Holstein  14  (3):  *Altona  2, 
Apenrade,  Eckernförde,  *Flensburg,  Haders- 
leoen,  Itzehoe,  *Kiel,  Marne,  NeumOnster, 
Rendsburg,  Schleswig,  Sonderburg,  Wands- 
beck; h)  Sachsen  7  (3):  *Ascner8leben, 
♦Eisleben,  Magdeburg,  *Nordhau8en,  Qued- 
linburg, Querfurt,  Zeitz;  i)  Hannover  1  (1): 
♦Hannover;  k)  Westfalen  4:  Hagen,  Lüden- 
scheid, Minden,  Schwelm;  1)  Rheinprovinz  5 
<1):  Bonn,  Düsseldorf,  *Krefeld,  Solingen; 
m)  Hessen -Nassau  1:  Frankfurt  a.  M. 
2)  Bayern  1:  München.  3)  Sachsen  1: 
Dresden.  4)  Baden  1:  Mannheim.  5) 
Mecklenburg  -  Schwerin  7  (2):  Boizen- 
burg,  Bützow,  Parchim,  *Rostock,  ♦Schwe- 
rin, Waren,  Wismar.  6)  Sachsen- Weimar 
5  (1):  Eisenach,  Ilmenau,  ♦Münchenbems- 
dorf,  Triptb,  Wenigenjena.  7)  Mecklen- 
burg-StreBtz  1:  Neustrelitz.  8)  Schwarz- 
burg-Rudolstadt  1:  Rudolstadt.  9)  Reuss 
j.  L.  1:  Gera.  10)  Lübeck  1  (1):  ♦Lübeck. 
11)   Bremen  1  (1):   ♦Bremen.     12)   Ham- 


burg 7  (1):    ♦Hamburg  6,  Kuxhaven.    — 

D.  Wohlthätigkeitsanstalten 
und  müde  Stiftungen  der  Gr.  L.-L. 
1)  Das  Schul -Institut,  gegr.  1819, 
zur  Gewährung  von  Schulgeld,  Büchern 
und  Lehrmitteln  an  Kinder  unbemittelter 
Freimaurer.  2)  Die  Palmin -Stiftung, 
gegr.  1845,  zur  Unterstützung  unbe- 
mittelter, unverheirateter  Töchter  ver- 
storbener Mitglieder  der  acht  Berliner 
Tochterlogen.  3)  Die  v.  Selasinsky- 
Stiftung,  gegr.  1864,  zur  Unterstützung 
unbemittelter ,  unverheirateter  Töchter 
verstorbener  Mitglieder  der  Tochterlogen 
der  Gr.  L.-L.,  und  zwar  vorzugsweise 
ausserhalb  Berlins.  4)  Die  Devaranne- 
Stiflung,  gegr.  1856,  zur  Unterstützung 
für  Töchter  von  Freimaurern,  die  zur 
Lehrart  der  Gr.  L.-L.  gehören.  6)  Die 
di-Dio- Stiftung,  gegr.  24.  Juni  1858, 
ein  Teil  der  Palmi^-Stiflung.  6)  Die 
Widmann -Stiftung,  zur  Unterstützung 
von  Hinterbliebenen  solcher  Mitglieder, 
die  sich  hervorragende  Verdienste  um  die 
Gr.  L.-L.  und  den  Orden  erworben 
haben.  7)  Das  Freitisch -Stipendium  für 
Freimaurersöhne,  die  auf  der  Universität 
Berlin  studieren.  Im  Ganzen  hatten  die 
Tochterloeen  der  Gr.  L.-L.  1899  164 
milde  Stiftungen.  Seit  1793  werden  im 
Ordenshause  der  Gr.  L.-L.  regelmässig 
abgehalten  (sog.)  Mittwochs -Brudermahle, 
»um  einen  Punkt  zu  haben,  wohin  sich 
besuchende  Brüder  bei  ihrer  Anwesenheit 
in  Berlin  wenden  können,  um  die  dasigen 
Einrichtungen  näher  kennen  zu  lernen 
und  damit  die  Brüder  sich  enger  aneinander 
anschliessen.c  In  neuerer  Zeit  finden  diese 
Brudermahle  monatlich  nur  einmal  statt. 

E.  Litteratur.  Die,  litterarischen  Er- 
zeugnisse aus  der  Mitte  der  Gr.  L.-L.  v. 
D.  sind  sehr  zahlreich,  doch  muss  hier 
auf  die  namentliche  Aufzählung  aller 
Werke  verzichtet  werden;  es  können  nur 
die  jetzt  erscheinenden  periodischen  Zeit- 
schriften Erwähnung  finden:  1)  Zirkel- 
correspondenz  unter  den  Logenmeistem 
der  Gr.  L.-L.  v.  D.  (s.  d.).  2)  Die  St.  An- 
dreasgrade der  Gr.  L.-L.  v.  D.,  in  Viertel- 
jahrsheften seit  1877,  herausgegeben  von 
Possart  und  dann  von  C.  Gartz,  jetzt  von 
Seckt  in  Berlin.  «Handbuch  für  die  Brüder 
der  Gr.  L.-L.  v.  D.  Eine  Übersicht  ihrer 
Einrichtungen«  (Brl.  1891).  Verzeichnis  der 
Büchersammlung  der  Gr.  L.-L.  v.D.,  zuletzt 
von  1882. 

3)  Grosse  Loge  von  Preussen, 
genannt  Royal  York  zur  Freund- 
schaft. A.  Geschichte.  Sie  entstand 
11.  Juni  1798  durch  Teilung  der  ursprüng- 
lichen Loge  Royale  York  de  Tamiti^.  Diese 
war  auf  den  Wunsch  in  Berlin  ansässi- 
ger französischer  Freimauer  vom  5.  Mai 
1760  eine  neue  Loge  La  paix  et 
la  joye  zu  stiften,  von  dem  Meister  vom 
Stuhl  der  Loge  Aux  trois  globes,  v. 
Printzen  (s.  d.) ,  unter  dem  ^amen  Am 
igi  ize     y  ^ 


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Berlin. 


trois  colombes  10.  August  1760  eingesetzt 
worden  und  hatte  in  der  erweiterten 
Urkunde  vom  12.  April  1761  den  Namen 
L'amiti^  aux  trois  colombes  erhalten. 
Bie  nannte  sich,  nachdem  sich  16.  Mftrz  1764 
eine  Schottenloge  La  cordialit^  gegründet 
hatte,  seit  dem  27.  Juli  1765,  wo  sie 
den  Prinzen  Eduard  August,  Herzog  von 
York  und  Albanien,  Bruder  des  Königs 
Georg III.  von  Grossbritannien  (s.d.),  aufge- 
nommen hatte,  Royale  York  de  Tamiti^, 
erhielt  1768  eine  Stiftungsurkunde  von  der 
Grossen  Loge  in  London  und  löste  sich 
ganz  von  ihrer  bisherigen  Mutterloge 
Zu  den  drei  Weltkugeln.  Am  19.  Mai 
1774  vereinigte  sie  sich  mit  der  Grossen 
Landesloge  von  Deutschland,  trat  aber 
1776  in  ihie  vorige  Unabhängigkeit  wieder 
zurück.  Seit  1773  bereits,  wo  sie  eine 
Loge  in  Kassel  stiftete,  wurden  von  ihr  zahl- 
reiche Tochterlogen  errichtet.  Die  Loge 
arbeitete  anfänglich  nur  in  der  franzö- 
sischen Sprache;  diese  wurde  seit  1777 
teilweise  durch  die  deutsche  ersetzt,  bis 
diese  1794  die  allein  herrschende  wurde. 
1779  erwarb  man  das  Logengrundstück, 
und  28.  Mai  1780  fand  die  Einweihung 
des  Logenhauses  statt,  das  Eigentum 
der  vier  vereinigten  Logen  ist,  die  sich  1798 
aus  der  Loge  bildeten:  Friearich  Wilhelm 
zur  gekrönten  Gerechtigkeit,  Zur  siegen- 
den Wahrheit,  Urania  zur  Unsterblich- 
keit und  Pythagoras  zum  flammenden 
Stern.  Nach  dieser  Teilung  und  nach 
Umarbeitung  der  Rituale,  hauptsächlich 
unter  Fesslers  (s.  d.)  Einfluss,  erfolgte  11. 
Juni  1798  die  Konstituierung  als  Grosse 
Loge  von  Preussen,  die  aber  erst  1845  den 
Namen  Grosse  Loge  von  Preussen,  genannt 
Royal  York  zur  Freundschaft  annahm. 
Unter  den  Grossmeistem  treten  namentlich 
hervor,  Schnakenburg  (s.  d.),  der  seine  Thä- 
tigkeit  bei  Änderung  der  Rituale  entfaltete, 
und  Herrig,  der  für  den  Zusammenschluss 
sämtlicher  deutscher  Logen  zu  einer 
festen  Einheit  bemüht  war.  Settegast 
(s.  d.),  der  1889  an  des  letztern  Stelle 
kam,  trat  für  eine  wesentliche  Änderung 
der  Verfassung  ein,  indem  er  die 
Innern  und  den  Innersten  Orient  abschafi'en 
und  dafür  einen  engem  Rath  für  das 
Lehrwesen  und  eine  Abteilung  für  die 
Verwaltung  einsetzen  wollte.  Dieser 
Vorschlag  blieb  in  der  Minderheit.  In- 
folgedessen legte  Setteeast  15.  Nov. 
1889  sein  Amt  nieder  und  trat  1891  aus 
dem  Verband  der  Grossloge  aus.  Als 
Grossmeister  wurde  Prinz  Heinrich  zu 
Schönaich-Carolath  (s.  d.)  gewählt.  Eine 
Spannung  bildete  sich  später  zwischen 
der  Grossloge  und  dem  Eklektischen  Bunde 
bei  der  von  diesem  bewirkten  Annahme 
der  Breslauer  Loge  Hermann  zur  Bestän- 
digkeit, die  von  der  Settegastschen  Grossen 
Loge  von  Preussen,  genannt  Kaiser  Fried- 
rich zur  Bundestreue,  gestiftet  worden 
war,    weil    diese    nicht    als    anerkannte 


Loge  anzusehen  war.  Die  Angelegen- 
heit ist  1899  durch  ein  vom  Deutsdien 
Grosslogenbund  eingesetztes  Schiedsgericht 
endgültig  erledigt  und  dabei  die  fragliche 
Breslauer  Loge  anerkannt  worden.  Dem 
Prinz  zu  Schönaich-Carolath  folgte  1899 
Wagner  (s.  d.).  Noch  vor  dem  Abgang  des 
Prinzen  zu  Schönaich-Carolath  hatte  cueser 
Gelegenheit,  eine  kräftige  Abwehr  zu 
unterstützen  gegen  den  Versuch,  das 
christliche  Prinzip  wieder  in  die  Gross- 
loge hereinzubringen.  Es  war  1899  be- 
antragt worden,  dass  der  Suchende  sich  zum 
Christentum  bekennen  müsse,  und,  da 
dieser  Antrag  auf  Widerspruch  zu  stossen 
schien,  dass  in  die  Verfassung  aufzunehmen 
sei,  dass  die  Freimaurerei  bezwecke,  »nach 
den  Grundsätzen  des  Christentums«  die 
sittliche  Veredlung  der  Menschen  und 
menschliche  Glückseligkeit  überhaupt  zu 
fördern.  Der  Antrag  wurde  in  der  ge- 
setzgebenden Versammlung  mit  65  gegen 
2  Stimmen  abgelehnt.  Übrigens  können 
infolge  der  Vereinigung  mit  den  beiden 
andern  altpreussischen  Grosslogen,  wonach 
der  gegenseitige  Besuch  der  Schotten- 
und  Andreaslogen  zugestanden  wurde,  zur 
Zeit  nur  Bekenner  des  Christentums  Auf- 
nahme in  den  Innern  Orient  erhalten. 
[Vgl.  Bh.  1878,  S.  107.]  —  B.  Das  1797  zu- 
erst ausgearbeitete  Gesetzbuch  ist  mehr- 
mals (verfassungsmässig  alle  neun  Jahre] 
abgeändert  worden.  1854  wurde  dabei 
für  die  besuchenden  Brüder  die  Bedingung, 
sich  zum  Christentum  zu  bekennen,  auf- 
gehoben. Ebenso  wichtig  war  die  Ab- 
änderung von  1872.  Der  Ausdruck 
•Orden«  wurde  aufgegeben  und  dafür 
•Bund«  eingeführt,  die  Zensur  abgeschafit 
und  die  allgemeinen  Grundsätze  der  Frei- 
maurerei nach  der  Festsetzung  des  Ham- 
burger Grossmeistertags  von  1870  fanden 
Aufnahme;  auch  die  Aufnahme  von  Nicht- 
christen  wurde  gestattet.  —  C.  Das 
System  der  Grosslo^e  ist  das  Fessler- 
sche  (s.  Fessler),  das  jedoch  später  mehr- 
fach abgeändert  wurde.  Die  Grosse 
Loge  Royal  York  besteht  aus  zwei  Kolle- 
gien, dem  obersten  Lehrkollegium  (In- 
nerster Orient)  und  dem  obersten  Regie- 
rungs-Kollegium (Grosse  Loge  im  engem 
Sinne).  Der  Innerste  Orient  mit  dem 
Sitz  in  Berlin  hat  über  alles,  was  Doktrin 
und  Ritus  betrifit,  zu  entscheiden  und 
spendet  die  maurerischen  Kenntnisse  der 
hohem  Grade  durch  die  einzelnen  In- 
nern Oriente  (s.  d.)  aus,  ohne  dass  jedoch 
hierbei,  von  einer  feierlichen  Einführung 
abgesehen,  weitere  Gebräuche  stattfinden. 
—  Die  Rituale  sind  zuletzt  1882  für 
den  1.  und  2.  und  1886  für  den  3.  Grad 
neubearbeitet  worden:  sie  gelten  für  die  neu- 
zubegründenden Logen,  sind  aber  den  noch 
nach  andern  Ritualen  arbeitenden  Logen 
(sechs) empfohlen. — D.Ais  Grossmeister 
standen  an  der  Spitze  Delagoan^re  (s.  d.) 
1798,  V.  Sellentin  (s.  d.)  1799—1800,  Klein 
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Berlin. 


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(8.  d.)  1801-1809,  Hey  1810—1881,  Link 
(8.  d.)  1832—1860,  V.  Klöden  (s.  d.)  1851 
bi8  1855,  Amelang  (b.  d.)  1856—1858,  Prinz 
Wilhelm  von  Baden  (e.  d.)  1859—1868, 
Schnakenburg  (s.  d.)  1864—1872,  Herrig 
(8.  d.)  1873—1888,  Setteffast  (s.  d.)  1889, 
Prinz  Heinrich  zu  Scnönaich-Carolath 
(9.  d.)  1889—1899,  Wagner  (s.  d.)  seit  1899. 
—  E.  Statistik.  Die  Grosse  Loge  hat 
eine  Grosse  Provinzialloge  von  Schlesien 
in  Breslau,  gest.  6.  Sept.  1816,  11  Innere 
Oriente  und  67  Johannislogen ,  nämlich: 
in  1)  Preussen  59,  und  zwar:  a)  Ost- 
preussen  1  (1):  *König8berg  i.  Pr.;  b)  West- 
preussen  5  (2):  ♦Danzig,  Dirschau,  *Grau- 
denz,  Kulm-Schwetz,  Pr.  Stargard;  c)  Bran- 
denburg 7 :  Berlin  4,  Forst,  Kyritz,  Witt- 
stock; d)  Pommern  2  (1):  »Stettin,  Stral- 
sund; e)  Posen  1:  Lissa;  f)  Schlesien 
12  (4):  »Breslau,  *Gleiwitz,  Goldberg, 
»Görlitz,  Grünberg,  Kreuzburg,  Landes- 
hut, Lauben,  Loeoschütz,  Beichenbach, 
•Schweidnitz,  Sprottau;  g)  Sachsen  5 
(1):  Eilenburg,  Halle  a.  S.,  »Magdeburg, 
Sangerhausen,  Wittenberg;  h)  Hannover 
18:  Celle,  Einbeck,  Emden,  Göttingen, 
Hameln,  Hannover  2,  Harburg,  Hildes- 
heim 2,  Leer,  Lüneburg,  Münden,  Nien- 
burg, Osterode  a.  H.,  Stade,  Verden, 
Wifiielmshaven;  i)  Westfalen  1:  Herford; 
k)  Hessen -Nassau  3:  Hersfeld,  Kassel, 
Schmalkalden;  1)  Bheinprovinz  4:  Emme- 
rich, Neuwied,  Saarbrücken,  Trier;  2)  An- 
halt 1:  Köthen;  3)  Hamburg  1:  Ham- 
burg; 4)  Bremen  2  {1):  »Bremen,  Vege- 
sack;  5)  Keichslande  4  (1):  Kolmar,  Metz, 
Mühlhausen,  »Strassburg.  Die  mit  »  ver- 
sehenen Logen  besitzen  Linere  Oriente. 
Die  Gesamtmitgliederzahl  beträgt  (1898) 
6300.  [Vgl.  Jahrbücher  der  Grossen  Loge 
Royale  York  (Berlin  1798/99).  Haupt- 
momente der  Geschichte  der  Gr.  L.v.Pr.  gen. 
R.  Y.  z.  Fr.  (Berlin  1849).  Flohr,  Geschichte 
der  Gr.  L.  v.  Pr.,  gen.  R.  Y.  z.  Fr.  (Berlin 
1898).  Bh.  1867,  Nr.  88.  L.  XXHI, 
S.  58.  —  Flohr,  Grundsätze  und  Ver- 
fassung der  Gr.  L.  v.  Pr.,  gen.  R  Y.  z. 
Fr.  (Berlin  1889).  Beschreibung  des  Logen- 
hauses: L.  1886,  S.  125.  Centenarfeier 
der  Gr.  L.:  L.  1898,  S  83.1  —  F.  Milde 
Stiftungen:  1)  Schnakenburg -Stiftung, 
zur  Unterstützung  von  Söhnen  unbe- 
mittelter Brüder  in  ihrer  wissenschaft- 
lichen oder  künstlerischen  Ausbildung. 
2)  Martini-Raven^-  und  Arenberg-Stiftung 
zu  mildthätigen  Zwecken  8)  Grossmeister 
Herrig-Stiflung.  Die  Tochterlogen  haben 
zusammen  124  milde  Stiftungen. 

Zu  1 — 8):  Gemeinschaftlich  mit  dem 
Deutschen  Grosslogenbunde  ist  die  Vic- 
toria-Stiftung; femer  kommen  in  Be- 
tracht die  Stiftungen  der  drei  altpreussi- 
schen  Grosslogen:  die  Augusten-Stiflung 
(s.  d.),  die  Kronprinz  Friedrich  Wilhelm- 
Stiftung  (s.  d.)  und  die  Kommission  zur 
Unterstützung  hilfsbedürftiger  durch- 
reiflender  Brüder. 

Allgemeinea  Handbnoh  der  Freimaurerei. 


in.   Logen. 

A.  Unter  der  Grossen  National- 
Mutterloge  Zu  den  drei  Weltkugeln. 
Gemeinschaftliches  Logenlokal:  Splitt- 
gerbergasse Nr.  8.  1)  Die  Loge  Zur  Ein- 
tracht, unter  dem  Namen  La  petite  Con- 
corde 9.  Dez.  1754  gest.  und  31.  Jan.  1755  er- 
öffnet, bestand  seit  1 9.  Juni  1755  unabhängig 
neben  der  Mutterloge  Aux  trois  globes, 
richtete  1758  eine  eigne  Sdiottenloge 
L'harmonie  ein  und  trat  erst  4.  Mai  1761 
als  erste  Tochterloge  unter  die  Mutterloge 
zurück,  worauf  sie  20.  Mai  1761  wieder 
eingesetzt,  die  Schottenloge  aber  mit  der 
altschottischen  Loge  L'union  vereinigt 
wurde.  Seit  20.  Mai  1761  heisst  sie  Zur 
Eintracht.  Gegenwärtige  Mitgliederzahl 
(1899):  298.  Klub:  Mittwochs.  Milde  Stif- 
tung: Unterstützungsfonds  mit  Statut  vom 
15.  Jan.  1876.  —  2)  Die  Loge  Zum  flam- 
menden Stern  wurde  zum  grössten  Teil 
von  militärischen  Freimaurern  24.  Febr. 
1770  errichtet  (Stiftungsurkunde  v.  13.  Jan. 
1775).  Während  des  Bayerschen  Erb- 
folgekriegs (1778—79)  wurde  sie  als  Feld- 
loge far  die  Armee  eingerichtet  und  ar- 
beitete zu  Landeshut  in  Schlesien;  ihre 
Thätigkeit  als  gewöhnliche  Loge  begann 
sie  wieder  in  B.  23.  Aug.  1779.  Mit- 
gliederzahl (1899):  302.  Klub:  Sonnabends. 
Milde  Stiftungen:  a)  von  Hom-Stiftung 
für  hilfsbedümige  Witwen  von  Brüdern; 
Statut  V.  19.  Jan.  1870;  b)  Alexander 
Haack- Stiftung  zur  Unterstützung  allein- 
stehender Mädchen,  die  durch  Krankheit, 
Gebrechen  oder  andre  unverschuldete 
Verhältnisse  bei  ihrem  Erwerb  behin- 
dert sind;  Statut  v.  17.  Mai  1884; 
c)  Friedrich  Wilhelm  Kube- Stiftung  zur 
Bezahlung  von  Logenbeiträgen  und  Be- 
munerierung  musikalischer  Kräfte;  Statut 
V.  22.  Jan.  1887;  d)  Otto  Heinrich  Krohn- 
Stiftung  zur  Unterstützung  hilfebedürf- 
tiger Witwen  und  Waisen,  Statut  v.  22. 
März  1890;  e)  Theodor  Wagner -Stiftung 
zur  Unterstützung  hilfebedürftiger  Witwen 
und    Waisen,    Statut   v.    29.    Okt.    1892; 

8  Friedrich  Wilhelm  Kube- Stiftung  zur 
nterstützung  hilfsbedürftiger  Brüder,  bez. 
Witwen-  und  Waisen  verstorbener  Brüder, 
Statut  V.  12.  Dez.  1893;  g)  Hefter-Stiftung 
zu  demselben  Zweck,  Statut  v.  20.  Jan. 
1899.  [Vgl.  Kleiber,  Mittheilungen  aus 
der  Geschichte  der  Loge  (1870).]  — 
3)  Die  Loge  Zu  den  drei  Seraphim 
wurde  19.  Aug.  1774  unter  dem  Namen 
Fr^d^ric  aux  trois  S^raphins  gegrün- 
det und  19.  Aug.  1774  unter  dem  Vor- 
sitz ihres  Stifters  v.  Penavaire,  Hofmar- 
schalls des  Prinzen  Friedrich  von  Braun- 
schweig, von  diesem  als  Nationalgross- 
meister  in  seinem  Hause  eingeweiht.  Sie 
erhielt,  um  die  12.  April  1761  gestiftete 
und  nachher  vom  Bunde  der  Mutterloge 
Zu  den  drei  Weltkugeln  abgelöste  Loge 
L'amiti^  aux  trois  colombes  zu  ersetzen, 

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98 


Berlin. 


die  Verpflichtung,  in  französischer  Sprache 
zu  arbeiten,  was  bis  1785  dauerte,  wo  sie 
11.  Juni  unter  dem  jetzigen  Namen  als 
deutsche  Loge  zu  arbeiten  begann.    Mit- 

fliederzahl(1899):  193.  Klub:  Mittwochs, 
lüde  Stiftungen:  Jakob  Salingsche, 
van  den  Wyngaert-,  Herrn.  Friedlän- 
der-, Aug.  Benien-,  Rud.  Weber -Stiftung 
für  hilüsbedürftige  Mitglieder  der  Loge, 
sowie  deren  Witwen  und  Waisen.  — 
4)  Die  Loge  Zur  Verschwiegenheit 
wurde  18.  Jan.  1775  gestiftet  und 
2.  Sept  1775  unter  dem  Namen  Ver- 
schwiegenheit zu  den  drei  verbundenen 
Händen  eingeweiht.  Sie  gin?  hervor 
aus  einer  bereits  bestehenden  Art 
von  Humanitätsgesellschaft.  Mitglieder- 
zahl (1899):  259.  Klub:  Mittwochs. 
Milde  Stiftungen:  a)  Marot-Stiftung  zur 
Unterstützung  hilfsbedürftiger  Hinter- 
bliebenen von  ordentlichen  Mitglie- 
dern der  Loge,  Statut  v.  21.  Febr. 
1849,  6.  Juli  1855,  15.  Febr.  1860,  13. 
Febr.  1865,  13.  Febr.  1898;  b)  Unter- 
stützungskasse, Statut  V.  4.  März  1868; 
c)  Maetzner-Stiftung  v.  1880,  Statut  v.  21. 
Juni  1899;  d)  Bernhardi-Stiftung  v.  24.  März 
1899,  Kapital:  13100  M.  —  5)  Die  Loge 
Zur  Treue,  gest.  22.  März  1872.  Mit- 
gliederzahl (1900):  133.  Klub:  1.  Donners- 
tag. Milde  Stiftung:  Unterstützungsfonds. 
Statut  V.  14.  Sept.  1873.  —  6)  Eine  allge- 
meine altschottische  Loge  Zu  den  <&ei 
Weltkugeln  besteht  in  ihrer  jetzigen  Ge- 
stalt seit  22.  Nov.  1797.  Sie  wurde  unter 
dem  Namen  L'union  23.  Nov.  1742  ge- 
gründet. Als  blosse  Zwischenstufe  zu  den 
hohem  Ordensgraden  war  sie  bereits  bei 
dem  Rücktritt  der  Loge  Zu  den  drei  Welt- 
kugeln von  der  strikten  Observanz,  5.  Juli 
1779,  umgebildet  worden.  Mitglieder  sind 
alle  aktiven,  in  B.  oder  den  auswärts  dele- 
gierten altschottischen  Logen  des  Bundes 
der  drei  Weltkugeln  in  den  vierten  Grad 
aufgenommenen  Brüder.  —  B.  Unter  der 
Grossen  Landesloge  der  Freimaurer 
von  Deutschland.  Gemeinschaftliches 
Lokal  bis  1899  Oranienburger  Strasse  72, 
nach  dessen  Verkauf  in  Schöneberg,  noch 
im  Bau  begriflfen:  1)  Zu  den  drei  gol- 
denen Schlüsseln,  gest.  10,  Aug.  1769 
von  Zinnendorf  (s.  d.),  ist  eine  Fortsetzung 
der  14.  Dez.  1743  in  Halle  nach  der 
Stiftun^urkunde  der  Loge  Aux  trois 
globes  in  Berlin  eröffneten  Loge  Aux  trois 
clefs  d'or,  die  5.  Febr.  1749  aus  Mangel 
an  Mitgliedern  geschlossen  wurde.  Die 
Möbel,  Bücher  und  Papiere  wurden  an 
Zinnendorf  von  dem  letzten  Meister  Madai 
(s.  d.)  mit  der  Bedingung  übergeben,  das  An- 
denken der  geschlossenen  Loge  durch  Er- 
richtung der  neuen  unter  demselben  Na- 
men zu  bewahren.  Ihr  gehörte  König 
Friedrich  Wilhelm  H.  (s.  d.)  als  Ehren- 
mitglied an.  Mitgliederzahl  (1899):  251.  — 
2)  Zum  goldnen  Schiff,  gest.  11.  März 
1771.  Mitgliederzahl  (1899):  120.  —  3)  Pe- 


gase,  gest.  4.  Sept.  1771.  Mitgliederzahl 
(1899):  225.  [Vgl.  Berthold,  Zur  Säkular- 
feier der  L.  am  4.  Sept.  1871.]  —  4)  Zur 
Beständigkeit,  gest.  12.  Okt.  1775.  Mit- 
gliederzahl (1899):  177.  Klub:  Donners- 
tag. —  5)  Zum  Pilgrim,  gest.  1.  Nov. 
1776,  eröffiaet  24.  Febr.  1777.  MitgUeder- 
zahl  (1899):  234.  —  6)  Zum  goldnen 
Pflug,  gest.  8.  Nov.  1776.  Mitgliederzahl 
(1899):  218.  Klub:  Freitags.  [Vgl.  Th. 
Toeche,  Hundert  Jahre  der  Loge  (Brl. 
1876)].  —  7)  Zum  Widder,  gest.  15.  Nov. 
1776.  Die  Loge  Hess  1877  eine  Denkmünze 
auf  J.  R.  Palmin  prägen.  [Vgl.  HMW. 
Nr.  22.]  MitgliederzaW  (1899):  162.  — 
8)  Friedrich  Wilhelm  zur  Morgen- 
röte, gest.  5.  Nov.  1855.  Mitgliederzahl 
(1899):  191.  —  Hiemächst  steht  noch  unter 
der  Grossen  Landesloge:  9)  die  Andreas- 
loge  Indissolubilis,  gest.  30.  Nov.  1769. 
—  C.  Unter  der  Grossen  Loge  von 
Preussen,  genannt  Royal  York  zur 
Freundschaft,  durch  Teilung  der  ur- 
sprünglichen Loge  Royale  York  de  Pamiti^ 
entstanden  11.  Juni  1798  (Stiftungsfest  24. 
Juni),  die  Logen:  1)  Friedrich  Wilhelm 
zur  gekrönten  Gerechtigkeit.  Mit- 
gliederzahl (1899):  238.  —  2)  Zur  sie- 
genden Wahrheit,  in  der  20.  Dez.  1798 
der  Prinz  von  England,  Friedrich  August 
Herzog  V.  Sussex,  aufgenommen  wurde.  Mit- 
gliederzahl (1899):  112.  —  8)  Urania  zur 
Unsterblichkeit.  Mitgliederzahl  (1899): 
130.  —  4)  Pythagoras  zum  flammen- 
menden  Stern.  Mitgliederzahl  (1899): 
96.  —  Diese  vier  vereinigten  Johannis- 
logen,  derenÖkonomiekollegium  gemeinsam 
ist,  halten  abwechselnd  ihre  Versammlungen 
in  dem  ihnen  seit  4.  Jan.  1798  gehörigen 
Logenlokal  Dorotheenstrasse  Nr.  27,  dessen 
älterer  Teil  1712  von  dem  berühmten 
Schlüter  für  den  Oberhofmeister  v.  Kameke 
aufgeführt  worden  ist.  [Vgl.  Bericht  über 
den  Neubau  und  die  Einweihung  des  Lo- 
genhauses der  zur  Grossloge  von  Preussen, 
genannt  Royal  York  zur  Freundschaft,  ge- 
hörigen vier  vereinigten  Logen  in  Berlin 
(1883).]  Milde  Stiftungen  der  vier  ver- 
einigten Logen:  1.  Souchay- Stiftung  zur 
Unterstützung  von  Witwen  der  Loge 
Pythagoras  zum  flammenden  Stern.  2.  Unter- 
stützungsamt zur  Unterstützung  von  hilfs- 
bedürftigen Brüdern,  Witwen  und  Waisen. 

3.  Wilhelm-Stiftung,  zu  Stipendien  zur 
höhern  Ausbildung  von  Söhnen  verstor- 
bener Mitglieder  der  vier  vereinigten  Logen. 

4.  Gain-Stiftung  zur  Besch^ung  von 
Schulbedürfhissen  an  Kinder  bedihftiger 
Witwen.  5.  Petermann-Stiftung  zu  Sti- 
pendien für  höhere  wissenschaftuche  oder 
technische  Ausbildung  der  Kinder  von 
Mitgliedern  der  vier  vereinigten  Logen. 
6.  Wagner-Stiftung  zu  wohlthätigen 
Zwecken.  7.  Wohlthäterfonds  zu  wohl- 
thätigen Zwecken  nach  Beschluss  der  Loge 
Friedrich  Wilhelm  zur  gekrönten  Gerech- 
tigkeit.     Ausserdem    bestehen     bei    der 

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Berlin. 


99 


Grossloge  und  dem  Innersten  Orient 
Fonds  für  wohlthätige  Zwecke.  —  Zur 
Erinnerung  an  die  11.  Juni  1798  er- 
folgte Teilung  der  Loge  Royal  York  haben 
die  vier  vereinigten  Logen  der  Grossloge 
Boyal  York  1898  eine  Denkmünze  prägen 
lassen.  [HMW.  Nr.  167.]  Verzeichnis  der 
Büchersammlung  von  1882.  —  D.  Unter  der 
Grossen  Mutterloge  des  Eklektischen 
Freimaurerbundes  steht  die  Loge 
Friedrich  zur  Gerechtigkeit,  gest. 
12.  Mai,  eingeweiht  18.  Okt  1893.  Mit- 
gliederzahl (1899):  128.  Vers.  Mittwochs, 
monatlich  zweimal.  liOgenlokal:  Logen- 
haus Dorotheenstrasse  Nr.  27.  —  E.  Unter 
der  Grossen  Loge  von  Hamburg  ar- 
beiten: 1)  Hammonia  zur  Treue,  gest 
8.  Juni  1898,  eingew.  22.  Juni  1898.    Mit- 

fliederzahl  (1899T:  186.  Vers.  Dienstags, 
erien:  Juli  una  August.  Hausgesetz  v. 
14.  Mai  1898.  —  2)  Friedrich  Ludwig 
Schröder,  gest.  8.  Febr.  1896,  eingew!  5. 
Juni  1896.  Mitgliederzahl  (1899):  85.  Beide 
Logen  haben  är  gemeinsames  Lokal  Wil- 
hehmstrasseNr.lll.  Katalog  der  Bibliothek 
der  vereinigten  Berliner  Johannislogen 
Hamburger  Systems  (1898).  —  E.  Unter 
der  Grossloge  Zur  Sonne  steht  die 
Loge  Galilei  zur  ewigen  Wahrheit, 
gest.  4.  April,  eröffnet  19.  April  1897. 
Mitgliederzahl  (1899):  95.  Vers.  Mittwochs. 
Logenlokal:  Wilhelmstrasse  Nr.  111.  — 
Li  JB.  besteht  noch  die  Meistervereinigung 
der  St.  Johannislogen  von  B.  und  der 
Provinz  Brandenburg  (s.  Logengauver- 
b&nde). 

IV.  Grosse  Loge  von  Preussen, 
ffenannt  Kaiser  Friedrich  zur  Bun- 
destreue. Im  J.  1891,  zu  welcher 
Zeit  die  maurerischen  Verhaltnisse  in 
Deutschland  keinerlei  erhebliche  Bewegung 
zeigten,  abgesehen  von  den  Differenzen, 
die  hie  und  da,  insbesondere  zwischen 
den  Preussischen  Grosslogen  einerseits  und 
den  andern  deutschen  Grosslogen,  auf- 
tauchten, bekam  eine  Bewegung  immer 
starkem  Antrieb,  die  besonders  auf  den  in 
Berlin  herrschenaenZuständen  beruhte.  Hier 
befanden  sich  eine  grosse  Anzahl  von  Frei- 
maurern, denen  es  aus  konfessionellen  Grün- 
den versagt  war,  in  den  zu  den  preussi- 
schen Grosslogen  gehörigen  Tochterlogen 
Anfhahme  zu  finden  und  die  diese  Auf- 
nahme ausserhalb  Preussens  gesucht  und 
gefunden  hatten.  Immer  lauter  wurde  hier 
aer  Wunsch,  nicht  nur  als  Besuchende 
die  Maurerei  zu  pflegen,  sondern  eigne 
Bauhütten  zu  gründen.  Diesem  Wunsche 
stand  aber  zweierlei  entgegen:  einmal 
die  in  den  Kreisen  der  preussischen  Mau- 
rerei festgehaltene  und  auch  in  dem 
preussischen  Ministerium  des  Innern  als 
richtig  angesehene  Meinung,  dass  in 
Preussen  lediglich  die  drei  altpreussischen 
Orosslogen  berechtigt  seien,  in  Preussen 
Logen  zu  gründen,  und  dann  das  ener- 
^che  thatsächliche  Widerstreben  der  alt- 


preussischen  Grosslogen  selbst.  Die  vorer- 
wähnten Freimaurer,  die  zu  ausserpreussi- 
schen  Logen  gehörten,  fingen  an,  sich 
in  besondern  Vereinigungen  zusammen- 
zuthun,  wodurch  der  Wunsch,  eigne  Bau- 
hütten in  B.  zu  errichten,  immer  mehr 
Nahrung  erhielt.  Nachdem  inzwischen 
der  Grossmeister  der  altpreussischen  Gross- 
loge Royal  York  Hermann  Settegast  (s.  d.) 
sein  Amt  niedergelegt  hatte,  schloss  sich 
dieser  der  in  Hamburg  arbeitenden  Tochter- 
loge der  Grossen  Loge  von  Hamburg  Fer- 
dinande Caroline  an  und  kam  dadurch 
in  nähere  Berührung  mit  zu  Hamburg  ge- 
hörigen Freimaurern  in  B.  Hier  wurde 
bald  der  Gedanke  angeregt,  eine  Tochter- 
loge von  Hamburg  in  B.  zu  gründen.  Die 
Grosse  Loge  von  Hamburg  begrüsste  den 
Plan  freudigst,  Settegast  beantragte  bei 
dem  Minister  des  Innern  die  Genehmigung 
zur  Errichtung  einer  Loge,  erhielt  jedoch 
einen  ablehnenden  Bescheid.  Infolgedessen 
trat  die  Grosse  Loge  von  Hamburg 
von  ihrem  Plan  zurück.  Inzwischen  hatte 
AJexander-Katz  (s.  d.]  [Bh.  1898,  S.  145] 
die  Frage  der  Gründung  einer  Loge  in 
Preussen  nach  staatlichem  und  maureri- 
schem Becht  eingehend  untersucht  und 
war  dabei  zu  dem  Schluss  gekommen,  dass 
in  Preussen  eine  Staatsgenehmigung  nicht 
erforderlich  sei  und  dass  es  zur  Gründung 
einer  Loge  der  Konstitution  einer  Gross- 
loge nach  maurerischem  Herkommen  um 
so  weniger  bedürfe,  als  nicht  eine  einzige 
deutsche  Grossloge  eine  Konstitution  der 
englischen  Grossloge  besass,  beziehungs- 
weise die  Verbindung  mit  der  englischen 
Grossloge  abgebrochen  und  sich  eine  eigne 
Konstitution  gegeben  hatte.  Demgemäs» 
entschlossen  sich  Settegast  und  die  mit  ihm 

§ehenden  Freimaurer  27.  Nov.  1892  zur  Grün- 
ung einer  selbständigen  Grossloge  unter 
obigem  Namen.  Auf  die  an  das  Polizeipräsi- 
dium zu  B.  gerichtete  Anzeige  erging  eine 
Verfügung,  welche  die  Bezeichnung  als  Frei- 
maurerloge als  unzulässig  erklärte,  wonach 
Settegast  durch  Alexander-Katz  (s.  d.)  die 
Klage  erhob,  in  der  das  Preussische  Ober- 
verwaltungsgericht am  22.  April  1898  die 
Verfügung  des  Polizeipräsidenten  rechts- 
kräftig aufhob  und  in  den  Gründen  ins- 
besondere aussprach,  »dass  das  Verbot 
der  Freimaurerei  ausserhalb  der  drei  alt- 
preussischen Grosslogen  in  Preussen  nicht 
besteht;  dass  die  drei  altpreussischen  Gross- 
logen irgend  ein  Recht  darauf,  dass  andre, 
als  ihre  Logen,  nicht  geduldet  werden, 
nicht  haben;  dass  die  drei  altpreussischen 
Grosslogen  ein  monopolartiges  Becht  auf 
die  Bezeichnung  Freimaurerloge  nicht 
besitzen;  dass  diese  drei  Grosslogen  ledig- 
lich Privat  vereine  sind,  während  sie  selbst 
behauptet  haben,  ihre  Stellung  sei  eine 
öffentlich-rechtliche.«  Die  Grossloge 
arbeitet  nach  einem  mit  dem  Schröder- 
schen  übereinstimmenden,  jedoch  den  ver- 
änderten Zeitverhältnissen  |angi^>flfiatQQ. 
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100 


Bermudas  —  Bern. 


Ritual  und  hat  ein  Gesetzbuch,  das  im 
wesentlichen  dem  der  Grossen  Loge  Royal 
York  entspricht.  Sehr  bald  nach  der 
Gründung  aer  Grossloge  spalteten  sich  die 
erste  Loge  Victoria  in  die  weitern  Logen 
Lessin^  zu  den  drei  Eingen  und  Germania 
zur  Einigkeit,  und  die  neue  Grossloge 
wurde  von  dem  Grossosten  der  Nieder- . 
lande  und  der  Symbolischen  Grossloge  von 
Ungarn  anerkannt.  Während  die  libera- 
leren Logen  Deutschlands  die  neue  Gross- 
loge freudigst  begrüssten,  traten  die  drei 
altpreussischen  Grosslogen  ihr  entgegen, 
ein  Verhältnis,  das  zu  vielfachen  Streitig- 
keiten in  den  beteiligten  maurerischen 
Zeitschriften  (die  Grossloge  Kaiser  Fried- 
rich zur  Bundestreue  hatte  sofort  beim 
Inslebentreten  als  ihr  Organ  die  »Bau- 
steine« gegründet)  führte  und  zum  Teil 
auch  die  Öflentlichkeit  in  den  Tages- 
zeitungen beschäftigte.  Auf  den  Antrag 
der  neuen  Grossloge  an  den  Deutschen 
Grosslogenbund  um  Anerkennung  setzte 
dieser  einen  Ausschuss  nieder,  der  nach 
Prüfung  der  eingereichten  Nachweise,  des 
Gesetzbuchs  und  der  Rituale  zwar  aner- 
kannte, dass  die  Logen  der  neuen  Gross- 
loge gerechte  und  vollkommene  Frei- 
maurerlogen und  ebenso  ihre  Mitglieder 
Freimaurer  seien,  dass  aber  die  Aner- 
kennung zur  Zeit  deswegen  zu  versagen 
sei,  weil  zunächst  auf  ein  brüderliches  und 
Freundschaftsverhältnis  mit  «sämtlichen« 
im  Grosslogenbunde  vertretenen  Gross- 
logen nicht  gerechnet  werden  könne.  Die 
Grossloge  breitete  sich  unter^  fortdauern- 
den Befehdungen  und  nach  Überwindung 
auch  innerer  Schwierigkeiten  so  aus,  dass 
sie  jetzt  (1900)  zehn  Tochterlogen  hat, 
darunter  sechs  in  Berlin  und  je  eine  in 
Charlottenburg,  Stettin,  München  und 
Breslau,  mit  einem  Gesamtbestand  von  439 
Mitgliedern.  Die  milden  Stiftungen  be- 
tragen ca.  14000  Mk.  Grossmeister:  1892 
bis  1894  Settegast  (s.  d.);  1894-97  Prof. 
Gust.  Schauer;  1897—98  Settegast;  seit- 
dem Prof.  Dr.  H.  Möller.  Die  in  B.  be- 
stehenden Logen  sind :  l)Viktoria,  gest. 
1.  Aug.  1892;    MitgUederzahl   (1900):    74. 

2)  Lessing  zu  den  drei  Ringen,  gest. 
31.  Jan.  1893;   Mitgliederzahl   (1900):   34. 

3)  Germania  zur  Einigkeit,  gest.  28. 
März    1893;    Mitgliederzahl    (1900):     45. 

4)  Humanitas,  gest.  10.  Apr.  1897;  Mit- 
gliederzahl (1900):  81.  5)  Pestalozzi  zur 
Wahrheit,  eingew.  18.  Okt.  1897;  Mit- 
gliederzahl (1900):  30.  6)  Zu  den  drei 
Kosen,  eingew.  18.  Okt.  1897;  Mitglieder- 
zahl (1900):  24.  Wieder  eingegangen  sind 
die  vier  Logen  Prometheus  (gest.  1896), 
Zum  goldnen  Anker,  Hohenzollern 
zur  Treue  und  Marbach  zur  Ein- 
tracht (diese  drei  gest.  1897).  [Vgl.  Sette- 
gasts  Taschenbuch  für  Freimaurer  (1900). 
Settegast,  Die  Grosse  Freimaurerloge  von 
Preussen,  gen.  Kaiser  Friedrich  zur  Bun- 
destreue (Brl.  1893).    Alexander-Katz,  Die 


Freimaurerei  in  Preussen  und  das  Edikt 
vom  20.  Okt.  1798  (Brl.  1893).  Settegast, 
Die  deutsche  Freimaurerei,  ihr  Wesen, 
ihre  Ziele  und  Zukunft  im  Hinblick  auf 
den  freimaurerischen  Notstand  in  Preussen 
(Brl.  18921] 

Bermudas  (Somersinseln,  brit.  Insel- 
gruppe im  Atlantischen  Ozean).  Die  B. 
erhielten  schon  1744  von  der  englischen 
Grossloge  der  Modems  einen  Provinzial- 
grossmeister  ernannt,  die  ersten  Logen 
wurden  aber  erst  1761  und  1792  gegründet. 
1797  und  1801  stiftete  auch  die  Grossloge 
der  Ancients  zwei  Logen.  Weitere  englische 
Logen  entstanden  1819,  1880  und  1893. 
Die  Grossloge  von  Schottland  errichtete 
zwei  Logen  1797  und  1885  und  für  sie 
1803  eine  Provinzialgrossloge.  Endlich 
stiftete  die  Grossloge  von  Irland  1856, 
1867  und  1881  drei  Logen.  Jetzt  bestehen 
hier  1)  unter  der  Grossloge  von  England 
fünf  Logen,  2)  unter  der  Grossloge  von 
Schottland  zwei  und  3)  unter  der  von 
Irland  zwei  Logen,  zusammen  neun 
Logen. 

Bern  (Hauptst.  des  gleichnamigen  Kan- 
tons und  Bundesstadt  der  Schweiz,  [1898] 
54578  E.).  Schon  um  die  Mitte  des  18. 
Jahrh.  scheint  hier,  aber  sehr  im  geheimen, 
maurerisch  gearbeitet  worden  zu  sein.  Die 
strengen  Verbote  der  damaligen  aristo- 
kratischen Begierung  entzogen  den  nach- 
folgenden Generationen  jede  nähere  Kennt- 
nis hierüber.  Während  der  Revolutions- 
periode 1798 — 1803  wurden  von  Bemer  Offi- 
zieren mehrere  Logen  gestiftet:  Les  amis  de 
la  gloire,  Les  pays  ätrangers,  La  concorde 
u.  s.  w.  Ihre  Dauer  scheint  in  der  Begel 
sehr  kurz  gewesen  zu  sein.  —  Am  1.  Juli 
1803  gründeten  sieben  Brüder  mit  Be- 
willigung und  unter  Leitung  des  Meisters 
vom  Stiüil  der  Loge  Aux  trois  temples  in 
Carouge  in  B.  die  Loge  L'espärance. 
die  14.  Sept.  1803  eingesetzt  wurde  und 
am  7.  Febr.  1804  vom  Grossorient  von 
Frankreich  den  Stiftungsbrief  empfing. 
Sie  hatte  anfangs  mit  Finanzverlegen- 
heiten zu  kämpfen,  doch  bald  be- 
festigte sie  sich  durch  Annahme  neuer 
Mitglieder,  und  schon  nach  zwei  Jahren 
entstand  ein  Bosenkreuzerkapitel.  Von 
Mitgliedern,  die  wegen  eigenmächtigen 
Vorgehens  ausgeschlossen  worden  waren, 
wurde  1805  die  Loge  La  discr^tion  ge- 
gründet, die  sich  indessen,  da  sie  keinen 
Stiftungsbrief  erhalten  konnte,  bald  wieder 
auflöste;  die  meisten  Mitglieder  traten  in 
die  Loge  Zur  Hoffnung  ein.  Der  1807 
gemachte  Versuch  eine  neue  Loge,  La 
v^ritä,  zu  gründen,  misslang.  Im  gleichen 
Jahre  wurde  durch  Vermittlung  vonv.Tavel 
und  V.  Wattenwyl  der  Bau  eines  eignen 
Logen gebäudes  begonnen,  das  16.  Dez.  1809 
eingeweiht  wurde.  Unter  weiser  und  kräf- 
tiger Leitung  setzte  die  Loge  ihre  Thätig- 
keit  fort,  stellte  im  Namen  des  Gross- 
Orients  von  Frankreich  die  Loge  in.  Lau- 
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Bern. 


101 


sänne  1805  wieder  her  und  setzte  1809 
die  Loge  Freondschaft  and  Beständigkeit 
in  Basel  (s.  d.)  und  La  Concorde  in  Solo- 
thum  (s.  d.)  ein.  Von  derselben  Zeit  an 
hielt  sie  ihre  Arbeiten,  statt  wie  bisher  in 
französischer,  in  deutscher  Sprache.  Zahl- 
reiche hochgestellte  Brüder,  Mitglieder  des 
in  der  Schweiz  befindlichen  diplomatischen 
Corps,  besuchten  sie  öfters,  und  6.  Okt. 
1813  enipfing  hier  Prinz  Leopold  von 
Sachsen-Koburg,  späterer  König  Leopold  I. 
der  Belgier,  die  Maurerweihe.  Als  dieser 
1865  starb,  veranstaltete  die  Loge  Zur 
Hoffnung  zu  seinen  Ehren  eine  Trauer- 
loge (17.  Dez.  1865)  und  liess  sich  auch 
an  der  Trauerloge  der  belgischen  Grosslo^e 
durch  ihr  Ehrenmitgliea,  Couvreur  in 
Brüssel,  vertreten.  Schon  1812  tauchte  die 
Idee  der  Gründung  eines  unabhängigen 
schweizerischen  Logenbundes  in  der  Loge 
zu  B.  auf,  die  sich  1816  sogar  erbot,  zur 
rektifizierten  schottischen  Lehrart  überzu- 
treten ^  insofern  sich  das  schweizerisch- 
schottische Direktorium  ^uiz  unabhängig 
vom  Auslande  erkläre.  Das  Direktorium 
wies  aber  diesen  Antrag  zurück.  In  B. 
war  nun  einmal  der  Wunsch  erwacht,  von 
der  französischen  zu  einer,  von  spätem  Bei- 
werken geläuterten  Lehrart  überzugehen. 
Der  Grossorient  von  Frankreich  hatte 
schon  seit  sechs  Jahren  keine  Nachrichten 
mehr  von  sich  gegeben,  und  seine  Existenz 
selbst  schien  zweifelhaft.  Daher  beschloss 
die  Loge  Zur  Hoffnung  1818,  sich  der 
vereinigten  englischen  Grossloge  anzu- 
schliessen.  Am  17.  Juli  wurde  der  Stiftungs- 
brief vom  englischen  Grossmeister,  Herzog 
von  Sussex,  für  sie  als  englische  Provin- 
zialgrossloge  unterzeichnet,  Peter  Ludwig 
V,  Tavel  von  Kruyningen  zum  Provinzial- 
grossmeister  der  Schweiz  ernannt  und  als 
solcher  am  Johannisfeste  1819  feierlich  ein- 
gesetzt. Durch  diesen  Übertritt  wurde 
natürlich  das  bisherige  Bosenkreuzer- 
kapitel  aufgehoben,  v.  Tavel  gründete 
27.Sept  1821  die  Loge  Amiti^  in  La  Chaux- 
de-Fonds.  An  dem  Widerstand  des  schotti- 
schen rektifizierten  Direktoriums  scheiter- 
ten abermals  die  Bemühungen  des  thätigen 
Meisters  vom  Stuhl,  Ganguillet,  einen  all- 
gemeinen schweizerischen  Logenbund  zu 
Stande  zu  bringen.  Es  gelang  indes  doch 
teilweise,  indem  sowohl  der  Grand  Orient 
helvätique-romand  in  Lausanne,  als  die 
englische  Provinzialgrossloge  in  B.  ihre 
Vollmachten  niederlegten  und  die  ihnen 
untergebenen  Logen  24.  Juni  1822 
einen  grossem  Bund,  die  National-Gross- 
loge  der  Schweiz  (Grand  Orient  National 
Suisse),  bildeten,  dem  1823  elf  Logen  an- 
gehörten. Trotz  der  mancherlei  Anfech- 
tungen, denen  die  Maurerei  in  der  Mitte 
der  zwanziger  Jahre  ausgesetzt  war,  und 
trotz  der  bedeutenden  Verminderung  der 
Mitgliederzahl  arbeitete  die  Loge  Zur 
Hoffnung  doch  ununterbrochen  fort,  ebenso 
während  der  politischen  Stürme  von  1880 


und  1881.  1827  wurde  von  B.  aus  wieder 
ein  Versuch  gemacht,  die  nicht  zur  Na- 
tional-Grossloge  der  Schweiz  gehörenden 
Logen,  namentlich  die  der  rekt.  schotti- 
schen Lehrart,  für  einen  schweizerischen 
Logenverband  Zugewinnen.  Er  scheiterte 
wieder  an  dem  Widerstreben  des  schotti- 
schen Direktoriums,  ebenso  ein  folgender 
1880,  nach  dem  Tode  des  Grossmeisters 
V.  Tavel,  wo  sogar  die  Wiederbesetzung 
dieser  Würde  verschoben  wurde,  damit 
sämtliche  Schweizer  Logen  daran  teil- 
nehmen könnten.  Erst  nachdem  die  Loge 
von  Zürich  1886  und  nachher  die  von  B. 
1888  die  Mitglieder  sämtlicher  Schweizer 
Logen  zu  allgemeinen  Logenfesten  einge- 
laden hatten,  fand  die  Idee  eines  vater- 
ländischen Logenbundes  auch  in  der  deut- 
schen Schweiz  allgemeinen  Anklang  und 
verwirklichte  sich  22.  Juni  1844  durch  die 
Gründung  der  Alpina,  wobei  das  schot- 
tische Direktorium  sowohl,  als  dieNational- 
Grossloge  sich  auflösten.  (S.  Schweiz.)  Die 
Loge  Zur  Ho&ung  war  bei  ihrem  Eintritt 
in  die  Alpina  die  drittgrösste  Loge  der 
Schweiz.  Die  patrizischen  Elemente  ver- 
schwanden allmählich  ganz  aus  ihr,  ohne 
dass  ihre  Thätigkeit  darunter  irgendwie 
gelitten  hätte.  1848  wurde  die  Einrich- 
tung der  fr^res  ä  talents  abgeschafft  und 
liess  die  Loge  durch  ihre  Abgeordneten 
auf  der  Grosslogenversammlung  bean- 
tragen, es  seien  alle  Bundeslogen  anzu- 
halten, den  Israeliten  ihre  Pforten  zu  öffnen. 
Dieser  Antrag  wurde  indessen  erst  19 
Jahre  später,  in  der  Grosslogensitzung 
von  1867  in  B.,  zum  Beschluss  er- 
hoben. Nachdem  schon  1858  versuch  weise 
ein  einfacheres  Aufhahmeritual  angewandt 
worden  war,  wurden  1868  und  1869, 
namentlich  auf  das  Betreiben  von  Gelpke 
(s.  d.)  und  Tscharner  (s.  d.),  sämt- 
liche Eituale  im  Sinne  der  Vereinfachung 
umgearbeitet.  1876  beantragte  die  Loge 
Zur  Hoffnung  in  der  Grosslogenversamm- 
lung in  B.,  in  Zukunft  das  Passwort  zu 
beseitigen,  was  auch  geschah.  1851 
wurde  eine  Witwen-,  Waisen-  und  Hilfs- 
kasse gegründet,  an  die  jedes  Mitglied 
einen  bestimmten  jährlichen  Beitrag  zu 
entrichten  hat.  1858  vereinigte  sich  eine 
Anzahl  Schwestern  zu  einem  Wohlthäti^- 
keitsverein  (Schwestemverein),  der  sich  mit 
der  Unterstützung  und  Beaufsichtigung 
armer  und  verwaSbrloster  Kinder  befasst. 
Die  Würde  des  Grossmeisters  der  Alpina 
haben  bis  jetzt  drei  Mitglieder  der  Loge 
Zur  Hoffnung  bekleidet:  Prof.  Dr.  E.  F. 
Gelpke,  4.  Grossmeister,  1862—68;  Karl 
Tscharner,  7.  Grossmeister,  1874—79;  Elie 
Ducommun,  10.  Grossmeister,  1890—95. 
Mitgliederzahl  (1900):  285.  Vers.  Mittwochs, 
Klub :  Sonnabends  und  Sonntags.  Logen- 
lokal, früher  Inselstrasse  (seit  1809,  er- 
weitert 1868  und  1864),  jetzt  Bogenschützen- 
strasse,  eingeweiht  4.  Juni  1899.  Bitual 
der  Loge  in  B.  (1884).    [Vgl.  Fragmente 

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102 


Bembnrg  —  Berthold. 


zur  Geschichte  der  schweizerischen  Mau- 
rerei. (Bern  1840),  8. 20.  Alpina  1888,  S.  3.] 

Bembnrg  (St.  im  Herzogtum  Ajihalt, 
32374  E.).  Logen  das.  unter  der  Grossen 
National -Mutterloge  Zu  den  drei  Welt- 
kugeln: 1)  Johannisloge  AI  ex  ins  zur 
Beständigkeit,  gegr.  4.  Dez.  1817,  ein- 
gew.  27.  Mai  1818.  Mitgliederzahl  (1900): 
184.  Vers,  in  der  Regel  an  einem  Freitag 
jeden  Monats.  Ferien:  Juli  und  Aug., 
Lokal:  Lange  Strasse  Nr.  7/8.  Neueste 
Hausgesetze  v.  10.  Okt.  1888.  Wohlthätig- 
keitsanstalten:  a)  seit  1829  Unterstützungs- 
verein für  die  Witwen  und  Waisen  ver- 
storbener Mitglieder  (Schrödersche  Stif- 
tung) mit  einem  Bestand  von  10581  M. 
(Statut  vom  23.  Juni  1863);  b)  seit  1842 
Kettungsverein  zur  Verhütung  sittlichen 
und  bürgerlichen  Verderbens  und  Rettung 
aus  demselben,  mit  mehreren  Zweigvereinen 
in  andern  Orten  des  Landes,  durch  den 
ein  besonderes  Rettungshaus,  das  Friede- 
rikenhaus, begründet  wurde,  das  Knaben 
zur  Erziehung  aufgenommen  hat.  Für 
mehrere  dieser  Anst^ten,  sowie  zur  Unter- 
stützung verschämter  Armen  wirkt  c)  ein 
mit  der  Loge  in  Verbindung  stehender 
Schwesterverein;  d)  die  Joh.  Aug.  Coqui- 
Stiftung  (Statut  vom  1.  Aug.  1870)  für  in 
Not  befindliche  Brüder  oder  deren  Ange- 
hörige, mit  einem  Bestand  v.  6300  M. ;  e)  die 
Louisenstiftung  zur  Unterstützung  weib- 
licher Nachkommen  von  Brüdern,  mit  einem 
Bestand  von  3760  M.  Früher  gehörte 
noch  zu  diesen  Wohlthätigkeitsanstalten 
eine  seit  1823  durch  Logenmitglieder  ver- 
waltete Sparkasse,  die  später  von  der  Re- 
gierung dem  Kreis  übergeben  wurde.  Die 
Loge  erhielt  als  Entschädigung  86000  M.. 
die  drei  Wohlthätigkeitsanstalten  (und 
zwar  jeder  mit  12000  M.)  geschenkt 
wurden,  wofür  wiederum  die  Loge  in  jeder 
Anstalt  eine  Freistelle  erhielt.  [Vgl. 
Geschichte  der  Loge  1818—43,  Heft  1 
(1845);  Heft  2,  die  Ereignisse  in  den  Jahren 
1844—59  umfassend  (1859).  FZ.  1849,  S. 
292  fg.,  332  fg.,  341.  L.  XIV,  93.]  2)  Die 
delegierte  altschottische  Loge  Wolf  gang 
zur  Treue,  gest.  7.  Mai  1893. 

Beme Witz,  Johann  Heinrich  Karl  v., 
geb.  27.  Dez.  1760  in  Dresden,  gest.  12. 
Dez.  1821  in  Braunschweig,  ging  1776  mit 
den  im  englischen  Solde  stehenden  braun- 
Bch Weibchen  Truppen  nach  Amerika, 
wurde  in  einer,  von  gefangnen  englischen 
Offizieren  errichteten  Feldloge  aufge- 
nommen, trat  1803  der  Loge  in  Braun- 
schweig bei  und  führte  von  1806—1809 
den  ersten  Hammer.  Durch  sein  ausser- 
ordentlich kluges  und  vorsichtiges  Be- 
nehmen während  der  Besetzung  der  Stadt 
durch  die  Franzosen,  von  denen  häufig  der 
französische  Gouverneur,  der  Grossmeister 
Bisson,  und  eine  Anzahl  Offiziere  an  den 
Logenarbeiten  teilnahmen,  gelang  es  ihm, 
der  Loge  ihre  Selbständigkeit  zu  erhalten 
und  sie  glücklich  durch  die  verhängnis- 


volle Zeit  hindurchzuführen.  1809  legte 
er  sein  Amt  nieder,^ um  dem  Ruf  seines 
Fürsten,  der  sich  in  Öls  befand,  zu  folgen^ 
der  ihn  nach  verschiednen  Feldzügen  zum 
Generalleutnant  und  Kommandanten  von 
Braunschweig  ernannte.  [Vgl.  Allgemeine 
deutsche  Biographie  II,  S.  414.] 

Bernhard!,  Ernst,  geb.  27.  Okt.  1834  in 
Dreissigaeker  bei  Meiningen,  wirkte  1863 
bis  1873  als  Oberlehrer  in  Krefeld  am 
jetzigen  Realgymnasium,  wurde  dann  als 
Sekretär  der  Handelskammer  nach  Bochum 
und  1878  in  derselben  Eigenschaft  nach 
Dortmund  berufen,  wo  er  noch  jetzt  als 
Syndikus  der  Handelskammer  wirkt.  — 
Er  trat  dem  Freimaurerbund  10.  März  1872 
in  der  Loge  Eos  in  Krefeld  zu  und  be- 
kleidete in  der  Loge  Zur  alten  Linde  in 
Dortmund,  der  er  sich  bei  seinem  Weg- 
zug dorthin  anschloss,  eine  Reihe  von 
Jahren  das  Amt  eines  Itedners.  Die  hier 
gehaltenen,  durch  Inhalt  und  Form  ausge- 
zeichneten Vorträge  hat  er  unter  dem  Titel 
»Maurerische  Reden«  (Dortmund  1888)  her- 
ausgegeben. 

Bemigeroth,  J.  Martin,  Kupferstecher, 
geb.  1713  in  Leipzig,  gest.  das.  1767,  gab 
heraus:  Les  coutumes  des  Francs-Ma^cons 
dans  leurs  assembl^es  u.  s.  w.  (Lpz.  1745), 
worin  sieben  schön  gestochene  Kupfer  die 
damaligen  maurerischen  Gebräuche  dar- 
stellen. Diese  Kupfer  sind  Nachstiche  der 
1744  oder  1745  in  Paris  als  Illustrationen 
des  Travenolschen  Katechismus  erschie- 
nenen sieben  Kupferstiche:  »Assembl^e  des 
Francs -Ma^ons  pour  la  R^ception  des 
Apprentifs  et  des  Mattres.  T>6ai6  au  tr^s 
galant,  trfes  sinc^re  et  trfes  v^ridiaue  Pro- 
fane Leonard  Gabanon,  auteur  au  Cate- 
chismedes  francs-ma9ons«  (Querfolio,  7B1.). 
In  verkleinertem  Massstab  sind  sie  nach- 
gebildet in  Le  ma^on  d^masqu^  1757, 
Allerneuste  Geheimnisse  1770,  Geheime 
Unternehmungen  (Lpz.  1787).  Ausserdem 
ist  von  B.  das  Titelblatt  zu:  Die  zer- 
schmetterten Freymäurer  (Frkf.  u.Lpz.  1746.) 
[Vgl.  Müffelmann  in  HZC.  1896/7,  Nr.  149; 
Begemann  in  BZC.  1898,  S.  238.1 

Berthold,  Ernst  Theodor  Ludwig, 
Theolog  und  Philolog,  geb.  28.  Jan.  1838 
in  Hirschberg,  gest.  26.  Okt.  1890  in  Berlin, 
1862  Lehrer  an  der  Brestrichschen  Knaben- 
schule in  Berlin,  1867  Lehrer  an  derAugusta- 
schule  und  am  Lehrerinnen seminar  das., 
1 877  Königl.Ejreisschulinspektor  das.,  wurde 
aufgenommen  in  denFreimaurerbund  1865  in 
der  Loge  Pegase  in  Berlin,  erstieg  1873—87 
die  neun  Stufen  des  Ordens  und  wurde 
1887  Ritterkommandeur  mit  dem  roten 
Kreuz.  1869—80  war  er  Redner  und  von 
1880  an  Logenmeister  der  Loge  Pegase 
und  zweiter  abgeordneter  Meister  der  An- 
dreasloge Indissolubilis.  B.  ist  Verfasser 
mehrerer  geschichtlicher  Arbeiten  und  der 
Geschichte  der  Loge  Pegase  (1871).  Zu 
seinen  Ehren  wurde  von  dieser  Loge  die 
Berthold -Stiftung   errichtet.     Zu   seinem 

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Bertuch  —  Besuchende  Brüder. 


103 


25  jährigen  Maurerjubiläum  wurde  ihm 
seine  Büste  in  Marmor  überreicht.  [Vgl. 
FZ.  1890,  S.  893.    M.  L.  1890/91,  S.  57.1 

Bertneh,  Friedrich  Justin,  firucnt- 
barer  Schriftsteller,  Buch-  una  Kunst- 
händler, geb.  30.  Sept.  1747  in  Weimar, 
gest.  das.  3.  April  1822,  studierte  in  Jena 
erst  Theologie,  dann  die  Bechte,  war  1769 
bis  1773Hauslehrer  bei  L.H.  Bachoff  v.  Echt 
(s.  d.)  in  Dobitschen  bei  Altenburg  und 
wurde  nach  der  Bückkehr  in  die  Vater- 
stadt Sekretär  des  Herzogs  Karl  August, 
der  ihn  1785  zum  Legationsrat  ernannte. 
In  den  Freimaurerbund  trat  B.  30.  Dez. 
1776  in  Weimar.  1782  entstand  zwischen 
ihm  und  Bode  (s.  d.)  eine  Meinungsver- 
schiedenheit über  die  Spaltungen  in  der 
Maurerei,  die  die  Loge  Amalia  so  beun- 
ruhigten, dass  B.  selbst  vorschlug,  sie  zu 
schliessen,  »weil  sie  bei  den  derzeitigen 
Bewegungen  den  Frieden  nicht  bewahren 
könne,  ohne  den  der  Zweck  des  Instituts 
nicht  bestehn  kann. «  Als  Karl  August  (s.  d.) 
die  Wiedereröffnung  wünschte,  traf  B.,  mit 
Fr.  L.  Schröder  (s.  d.)  befreundet,  unter 
dessen  Mitwirkung  die  nötigen  Vorberei- 
tungen, wurde  zum  Meister  vom  Stuhl 
erwählt  und  nahm  darauf  am  24.  Okt.  1808 
die  Arbeiten  wieder  auf.  Wegen  Über- 
häufung mit  Geschäften  legte  er  1810  dieses 
Amt  nieder,  blieb  aber  bis  zum  Tode  zu- 
geordneter Meister.  1813  erschien  das 
von  ihm  zusammengetragene  Liederbuch 
«Gesänge  für  Freimaurer,  zum  Gebrauche 
aller  Teutschen  Logen«.  An  seinem  Grabe, 
das  er  sich  in  seinem  Garten  angelegt 
hatte,  sprach  der  Kanzler  v.  Müller.  [Vgl. 
FZ.  1869,  S.  365;  1871,  S.  436  fg.  HZC. 
1896/7,  Nr.  149,  S.  21  f^.] 

Besan^n  (Hauptst.  im  franz.  Departe- 
ment Doubs  [1896]  45320  E.).  Hier  be- 
stand u.  a.  eine  Loge  Le  parfait  atta- 
chement,  die  1772  von  aer  Mutterloge 
Boy  al  York  in  Berlin  eine  Annahmeurkunde 
erbat  und  ad  Interim  erhielt  unter  Geneh- 
migung der  Grossen  Loge  von  England.  Die 
LoRe  wurde  unmittelbar  an  diese  verwiesen 
und  empfohlen.  Sie  übersandte  noch  1788 
ihre  Mitgliederliste  und  zeigte  an,  dass  sie 
der  strikten  Observanz  beigetreten  sei. 
[Vgl.  Flohr,  Geschichte  der  Grossen  Loge 
Royal  York  in  Berlin  (1898)  I,  S.  86.] 

Baseler.  Johann  Andreas  v.,  Kauf- 
mann und  Oberalter,  geb.  29.  Aug.  1769 
in  Hamburg,  ^est.  das.  24.  April  1845,  wurde 
16.  Juli  1795  m  die  Loge  Absalom  das.  auf- 
genommen, war  Grosssekretär  1803  bis 
1806,  zugeordneter  Grossmeister  1814 — 16 
und  Grossmeister  1816 — 25.  Er  war  lang- 
jähriger Freund  und  Mitarbeiter  Schrö- 
ders (s.  d.)  und  hat  ihn  in  seinen  Be- 
strebungen mit  grosser  Hingabe  unterstützt. 
Unter  seiner  Leitung  hat  die  Grosse  Loge 
von  Hamburg  sich  durch  den  Beitritt  neuer 
Logen  erweitert  und  durch  engere  Ver- 
bindung mit  andern  Grosslogen,  so  den 
Grosslogen   von  Sachsen,   Frankfurt   und 


[Vgl. 
Loflrei 


Brandt,    Ge- 
genhauses   (1891) 


Kurhessen  gestärkt, 
schichte  des  Alten 
S.  110.] 

Besetzny,  Emil,  geb.  11.  Ai>ril  1888 
in  Troppau,  gest.  im  März  1881  in  Wien, 
erwarb  1862  das  Doktorat  der  Bechte, 
war  seit  1869  Hof-  und  Gerichts- 
advokat in  Wien  und  Hauptmann  bei  der 
Landwehr,  wo  er  als  solcher  sich  nament- 
lich um  die  Förderung  der  Briefbauben- 
zucht zu  Militärzwecken  verdient  gemacht 
hat.  In  der  Loge  Zur  Verbrüderung  in 
Ödenburg  1870  aufgenommen,  wurde  er 
ein  Jahr  später  zum  zugeordneten  Meister 
der  Loge  Humanitas  in  NeudÖrfl  gewählt 
imd  bis  1874  stets  wiedergewählt.  In  dieser 
hervorragenden  Stellung  war  B.  fortwäh- 
rend bemüht,  der  Wirksamkeit  der  Loge 
nach  innen  und  aussen  eine  mehr  der 
Wissenschaft  und  Humanität  zugute  kom- 
mende Bichtun^  zu  geben  Die  Gründung 
des  so  wohlthätig  wirkenden  und  in  stetem 
Aufblühen  begriffenen  Findelkinderasyls 
der  Humanitas  ist  nur  der  von  B.  ausge- 
gangenen Anregung  zu  verdanken.  B., 
welcher  der  Freimaurerei  mehrere  Jahre 
hindurch  einen  bedeutenden  Teil  seiner 
Zeit  und  seiner  Kraft  gewidmet,  hat  auch 
als  maurerischer  Schriftsteller  eine  erspriess- 
licheThätigkeit  entfaltet.  Seine  zahlreichen 
Arbeiten  finden  sich  von  1870  an  in  der 
Freimaurerzeitung,  im  »Zirkel«  und  in 
vielen  nichtmaurerischen  Zeitungen,  in 
denen  er  stets  mannhaft  gegen  Sie  Vor- 
urteile wider  die  Freimaurerei  ankämpfte. 
1873  gab  er  zum  Vorteile  des  Findelkinder- 
asyls das  freimaurerische  Taschenbuch 
•Die  Sphinx«  (s.  d.)  heraus. 

Besuchende  Brüder.  I.  Es  liegt  in  dem 
Wesen  des  Freimaurerbundes  begründet, 
dass  jeder  ffesetzmässig  aufgenommene 
Freimaurer  das  Becht  fiat,  jeder  andern 
Loge,  ohne  deren  Mitglied  zu  sein,  bei- 
zuwohnen. Dieses  Becht,  das  sich  schon 
in  den  ältesten  Verfassungen  ausgesprochen 
findet,  ist  allgemein  anerkannt  und  erleidet 
in  Bezuff  auf  seinen  Umfang  nur  die  selbst- 
verstänfiiche  Beschränkung  auf  die  rituel- 
len und  geselligen  Logenversammlungen 
und  auf  die  Logenversammlungen  des 
Grades,  dem  der  Besuchende  angehört, 
oder  eines  niedem.  Andre  Beschränkungen, 
wie  z.  B.  das  Erfordernis  christlichen 
Glaubensbekenntnisses  für  den  Besuch 
solcher  Logen,  die  nur  Christen  in  den 
iVeimaurerbund  aufnehmen,  sind  in  neuester 
Zeit  fallen  gelassen  worden.  [Vgl.  die 
darüber  zwischen  der  Grossen  Loge  von 
Hamburg  und  der  Grossen  Landesloge  von 
Deutschland  in  Berlin  gepflogenen  Ver- 
handlungen und  die  daran  sich  anschliessen- 
den Beschlüsse  der  altpreussischen  Gross- 
logen, L.  IX,  157;  X,  129, 134.]  Gerecht- 
fertigt erscheint  die  Beschränkung,  wonach 
solche,  die  in  einer  Loge  als  Suchende 
abgewiesen  oder  ohne  Zustimmimg  der  ab- 
weisenden Loge   in  eine  andre  Loge  auf- 

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104 


Besachet. 


genommen  worden  sind,  in  jener  auch  als 
Besuchende  keinen  Zutritt  hahen  sollen, 
es  sei  denn,  dass  die  Gründe,  aus  denen 
sie  firüher  abgewiesen  worden  sind,  nach 
Beschluss  der  Loge  nicht  mehr  vorhanden 
sind  und  drei  Meister  sich  für  sie  ver- 
bürgen. Auch  kann  einem  Freimaurer,  der 
die  Lo^e  an  seinem  Wohnort  gedeckt  hatte, 
von  dieser  der  Zutritt  versagt  werden. 
Ebenso  dürfen  Freimaurer,  denen  von  ihrer 
Loge  der  Besuch  der  Arbeiten  und  des 
Logenhauses  untersagt  ist,  nicht  zugelassen 
werden.  —  11.  Das  Recht  des  Besuchs  er- 
leidet jedoch  noch  Beschränkungen  in  Be- 
zug auf  die  Zeitdauer.  Die  eine  dieser 
Beschränkungen  bezieht  sich   auf  die  so- 

§enannten  nmenden  Brüder  (s.  d.).  Nach 
en  Gesetzen  der  englischen  Grossloge 
sollen  diese  in  einer  Loge  des  Orts,  wo 
sie  wohnen,  nicht  mehr  als  einmal  wäh- 
rend ihres  Rücktritts  von  dem  Bunde  zum 
Besuch  zugelassen  sein.  Es  wird  nämlich 
hierbei  vorausgesetzt,  dass  dieser  Besuch 
nur  zu  dem  Zwecke  stattfindet,  sich  über 
die  Wahl  der  Loge,  in  die  der  Betreffende 
wieder  eintreten  will,  entschliessen  zu 
können,  während  man  verhindern  will, 
dass  nicht  ein  solcher,  ohne  zu  den  Kosten 
beizutragen,  doch  an  den  Vorteilen  des 
Logenbesuchs  teilhabe.  In  Frankreich 
darf  er  dreimal  als  Besuchender  erscheinen. 
Ähnliche  Bestimmungen  enthalten  deutsche 
Logengesetze.  —  Dies  ist  die  einzige  Be- 
schränkung in  dieser  Richtung,  welche  die 
englischen  Logen  kennen.  Sie  verstehen 
unter  stränge  fellows  (fremde  Genossen) 
nur  die  transient  brethren  (durchreisende 
Brüder);  von  den  am  Orte  wohnenden 
verlangen  sie,  mit  der  oben  bemerkten 
Ausnahme,  dass  sie  überhaupt  einer  Loge 
als  aktive  Mitglieder  angehören,  und  lassen 
sie  solchenfalls  stets  als  Besuchende  zu. 
In  den  meisten  deutschen  Logen  ist  aber 
den  einer  andern  (auswärtigen)  Loge  an- 
gehöri^en  Freimaurern  der  Besuch  einer 
Loge  ihres  Wohnorts  nur  ein  Jahr  lang 
gestattet.  Nach  Ablauf  dieses  Zeitraums 
müssen  sie  sich  dieser  Loge,  wenn  sie  sie 
femer  besuchen  wollen,  als  ständig  be- 
suchende Brüder  anschliessen  und  als 
solche  gewisse  Beiträge  zu  dieser  Loge 
entrichten,  wogegen  sie  m  der  Regel  solchen- 
falls von  den  diesen  entsprechenden  Bei- 
trägen an  die  Loge,  der  sie  ids  Mitglieder 
auch  femer  angehören,  befreit  werden.  Der 
Deutsche  Grosslogenbund  hat  ein  Gesetz 
über  die  ständig  besuchenden  Brüder  im 
J.  1890  erlassen,  in  dem  bestimmt  ist,  dass 
die  Beiträge  solcher  Brüder  nur  bis  drei 
Viertel  der  Beiträge  der  ordentlichen  Mit- 
glieder zu  bemessen  sind.  Ständig  be- 
suchende Brüder  bleiben  ihrer  Heimatloge 
im  allgemeinen  unterworfen.  Ein  Stimm- 
recht haben  sie  nur,  soweit  die  Hausgesetze 
ein  solches  zulassen.  In  neuerer  Zeit  ist 
solches  teilweise  erheblich  erweitert.  [Vgl. 
das   Gesetz  in:     A.  1891,    S.   263.     FZ. 


1890,  S.  27.  L.  1891,  S.  182.  Ausserdem 
FZ.  1897,  S.  540  Einzelne  Logen  haben 
noch  besondere  Bestimmungen  getroffen,  so 
die  altstädtischen  Dresdner  Logen  im  J. 
1874.  [Vgl.  Dr.  L.  1894,  8. 2088.]  —  m.  Die 
notwendige  Voraussetzung,  auf  die  sich 
die  Zulassung  eines  Besuchenden  in  einer 
Loge  gründet,  ist  der  Nachweis,  dass  er 
wirklich  und  noch  Freimaurer  sei.  Zu- 
nächst sollen  dazu  die  Erkennungszeichen 
(s.  d.)  der  Freimaurer  dienen,  und  hierauf 
gründet  sich  das  Erfordernis  einer  vorhe- 
rigen Prüfung  (s.  d.)  durch  den  dazu  be- 
rufenen Beamten  der  Loge.  Ihre  Stelle 
kann  auch  eine  Verbürgung  fär  ihn  durch 
ein  oder,  nach  manchen  Logengesetzen, 
mehrere  Mitglieder  der  Loge,  in  die  er 
Zutritt  verlangt,  vertreten.  Da  aber  die 
Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen  ist,  dass 
sich  auch  ein  Nichtmaurer  die  Kenntnis 
der  Erkennungszeichen  verschafft  und  sich 
so  unerlaubten  Eintritt  in  die  Loge  er- 
wirkt, hat  maa  schon  frühzeitig  die  Vor- 
zeigung eines  Logenpasses  (s.  d.)  verlangt. 
Dem  entspricht  eine  Verordnung  von  der 
Grossen  Loge  von  England  (1772),  und 
Gleiches  ist  in  den  meisten  Gesetzen  der 
übrigen  Logen  vorgeschrieben.  Manche 
deutsche  Logen  erfordern  ausserdem  noch 
die  Vorzeigung  der  neuesten  Logenliste, 
zum  Nachweis,  dass  der  Besuchende  noch 
jetzt  der  betreffenden  Loge  angehört.  In 
Frankreich  wird  auch  die  iJ)gabe  des 
Passworts  (s.  d.)  verlangt.  —  IV.  Es  ver- 
steht sich,  dass  sich  jeder  Besuchende  den 
Anordnungen,  die  in  der  von  ihm  besuchten 
Loge  rücksichtlich  deren  innem  Verhält- 
nisse bestehen,  zu  fügen  hat.  Dagegen  wird 
in  den  meisten  Logen  den  Besuchenden  ein 
besonderer  feierlicher  Empfang,  der  hier 
und  da  mit  einer  rituidmässigen  Wechsel- 
rede verbunden  ist  (s.  eine  solche  in 
England  übUche  in  L.  XVHI,  136). 
wohl  auch  ein  Ehrenplatz  und  jeden- 
falls eine  brüderliche  Begrüssung  zu 
Teil.  Manche  dieser  Formen,  nament- 
lich die  ebengedachte  Wechselrede,  hängt 
historisch  mit  den  Grüssen  der  Handwerks- 
maurer  zusammen.  Die  Übung  dieser  For- 
men soll  aber,  dem  Geist  des  Freimaurer- 
bundes gemäss,  den  Besuchenden  gegen- 
über nicht  genügen,  sondern  es  sind  fiese 
vielmehr  auch  während  ihres  Verweilen s 
im  Kreise  der  einer  andern  Loge  Angehö- 
rigen von  diesen  in  allen  sonstigen  Be- 
ziehungen in  einer  jenem  Geist  ent- 
sprechenden Weise  au&unehmen  und  zu 
behandeln.  [Vgl.  A.  XI,  203.  Bbl.  1896, 
S.  636.  R.  Fischer,  Entwurf  zu  einem 
Handbuch  für  die  Amtsthätigkeit  der 
Logenmeister  (Lpz.  1891)  S.  88.  Findel, 
Geist  und  Form  der  Freimaurerei  (6.  Aufl. 
Lpz.  1898)  S.  57.    FZ.  1860  S.  286.] 

Besuehet,  Jean  Claude,  ein  nam- 
hafter maurerischer  Schriftsteller  Frank- 
reichs, Verfasser  des  Artikels  über  Frei- 
maurerei  in   Courtins  Encyclop^e   mo- 

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Bettelei 


Beyer. 


105 


deme,  des  Pr^is  historique  de  Tordre 
de  la  Franc-Ma^onnerie  (Paris  1829)  und 
andrer  Schriften. 

Bettelei  in  freimaurerischen  Beziehungen. 
Während  im  18.  Jahrhundert  schlaue 
Betrüger  vornihen,  die  damals  gewünschten 
Ckheimnisse  der  Freimaurerei,  der  Alchemie 
und  Magie  zu  besitzen,  z.  B.  Johnson  (s.  d.), 
Schrepfer  (s.  d.)  u.  a.  m.,  so  versuchen 
gegenwärtig    bisweilen    Hochstapler   und 

gewandte  ^hlauk(>pfe  durch  ihre  angeb- 
che  Mitgliedschaft  das  Mitleid  oder  Ver- 
trauen der  Freimaurer  zu  gewinnen  und 
80  das  ihnen  n(>tige  G«ld  zu  erlangen. 
G^gen  derartige  Betrüger  pflegen  War- 
nungen in  den  freimaurerischen  Zeit- 
schriften erlassen  zu  werden.  Der  Deutsche 
Grosslogenbund  beschloss  1894:  «Die  Unter- 
stützungen an  durchreisende  Brüder  sind 
grundsätzlich  abzuschaffen.  Dem  Vorsitzen- 
den Meister  (Almosenpfleger,  Schatzmeister 
u.  s.  w.)  bleibt  es  in  geeigneten  Fällen 
überlassen,  bei  der  Heimatloge  des  Betref- 
fenden telegraphisch  anzufragen,  ob  vor- 
schussweise Unterstützung  gewährt  werden 
soll.«  Um  wirksamer  gegen  diese  B.  vor- 
zugehen, hat  die  Hamburger  Grossloge 
im  Auftrage  des  Deutschen  Grosslogen- 
bundes 1894  eine  Liste  der  professions- 
mässigen  Logenbettler  angefertigt,  die 
gegen  einen  Beitrag  zu  den  Kosten  allen 
Logen  zugänglich  ist  und  fortgesetzt  wird. 
Infolgedessen  hat  die  B.  wesentlich  in 
Deutschland  abgenommen.  [Vgl.  L.  1895, 
8.  190;  1896,  S.  176.]  In  Berlin  und  an- 
derwärts, wo  mehrere  Logen  bestehen,  hat 
man  eine  gemeinschaftliche  Abordnung 
zur  Unterstützung  hilfsbedürftiger  durch- 
reisender Brüder  eingerichtet,  an  die  diese 
gewiesen  werden.  [Vgl.  Bh.  1882,  S.  300; 
1896,  S.  34.  FZ.  1859,  S.  350.  Mitthei- 
lungen aus  dem  Verein  deutscher  Freimaurer 
1881/82,  S.  55;  1882/88,  S.  82.  E.  Fischer, 
Entwurf  zu  einem  Handbuch  für  die  Amts- 
thäügkeit  der  Logenmeister  (Lpz.  1891) 
S.  89.]  S.  auch  Unterstützungsgesell- 
sohaft. 

Benlwltz,  C.  Aug.  v.,  geb.  6.  April 
1785  in  Budolstadt,  gest  als  preuss. 
Generalmajor  der  Infanterie  und  Chef  der 
adligen  Militär -Erziehungsanstalten  in 
Preussen  in  Berlin  14.  Jan.  1779,  wurde 
aufgenommen  in  den  Freimaurerbund  in 
Breslau  5.  April  1779  für  die  Loge 
Zur  Beständigkeit  in  Berlin  und  später 
deren  Vorsitzender  Meister  und  24.  Juni 
1789  Landesgrossmeister  der  Grossen 
Landesloge  in  Berlin,  welches  Amt  er  bis 
an  seinen  Tod  unter  schwierigen  Ver- 
hältnissen mit  rühmlicher  Festigkeit  und 
Geschicklichkeit  bekleidete.  [Seine  Bio- 
graphie im  Köthener  Taschenbuch  für 
Freimaurer  für  1801,  S.  278  fj^.] 

Bevrlaubung  ist  die  zeitweise  Deckung 
(s.  d.)  der  Loge  auf  Grund  besonderer 
Beschlussfassung  dieser  infolge  gestellten 
Antrags. 


BeomoiiTllle,  Pierre  Biel,  Marquis 
de,  Marschall  und  Pair  von  Frankreich, 
geb.  10.  Mai  1752  in  Champignoles,  gest.  23. 
April  1821  in  Paris,  wurde  12.  August  1814 
vom  Grossorient  von  Frankreich  zu  einem 
der  drei  Grands  conservateurs  de  l'ordre 
ma9onnique  während  der  Erledigung  der 
grossmeisterlichen  Würde  erwUdt.  Er 
war  ein  sehr  eifriges  Mitglied  des  Frei- 
maurerbundes, aber  auch  sehr  streng  in 
der  Überwachung  der  Ordnung  innerhalb 
desselben.  Unstreitig  hat  ihm  der  Frei- 
maurerbund in  Frankreich  viel  zu  danken, 
da  er  ihm  seinen  ungeschmälerten  Bestana 
zur  Zeit  der  Bestauratioh,  die  dem  Bunde 
keineswegs  günstig  war,  erhielt.  [Vgl. 
EQoss,  Geschichte  der  Freimaurerei  in 
Frankreich,  IL  11.  146.1 

BeweggrOnde.  Verschiedenartig  können 
die  Gründe  sein,  die  jemand  bewegen,  die 
Aufnahme  in  den  Freimaurerbund  zu  be- 
gehren. Dieser  setzt  nur  lautere  und 
reine  B.  voraus,  d.  h.  aufrichtiges 
Verlangen,  an  sich  und  andern  den 
Zweck  des  Bundes  zu  erreichen  oder  er- 
reichen zu  helfen.  Wer  dazu  beitragen 
will,  dass  die  Menschen  sich  immermehr 
als  Mitglieder  einer  in  Liebe  geeinigten 
Familie  betrachten  und  behandeln,  und 
zwar  auf  Grund  ihrer  sittlichen  l^atur, 
wer  es  für  seine  ernste  Pflicht  erkennt, 
sich  sittlich  zu  bilden  und  zu  bewähren, 
und  wer  da  ho  fit,  im  Freimaurerbunde 
zur  Erreichung  dieses  Zwecks  Anleitung, 
Anregung  und  Förderung  zu  finden, 
der  hat  lautere  und  reine  B.;  denn 
ihn  zieht  die  Erhabenheit  des  Zwecks 
der  Freimaurerei  und  zugleich  das  in- 
nerste Wesen  des  Bundes  an.  Diese 
Innern  B.  führen  den  Suchenden  zum 
Ziel;  er  wird  finden,  was  er  sucht, 
und  dies  um  so  mehr,  weil  er  den 
Geist  des  Bundes  erkannt  hat.  Äussere 
edle  B.  sind  die  Hochachtung  und  Liebe 
gegen  Vater,  Brüder  und  Freunde,  die 
dem  Bunde  angehören,  wenn  sie  veran- 
lassen zu  wünschen,  einer  Gesellschaft 
anzugehören,  in  der  jene  sich  glücklich 
fühlen.  Ein  äusserer  unedler  Grund  zum 
Beitritt  ist  bei  manchem  die  Neugierde, 
die  Meinung,  in  der  Loge  unterhaltende 
Neuigkeiten  kennen  zu  lernen  oder  wohl 
gar  in  geheime  Wissenschaften  und  Künste 
eingeweiht  zu  werden.  Nicht  minder 
unedel  ist  der  Grund  dessen,  der  in 
der  Freimaurerei  nur  gesellige  Freu- 
den sucht.  Am  unedelsten  ist  der  B. 
dessen,  der  in  der  Loge  äussere  Vorteile 
und  Förderung  seiner  selbstsüchtigen 
Zwecke  zu  finden  wähnt  und  nur  Ent- 
täuschung auf  sich  ziehen  kann,  da  zu 
solchem  Zweck  der  Bund  nicht  vor- 
handen ist. 

Be/er,  1)  Georg  Friedrich  Eberhard 

von.   Geh.  Oberfinanzrat,  geb.   23.   Dez. 

1739  in  Halberstadt,  gest.  24.  Febr.  1818  in 

Berlin,  war  1776  erster  Direktor  der  Haupt- 

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106 


Beyerle  —  Bibel. 


Stempel-  und  Kartenkammer,  in  Berlin, 
1778  Mitglied  der  Oberrechnungskammer 
lind  bald  darauf  Geh.  Oberfinanzrat.  —  Auf- 
genommen in  den  Freimaurerbund  6.  Juli 
1776  in  der  Loge  Zur  Verschwiegenheit 
in  Berlin,  wurde  er  1778  deren  Meister 
vom  Stuhl,  was  er  beinahe  40  Jahre  ver- 
blieb, 1780  Mitglied  der  Grossen  National- 
MutterlogeZu  den  drei  Weltkugeln,  1797 
Mitglied  des  ßundesdirektoriums  und  1817 
zugeordneter  National-Grossmeister.  Er 
erwarb  sich  grosse  Verdienste  um  die 
GrundverfasBimg  seiner  Grossloge.  fV^gl. 
Gesch.  der  Grossen  National -Mutterloge 
Zu  den  drei  Weltkugeln  (1890),  S.  408.] 

2)  Konrad,  Schriftsteller,  geb.  13. 
Juli  1834  in  Pommersfelden  bei  Bam- 
berg, studierte  in  Ijeipzig  und  lebt  seit 
1886  in  Stuttgart  als  Hofrat.  B.  wid- 
mete sich  frühzeitig  der  Litteratur 
und  schrieb  »Erziehung  zur  Vernunft«. 
Seine  Übersiedlung  nach  Koburg  brachte 
ihn  in  Verbindung  mit  Friedrich  Rückert, 
über  den  er  mehrere  Schriften  veröffent- 
lichte. 1869  ging  er  nach  Eisenach.  Dort 
veröffentlichte  er  »Arja,  die  schönsten 
Sagen  aus  Indien  und  Iran«.  Dann 
folgten:  »Zur  deutschen  Kirchenreinigung«, 
und  »Leben  und  Geist  Ludwig  Feuer- 
bachs«. Auch  im  Drama  versuchte  sich  B. 
So  stammen  von  ihm  »Deutschlands  Kaiser. 
Willkommen«.  An  Dichtungen  seien  er- 
wähnt »Der  Nixe  Sang«,  »Lieb  und  Leid«, 
»Poetische  Aphorismen«,  »Erinnerungs- 
blätter aus  einer  Dichtermappe«.  1878 
folgte  das  kulturgeschichtliche  Werk 
»Zulbach«.  Besonders  hervorragend  ist 
seine  »Deutsche  Poetik«.  Aufgenommen 
in  den  Freimaurerbund  ward  B.  in  der 
Loge  Karl  zum  Bautenkranz  in  Hildburg- 
hausen 26.  Dez.  1878,  der  er  noch  ange- 
hört. Er  veröffentlichte  »Friedrich  Rückert 
als  Dichter  und  Freimaurer«  (Lpz.  1880). 
Auch  einen  freimaurerischen  Roman 
schrieb  B.  unter  dem  Pseudonym  C.  Byr 
mit  dem  Titel  »Erzherzog  Karls  Liebe« 
(Stuttg.  1888,  2  Bde.),  ebenso  eine  Bio- 
graphie Herzog  Ernsts  H. 

Beyerle,  Joh.  Ludw.  von,  Parlaments- 
rat in  !Nancy,  war  im  v.  Hundschen 
Tempelherrensystem  Komthur  des  zur  fünf- 
ten Provinz  (Burgund)  gehörenden  Kamtels 
in  Nancy.  Er  war  auch  auf  dem  Kon- 
vent zu  Wilhelmsbad  (s.  d.)  und  schrieb 
darauf  1788  eine  Oratio  de  conventu 
generali  Latomorum  apud  Aquas  Wilhel- 
minas prope  Hanoviam  (o.  0.  u.  J.),  über- 
setzt vom  Freiherm  v.  Knigge,  mit  An- 
merkungen und  Erläuterungen  u.  d.  T.: 
Abhandlung  über  die  allgemeine  Zu- 
sammenkunft der  Freimaurer  u.  s.  w.  (o. 
O.,  1784),  worin  er  mehrere  Verhandlungen 
des  Wilhelmsbader  Konvents  hart  an- 
greift, die  hernach  der  Advokat  Milan^s 
in  Lyon  in  seiner  R^ponse  aux  assertions 
contenues  dans  Pouvrage:  De  conventu 
etc.    (Lyon  1784)  [über  beide  Schriften  s. 


das  W.  J.  I,  4,  S.  208-214]  heftig  ver- 
teidigt hat.  Unter  anderm  schrieb  B. 
auch:  Essai  sur  la  Franc-Ma^onnerie,  ou 
du  but  essentiel  et  fondamental  de  la 
Franc-Ma^onnerie  etc.  (2  Tle.,  Latomo- 
polis  1784);  übersetzt  vom  Freiherrn  von 
knigge  u.  d.  T. :  Versuch  über  die  Frei- 
maurerei, oder  von  dem  wesentlichen 
Grundzwecke  des  Freimaurerordens  u.  s.  w. 
(2  Bde.,  o.  O.,  1785). 

Bialystock  (St.  im  russ.  Gouv.  Grodno, 
[1888]  56611  E.).  Hier  bestanden  nach- 
einander mehrere  Logen,  die  jetzt  sämtlich 
eingegangen  sind,  darunter:  1)  und  2) 
Zwei  Militärlogen:  die  Feldloge  Weg- 
weiser und  die  Armeeloge  Nr.  1,  er- 
stere  31.  Okt.,  letztere  10.  Nov.  1778  von 
der  Grossen  Landesloge  zu  Berlin  errichtet. 
8)  Die  Loge  Zum  goldnen  King,  von 
derselben  Grossloge  27.  Okt.  1804  durch 
V.  TEstocq  gegründet,  die  sich  1807  der 
Grossen  Loge  von  Bussland  Asträa  an- 
schloss  und  mit  den  übrigen  Logen  Buss- 
lands (s.  d.)  auf  kaiserlichen  Befehl  ihre  Ar- 
beiten schloss. 

BibeL  Die  Bibel  ist  eins  der  drei 
grossen  Lichter  (s.  d.),  auch  eins  der  heilig- 
sten Symbole  aer  Freimaurerei.  Da  sie 
mit  Winkelmass  und  Zirkel  zusammen- 
gestellt und  diese  beiden  der  Freimaurerei 
nur  bildlich  zugeeignet  sein  können,  so 
kann  auch  die  Bibel  nur  vorwiegend 
symbolische  Bedeutung  haben.  Sie 
ist  das  Sinnbild  wahrer  Beligiosität  und 
Frömmigkeit,  die  einer  Beligion,  in  der 
alle  Menschen  übereinstimmen,  auch 
wenn  sie  verschiednen  Beligionen  oder 
Konfessionen  angehören,  nämlich  des  Glau- 
bens an  Gott,  an  eine  sittliche  Weltord- 
nung und  an  den  endlichen  Sieg  des 
Guten  in  der  Welt,  sowie  einer  Frömmig- 
keitj  die  nicht  mit  der  Anerkennung  dog- 
matischer Formeln  erschöpft  ist,  sondern 
die  Gott  verehrt  im  Geist  und  in  der 
Wahrheit,  d.  h.  durch  Vertrauen  auf  Gott 
und  Ergebung  in  seinen  Willen,  durch 
Erfüllung  der  göttlichen  Gebote  und  durch 
werkthätige  Nächstenliebe.  Der  B.  sind 
Winkelmass  und  Zirkel  als  ebenbürtige 
Zeichen  beigeordnet,  und  in  der  That  be- 
darf auch  eins  des  andern:  die  rechte 
Frömmigkeit  ist  stets  mit  Gewissenhaftig- 
keit und  allgemeiner  Menschenliebe  ver- 
bunden, ebenso  die  Gewissenhaftigkeit 
mit  Frömmigkeit  und  Menschenliebe,  und 
endlich  giebt  es  keine  wahrhaftige 
Menschenliebe  ohne  Frömmigkeit  und 
Gewissenhaftigkeit.  Da  die  B.  innerhalb 
der  Freimaurerei  kein  dogmatisches 
Ansehen  hat,  so  dass  sie  als  alleinige 
Quelle  der  Glaubenslehren  zu  betrachten 
wäre,  so  könnte  an  ihrer  Stelle  zwar  auch 
ein  andres  Sinnbild  eingesetzt  werden. 
Der  Mohammedaner  könnte  den  Koran 
wählen,  wie  dies  z.  B.  in  Ostindien  ^ 
bräuchlich  ist,  und  der  Israelit  die  Heilige 
Schrift  Alten  Testaments.  Aber  eben 
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Biberach  —  Bielfeld. 


107 


weil  die  B.  nur  Zeichen  ist,  können 
auch  Mohammedaner  und  Israeliten  diese 
älteste,  geheiligte  Urkunde  der  Erziehung 
des  Menschengeschlechts  als  maurerisches 
Heiligtum  verehren.  Ein  derartiges  Werk 
könnte  recht  eigentlich  als  eine  grosse 
Leuchte  der  Freimauerei  erscheinen;  und 
dennoch  wäre  auch  dieses  Buch  nur  ein 
Sinnbild  der  allgemein-menschlichen  Fröm- 
migkeit, die  ihrer  Natur  nach  viel  mehr 
unSiasst,  weit  mehr  Entwickelungen  in 
sich  trägt,  als  dieses  vielenthaltende  Buch 
zum  Ausdruck  brächte.  Die  B.  hat  aber 
nicht  nur  formelle,  sondern  auch  mate- 
rielle Bedeutung.  Die  Stifter  der 
Freimaurerei  gaben  der  B.  den  höchsten 
Rang  im  maurerischen  Gebrauch.  Sie 
erschien  ihnen  in  richtiger  Beurteilung 
ihres  Wertes  als  die  wichtigste  Quelle 
religiöser  und  sittlicher  Erkenntnis,  die 
insbesondere  dadurch,  dass  sie  die  all- 
gemeine Menschenliebe  predigt  und  die 
relativ  vollkommenste  Sittenlehre  ver- 
mittelt, dermassen  befruchtend  auf  die 
Herzen  und  Geister  einzuwirken  vermag, 
dass  eine  Weltanschauung  zur  Blüte  ge- 
langen kann,  die,  wenn  sie  Gemeingut 
der  Menschheit  würde,  die  beste  Bt&g- 
schaft  böte  fOr  die  möglichste  Annähe- 
herung  an  die  Ideale,  denen  die  Frei- 
maurerei zustrebt.  IVotzdem  ist  doch 
von  einzelnen  Logen  und  Grosslogen  der 
Versuch  gewagt  worden,  die  B.  aus  den 
Maurertempeln  zu  entfernen  und 
durch  ein  weisses,  unbeschriebenes  Buch 
(s.  d.)  mit  der  Aufschrift  »Gott«  oder  gar 
durch  das  Verfassungsbuch  (Grossorient  von 
Frankreich)  zu  ersetzen.  Man  hat  sich  aber 
meist  von  diesem  verwässerten  Gebrauchtum 
zu  dem  ursprünglichen,  kraft-  und  geda^en- 
vollen  zurückgefunden.  —  In  einzelnen 
Lelirarten  bleibt  die  B.  nicht  geschlossen, 
sondern  wird  im  Evangelium  Jo- 
hannes (K.  1,  V.  6,  7)  aufgeschlagen. 
Diese  Massregel  erfüllt  ihren  Zweck  nicht; 
denn  auch  bei  der  aufgeschlagnen  Steile 
bleibt  doch  der  übrige  Inhalt  bestehen. 
Zudem  darf  man  sich  der  Wahrheit  nicht 
verschliessen,  dass  die  Freimaurerei  so 
manches  vom  Mosaismus  aufgenommen 
hat  und  dass  ausserdem  das  Christentum 
jenen  zur  notwendigen  Voraussetzung  hat. 
—  Der  Antrag,  im  Ritual  das  Wort  B. 
durch  »Evangelium«  zu  ersetzen,  wurde 
von  der  Grossloge  von  Ungarn  1899  ab- 
gelehnt. [Vgl.  O.  1899,  S.  159.  Horst- 
mann und  btraus,  Archiv  far  Freimaurerei, 
IV.  Bd.,  H.  8,  S.  285  fg.  Krause,  Kunst- 
urkunden L  2,  864  fg.  Fischer,  Katechis- 
mus, I,  S.  44,  ^.  Fischer,  Ritual 
und  Symbol  (1878),  S.  118—125.  Marbach, 
Katechiamusreden  J.  (4.  Aufl.  1892),  S. 
156—169.  Dietrich,  Aus  vergangenen  Tagen 
(Altbg.  1889),  S.  286.  Holtschmidt,  Ketzer- 
reden (Lpz.  1889),  S.  75.  Kippenberg, 
Helle  Strahlen  aus  dem  Orient  (Lpz.  1890), 
S.    38.     Döring,    Die    Bibel    des    Frei- 


maurers (1883).  Schauberg,  Symbolik  der 
Freimaurerei  (Schaff h.  1861)  I,  S.  280. 
Bst.  R.  1883,  S.  100.  Bh.  1888,  S.  128; 
1889  S.  361.  BZC.  1891,  S.  312;  1899, 
S.  400.  FZ.  1847,  S.  201;  1858,  S.  65; 
1868,  S.  153;  1892,  S.  185.  L.  1886,  S. 
36;  1895,  S.  25.  M.  L.  1884/85,  S.  84; 
1886/87,  S.  204;  1887/8,  S.  95;  1897/98, 
S.  177.    H.  L.  1899,  S.  2786. 

Biberaeh  (St.  im  Königr.  Württemberg, 
8251  E.).  Am  7.  Dez.  1865  wurde  hier  ein 
Maurerkränzchen  Wieland  zur  treuen 
Freundschaft  gegründet,  das  1871  ein- 
gegangen ist. 

BibUographie,  s.  Bücherei,  Bücher* 
künde. 

Bibliothek,  s.  Bücherei. 

Bibliothekar,  s.  Büoherwart. 

Bieberstein,  s.  Marschall  v.  B. 

Biebrieh  (St.  in  der  preuss.  Prov.  Hessen- 
Nassau,  12292  E.).  1)  Hier  bestand  im  18. 
Jahrhundert  eine  Loge  Zur  beständigen 
Einigkeit,  die  schon  1766  von  Schubart 
(s.  d.)  zur  strikten  Observanz  beizutreten 
veranlasst  wurde,  was  aber  erst  25.  Juli 
1778  geschah.  An  ihrer  Spitze  stand  unter 
andern  der  regierende  Fürst  Karl  Wilhelm 
zuNassau-Usingen(s.  d.).  Sie  ist  wahrschein- 
lich 1783  in  die  Loge  Zur  beständigen  Einig- 
keit in  Wiesbaden  übergegangen.  [Vgl. 
Roth,  Rückblick  auf  die  25 jähr.  Thätig- 
keit  der  Loge  Plato  zur  beständigen  Einig- 
keit in  Wiesbaden  (Wiesbaden  1883),  S.  6.] 
2)  Jetzt  besteht  hier  unter  der  Loge  Plato 
in  Wiesbaden  ein  maurerisches  Kränzchen 
Carolus  an  dem  Rhein,  gest.  29.  Aug. 
1890,  eingew.  10.  Okt.  1890.  Mitglieder- 
zahl (1899):  9.  Vers.  2.  Freitag  im  Monat. 
Lokal:  H6tel  Nassau,  Rheinstrasse  8. 

Bielefeld  (St.  in  der  preuss.  Prov.  West- 
falen, 47455  E.).  1,  Die  unter  der  Grossen 
Landesloge  zu  Berlin  21.  Dez.  1780  in 
Minden  gegründete  Loge  Aurora  ist 
1793/94  hierher  verlegt  worden,  wurde  am 
4.  Juli  1800  nach  Minden  zurück^erlegt 
und  am  12.  Febr.  1809  geschlossen.  Am  21. 
Nov.  1885  ist  sie  in  Minden  (s.  d.)  wieder  auf- 
gelebt, n.  Unter  der  Grossen  National- 
Mutterloge  Zu  den  drei  Weltkugeln  wurde 
1)  5.  Dez.  1844  die  Loge  Armin  zur 
deutschenTreue gegründet.  Mitglieder- 
zahl (1899):  134.  Vers.  Mittwochs;  Ferien: 
Juli  bis  Sept.  Eignes  Logenhaus,  Brüder- 
strasse 5  (eingew.  25.  Nov.  1875.)  Lokal- 
statut von  1879.  Verzeichnis  der  Bücher- 
sammlung von  1888.  Milde  Stiftung: 
Schwesternheil  von  1877  zur  Unterstützung 
hilfsbedürftiger  Witwen  und  Töchter  heim- 
gegangener  Logenmitglieder.  2)  Delegierte 
altschottischeLogeZur  deutschenTreue 
in  Ravensberg,  gegr.  12.  Nov.  1862. 

Bielfeld,  Jakob  Friedrich,  Frei- 
herr V.,  geb.  31.  März  1717  in  Hamburg, 
gest.  5.  April  1770  in  Treben,  Kaufmann, 
wurde  14.  Dez.  1737  von  der  ersten  Ham- 
burger Loge  in  den  Freimaurerbund  auf- 
genommen und  4.  Jan.  1738  deren  Mit^ljed 
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i'i? 


108 


Bielitz  —  Birkenfeld. 


und  Sekretär.  Zur  Abordnung  gewählt, 
die  nach  Braiinschweig  ging,  um  den 
preussischen  Elronprinzen  friedrich  (nach- 
mals Friedrich  II.)  in  den  Freimaurer- 
bund aufzunehmen,  war  er  bei  dieser 
Aui&iahme,  14.  Aug.  1738,  als  Sekre- 
tär und  Bedner  thätig.  Als  10.  Sept. 
V.  Obere  (8.d.)  aus  der  Loge  austrat,  deckte  er 
ebenfaus  und  ging  an  den  Hof  von  Bheins- 
berg  zum  preussischen  Kronprinzen.  B. 
trat  1740  in  dessen  Dienst  als  Legations- 
rat bei  dem  Departement  der  auswärtigen 
Angelegenheiten,  wurde  1745  zweiter  Hof- 
meister des  Prinzen  Ferdinand,  1747  Ober- 
aufseher aller  preussischen  Universitäten 
und  Direktor  des  Hospitals  in  Berlin,  1747 
OeheimerEat,  wurde  oann  in  den  Freiherm- 
stand erhoben  und  1750  durch  Heirat  Eigen- 
tümer der  Güter  Treben  und  Haselbach 
im  Herzogtum  Sachsen- Altenburg.  In  der 
Loge  am  15.  oder  16.  Juni  1740,  in  der 
König  Friedrich  11.  kurz  nach  dem  Tode 
seines  Vaters  den  Hammer  führte,  war  B. 
mit  Jordan  Aufseher.  Er  war  Mitstifter 
der  Loge  Zu  den  drei  Weltkugeln  und 
von  1754—57  ihr  Grossmeister.  Von  1757 
bis  1763  lebte  B.  wieder  in  Hamburg,  aber 
man  hat  keine  Spur  davon,  dass  er  sich 
um  das  dortige  Logenleben  bekümmerte, 
obgleich  sein  Bruder,  Kaufmann  Jo- 
himnes  B.,  bis  1760  Meister  vom  Stuhl  der 
Loge  St.  Georg  war.  Unter  seinen  Schriften 
sind  hervorzuheben:  Lettres  familiäres  et 
autres  (Haag  1763  und  1767),  deutsch 
(Danzig  1765  und  1770.)  In  diesen  findet 
sich  S.  88  eine  Nachricht  über  die  Auf- 
nahme des  Kronprinzen  Friedrich.  [Vgl. 
FZ.  1890,  S.  164.    Zd.  1846,  S.  84.    Anm.] 

Bieliti  (St.  in  Österr.-Schlesien).  Hier 
bestand  ein  maurerischer  Verein,  der  be- 
hördlich als  Filiale  des  Vereins  *  Humani- 
tas« in  Wien  genehmigt  war.  Die  Mit- 
glieder gehörten  durchweg  Logen  in  Preuss.- 
ßchlesien  an.  Der  Verein  ist  indes  wieder 
eingegangen,  wird  wenigstens  seit  1892 
ni<£t  mehr  aufgefCLhrt. 

Biester,  Joh.  Erich,  Bibliothekar  der 
königl.  Bibliothek  und  Mitglied  der  Aka- 
demie der  Wissenschaften  in  Berlin,  geb. 
17.  Nov.  1749  in  Lübeck,  gest.  20.  Febr. 
1816  in  Berlin,  wurde  1773  in  Bützow  und 
1777  im  Bureau  des  preuss.  Staatsministers 
von  Zedlitz  angestellt  und  1784  köniffl. 
Bibliothekar.  Er  hat  sich  um  die  deutsche 
Litteratur,  namentlich  durch  die  Heraus- 
gabe der  einflussreichen,  im  Sinne  der  Auf- 
klärung wirkenden  »Berlinischen  Monats- 
schrift« (1788—1811)  sehr  verdient  gemacht. 
Indem  er  darin  mit  Nicolai  (s.  d.)  insbe- 
sondere auch  gegen  den  Jesuitismus  an- 
kämpfte, der  sich  in  die  Logen  einzu- 
drängen suchte,  geriet  er  in  Streitigkeiten. 
Er  war  viele  Js&e  hindurch  Beamter  der 
Grossen  Landesloge  von  Deutschland  in 
Berlin  und  Meister  vom  Stuhl  der  Loge 
Zum  goldnen  Pflug  daselbst  und  wirkte 
segenweich  für   die  Freimaurerei.     [Vgl. 


Lowe,  B.'s  Bildnis  und  Selbstbiographie 
(Berl.  1806).    A.  1824,  S.  184.] 

B^oiiy  s.  Mitgliedueiohen. 

Binde  wird  bei  der  Aufnahme  gebraucht. 
Der  mit  ihr  Bekleidete  giebt  einen  Beweis 
seines  unbedingten  Vertrauens,  das  von 
jedem  verlangt  werden  muss,  der  in  den 
Freimaurerbund  aufgenommen  zu  werden 
wünscht.  Femer  soll  der  Suchende  durch 
sie  die  Verschwiegenheit  lernen,  auf 
die  er  später  sein  feierliches  Gelübde  ab- 
legt. Da  durch  die  B.  der  Blick  von 
allen  Äusserlichkeiten  abgewendet  und 
mehr  auf  das  Innenleben  gerichtet  wird, 
empfängt  der  Neuling  einen  Ansporn, 
sich  nicht  mit  dem  natürlichen  Lichte,  das 
die  Augen  vermitteln,  zu  begnügen,  sondern 
mit  dem  Fallen  der  B.  auch  Irrtümer  und 
Vorurteile  (s.  d.)  abzulegen  und  dem  reinen 

Geistigen  Lichte  zuzustreben,  das  die 
eele  erwärmt  und  kräftigt,  zu  wirken  im 
Sinne  dessen,  der  die  Liebe  ist.  [Vgl. 
Fischer,  Lehrlings-Katechismus  (29.  Aul., 
Lpz.  1900),  S.  24.  Marbach,  Eatechismus- 
reden  J.  (1892),  S.  75.  Bahnson,  Instruk- 
tionsvorti^e  über  den  Eklektischen  Kate- 
chismus, 1.  Teil,  S.  77—80.  A.  1888,  S.  155. 
FZ.  1857,  S.  11.] 

Bingen  (St.  im  Grossherzogtum  Hessen, 
8187  E.).  L  Schon  Anfang  des  19.  Jahr- 
hunderts wurden  teilweise  hier  von  der 
Lo^e  Les  amis  r^unis  de  la  Nahe  et  du 
Bhin  in  Kreuznach  (s.  d.)  aus  einzelne  Ar- 
beiten abgehalten.  H.  Am  3.  Jan.  1860 
bildete  sich  ein  maurerisches  Kränzchen 
unter  der  Alzeyer  Loge,  das  am  16.  Juni 
1861  eröflhet  wurde  [vgl.  Bh.  1861,  S.  2891 
und  sich  zur  jetzigen  Loge  Zum  Tempel 
der  Freundschaft  unter  der  Grossen 
Freimaurerloge  Zur  Eintracht  ausbildete, 
gegr.  14.  Apnl  1867,  versehen  mit  Protek- 
torats-TJrkunde  des  Grossherzogs  Ludwig  II. 
vom  24.  Mai  1867,  ein^ew.  7.  Juli  1867. 
Eignes  Logenhaus,  Martinstr.  Nr.  10,  ein- 
gew.  17.  Juni  1883.  Mitgliederzahl  (1899): 
70.  Vers.  Mittwochs.  Ferien:  Juli  bis 
August  oder  September.  Milde  Stiftungen : 
Kapital  2500  M.  —  Am  1.  Juni  1860,  25.  Mai 
1862,  7.  Juni  1885  und  2.  Juni  1889  wurden 
hier  allgemeine  Frühlingsfeste  abgehalten. 
[Vgl.  Bh.  1860,  S.  385;  1862,  S.  181.  FZ. 
1885,  S.  222.    Bbl.  1889,  S.  368,] 

Bireh-Hir8€hfeId,Dr.med.FelixViktor, 
Universitätsprofessor  und  Geh.  Medizinal- 
rat in  Leipzig,  geb.  2.  Mai  1842  in  BQuven- 
siek  in  Holstein,  gest.  18.  Nov.  1899  in 
Leipzig,  war  einer  der  namhaftesten  Patho- 
logen seiner  Zeit  und  hat  diesen  Ruf  durch 
sein  »Lehrbuch  der  pathologischen  Ana- 
tomie« (4.  Aufl.,  Lpz.  1889)  begründet.  B. 
wurde  24.  Ajril  1862  in  der  Loge  Ferdinand 
zum  Felsen  m  Hamburg  in  den  Freimaurer- 
bund  aufgenommen  und  schloss  sich  8.  Jan. 
1880  der  Loge  Zum  goldnen  Apfel  in 
Dresden  an.    [Vgl.  L.  1899,  S.  200.] 

Birkenfeld  (Hauptst.  des  Oldenburg. 
Fürstentums  Birkenfeld,  2341  E.).    Loge 

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Birma  —  Blasewitz. 


109 


daa.:  Zur  Pflichttreue,  gegr.  von  der 
Grossen  Loge  von  Hamburg  18.  Febr.  1837, 
begann  ihre  Arbeiten  vorläufig  28.  März 
im  Lokal  der  Loge  in  Saarlouis,  setzte  sie 
3.  Mai  in  B.  fort,  wurde  aber  erst  5.  Sept. 
desselben  Jahres  eingeweiht,  unterbrach 
ihre  Arbeiten  im  August  1847  und  nahm 
sie  1.  Nov.  1848  wieder  auf.  Mitglieder- 
zahl (1900):  54.  Vers,  den  2.  Sonnabend 
im  Monat.    [Vgl.  HZC.  1897/98,  Nr.  158.] 

Birma,  s.  Ostindien. 

Biseboff  1)  Johann  Nikolaus,  Hof- 
und  Justizrat  in  Dresden,  geb.  1756  in 
Weimar,  gest.  24.  Okt.  1833  in  Dresden, 
war  Professor  in  Helmstedt  und  wurde 
1803  als  Hof-  und  Justizrat  an  die  Landes- 
regierung nach  Dresden  berufen.  B.  war 
ein  ausgezeichneter  Jurist,  begeistert  für 
das  Recht  (sein  Eintreten  fftr  die  Unschuld 
im  Fonkscheu  Kriminalprozess  zu  Trier 
1820/21  machte  seinen  Namen  weit  be- 
kannt); er  war  zugleich  Schriftsteller  und 
Dichter.  —  B.  wurde  7.  April  1782  in  der 
Loge  Augusta  zu  den  drei  Flammen  in 
Göttingen  aufgenommen,  kam  während 
seines  Aufenthalts  in  Helmstedt  mit  Herzog 
Ferdinand  von  Braunschweig  (s.  d.)  in  viel- 
fache Berührung  und  schloss  sich  1806  der 
Loge  Zum  goldnen  Apfel  in  Dresden  an. 
16  Jahre  war  er  Meister  vom  Stuhl  dieser 
Loge;  bei  der  Errichtung  der  Grossen 
Landesloge  von  Sachsen  war  er  sAa  Ver- 
treter der  Loge  in  Triebel  thätig.  Seine 
Loge  ernannte  ihn  zu  ihrem  Senior  und 
Altmeister  und  beging  sein  50jähriges 
Maurerjubiläum  in  feierlichster  Weise,  wo- 
bei ihm  ein  Lorbeerkranz  aufs  Haupt  ge- 
drückt und  eine  silberne  Schale  mit  einem 
goldnen  Granatapfel  überreicht  wurde. 
[Vgl.  Falkenstein,  Karl,  Erinnerung  an 
Joh.  Nik.  B.  (Dresd.  1837).  Jubelfeier  des 
Br.  B.  am  7.  April  1832  presd.  1832)]. 

2)JosephEauardKonrad,untermNa- 
menKonradv.Bolanten  bekannter  ultra- 
montaner Romanschriftsteller,  geb.  9.  Aug. 
1828  in  Niedergailbach  in  der  Kheinpfalz, 
wurde  1852  Domkaplan  in  Speyer  und 
später  Pfarrer  in  mehreren  Orten.  Seit 
1869  lebt  er  in  Speyer.  Papst  Pius  IX. 
ernannte  ihn  1872  zum  Wirklichen  Geh. 
Kammerherm.  B.  schrieb  eine  grosse 
Anzahl  von  Romanen  mit  ausgesprochen 
ultramontaner  Tendenz.  Gegen  die  Frei- 
maurerei erschien  von  ihm  »Kelle  oder 
Kreuz.ErzählungfürdasVolk.(Mainzl871), 
das  vielfach  aufgelegt  und  auch  ins 
Polnische  übersetzt  wurde.  Dagegen  richtet 
sich  die  Schrift:  »Bjreuz  und  Kelle.  Er- 
zählung für  das  Volk  von  Kurt  v.  Polanten« 
(Wesel  1873),  die  ebenfalls  mehrfache  Auf- 
lagen erlebte. 

Bisehoffirerder,  J  o  h.  R  u  d  o  1  f  v.,  preuss. 
(General,  geb.  13.  Nov.  1741  in  Ostermondra 
bei  Eckartsberga,  gest.  81.  Okt.  1803  in 
Potsdam,  machte  die  letzten  Jahre  des 
siebenjährigen  Krieges  auf  preussischer 
Seite    mit,    war   sächsischer  Kammerherr 


und  trat  dann  wieder  in  preussische  Dienste, 
wo  er  sich  des  Königs  Friedrich  Wil- 
helm n.  Vertrauen  zu  erwerben  wusste.  Nach 
dessen  Tode  wurde  er  1803  in  den  Ruhestand 
versetzt.  —  Li  den  Freimaurerorden  trat 
er  als  Student  in  der  Loge  Philadelphia 
in  Halle  25.  Nov.  1758,  ging  dann  zu 
dem  V.  Hundschen  Tempelherrensystem 
über,  fand  sich  aber  auch  hier  nicht  be- 
friedigt, da  er  im  Maurerbunde  Alchemie 
und  Magie  suchte.  Vom  Herzog  Karl  von 
Kurland  (s.  d.),  in  dessen  Diensten  er  stand, 
wurde  er  1773  nach  Leipzig  gesandt,  um 
die  Geheimnisse  Schrepfers  (s.  d.),  der  die 
wahre  Maurerei  zu  besitzen  behauptete,  zu 

E rufen,  Hess  sich  vollständig  von  diesem 
ethören  und  auch  nicht  von  seinem 
Glauben  an  ihn  abbringen,  obwohl  Schrepfer 
sich  vor  seinen  Augen  erschoss.  Auch 
von  dem  Charlatan  Gugomos  (s.  d.),  der 
auf  dem  Konvent  zu  Wiesbaden  (s.  d.)  eine 
Rolle  spielte,  war  er  so  eingenommen,  dass 
er  ihn  nach  Cypern,  wo  der  oberste  Ordens- 
meister seinen  Sitz  haben  sollte,  begleiten 
wollte,  um  den  deutschen  Rittern  die  höch- 
sten Belehrungen  zu  verschaffen.  Es  wurde 
ihm  zur  fixen  Idee,  dass  Rosenkreuzer  und 
Alchemisten  im  Besitz  der  grössten  Ge- 
heimnisse in  Bezug  auf  Geisterbeschwö- 
rungen und  Goldmacherei  wären,  er  war  un- 
glücklich darüber  und  mass  sich  selbst  die 
Schuld  bei,  dass  er  nicht  dahinter  kommen 
konnte.  In  Potsdam  leitete  er  später  die 
Rosenkreuzerloge  und  weihte  auch  Fried- 
rich Wilhelm  H.  in  die  Geheimnisse  der 
Rosenkreuzerei  ein. 

Blschofswerda  (St.  im  Königr.  Sachsen, 
5950  E.).  Hier  besteht  unter  der  Loge 
Zum  goldnen  Apfel  in  Dresden  ein  mau- 
rerisches Kränzchen,  gest.  20.  März  1875. 
Mitgliederzahl  (1899):  16. 

BJerken,  Johann  v.,  schwedischer 
Kanzleirat  und  Ritter,  geb.  7.  Nov.  1725, 
gest.  28.  Aug.  1780,  bekleidete  das  Amt 
eines  Expe£tionssekretärs  und  köniffl. 
Kanzleirats  und  war  1765 — 80  wortführender 
Meister  der  Schottenloge  St.  Eduard  in 
Stockholm.  Ihm  zu  Ehren  wurde  1780 
eine  Denkmünze  geprägt  [vgl.  HMW. 
Nr.  179]. 

Blankenbnrg  (St.  im  Herzogtum  Braun- 
schweig, 9289  E.).  1)  Die  1807  oder  1808 
in  Halberstadt  (s.  d.)  gegründete  Loge  Zur 
aufgehenden  Sonne,  die  sich  1810  unter 
die  Grosse  Landesloge  von  Deutschland 
stellte,  1826  oder  1827  aber  wieder  einging, 
arbeitete  hier  eine  Zeitlang.  —  2)  Seit 
11.  Okt.  1864  besteht  hier  ein  Kränzchen 
unter  der  Loge  in  Braunschweig.  Mit- 
gliederzahl (1899):  20. 

Blankenese  (Dorf  in  der  preuss.  Prov. 
Schleswig-Holstein,  4090  E.).  Hier  besteht 
unter  der  Loge  Karl  zum  Felsen  in  Altena 
eine  freimaurerische  Vereinigung  Zur 
Eintracht,  gest.  1896. 

Blasewits  (Dorf  bei  Dresden  im  Königr. 
Sachsen,  6304  E.).    Hier  besteht  jjeitlJ® 3 


110 


Blau 


Blücher-Altona. 


«ine  freimaurerische  Vereinigung.  Mit- 
gliederzahl (1899):  52.    Vers.  Dienstags. 

Blan  bedeutet  in  der  Freimaurerei  haupt- 
sächlich die  Treue  und  Beständigkeit,  die 
den'  wahrhaft  guten  Menschen  und  Maurer 
als  erprobt  und  bewährt  darstellt.  Daher 
zeigt  sich  an  der  Kleidung  des  Gesellen 
B.,  und  an  der  Kleidung  des  Meisters 
findet  sich  die  meiste  b.  Farbe.  Das  B.  der 
Freimaurerei  ist  das  des  Himmels  (Azur- 
blau), der  über  den  Wolken  in  wechsel- 
loser, ewiger  Bläue  prangt.  [Vgl.  M.  L. 
1887/88,  S.  171.) 

Blane  Grade.  Die  drei  untersten  Grade 
aller  Lehrarten  oder  die  drei  Grade  der 
Johannismaurerei  (s.  d.),  auch  symbolische 
Orade  genannt,  haben  die  blaue  Farbe  an 
Schürzen  und  Bändern,  daher  sie  auch 
nach  dieser  Farbe  benannt  werden.  Die 
hohem  Grade  haben  andre  vorherrschende 
Farben,  z.  B.  ziegelrot,  grün. 

Bleiwage  s.  Wasserwage. 

Blinde.  Die  Frage  über  die  Aufnahme- 
fähigkeit der  Blinden  zu  Freimaurern  ist 
mehrmals  besprochen  worden.  Da  die  Frei- 
maurerei hauptsächlich  in  Sinnbildern  dar- 
gestellt wird,  ist  es  allerdings  wünschens- 
wert, dass  diese  geschaut  weraen.  Dennoch 
ist  die  äussere  Erscheinungsform  nicht  das 
Wesen,  und  an  dem  geistigen  Wesen  können 
«ich  die  Blinden  vollständig  beteiligen,  ja 
sogar  auch  von  den  Sinnbildern  sich  Vor- 
stellung verschaffen.  —  Die  Loge  zu  Darm- 
Ätadt  nahm  20.  Jan.  1817  einen  b.  reisenden 
Tonkünstler,  Franz  v.  Conradi,  19  Jahre  alt, 
in  den  Bund  auf.  Bei  der  Aufhahme- 
ieierlichkeit  suchte  man  hauptsächlich  auf 
-das  Gefühl  und  Gehör  zu  wirken.  Die 
Beschreibung  dieser  Aufnahme  erschien 
als  Handschrift  für  Brüder  besonders  ge- 
druckt u.  d.  T.:  Eitual  bei  der  Aufnahme 
eines  Blinden  in  den  Freimaurerorden  von 
G.  V.  Wedekind  (Darmstadt  1817).  [Vgl. 
Aufnahme.    FZ.  1863,  8.  198.] 

Biomberg,  Georg  Friedrich  Sigis- 
mund,  Freiherr  V.,  geb.  13.  Sept.  1784  in 
Iggershausen  in  Lippe-Detmold,  gest.  9. 
Okt.  1855  das.,  studierte  die  Rechte  in  Göt- 
tingen und  Jena  und  trat  dann  in  Lippesche 
Dienste.  Er  verliess  diese  nach  dem  Krieg 
1806  und  1807  und  nahm  später  Dienste 
in  der  russisch-deutschen  Legion,  um  gegen 
Napoleon  zu  kämpfen.  Die  Feldzüge  1813 
bis  1815  machte  er  im  preussischen  Heere 
mit.  Er  ging  dann  zur  Verwaltung  über 
und  war  zuletzt  im  Ministerium  des  Innern 
als  Wirkl.  Geh.  Regierungsrat  thätig.  1843 
schied  er  aus  seiner  Stellung.  —  In  der 
Loge  Ferdinand  zur  Glückseligkeit  zu 
Magdeburg  wurde  er  als  Freimaurer  auf- 

§enommen  und  schloss  sich  17.  Okt.  1834 
er  Loge  Zur  Eintracht  in  Berlin  an.  Der 
Grossloge  gehörte  er  seit  1839,  dem  Bundes- 
direktorium von  1839 — 43  an.  Vornehm- 
lich durch  seine  Bemühungen  wurde  1841 
-die  Loge  Georg  zur  wachsenden  Palme  in 
Arolsen  und  1844  die  Loge  Zur  Rose  im 


Teutoburger  Walde  in  Detmold  gestiftet. 

Sgl.  Geschichte  der  Grossen  National- 
utterloge  Zu  den  drei  Weltkugeln  (Brl. 
1890)  S.  410.] 

Bloomiogton  (St.  im  nordamerikan.  Staat 
lUinois  (1890)  20484  E.).  Hier  besteht 
unter  der  einheimischen  Grossloge  eine  in 
deutscher  Sprache  arbeitende  Loge  Mozart 
Nr.  656,  gegr.  4.  Okt.  1870.  Vers.  2.  und  4. 
Dienstag. 

Blfielier,  Gebh.  Leber,  v.,  Fürst  von 
Wahlstadt,  preuss.  Generalfeldmarschall, 
geb.  16.  Dez.  1742  in  Rostock,  gest.  12. 
Sept  1819  auf  seinem  Gute  Krieblowitz 
bei  Breslau,  der  bekannte  Held  der  Frei- 
heitskriege 1813 — 15,  wurde  in  den  Frei- 
maurerbund am  6.  Febr.  1782  in  der 
Loge  Augusta  zur  goldenen  Krone  in  Star- 
gard  in  Pommern  aufgenommen,  in  deren 
Listen  er  bis  1803  gefahrt  wird.  Er  war 
ein  sehr  eifriges  Mitglied  des  Bundes.  Als 
Generalmajor  bei  Emmerich  besuchte  er 
in  den  Jahren  1800  und  1801  die  dortige 
Loge  Fax  inimica  malis  häufig  und  führte 
ihr  auch  seine  Söhne  als  Mitglieder  zu. 
In  Hamm  erhielt  er  die  Weihe  als  alt- 
schottischer Meister  und  wurde  auch  hier 
auf  die  fünfte  Stufe  der  Grossen  National- 
Mutterloge  Zu  den  drei  Weltkugeln  (1803) 
befördert  Vom  18.  Aug.  1802  bis  8.  Sept. 
1806  war  er  versitzender  Meister  vom  Stuhl 
der  Loge  Zu  den  drei  Balken  in  Münster 
[vgl.  Förster,  Die  vierjährige  Hammer- 
führung des  Feldmarschall  Geohard  Lebe- 
recht von  B.  in  Münster  (1895)];  sein  von  ihm 
geschenktes  Bild  ziert  noch  jetzt  den 
Bankettsaal.  Bis  zu  seinem  Tode  wurde 
er  in  den  Listen  als  Ehrenmitglied  der 
Loge  fortgeführt.  1811  war  er  Mitglied  der 
in  Schwedt  a.  O.  gegründeten  Feldloge 
Nr.  1.  Aus  dem  Feldzug  zurückgekehrt, 
wurde  er  in  Bruderkreisen  hoch  geehrt.  So 
veranstfdtete  die  Grosse  National-Mutter- 
loge  Zu  den  drei  Weltkugeln  ihm  zu  Ehren 
ein  Festmahl  21.  Aug.  1814  [vgl.  Geschichte 
dieser  Loge  S.  137].  Die  Loge  Archimedes 
zu  den  drei  Reissbrettern  in  Altenburg, 
wo  er  im  April  1813  wenige  Tage  vor  der 
Schlacht  bei  Lützen  mehrere  Stunden 
mit  V.  Gneisenau  und  v.  Scharnhorst  (s. 
d.),  sowie  am  26.  April  1813  in  der  Loge 
geweilt  hatte,  und  die  vereinigten  Logen 
in  Rostock  ernannten  ihn  zu  ihrem  Ehren- 
mitglied, erstere  1814,  letztere  1816  bei 
seiner  dortigen  Anwesenheit.  [Vgl.  Taute, 
Blücher,  der  Held  der  Freiheitskriege,  als 
Freimaurer  (Ulm  1882).  A.  IV,  S.  138. 
FZ.  1866,  S.  286.  Dietrich,  Blätter  der 
Erinnerung  (Altbg.  1889),  S.  87  fg.  Kurze 
Geschichte  der  Loge  in  AJtenburg  (Altb. 
1868),  S.  41,  118.  H.  L.  1898,  S.  2709. 
L.  XVm,  S.  138.  Geschichte  der  Grossen 
National-Mutterloge  Zu  den  drei  Welt- 
kugeln (Brl.  1890),  S.  137,  411.] 

Bl&eher-Altona,  Konrad  Daniel, 
Graf  V.,  Begründer  der  Linie  B.-A.,  geb.  29. 
Febr.  1764  in  Prenzlin  (Mecklenburg^,  gest. 
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Blum  —  Bluntsohli. 


111 


1.  Aug.  1845  in  Altona  als  dänischer  Geh. 
Konferenzrat  und  Oberpräsident  yon  Al- 
tona, war  ein  Enkel  des  Oheims  des  Fürsten 
B.,  machte  sich  1813  und  1814  um  Altona 
verdient  und  wurde  1818  in  den  dänischen 
Grafenstand  erhoben.  Er  wurde  in  der 
Loge  Christian  zur  Palme  in  Kopenhagen 
in  den  Freimaurerbund  aufgenommen  und 
war  1817  bis  zu  seinem  Tod  Obermeister 
der  altschottischen  Direktorialloge  Klarl 
zur  heiligen  Wahrheit  in  Altona  (s.  d.). 

Blum,    Bobert,    politischer   Agitator, 

feb.  10.  Nov.  1807  in  Köln,  erschossen  in 
ITien  9.  Nov.  1848,  gab  1847  seine  Stellung 
als  Kassierer  am  Leipziger  Stadttheater 
auf,  um  sich'ganz  seinen  schriftstellerischen 
Arbeiten  und  der  ausbrechenden  politischen 
Bewegung  zu  widmen.  Er  war  Mitglied 
der  Frankfurter  Nationalversammlung  für 
Leipzig.    Dem   Freimaurerbunde   trat   B. 

2.  Jan.  1836  in  der  Loge  Balduin  zur  Linde 
in  Leipzig  bei. 

Bliimaner,Aloy8.  Dichter, Schriftsteller 
und  Buchhändler,  bekannt  als  Verfasser 
der  travestierten  Äneide,  geb.  21.  Dez.  1755 
in  Steyr  in  Österreich  ob  der  Enns,  gest.  16. 
März  1798  in  Wien,  wurde  1781  oder  1782  in 
der  Loge  Zur  wahrenEintracht  in  Wien  in 
den  Freimaurerbund  aufgenommen.  Er  gab 
auch  eine  Sammlung  von  »Freymaurer- 
gedichten« (1786  u.  oft.)  heraus,  unter  denen 
vorzüglich  das  Gebet  das  bekannteste  ge- 
worden ist.  Ferner  hat  er  auch  einige 
Freimaurerreden  und  andre  Aufsätze 
hinterlassen,  die  sich  in  seinen  gesammelten 
Schriften  finden.  [Vgl.  Jördens,  Lexikon 
deutscher  Dichter  I,  99;  V,  745.  Wurz- 
bach, Biogr.  Lex.  I,  436—444.  FZ.  1898, 
S.  108.  Abafi,  Geschichte  der  Freimau- 
rerei in  Österreich-Ungarn  IV,  299.1 

Blnmenaa  (St.  im  brasilischen  Staate 
Santa  Catharina).  Hier  besteht  eine  deutsche 
Loge  Zur  Friedenspalme  unter  der 
Grossen  Loge  von  Hamburg,  gegr.  24.  Juni 
1885,  eingew.  11.  Nov.  1885. 

Blnmenaa,  Salomon,  Israel.  Geist- 
licher, geb.  8.  Juni  1825  zu  Bünde  in 
Westfalen,  war  in  Bielefeld  Babbiner  und 
lebt,  seit  1889  in  Buhestand  versetzt,  in 
Hameln.  Aufgenommen  in  den  Freimaurer- 
bund wurde  ß.  Januar  1859  in  der  Loge 
St.  Georg  in  Hamburg.  Von  ihm  erschienen : 
»Den  Schwestern  Heill  Beden  und  Dich- 
tungen maurerischen  Lihalts«  (3.  Aufl.,  Lpz. 
1878).  »Zur  Orientirung  in  der  Frei- 
maurer-Frage, gekrönte  Preisschrift«  (Buda- 
pest 1878).  »Welches  ist  der  religiöse  Ge- 
danke in  der  Freimaurerei?«  (Hmbg.  1881, 
mit  dem  zweiten  Preis  gekrönt).  Ausser- 
dem sind  verschiedne  Vorträge  von  B. 
veröffentlicht  in  der  Bauhütte  und  dem 
Hamburger  Logenblatt. 

Blnmenliagen,  Philipp  Georg  Au^. 
Wilh.,  Dr.  med.  und  praktischer  Arzt,  geb. 
15.  Febr.  1781  in  Hannover,  gest.  das.  6.  Mai 
1839,  als  Novellendichter  bekannt,  wurde 
in  den  Bund  aufgenommen  23.  Juni  1811, 


war  von  1821—26  zugeordneter  Meister 
und  von  1826—40  Meister  vom  Stuhl  der 
Loge  Zum  schwarzen  Bär  in  Hannover. 
Als  maurerischer  Schriftsteller  gab  er 
heraus:  Akazienblüten  (Hann.  1815),  sowie 
verschiedne  Beden  und  Gedichte.  In 
der  Frage  über  Emanzipation  jüdischer 
Freimaurer  stand  er  auf  der  liberalen  Seite 
mit  seiner  Frage:  Wo  ist  der  Platz  der 
Freimaurerei  in  der  Menschheit?  (Hann. 
1838).  Sein  maurerischer  Nachlass  erschien 
Hannover  1840.  [Vgl.  Neuer  Nekrolog  der 
Deutschen,  1839,  I,  440-44.] 

Blnntselili,  Johann  Kaspar,  berühm- 
ter Bechtsgelehrter,  geb.  7.  März  1808  in 
Zürich,  gest.  21.  Okt.  1881  in  Karlsruhe, 
studierte  Kechtswissenschaft  in  Berlin  und 
Bonn,  wurde  1830  beim  Bezirksgericht  in 
Zürich  angestellt,  1833  ausserordentlicher 
und  1836  ordentlicher  Professor  an  der 
neugegründeten  Universität  dortselbst.  Als 
Ende  1830  die  schweizerische  Beform- 
bewegung  begann,  schloss  er  sich  der  kon- 
servativen Partei  an  und  trat  demBadikalis- 
mus  in  seiner  Schrift  »Das  Volk  und  der 
Souverän  «(Zürich  1831)  öffentlich  en^egen. 
1837  in  den  Grossen  Bat  der  Stadt  Zürich 
gewählt,  trat  er  in  die  praktische  Schule 
des  parlamentarischen  Lebens  als  einer 
derFührer  der  gemässi^n  konstitutionellen 
Partei.  Die  Kevolution  des  Jahres  1839 
stürzte  die  radikale  oberste  Behörde  Zürichs, 
und  B.  wurde  in  die  neue  Begierung  und 
zugleich  in  den  eidgenössischen  Staatsrat 
gewählt.  1846  trat  er  aus  der  Begie- 
rung aus  und  widmete  sich  ausschliess- 
lich seiner  Professur.  1847  machte  er 
den  letzten  vergeblichen  Versuch,  den 
Kampf  der  Extreme  zu  verhindern,  und 
wandte  sich  sogar  unmittelbar  an  den  Papst, 
um  im  Interesse  des  Friedens  die  Ab- 
berufung der  Jesuiten  zu  erlangen.  Die 
Universität  München  war  es,  die  ihn  1847 
nach  Deutschland  zog,  und  13  Jahre  hin- 
durch hat  er  hier  als  Professor  des  Deut- 
schen Privatrechts  imd  des  Staatsrechts 
segensreich  gewirkt.  In  München  vollzog 
sich  in  ihm  eine  eigentümliche  und  seltene 
Wandlung.  Während  sonst  die  Menschen 
in  reiferem  Alter  und  bei  höherem  Bang 
in  der  Gesellschaft  konservativer  zu  werden 
pflegen,  trat  bei  ihm  mit  dem  Fortschritt 
seiner  Stellung  und  Wirksamkeit  im  Leben 
umgekehrt  der  liberale  Charakter  seines 
Wesens  immer  offener  hervor;  dabei  wurde 
er  von  Jahr  zu  Jahr  entschiedener  national 
gesinnt.  1861  folgte  er  dem  Buf  an  die 
Universität  Heidelberg  als  Nachfolger  Bo- 
bert  V.  Mohls  im  Lehrstuhl  der  Staats- 
wissenschaft. Hier  stand  er  inmitten  der 
Kämpfer  gegen  den  Ultramontanismus  und 
wurde  vom  liberalen  Grossherzog  in  die 
Erste  Kammer  und  nur  infolge  seines  unab- 
hängigen Sinnes  nicht  ins  Staatsministerium 
berufen.  Aber  auch  im  weitem  deutschen 
Vaterland  begegnet  man  seiner  enerne- 
voUen,  unermüdlichen  und  erfolgreichen 
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112 


B'nai  B'rith  —  Boas. 


Thätigkeit  beim  Deutschen  Juristentag, 
im  Deutschen  Abgeordnetentag,  im  ZoU- 
Parlament,  im  Verein  für  Volksbildung 
und  im  Protestantenverein.  Auch  an  der 
kirchlichen  Entwicklung  Badens  und 
Deutschlands  gebührt  ihm  ein  entschie- 
dener und  wesentlicher  Anteil.  Wo  es 
auch  sei,  in  der  Schulfrage,  wie  im  Kirchen- 
streit, stets  finden  wir  ihn  unter  den  wuch- 
tigsten und  gefurchtetsten  Bekämpfem  des 
Ultramontanismus.  —  In  den  Freimaurer- 
bund aufgenommen  wurde  B.  8.  Juni  1838 
in  der  Loge  Modestia  cum  libertate  in 
Zürich.  Der  längern  maurerischen  Ruhe  in 
München  folgten  in  Heidelberg  einige 
Jahre  stiller  Beobachtung,  bis  sich  B.  1864 
entschloss,  der  dortigen  Bauhütte  Ruprecht 
zu  den  fünf  Rosen  als  aktives  Mitglied 
beizutreten.  In  demselben  Jahre  sehen 
wir  ihn  bereits  den  ersten  Hammer  führen 
und  eine  Thätigkeit  entwickeln,  welche  die 
Grossloge  Zur  Sonne  (s.  Bayreuth)  bis 
in  ihre  Grundfesten  erschütterte  und  ein 
neues,  kräftig  pulsierendes  Leben  wachrief 
So  gestaltete  sich  seine  Stellung  im 
Bunde,  wie  seine  gewaltigen  Erfolge  es 
verlangten.  Die  nächste  Wahl  (1872)  be- 
rief ihn  als  Grossmeister  an  die  Spitze  der 
Grossloge  Zur  Sonne.  Ihm  verdankt 
der  Sonnenbund  seine  Verfassung,  ihm 
zumeist  das  das  bewährte  Alte  pietät- 
voll bewahrende  Ritual.  Ihm  war  der 
Hammer  des  Grossmeisters  nicht  eine  leere 
Auszeichnung,  er  gab  ihm  eine  schwere 
Bürde  der  Arbeit  und  Mühe;  dafür  aber 
gilt  auch  die  Art  und  Weise,  wie  er  sein 
Amt  verwaltet,  als  Muster  und  Beispiel 
nicht  bloss  für  die  deutsche  Maurerei, 
nein,  weit  hinaus  über  die  Grenzen  unsers 
Vaterlandes.  Seine  »Freimaurergespräche 
I.  über  Gott  und  Natur,  II.  über  Unsterb- 
lichkeitc  (Nördlingen  1878)  sind  innerhalb 
der  Bruderkette,  wie  in  der  äussern  Welt 
als  mustergültig  geschätzt;  seine  Allge- 
meinen Grundsätze  sind  vom  Grossmeister- 
tag, wenn  auch  nicht  von  allen  deutschen 
Grosslogen  (s.  Orundgesetz),  angenommen, 
sein  Brief  an  den  Papst  vom  14.  Okt.  1865, 
diese  niederschmetternde,  glänzende  Ant- 
wort auf  denSyllabus,einSchlag  mit  diamant- 
hartem, scharf  geschliffenem  Schwert  auf 
das  Haupt  des  Ultramontanismus,  war  ein 
Weltereignis;  seine  Rede  über  oie  ideale 
Bedeutung  der  Maurerei,  die  er  am  8.  Aug. 
1875  in  der  Grossloge  zu  Bayreuth  hielt, 
sollte  jedem  Lehrling  als  kanonische  Schrift 
in  die  Hand  gegeben  werden.  Wenn  die 
Schifimannsche  Angelegenheit  keinen  of- 
fenen Bruch  in  der  deutschen  Maurerei 
hervorbrachte,  so  dankt  man  esB.s  ruhigem, 
umsichtigem,  versöhnendem  Eingreifen. 
Sein  70.  Geburtstag  wurde  in  der  Loge  zu 
Heidelberg  festlich  begangen.  Von  der 
Grossmeisterwürde  trat  er  im  November 
1878  nach  vollendeter  Amtsdauer  zurück, 
wobei  er  zum  Ehrengrossmeister  ernannt 
wurde.  [Vgl.  seine  Selbstbiographie  »Denk- 


würdiges aus  meinem  Leben«  (Nördl.  1884^ 
3  Bde.).  Fr.  Meyer  v.  Waldeck,  Festrede 
zur  70.  GeburtBtagsfeier:  L.  1878,  Nr.  8. 
Findel,  Geschichte  der  Grossloge  Zurßonne 
(Lpz.  1897),  S.  117,  180.  Der  Freimaurer. 
1877,  S.  41  (mit  Bildnis).  Steger,  Für  und 
wider  die  Freimaurerei,  S.  12.  8.  auch 
Deutscher  Orosslogenbund.] 

B'nai  B'rith,  unabhängiger  Orden  (U. 
0.  B.  B.)  ist  ein  1843  in  New  York 
gegründeter  Judenorden.  B'nai  B'rith 
heisst  »Söhne  des  Bundes«.  Man  zählt  in 
Amerika  etwa  30000,  in  Deutschland,  das 
den  8.  Distrikt  bildet,  gegen  4500  Mit- 
glieder in  36  Logen.  Hier  wurde  der 
Orden  erst  1882  eingeführt;  die  »Grossloge 
für  Deutschland  VIH«  wurde  1885  ge- 
gründet. 1889  wurde  der  Orden  in  Öster- 
reich und  Rumänien  eingeführt.  Auch 
im  Orient  hat  er  Logen  aufzuweisen.  »Er 
hat  es  sich  zur  Aufgabe  gemacht,  die 
Israeliten  in  einer  Weise  zu  verbinden,  in 
der  die  Entwickelung  der  höchsten  Inter- 
essen des  Judentums  am  ehesten  und  all- 
gemein ermöglicht  wird«.  »Während  der 
Orden  die  Gefühle  wahrer  Freundschaft 
und  Brüderlichkeit  weckt  und  nährt,  dem 
Kranken  Trost  und  Hilfe,  dem  Sinkenden 
die  rettende  Hand  bietet,  die  Thränen  der 
Witwen  und  Waisen  trocknet  und  durch 
warme  Teilnahme  in  allen  Lagen  des 
Lebens  die  Freuden  des  Glücks  erhöht 
und  die  Bürde  widrigen  Schicksals  er- 
leichtert, ist  es  seine  Absicht,  die  geistige 
Ausbildung  seiner  Mitglieder  zu  heben, 
ihnen  die  Grundsätze  ernster  Sittlichkeit 
einzuprägen  und  die  Erkenntnis  des 
reinen  Brudertums  zu  fördern«.  Die  Statu- 
ten zerfallen  in  zwei  Grundteile:  die  Kon- 
stitution und  die  allgemeinen  Gesetze. 
Die  in  New  York  bestehende  Konstitution- 
Grossloge  ist  der  höchste  Gerichtshof 
des  Ordens.  Neben  ihr  stehen  die 
Distrikts-Grosslogen.  Zwanzig  Mitglieder 
können  sich  an  Orten,  wo  noch  keine  Loge 
ist,  um  einen  Freibrief  zur  Errichtung  einer 
solchen  bewerben.  Der  Orden  hat  drei 
Grade  und  besitzt  (aber  nicht  in  Deutsch- 
land) Frauen-  und  Jugendlogen.  Der 
Deutsche  Grosslogentag  hat  1887  den 
Orden  für  eine  geheime  Gesellschaft  er- 
klärt und  bescMossen,  das  es  keinem 
Mitglied  der  verbundenen  Logen  gestattet 
sei,  dem  Orden  anzugehören.  Dagegen  hat 
die  Symbolische  Grosssloge  von  Ungarn 
21.  Sept.  1894  dies  gestattet.  [Vgl.  Bbl.  1892, 
S.  319;  Bh.  1897,  S.  271:  1898,  S.  282; 
1899,  S.  139.  FZ.  1887,  S.  36;  1894,  8. 
68,  100,  109;  1897.  S.  212;  L.  1896  8. 
126;  R.  1895,  S.  30.] 

Boas,  d.h. :  »In  ihm  (Gott)  ist  es  stark«,  ist 
der  Name  einer  Säule  im  Salomoniscnen 
Tempel  (s.  Säulen)  und  ein  Wort,  das  in  der 
Symbolik  der  Freimaurerei  eine  wichtige  Be- 
deutung hat.  [Vgl.  Fischer,  Gesellen-Kate- 
chismus (19.  Aufl.,  Lpz.  1898),  S.  6,  9.  Mar- 
bach,  Agenda  B.  (3.  Aufl.,  Lpz.  1894),  S.  70.] 

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Bob  —  Böckel. 


113 


Bob,  Franz  Josef,  geb.  31.  Okt.  1733 
ZQ  Dauchingen  in  Vorder-Österreich,  gest. 
19.  Febr.  1802,  1762  Stadtgerichts- 
schreiber, dann  Konzipist  in  Wien,  kam 
1768  als  Professor  der  Kam'eral-  und 
Polizeiwissenschaften  an  die  Universität 
Freiburg  und  wurde  zugleich  zum  Direktor 
des  akademischen  Gymnasiums  ernannt 
1775    wurde    er  Rektor  der  Universität, 

1786  Oberaufseher  der  sämtlichen  nieder- 
6sterreichschen  deutschen  Schulen  und 
Direktor  der  Freiburger  Normalschule. 
B.  war  Mitglied  von  Kieggers  deutscher 
Gesellschaft  und  schrieb  ausser  der  frei- 
maurerischen  Schutzschrift  »Sendschreiben 
an  Ehrich  Servati«    (1786)    und    einigen 

Sädagogischen  Werken :  »Von  dem  System 
er  Pouzei Wissenschaft«  und  »Von  dem 
Vorurteile  über  die  Neuerungen  in  der 
Wissenschaft«  (beide  Freiburg  1779).  In 
Anerkennung  seiner  Verdienste  erhielt  er 
den  Titel  eines  k.  k.  Eats.  Der  Loge  in 
Freiburg  war  er  1784  beigetreten,  wurde 

1787  deren  zugeordneter  Meister  und  deckte 
1788.  [Ficke,  Geschichte  der  Loge  in 
Freiburg  (1874).  ^  Abafi,  Geschichte  der 
Freimaurerei  in  Österreich-Ungarn.] 

B$ber,  Johann,  russischer  Staatsrat, 
war  schon  1783  Maurer  [Kalender  für  die 
Provinzialloge  von  Mecklenburg,  1837, 
S.  61].  Auf  seine  Darstellung  von  der 
Freimaurerei  soll  Kaiser  Alexander  I.  die 
XJkase  Pauls  L  gegen  den  Bund  aufge- 
hoben haben.  [Vgl.  Thory,  Acta  Lat.  I, 
218,  wo  das  Gespräch  angeführt  ist,  und 
das  (Freiberger)  Neue  freymaurerische 
Taschenbuch  auf  1816—17,  S.  147  fg.]  1804 
ward  auf  B.'s  Veranlassung  die  Loge  Ale- 
xander zum  gekrönten  Pelikan  errichtet, 
die  sich  bald  teilte  und  mit  andern  Logen 
die  Grosse  Direktorialloge  Wladimir  zur 
Ordnung  stiftete,  deren  Grossmeister  B. 
1811  ward  und  bis  1814  blieb,  wo  ihm 
Graf  Mussin  Puschkin  Bruce  in  dieser 
Würde  folgte.  Oktober  1815  trat  er  mit 
seiner  Loge  Alexander  zum  gekrönten  Pe- 
likan zur  Grossen  Loge  Asträa.  [Nettel- 
bladt,  in  seinem  Abriss  der  Geschichte 
der  russischen  Freimaurerei  im  Mecklen- 
burger Kalender,  1837,  S.  67,  scheint  das 
letztere  zu  bestreiten.]  B.  erlebte  noch 
die  Aufhebung  des  freimaurerischen  Bun- 
des in  Bussland.  Liedersammlungen  von  ihm 
för  Petersburger  Logen  bei  Kloss,  Nr.  1550 
und  1592.    [Vgl.  M.L.  1894/5,  S.  217.] 

Bobiik,  Eduard,  Prof.  der  Philosophie 
und  Mitglied  der  Loge  Modestia  cum  lioer- 
tate  in  Zürich,  war  Verfasser  einer  der 
besten  deutschen  Schriften  über  Frei- 
maurerei: Geschichte,  Grundidee  und 
Verfassung  der  Freimaurerei  (anonym  er- 
schienen, Zürich  1838),  sowie  einer  Schrift 
über  die  Kölner  Urkunde  rBem  1838). 
Auch  beantragte  er  1840  oie  Bildung 
eines  freimaurerischen  Zentralkomit^  zur 
Leitung  und  Unterstützung  deutscher 
Auswanderer.  (S.  AuBwanderangakomite.) 

Allgemeines  Handbuch  der  Freimaurerei. 


Boehnm  (St.  in  der  preuss.  Prov.  West- 
falen, 53842  £.).  Logen  daselbst:  I. 
Johannisloge  Zu  den  drei  Bosen- 
knospen,  begann  ihre  Arbeiten  als  De- 
putationsloge der  Johannisloge  Zum  gold- 
nen  Schwert  in  Wesel  27.  Dez.  1783,  eingew. 
6.  April  1786,  nachdem  die  Stiftungs- 
urkunde am  12.  Dez.  1785  ausgefertigt 
war.  Li  Thätigkeit  trat  die  Loge  aber 
erst  am  6.  April  1786.  1808  hart  be- 
drängt, der  Provinzialloge  zwischen  Rhein 
und  Weser  beigetreten,  blieb  sie  bei  dem 
Verband  der  drei  Weltkugeln  stehen,  und 
es  hat  nie  eine  Verlegung  der  Loge  nach 
Dortmund  stattgefunden,  obgleich  solche 

geplant  war.  Erst  am  4.  Febr.  1835  wurde 
ie  Loge  förmlich  als  Tochterloge  der  drei 
Weltkugeln  anerkannt.  Sie  arbeitet  im 
eignen  Lokal  Humboldtstr.  14  (errichtet 
1875).  Ferien  vom  Johannisfest  bis  An- 
fang September.  »Chronik  der  Logec 
(Bochum  1896).  MitgUederzahl  (1899):  151. 
Vers.  Dienstag  abends.  11.  Delegierte  alt- 
schottische Loge  Zu  den  drei  Bösen - 
knospen,  gest.  8.  Febr.  1887,  konst. 
22.  März  1888,  eingew.  27.  Mai  1888. 

Bodmin.  Die  Logen  in  B.,  Essen, 
Duisburg,  Wesel,  Emmerich  und  Mül- 
heim a,  d.  Ruhr  (früher  auch  Düsseldorf^ 
haben  unter  sich,  nachdem  schon  1842 
und  die  folgenden  Jahre  Versammlungen 
stattgefunden  hatten  [vgl.  BbL  1898,  S. 
442],  seit  1876  einen  förmlichen  Verband 
geschlossen,  dessen  Zweck  die  Pflege  von 
Freundschaft  und  Liebe  unter  den  Mitglie- 
dern durch  Förderung  und  Belebung  eines 
innigen  Verkehrs  zwischen  den  Verbands- 
logen ist.  Als  äusseres  Zeichen  ihrer  gemein- 
samen Thätigkeit  bringen  sie  die  Mittel 
zu  einem  Stipendium  zusammen,  das 
Jünglingen  und  Jungfrauen  zum  Zwecke 
ihrer  Ausbildung  für  einen  Beruf  gegeben 
wird.  Jährlich  wird  auf  diese  Weise  eine 
Summe  von  600  Mark  zur  Verfügung  ge- 
stellt. Li  der  zweiten  Hälfte  des  April 
treten  die  Vertreter  der  beteiligten  Logen 
als  Verbands- Ausschuss  zusammen.  Gleich- 
zeitig wird  in  jedem  Jahre  ein  Verbands- 
fest gefeiert    [Vgl.  L.  1895,  S.  37.1 

Böckel,  Ernst  Gottfried  Adolf, 
Theolog,  geb.  1.  April  1788  in  Danzig, 
gest.  5.  April  1854  in  Oldenburg,  wurde 
1804  Lehrer  in  Königsberg,  1809  Pastor 
in  Danzig,  1820  Professor  der  Theologie 
in  Greifswald,  1826  Hauptpastor  an  St. 
Jakobi  in  Hamburg,  1833  Pastor  in 
Bremen,  1836  Generäsuperintendent  und 
Oberhofprediger  in  Oldenburg  und  war 
bekannt  als  geistreicher  Kanzelredner  und 

Belehrter  Theolog.  —  Er  wurde  1811  in 
er  Loge  Eugenia  zum  gekrönten  Löwen 
in  Danzig  aufgenommen,  war  während 
seines  Aufenthalts  in  Greifswald  Mitglied 
der  Loge  Karl  zu  den  drei  Greifen,  schloss 
sich  20.  Jan.  1827  der  Loge  Zum  Peli- 
kan in  Hamburg  an,  wurde  deren  Logen- 
meister 1827  bis  1828,  1827— 33  ProvinzMr 


114 


Bockenheim  —  Bode. 


groBBmeister  derProvinzialloge  von  Nieder- 
Bachsen  in  Hamburg  und  Stifter  und 
erster  Meister  vom  Stuhl  der  Loge 
Boanerges  zur  Bruderliebe  das.  Ausser 
mehreren  Aufs&tzen  im  Archiv  fdr  Frei- 
maurerei Hess  er  eine  Trauerrede  auf  H. 
G.  W.  Freudentheil  (s.  d.)  drucken. 

Boekeiilieim  (früher  St.  in  der  preuss. 
ProY.  Hessen-Nassau,  seit  1895  mit  Frank- 
furt a.  M.  vereinigt).  Hier  finden  seit 
1898  regelmässige  monatliche  gesellige 
freimaurerische  Versammlungen  der  ein- 
heimischen Freimaurer  statt. 

Bode,  Johann  Joachim  Christoph, 
geb.  16.  Jan.  1780  in  Barum  im  Braun- 
schweigschen,  gest.  13.  Dez.  1793  in 
Weimar,  war  Hautboist  zuerst  in 
braunschweigschen,  dann  in  hannover- 
schen Milit£xüen6ten  und  benutzte  jede 
G^egenheit,  um  sich  besonders  in  der 
Musik  und  in  fremden  Sprachen  zu  bilden. 
Schon  1754  trat  er  in  Celle  als  Komponist 
auf,  ging  1757  nach  Hamburg,  wirkte 
dort  ab  Musiklehrer  und  Lehrer  der 
neuem  Sprachen,  femer  als  Übersetzer 
aus  dem  Französischen,  Englischen  und 
Italienischen.  Er  stand  in  Verbindung 
mit  Lessing  und  Claudius,  deren  Werke 
er  in  Druck  und  Verlag  nahm,  als  er 
1767  eine  Buchdruckerei  anlegte  und  sie 
mit  einer  Buchhandlung  verband.  Er 
sanmielte  eine  Bibliothek  von  800  Bänden 
über  alle  geheimen  Ordensverbindungen 
aus  allen  Ländem.  1778  ging  er  nach 
Weimar,  wo  er  noch  mehrere  Jahre  litte- 
rarisch thätig  war.  Den  Grossen  der 
Erde  schmeichelte  er  nicht,  wurde  den- 
noch 1778  meiningischer  Hofrat,  1782 
gothaischer  Le^ationsrat,  1791  darm- 
städtischer Gehemirat.  B.  gehört  zu  den 
eifrigsten  und  hervorragendsten  deut- 
schen Freimaurern  des  18.  Jahrhun- 
derts. Am  11.  Februar  1761  wurde  er  in  der 
Loee  Absalom  in  Hamburg  zum  Lehrling 
und  Gesellen  aufgenommen,  16.  Febr.  be- 
reite zum  Meister  erhoben  und  16.  Dez. 
SchriftfElhrer  und  Redner  der  Loge.  Bald 
nach  Einführung  der  strikten  Observanz 
wurde  er  im  August  1765  zum  Meister 
vom  Stuhl  der  Loge  Absalom  mit  dem  Titel 
eines  Hauskomturs  ernannt.  In  den 
innem  Orden  eingeführt,  war  er  zuerst  der 
strikten  Observanz  sehr  zugethan,  fühlte 
sich  aber  später  enttäuscht,  wurde  Gegner 
dieser  Lehrart  und  suchte  in  andern 
Systemen  das  Vermisste.  1766  auf  einer 
Reise  nach  Sachsen  mit  dem  ökonomischen 
Plan  (s.  d.)  bekannt  gemacht,  unternahm  er 
es  auf  Ansuchen  des  Priors  Kiesenwetter 
(s.  d.).  mit  Schubart  (s.  d.)  diesen  Plan  an 
verscniednen  Orten  zu  veröffentlichen.  Die 
Uneinigkeit  zwischen  B.  und  Schubart 
wurde  ein  Hindernis  fflr  die  EinfCLhrung 
des  Plans.  B.  warf  in  einem  Briefe  vom 
27.  Okt.  1768  Schubart  vor,  dass  der 
Güterverkauf  des  Heermeisters  auffallen 
müsse,  da  Schubart  selbst  1765  versichert 


habe,    dass  das  Gut  Kittlitz  dem  Orden 
gehöre.    Auch  an  den  Heermeister  selbst 
schickte  in  diesem  Sinne  B.  ein  »Prome- 
moria«,    das   von    dem    Gutachten   aller 
Präfekturen  begleitet  war.    Diese  Wahr- 
nehmung der  Ordensinteressen  den  Obern 
gegenüber  konnte  sein  Ansehen  bei  den 
Hunburger  Freimaurern  nur  steigern.  Auf 
der   Versammlung   vom    17.    April    1773 
(s.  Hamburg)  wurde  er  zum  zugeordneten 
Grossmeister  gewählt.    Dabei   behielt  er 
sein  Amt  als  Meister  vom  Stuhl  der  Loge 
Absalom,  ja  selbst  jahrelang  noch  nach 
seiner  Übersiedlung     nach    Weimar    bis 
1780.    Auf  den  bekannten  Konventen  von 
Braunschweig  1775  und  von  Wolfenbüttel 
1778  war  B.  als  Vertreter  der  Präfektur 
Hamburg  zugegen.     Er  setzte  seine  Be- 
stätigung  als  rrokurator   generalis    und 
die  Exemtion    der    Präfektor   Hamburg, 
d.  h.  die  Unabhängigkeit  vom  Subpriorat 
Ratzeburg   durch.     Auf  einer  Reise  im 
Mai  und  Juni  besuchte  B.  in  Baden  den 
Freiherm  von  Gugomos  (s.  d ).  Er  hielt  ihn 
für  einen  Kundschafter  der  Jesuiten  und 
gab  in  seinem  Bericht  zugleich  Nachricht 
von  dem  üblen  Ruf,  in  dem  der  moralische 
Charakter  des  Gugomos  stehe.   In  seinem 
»Examen  impartiä  du  livre  intitul^:  Des 
Erreurs  et   de  la  V&rit^  etc.«    fand  er  in 
diesem    Buch     den    klaren    Jesuitismus 
und  dessen  Zusammenhang  mit  der  Frei- 
maurerei.    Am    Ende    des   Jahres    1777 
wurde  er  mit  Nagant  nach  Bremen  abge- 
ordnet, um  dort  ein  Kapitel  zu  errichten, 
wobei     der    dortigen    Schottenloge    der 
Name  »Johannes  zu  den  sieben  Sternen« 
gegeben  wurde.    Auf  dem  Konvent  von 
Wilhelmsbad    1782   war  Hamburg   nicht 
vertreten,  aber  B.  wurde  vom  Herzog  von 
Gotha    als    Vertreter    hingeschickt,    wo 
er    seine    Forschungen    über    die    Ent- 
stehung und  den  Zweck  der  Freimaurerei 
vorlegte,  aber  mit  seiner  Jesuitentheorie 
wenig  Anklang  fand.    Hier  lernte  er  den 
Freiherm  vonKnigge(s.  d.)  kennen;  dieser 
nahm  ihn  in  den  Illuminatenorden   auf, 
für  den  er  nun  eifrig  wirkte.    Auch  mit 
den  Philalethen  (s.  d.^  in  Paris  trat  er  in  Ver- 
bindung, indem  er  ihnen  1787  sein  Essai 
sur  rOrigine  etc.   zusandte.     Auf  einer 
Reise  nach  Paris  1788  fand  er  dort  den 
Kongress  der  Philalethen  auseinanderge- 
gangen,   aber    man    ö&ete   ihm   deren 
Archiv,  aus  dem  er  sich  einen  Wust  von 
Graden  abschreiben  liess.    Im  März  1783 
kam  B.  noch  einmal  nach  Hamburg,  bei 
welcher  Gelegenheit  der  Grossschatzmeister 
Beseler  (s.  d.)  ihn  malen  liess  und  das  wohlge- 
troffene Bild  den  Logen  schenkte,  in  deren 
Räumen  (Welckerstrasse)  es  noch  heute 
hängt.    Nach  dem  Untergang  des  Illumi- 
natenordens ruhte  B.  nicht  mit  maurerischen 
Reformplänen.    Um  1790  erdachte  er  ein 
neues  ^stem  unter  dem  Namen  «Deutscher 
Freimaurerbund«  (s.  d.),  wofür  er  namhafte 
gothaische  Freimaurer  und  etwa  10  Ix^n 

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Btfdeker  —  Boheman. 


115 


gewann,  aber  dieser  Bund  wurde  nicht 
aus^fÜhrt  Sein  Freund  Schröder  (s.  d.), 
der  ihn  noch  1791  in  Weimar  besucht  hatte, 
widmete  ihm  in  der  Trauerloge  in  Ham- 
burg am  18.  Dez.  1798  einen  würdigen 
Nachruf.  Die  Inschrift  des  ihm  von  Freun- 
den auf  dem  Weimarschen  Kirchhof  ge- 
setzten Denkmals  lautet  bezeichnend: 
»Bastlos  und  mutig  beförderte  er  Wahr- 
heit, Aufklärung  und  Menschenwohl«.  — 
Folgende  freimaurerische  Schriften  hat  B. 
u.a.  herausgegeben:  1)  Gedanken  einesFrei- 
maurers  am  Johannisfeste  1768  yon  dem 
Br.  Bedner  der  Loge  Absalom.  2)  Trauer- 
rede über  das  frühzeitige  und  unerwartete 
Ableben  des  Herzogs  Geor^  Ludwig  zu 
Schleswig-Holstein,  welche  in  der  am  5. 
Okt.  1768  gehaltenen  Trauerversammlung 
der  Loge  Absalom  gehalten  worden  durcn 
ihren  Br.  Secr.  B.  8)  Bede  am  Johannis- 
feste 1764  in  der  Loge  Absalom.  4)  Ge- 
dächtnisrede (auf  Br.  Lohmann,  Stuart  der 
Loge  St.  Georg)  den  22.  Sept.  1774  in  der 
allgemeinen  Trauerversammlung  der  drei 
vereinigten  Logen  in  Hamburg,  gehalten 
von  Br.  B.  5)  Almanach  oder  Taschen-Buch 
für  die  Brüder  Freymäurer  der  vereinigten 
deutschen  Logen  auf  dasJahr  1776undl777. 
MitGenehmigung  derObem.  Derselbe  für  die 
Br.  Freymäurer  der  vereinigten  deutschen 
und  schwedischen  Logen  auf  das  Jahr  1778 
und  1779.  6)  «Starke  Erweise  aus  den 
eigenen  Schriften  des  Hochheil.  Ordens  der 
Gold-  und  Bosenkreutzer  für  die  Wiüirheit, 
dass  seine  in  Gott  ruhenden  Väter  von 
ewiger  Thätigkeit  und  Wirksamkeit  sind.« 

Sofien,  Begensbg.,  Brl.  1788.)  7)  .Mehr 
oten  ab  Text  onder  die  deutsche  Union 
der  Zwey  und  Zwanziger  eines  neuen  ge- 
heimen Ordens  zum  Besten  der  Mensch- 
heit«. (Lpz.1789.)  8)  Circular-Brief  (Wei- 
mar 1790).  9)  Nachtrag  zu  dem  Circular- 
Brief  (Weimar  1790).  10)  Nr.  8  (Weimar 
1788).  11)  Heft  0.  Nr.  4,  .Die  Geheime 
Schule.  Ein  Heft  für  die  Meister  Maurer.« 
(Weimar  1788.)  12)  Heft  D.  Nr.  5, 
«Zwote  Vorbereitungsklasse«.  (Weimar 
1788).  18)  Heft  E.  Nr.  6  .Famiüe  der 
Giblime    oder    Söhne    der    Freymaurer«. 

£eimar  1788.)  14)  Heft  F.  Nr.  7  .Bitual 
'  verbesserten  Freymaurerey,  enthaltend 
die  Ceremonien  bei  der  Aufnahme«  (Wei- 
mar 1788).  rVgl.  Schröder,  Materialien. 
Böttiger,  Boaes  litterarisches  Leben  (BrL 
1796).  Brandt,  Geschichte  des  Alten  Logen- 
hauses. Denkschrift  auf  B.  (Weimar  1796). 
Fragmente  zur  Biographie  des  verstorbenen 
Geheimen  Bats  B.  (Bom  1795).  Eöthener 
Taschenbuch  1801,  S.  889;  1803,  S.  107, 
348.  Eleusinien  des  19.  Jahrb.,  I,  S.  199. 
A.  Z.  I,  2,  S.  228.  Bh.  1881,  S.  209.  A.  1892, 
S.  67.  H.  L.  1886  Nr.  182.  L.  1883,  S. 
185.    Z.  1885,  S.  75.1 

BMeker,  1)  Joh.  Eubert,  Beichshofs- 
gerichtsrat  in  Wetzlar,  seit  1784  L^tions- 
rat  beim  Herzog  von  Sachsen-€k>tha>,  war 
Mitglied  der  Wiener  Loge  Zum  heiligen 


Joseph,  in  der  er  1776  Bedner,  1780  2.  Auf- 
seher und  1788—85  zugeordneter  Meister 
war.  1782  trat  er  auf  dem  Wilhelmsbader 
Konvent  (s.  d.)  zur  strikten  Observanz. 
Von  ihm  erschienen:  »Freimaurerreden,  ge- 
halten von  a  Lapide  Cubico«  (Brunn  1789). 

2}  Ernst  Friedr.  Wilh.,  Konrektor 
una  Lehrer  der  Geschichte  an  der  Of&zier- 
Bchule  in  Hannover,  geb.  7,  Mai  1779, 
gest.  27.  Aug.  1826,  war  1825—26  Meister 
vom  Stuhl  der  Loge  Friedrich  zum  weissen 
Pferde  in  Hannover.  Sein  maurerischer 
NacMass  wurde  (Hannover  1829)  von  W. 
Blumenhagen  (s.  d.)  herausgegeben. 

8)  Wilhelm  Friedrich  Siegfried, 
Sohn  des  Vorigen,  Konsistorialrat  in  Han- 
nover, geb.  80.  Juni  1812,  aufgenommen 
28.  Jan.  1841,  war  von  1852—67  Meister 
vonTStuhl  der  Loge  Friedrich  zum  weissen 
Pferde,  zugleich  auch  zweiter  zugeordneter 
Grossmeister  der  Grossloge  von  Hannover. 
Da  er  mit  dem  Anschluss  der  hannover- 
schen Logen  an  eine  preussische  Grossloge 
nicht  zufrieden  war,  legte  er  am  20.  Mai 
1867  sein  Amt  nieder  und  deckte  die  Loge 
Ende  1867.    Er  starb  bald  nachher. 

BShelm,  F.  M.,  Hofschauspieler  in  Berlin, 

fest.  das.  4.  Juni  1811,  Mitglied  der  Grossen 
«andeslo^  von  Deutschland  in  Berlin,  gab 
1 798  fg.  eine  »  Auswahl  von  MaurerGesängen 
mit  Melodien  der  vorzüglichsten  Oompo- 
nisten,  in  zwey  Abtheilungen«  (neue  Aus- 
gabe, 1817)  und  schon  vorher  in  Gemein- 
schaft mit  Ambrosch  »Freimaurerlieder« 
(Brl.  1798)  heraus. 

Bokeman,  Karl  Adolf  Anderson, 
geb.  1770  in  Jönköping  in  Smäland,  ein 
Schwede,  der  zu  Anfang  des  19.  Jahrh. 
durch  Vorspiegelung  des  Besitzes  grosser 
Ordensgeheimnisse  am  Stockholmer  Hofe 
Aufsehen  erregte  und  sp&ter  auch  in 
Deutschland  Eingang  und  Einfluss  im 
Freimaurerbund  suchte.  Er  war  Postbe- 
amter in  seiner  Vaterstadt  und  ging  um 
1790  als  Privatsekretär  eines  Beisenden 
nach  Deutschland.  Von  da  kehrte  er  bald 
im  Besitz  grossen  Beichtums  zurück, 
kaufte  das  ft^er  königl.  Schloss  Freuden- 
lund  bei  Kopenhagen  und  lebte  daselbst 
mit  ausnehmendem  Luxus,  wobei  er  zu- 
gleich grossartige  Wohlth&tigkeitsspenden 
machte.  Er  wusste  sich  das  vertrauen  des 
Grafen  Bemstorff  und  des  Herzogs  Karl 
(s.  d.)  von  Südermanland  zu  erwerben,  der 
nach  Erlangung  höherer  Ordensgeheimnisse 
trachtete.  Mit  beiden  trat  er  in  sehr  nahe 
Beziehungen.  1802  ging  er  nach  Stock- 
holm, wo  er  den  Titel  eines  Hofsekretärs 
erhielt  und  den  Herzog,  sowie  mehrere  der 
angesehensten  Staatsbeamten  in  seine  ge- 
heime Verbindung  au&ahm.  Als  man  aber 
auch  damit  umging,  den  jugendlichen  und 
zu  mystischen  Ideen  geneigten  König  in 
diese  zu  ziehen,  schritt  aie  Begierung  gegen 
B.  ein;  er  wurde  18.  Febr.  1808  gefangen, 
und  seine  Papiere  wurden  in  Beschla 
nommen.  Eine  anscheinend  |halb£un^ 
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116 


Bohmann  —  Böhmen. 


Veröffentlichung  hierüber  aus  Stockholm 
vom  29.  M&rz  1803  im  Hamburger  Korre- 
spondenten, Nr.  58,  unterm  12.  April  des- 
selben Jahres  sagt:  Die  angestellten  Unter- 
suchungen haben  hinlänglich  die  Strafbar- 
keit seiner  Absichten  und  Handlungen  dar- 
^than.  Nach  verschiedenen  Versuchen,  die 
Wahrheit  zu  verhehlen  oder  zu  entstellen, 
hat  er  endlich,  durch  unwidersprechliche 
Beweise  überführt,  freiwillig  folgendes  be- 
kannt: dass  er  teils  aus  Eigennutz,  teils 
aus  Herrschsucht  Betrüger  gewesen,  aass  er 
unter  Benutzung  des  Hangs,  welchen  ge- 
wisse Charaktere  zum  Übernatürlichen  auf 
Kosten  des  Natürlichen  besitzen,  geglaubt, 
Einfluss  und  sogar  Gewalt  über  die,  auf 
welche  Vorurteile  wirken,  zu  erlangen; 
dass  er  zur  Vollführung  seiner  Betrügereien 
teils  von  seiner  Bekanntschaft  mit  den 
Geheimnissen  einiger  Orden  Gebrauch  ge- 
macht, teils  auch  solche  nach  Umständen 
mit  eignen  Zusätzen  vermehrt  habe  ....  In 
Ansehung  seines  gesammelten  Vermögens 
hat  er  endlich  vorgegeben,  dasselbe  durch 
die  Freigebigkeit  einer  vornehmen  Person 
ausserhalb  Landes  erlangt  zu  haben ....  Aus 
den  übrigen  bei  B.  beündlichen  Papieren 
ergiebt  sich  weiter,  dass  er  ein  Mitglied  und 
wenigstens  dem  Anschein  nach  die  Haupt- 
person einer  Verbindung  ist,  deren  Adepten 
unter  dem  Namen  der  Asiatischen  Brüder 
bekannt  gewesen  sind.  Die  Gesetze,  Sta- 
tuten und  Organisation  dieses  Ordens 
können  zu  allerhand  Missbräuchen  Anlass 
geben.  —  Aus  diesem  Bericht  und  dem, 
was  sonst  über  diese  Angelegenheit  bekannt 
geworden  ist,  darf  man  abnehmen,  dass  B., 
der  auf  seinen  Reisen  in  Deutschland  das 
System  der  Asiatischen  Brüder  (s.  d.) 
kennen  gelernt,  dieses,  das  mit  poli- 
tischen Tendenzen  gar  nichts  gemein 
hatte,  für  seine  Zwecke  umgestaltete  und 
namentlich  mit  Swedenborgschen  Thor- 
heiten  (s.  Swedenborg)  verwebte.*)  Sein 
Plan  wäre  hiemach  dahin  gegangen,  den 
Herzog  Karl  an  die  Spitze  des  ganzen 
Ordenswesens  zu  stellen,  und  es  lagen  ihm 
hierbei  wohl  weniger  politische,  als  eigen- 
nützige Absichten  zu  Grunde.  Daf&r  spricht 
auch,  dass  gegen  ihn  nichts  anderes,  als 
Ausweisung  aus  dem  Reiche  verhängt  ward. 
Das  Gleiche  traf  ihn  in  Dänemark.  Er 
ging  hierauf  nach  Deutschland,  wo  er  um- 
herreiste, Kapitel  stiftete  und  dabei  in 
seinen  Reden  sich  sehr  über  das  Verfahren 
der  schwedischen  Regierung  gegen  ihn  be- 
klagte. Auch  an  den  König  von  Schweden 
richtete  er,  unter  Couvert  der  Markgräfin 
von  Baden,  deren  Vertrauen  er  frtOier  zu 
erlangen  gewusst  hatte,  verschiedne  Kla^e- 
briefe.    Seine  Angelegenheit  erregte  viel 


*)  Trftomereien  Ton  dem  neaen  Jenualem  im  In- 
nern AftikM,  wo  Ghriatos  in  liohtbarer  Gestalt  um- 
herwandle, Ankündigung  der  nahen  Erscheinung 
und  Begierung  Ghriiti,  die  aber  nur  den  Königen 
und  Ministem  sichtbar  sein  werde  u.  s.  w. 


Aufsehen,  es  erschien  sogar  ein  Roman 
über  ihn:  B.,  geheimer  Oberer  und  Haupt 
der  Asiatischen  Brüder  (Hamb.  1811),  der 
jedoch  bloss  auf  Erfindung  beruht  und  ihn 
als  das  Werkzeug  der  Rache  einer  Fürstin 
schildert,  die  zwei  Liebende  unaufhörlich 
verfolgen  lässt.  Zur  Verteidigung  der 
Regierung  liess  der  schwedische  Gesandte 
in  Kopenhagen,  Graf  Oxenstierna,  eine 
Erklärung  im  Hamburger  Korrespondenten 
vom  3.  Febr.  1804  erscheinen.  Ein  Versuch 
B.'s,  sich  dem  König  Gustav  bei  dessen 
Anwesenheit  in  Greifewald  1806  wieder  zu 
nähern,  schlug  fehl;  dagegen  ging  ß.  nach 
Karls  Xni.  Regierungsantritt  wieder  nach 
Stockholm  und  glaubte  sich  durch  Für- 
sprache hoher  Personen  geschützt;  allein 
er  ward  von  neuem  des  Seichs  verwiesen, 
und  mehrere  gedruckte  und  ungedruckte 
Gegenvorstellungen  B.'s  wurden  unberück- 
sichtigtgelassen. Nach  Deutschland  zurück- 
gekelut,  nahm  er  seinen  hauptsächlichen 
Aufenthalt  in  Waldeck  und  suchte,  jedoch 
vergeblich,  1812  eine  Loge  in  Pyrmont  zu 
errichten.  Infolge  dessen  erscliien  über 
ihn  eine  deutsche  Übersetzung  einer  schwe- 
dischen Schrift,  welche  die  Vorgänge  von 
1803  und  1804  gegen  B.  schildert,  und  von 
ihm  eine  Verteidigung  und  Polemik  gegen 
die  hannoversche  Loge.  [Vgl.  »Verschiedene 
Schriften,  betreffend  die  widrigen  Schick- 
sale, welche  der  Hofeecretair,  Karl  Adolf  B., 
im  Jahre  1808  und  1804  in  seinem  Vater- 
lande Schweden  erlitten.  Aus  einer  unter 
diesem  Titel  bei  Carl  Delin  in  Stockholm 
1815  in  schwedischer  Sprache  erschie- 
nenen Druckschrift  frei  übersetzt,  und  mit 
einer  Beilage,  bis  seine  Lebensgeschichte 
erscheint,  vermehrt«  (Pyrmont  1815).  »Auf- 
schlüsse über  das  Verfahren  des  Logen- 
secretairs  Hertens  zu  Hannover  gegen  den 
Hofsecretair  B.c  (1816)].  Seit  jener  Zeit  ist 
nichts  weiter  von  ihm  zu  vernehmen  ge- 
wesen. [Vgl.  Zirkelkorrespondenz  des 
Engbunds  Hannover  H.  vom  26.  Nov. 
1812.] 

Bonmann,  Fr.  Lud w.,  Grosshändler  in 
Stockholm,  geb.  1695,  gest.  24.  Juli  1767, 
widmete  dem  von  Freimaurern  gegründeten 
Waisenhause  in  Stockholm  1767  ein  Ver- 
mächtnis von  100000  Thlr.  Kupfermünze. 
Eine  ihm  zu  Ehren  geprägte  Denkmünze 
s.  HMW.,  Nr.  178. 

Bölimeii  rKönigreich,  österr.  Kronland). 
Hier  fand  die  Freimaurerei  frühzeitig  Ein- 
gang, allein  ihre  Wirksamkeit  beschränkte 
sich  fast  nur  auf  Prag  (s.  d.);  ausserhalb 
Prags  bestand  nur  eine  Loge  Zur  Auf- 
richtigkeit (Sincörit^)  in  Leitmeritz,  die 
1741  errichtet,  1742  von  Berlin  aus  mit 
Stiftungsbrief  versehen  und  Anfang  der 
sechziger  Jahre  nach  Pilsen  verlegt  wurde. 
15.0kt  1765  wurde  Graf  Kinigl8en.(s.d.)zum 
Obermeister  der  Loge  ernannt,  die  zu  Neu- 
jahr 1766  feierlich  eröflöiet  wurde,  jedoch 
wenig  thätig  war  und  17.  März  1772  förm- 
lich neu  geweiht  und  Febr.    1773^  i^fwsh 


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üc 


Böhmische  Brttder  —  Bonn. 


117 


Klattau  übertragen  wurde,  sich  aber  1778 
auflöste,  nachdem  sich  vorher  aus  den 
Schwestern  die  Adoptionsloge  Zu  den  drei 
gekrönten  Herzen  gebildet  hatte.  1788 
aufs  neue  in  Th&tigkeit  gesetzt,  musste  sie 
sich  Anfang  1786  gänzlich  auflösen.  Nach 
Teschen  versetzte  Mitglieder  (Of^iere)  der 
Loge  gründeten  hier  Ende  1778  die  Loge 
Joseph  zu  4en  drei  Trophäen,  die  jedoch 
1779  wieder  einging,  iäne  andre  MilitAr- 
loge  Zu  den  drei  Kometen  hatte  Freiherr 
Ferraris  1761  in  seinem  Begiment  errichtet, 
die  1765  das  System  der  strikten  Observanz 
annahm.  —  Als  der  Plan,  eine  öster- 
reichische Landesloge  zu  schaffen,  auf- 
tauchte und  die  Provinzlogen  aufgefordert 
wurden,  Provinziallogen  zu  bilden,  trat 
unverweilt  (März  1782)  die  Provinzialloge 
von  Böhmen  zusammen  mit  dem  Grafen 
Kinigl  jun.  (s.  d.)  und  Graf  Thun  (s.  d.) 
an  der  Spitze,  denen  noch  im  selben  Jahre 
Georg  Eterzog  von  Mecklenburg  (s.  d.)  und 
Graf  Salm-Beifferscheid,  diesen  aber  1783 
Geheimrat  Graf  Stampach  und  Graf  Kinigl 
folgten,  die  die  Würde  des  Provinzial^oss- 
meisters  und  zugeordneten  Grossmeisters 
auch  beibehielten,  als  die  Landesloge  1784 
zu  Stande  kam  und  die  Provinzialloge  von 
B.  (nebst  Mähren  und  Schlesien)  endgiltig 
eingesetzt  wurde.  Sie  umfasste  die  Brünner 
Logen  Zu  den  vereinigten  Freunden  und 
Zur  aufgehenden  Sonne,  die  KlattauerLoge 
Zur  Aumchtigkeit,  sowie  die  Prager  Loeen 
Zu  den  drei  gekrönten  Sternen,  Zu  den 
drei  gekrönten  Säulen,  Zur  Union  und  Zur 
Wahrheit  und  Einigkeit.  Nach  Veröffent- 
lichung der  Freimaurerverordnung  wurde 
statt  des  zurücktretenden  Stampach  der 
G^heimrat  Graf  Laiansky  und  an  Stelle 
Kinigls  ungesetzlich  Domherr  Ungar  zu 
Grossmeistem  gewählt.  Der  hierdurch  ver- 
anlasste erbitterte  Zwist  der  Prager  Frei- 
maurer veranlasste  die  Landesloge,  die 
Provinzialloge  fCbr  aufgehoben  zu  erklären. 
Die  Logen  arbeiteten  fortan  ohne  irgend 
eine  ZentraUeitung.  [Vgl.  R.  1894,  S.  49. 
L.  1896,  S.  108.]  Gegenwärtig  bestehen  in 
B.  acht  humanitäre  vereine,  und  zwar  in 
Asch,  Haida,  Karlsbad,  Pilsen,  Prag  (2), 
Saaz  und  Tetschen  (s.  d.). 

Bdlimigelie  Brttder  oder  Brüder  des  Ge- 
setzes Christi.  Unter  diesem  Namen  traten 
die  Nachkommen  der  Waldenser  bald  nach 
Niederwerfung  der  hussitischen  Bewegung 
(Mitte  des  15.  Jahrh.)  in  Böhmen  und 
Mähren  auf  und  bildeten  förmliche  Ge- 
meinschafben, in  denen  wohl  keine  aus- 
§esprochene  Gütergemeinschaft,  wohl  aber 
er  Grundsatz  herrschte,  dass  der  Reiche 
in  fireiwilliger  Armut  seine  Güter  nur  für 
die  Armen  zu  verwalten  habe.  Zu  Anfang 
des  17.  Jahrh.  wurden  die  B.  B.  verbannt 
und  flüchteten  zum  Teil  nach  den  Nieder- 
landen, wo  sie  neue  Gemeinden  bildeten, 
teils  verblieben  sie  heimlich  im  Lande 
und  hielten  unter  dem  unverfänglichen 
Namen  Hackebrüderschaft  nach  wie  vor 


innig  zu  einander  (Vgl.  Abafi,  Gesch.  der 
Freimaurerei  in  Österreich-Ungarn,  I,  81.] 

BSlmeii,  Job.  v.,  schwedis<äer  Oberst- 
leutnant und  Kommandant  von  Wismar, 
geb.  21.  Juni  1726  in  Christianstadt  in 
Schweden,  half  1767  die  Loge  Zu  den  drei 
Löwen  in  Wismar  (s.  d.)  stiften  und  trat 
Starcks  Klerikat  bei,  war  bei  der  Ein- 
weihung V.  Prangens  1768  zugegen  und 
ging  nach  einigen  Jahren  nach  Schweden 
zurück,  wo  er  das  Klerikat  einfahren  half. 

Boieldieo,  Fran9ois  Adrien,  Opern- 
komponist, geb.  15.  Dez.  1775  in  Ronen, 
gest.  8.  Okt.  1884  auf  seinem  Gut  Jarcy 
bei  Grosbois,  kam  1797  nach  Paris,  wo  er 
anmutige  Opern  komponierte.  180S  folgte 
er  einem  Rufe  als  kaiserl.  Kapellmeister 
nach  Petersburg,  kehrte  aber  1810  nach 
Paris  zurück.  Während  seines  Peters- 
burger Aufenthalts  gehörte  er  der  dortigen 
Loge  Les  amis  r^unis  als  Ehrenmitglied  an, 
komponierte  auch  einen  »Cantique  de  la 
Loge  St.  Jean  de  Palatino,  O.  de  St. 
Pötersbourg,  dediö  au  T.  R.  et  T.  J.  G.  M. 
F.  Duc  de  Wurtemberg  par  Les  FF.  de 
Massence,  auteur  des  paroles,  et  A.  Boieldieu, 
auteur  de  musique.  A  Jerusalemc.  [Vgl. 
Pypin,  Quellen  und  Beiträge  zur  Geschichte 
der  Freimaurerlogen  Russlands  (Riga  1896), 
S.  75  Anm.  2,  S.  95  Anm.  1.] 

Boizenburg  (St.  im  Grossh.  Mecklenburg- 
Schwerin,  8650  £.).  Loge  das.  unter  der 
Grossen  Landesloge  zu  Berlin  und  der  Pro- 
vinzialloge von  Mecklenburg  zu  Rostock: 
Vesta  zu  den  drei  Türmen,  gegr.  5.  Juli 
1822,  eingew.  5.  Nov.  1822.  Logenhaus: 
Wallstrasse  48,  eingew.  17.  Okt.  1891.  Mit- 
gUederzahl  (1899):  58.  [M.  L.  1897/98, 
S.  128.] 

BoUvia  (Republik  in  Südamerika).  Hier 
bestehen  unter  der  Grossloge  von  Peru 
fCLnf  Logen,  davon  drei  in  La  Paz  und  je 
eine  in  Sucre  und  Oruro.  Die  erste  Loge 
wurde  1857  in  Sucre  gegründet. 

Bombaji  s.  Ostindien. 

Bonaparte  (Familie),  s.  Frankreich 
(Herrscherhaus)  H. 

Bonn  (St.  in  der  preuss.  Rheinprovinz, 
44558  £.).  I.  Hier  bestand  früher  eine 
Loge  unter  dem  Grossorient  von  Frank- 
reich: Les  frferes  courageux,  gegr. 
18.  Jan.  1806,  später  eingegangen.  H.  Jetzt 
besteht  hier  die  Loge  Friedrich  Wil- 
helm zum  eisernen  Kreuz,  die  von  der 
Grossen  Landesloge  zu  Berlin  1818  als 
Feldloge  gegründet  worden  war.  später  in 
Erfurt  (s.  d.)  und  Torgau  (s.  d.)  arbeitete 
und  1826—57  ruhte.  Sie  wurde  in  B.  25. 
Mai  1857  wieder  eingesetzt  und  6.  Dez.  1857 
eingeweiht.  Mitgliederzahl  (1899):  70. 
Vers,  jeden  Mittwoch  abends.  Sonn- 
tags Elub.  Ferien:  Juli  bis  September. 
Logenlokal:  Schumannstrasse  Nr.  8,  ein- 
gew. 8.  April  1888.  Milde  Stiftungen: 
a)  Witwen-  und  Waisenstifbung.  Kapital: 
20000  M.;  b)  Georgistiftung  zur  Unter- 
stützung   hilfsbedümiger    Brüder,    gegr. 

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118 


Bonneyille  —  Börne. 


2.  Dez.  1888.  Kapital:  8500  M.  Femer 
hat  hier  die  EöniK  Wilhelmstiftun^  zur 
Unterstützung  hilrabedürftiger  Studieren- 
der, gest.  22.  Mai  1865  durch  zwölf  rheinisch- 
westfälische  Logen,  ihren  Sitz.  Kapital: 
12000  M.  Gegenwärtige  Logenzahl:  86.  — 
Hausgesetz  vom  80.  Jan.  1899.  [Vgl.  Ge- 
schichte der  Loge  bei  Gelegenheit  der  Ein- 
weihung des  neuen  Loffenhauses  (1888)1. 

BonneTÜle,  1)  Ein  Cnevalier  de  B.  soll 
angeblich  24.  Nov.  1754  das  unterm  Namen 
des  Kapitels  von  Clermont  (s.d.)  bekannt 
gewordene  Hochgrads^stem  gestiftet  haben, 
was  neuerdings  als  eine  Erfindung  Thorys 
(s.  d.)  nachgewiesen  worden  ist.  [Vgl. 
Schifßnann,  Entstehung  der  Bittergrade 
(Lnz.  1882),  8.  27  fg.l 

2)  N  i  k  0 1  a s  B.,  Buchhändler  und  Litterat 
in  raris,  schrieb:  Les  J^uites  chass^  de 
la  ma^onnerie  (1788),  worin  er  die  Über- 
zeugung aussprach,  dass  die  Jesuiten  in 
der  Freimaurerei  einflussreich  seien  und 
besonders  durch  höhere  Grade  die  Maurer 
täuschten  und  zur  Glaubensumkehr  hinlei- 
teten. Das  Buch  wurde  28.  Juni  1788  im 
Vorhofe  der  M^re-I^ge  ^cossaise  laut  Be- 
schluss  verbrannt  [Kloss,  G^eschichte  der 
Freimaurerei  in  Frankreich,  1,816],  dagegen 
von  Bode  (s.  d.)  ins  Deutsche  übersetzt 
(Lpz.  1788). 

BoM,  Heinrich,  Dr.  phil.,  Professor 
der  Cmchichte,  geb.  14.  Juni  1851  in  Oann- 
statt,  studierte  Philologie,  Geschichte  und 
Nationalökonomie,  Hess  sich  1875  in 
Basel  als  Privatdozent  nieder,  wurde  1881 
ausserordentlicher  und  1898  ordentlicher 
Professor  an  der  Universität  zu  Basel.  — 
Aufgenommen  in  den  Freimaurerbund 
wurde  B.  1881  in  der  Loge  Zur  Freundschaft 
und  Beständigkeit  in  Basel  und  bekleidete 
in  dieser  verschiedne  Ämter,  insbesondere 
nahm  er  sich  der  Bibliothek  und  des  Archivs 
an  und  veröffentlichte  1892  »Neue  Beiträge 
zur  Bibliomphie  der  Freimaurerei«  (Basel), 
1892  die  Festschrift  zur  Feier  der  Ein- 
weihung des  neuen  Logenhauses,  gen.  Zum 
neuen  Venedig.  Im  Auftrag  der  Gross- 
loge Alpina  verfasste  er  das  »Handbuch 
der  Freimaurerei«  (Aarau  1894),  das  gleich- 
zeitig in  französischer  Übersetzung  (Bern 
1894)  erschien.  Unter  dem  Titel:  »Ge- 
schichte der  Freimaurerei«  (Aarau  1894) 
erschien  eine  verkürzte  Ausgabe  dieses 
Werkes  im  Buchhandel.  Eine  zweite  Bear- 
beitung ist  in  Vorbereitung. 

Booä,  Edwin,  amerik.  Schauspieler, 
geb.  18.  Nov.  1888  in  Bei  Air  in  Maryland, 
gest.  7.  Juni  1898  in  New  York,  errang  durch 
Darstellung  Shakespearescner  Charak- 
tere grossen  Beifall.  1864  und  1882  be- 
reiste er  Europa.  B.  war  Freimaurer  und 
hat  dem  Altenheim  (in  Utica)  der  Gross- 
loge von  New  York  5000  Dollar  vermacht. 

Bork,  Karl,  Geh.Hofrat  und  Korrespon- 
denzsekretär Kaiser  Wilhelms  L,  geb.  25. 
März  1831.  gest.  81.  Au^.  1899  in  Karlsbad, 
wurde  auigenommen  in  den  Freimaurer- 


bund 15.  Sept.  1878  in  der  Loge  Friedrich 
Wilhelm  zur  Morgenröte  in  Berlin  und 
war  in  den  verschiedensten  Beamtenstellen 
dieser  Loge  thätig. 

Borknm  (Nordseebad,  zur  preuss.  Prov. 
Hannover  gehörig).  Hier  besteht  seit  18. 
Juli  1889  eine  Vereinigung  der  zur  Kur 
anwesenden  Freimaurer  im  Strandh6tel  von 
J.  Bakker. 

Born,  Ignaz,  Edler  v.,  Mineralog  und 
Geolog,  geb.  26.  Dez.  1742  in  Karlsburg 
in  Siebenbürgen,  gest.  24.  Juli  1791  in 
Wien,  gehörte  lo  Monate  dem  Orden  der 
Jesuiten  in  Wien  an,  bei  denen  er  studierte, 
worauf  er  sich  in  Prag  dem  Studium  der 
Naturwissenschaften  widmete.  Nach  einer 
Reise  durch  Holland  und  Frankreich  wurde 
er  1770  Beisitzer  in  dem  obersten  MQnz-  und 
Bergmeisteramt  zu  Prag,  sodann  Bergrat. 
1776  erhielt  er  einen  Buf  nach  Wien  mit  dem 
Auftrag,  das  kaiserl.  Naturalienkabinett 
zu  ordnen  und  zu  beschreiben.  1779  wurde 
er  wirklicher  Hofrat  bei  der  Hofkammer 
in  Münz-  und  Bergwerkssachen.  Wahr- 
scheinlich auf  seinen  Reisen  in  den  Frei- 
maurerbund aufgenommen,  wirkte  er  be- 
sonders in  Wien  für  dessen  Förderung, 
wozu  er  durch  seine  Geistesgaben,  Kennt- 
nisse und  äussere  Stellung  oesonders  be- 
fähigt war.  Die  16.  März  1781  in  Wien 
von  ihm  gejnründete  Loge  Zur  Eintracht 
leitete  er  1782—85,  sodann  1786  die  Loge 
Zur  Wahrheit  als  Meister  vom  Stuhl  und 
bekleidete  1784—85  das  wichtige  Amt  des 
Grosssekretärs  der  Grossen  Landesloge 
von  Österreich.  Femer  beteiligte  er  sich 
thätig  an  der  Herausgabe  des  Wiener 
»Journals  für  Freymaurer«,  das  viele  wert- 
volle Beiträge  von  ihm  enthält.  Als  1785 
der  Kurfürst  von  Bayern  (s.  d.)  durch 
einen  Erlass  allen  Staatsbeamten  die  Teil- 
nahme am  Freimaurerbunde  verbot,  sen- 
dete er  seine  Diplome  ab  Mitglied  der 
Akademie  der  Wissenschaften  zu  München 
und  der  ^lehrten  Gesellschaft  zu  Burg- 
hausen mit  männlich  kräftigen  und  ent- 
schiednen  Briefen  zurück.  [Vgl.  Z.  1887, 
8.  80;  1898,  S.  41.] 

Borna  (St.  im  Königr.  Sachsen,  8250  E.). 
Hier  besteht  unter  der  Loge  Apollo  in 
Leipzig  ein  Freimaurerklub,  gegr.  2.  Aprü 
1885.  Mitgliederzahl  (1899):  19.  Vers, 
letzten  Donnerstag  im  Monat.  Lokal: 
H6tel  Hecht. 

Börne,  Ludwig,  gefeierter  politischer 
Schriftsteller,  geb.  6.  Mai  1786  in  Frank- 
furt a.  M.,  gest.  12.  Febr.  1887  in  Paris, 
wurde  in  seiner  Vaterstadt  Polizei- 
aktuar; als  aber  Ende  1818  die  alte  reicha- 
städtische  Verfassung  wieder  ins  Leben 
trat,  die  keinem  Juden  eine  Staatsanstellung 
gestattete,  wurde  er  mit  einem  lebensläne- 
lichen  Buhe^ehalt  entlassen.  Er  warf  sicn 
auf  die  Schnftstellerei,  und  seine  Arbeiten 
lenkten  bald  die  öffentliche  Aufmerksam- 
keit auf  ihn.  1817  trat  er  zur  evan^lischen 
E[irche  über  und  vertauschte  seinen  bis- 


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Bomemann  —  BOtticher. 


119 


herigen  Namen  Lob  Baruch  mit  Börne. 
Seiner  politischen  Artikel  wegen  wurde  er  in 
Untersuchung  eezogen,  verhaftet,  aber  frei- 
gesprochen und  entlassen.  Seine  1817  ge- 
gründeten »Zeitschwingen«  wurden  bald 
unterdrückt,  seine  »Wage,  Zeitschrift  für 
Bürgerleben,  Wissenschan;  und  Kunst«, 
hielt  sich  drei  Jahre  lang,  1818—21.  Von 
1829  an  erschienen  in  Hamburg  seine  ge- 
sammelten Schriften.  Nach  der  Jiüi- 
revolution  nahm  er  seinen  dauernden 
Aufenthalt  in  Paris  und  trat  in  lebhafte 
Verbindung  mit  den  dortigen  deutschen 
Flüchtlingen,  zu  denen  er  irrigerweise  oft 
mitgerechnet  wird.  1882  erschienen  drei 
Bände  »Briefe  aus  Paris«  und  1888  aber- 
mals drei  Bände  »Neue  Briefe  aus  Paris«. 
Am  19.  Juli  1809  wurde  B.  in  Frankflirt  a.M. 
in  der  Loge  Zur  aufgehenden  Morgenröte 
in  den  Freimaurerbund  aufgenommen,  die 
in  ihm  über  ein  Vierteljahrhundert  lang  eines 
ihrer  ausgezeichnetsten  Mitglieder  verehrte. 
Dass  sich  ein  Mann  wie  B.  den  Ideen  der 
Freimaurerei  mit  ganzer  Seele  hin^b,  ist 
selbstverständlich;  er  war  ein  Freimaurer 
durch  und  durch.  Ein  1811  von  ihm  ge- 
haltener Vortrag:  Über  Freimaurerei,  in 
seinen  gesammelten  Schriften  (Stuttg.  1840)i 
V,  57  fg.  und  in  den  Festgaben  zur  Feier  des 
25jähngen  Jubiläums  der  Loge  Zur  auf- 
gellenden Morgenröte  (1888),  S.  107  fg.  [Über 
sein  Leben  vgl.  Heyden,  Galerie  berühmter 
Frankfurter  (Frkf.  a.  M.  1861),  S.  525  fg. 
A.  XXV,  S.  242.  FZ.  1896,  S.  288.  R. 
1896,  S.  58.  Der  Freimaurer  1877  S.  65 
(mit  Bildnis).  Biographie  von  Alberti  (1886) 
und  von  Holzmann  (1888).] 
Bof^enuuui,  Karl  Friedrich,  Militär, 

feb.  28.  Okt.  1805  in  Berlin,  gest.  2.  Sept. 
897  als  Wirkl.  Geh.  Kriegsrat  und  Haupt- 
mann a.  D.  in  Wiesbaden,  wählte  die  ju- 
ristische Laufbahn,  wurde  1885  Gamison- 
Auditeur  in  Köln,  später  in  Potsdam, 
trat  1860  als  vortragender  Rat  ins  Kriegs- 
ministerium ein,  aus  dem  er  1871  schied. 
1873  siedelte  er  nach  Wiesbaden  über. 
Aufgenommen  in  den  Freimaurerbund 
wurde  B.  14.  Aug.  1845  in  der  Loge  Teu- 
tonia  zur  Weisheit  in  Potsdam,  in  der  er 
die  Stellen  des  Schriftführers  und  Redners 
bekleidete.  1859  schloss  er  sich  der  Loge 
Friedrich  zur  Vaterlandsliebe  in  Koblenz 
an,  deren  zugeordneter  Meister  er  1859—60 
war.  1861  liess  er  sich  in  der  Berliner 
Loee  Zum  flammenden  Stern  annehmen 
und  war  zunächst  deren  zugeordneter, 
1862—68  Meister  vom  Stuhl  und  von  1863 
Ehrenmeister.  1881  gründete  er  die  Loge 
Hohenzollem  in  Wiesbaden  mit,  deren 
Meister  vom  Stuhl  er  wurde.  1861  wurde 
er  ins  Bundesdirektorium  der  Grossen 
National-Mutterloge  Zu  den  drei  Welt- 
kugeln gewählt  und  bekleidete  1869—78 
das  Amt  des  zugeordneten  Nationalgross- 
meisters.    [Vgl.  L.  1897,  S.  174.] 

Bote,  Franz  du,  Kaufmann,  kurfürst- 
lich sächsischer  Kammerrat   in   Leipzig, 


geb.  l.Sept.  1722  in  Leipzig,  gest.  in  Dresden, 
wurde  in  L7on(?)  in  den  Freimaurerbund 
aufgenommen,  19.  Febr.  1772  bei  der  Lo^ 
Minerva  zu  den  drei  Palmen  in  Leipzig 
angenommen  und  trat  8.  Nov.  1772  dem 
v.Hundschen  Tempelherrensystem  bei.  Aus 
Unzufiiedenheit  mit  diesem  System  deckte 
er  im  Jan.  1776  diese  Loge  und  stiftete 
7.  Febr.  die  Loge  Balduin  in  Leipziff  (s.  d.), 
deren  Meister  vom  Stuhl  er  bis  o.  März 
1780  war.  Mit  Entschlossenheit,  Eifer  und 
Geschick  leitete  er  die  junge  Loge  unter 
schwierigen  Verhältnissen.  Hierauf  ver- 
zog er  nach  Dresden,  wo  er  der  Loge  Zu 
den  drei  Granatäpfeln  beitrat. 

Boston  (Hauptst.  des  nordamerik.  Staats 
Massachusetts,  (1890)  448477  E.).  Unter 
der  einheimischen  Grossloge  besteht  hier 
eine  deutsche  Loge  Germania,  1854  ge- 
gründet. Vers.  4.  Montag.  Ferien:  Juli 
und  August. 

Both,  Gotthard  Hartwig  Hans  v., 
mecklenburg-schwerinscher  Oberstleutnant, 
Reb.  16.  März  1734  in  Wismar,  gest.  28. 
Nov.  1808  in  Bützow,  war  in  der  Loge 
Zu  den  drei  Löwen  in  Wismar  80.  März 
1767  und  4.  März  1768  im  v.  Hundschen 
Tempelherrensjstem  aufgenommen  und  zum 
Oommendator  Domus  (d.  i.  Meister  vom 
Stuhl  der  Loge)  in  Wismar  ernannt.  Später 
wurde  er  Canonicus  regularis  der  Kleriker 
dieses  Systems  und  stand  mit  v.  Raven 
(s.  d.)  und  Starck  (s.  d.)  in  vertrauten 
Verhältnissen.  Er  nahm  am  Konvent  zu 
Kohlo  (s.  d.)  teil.  Als  sich  die  Kleriker  1778 
von  der  strikten  Observanz  zurückzogen, 
^b  er  die  Lofi;enleitung  ab.  Nach  dem 
Tode  des  Lanojrats  v.  Kaven  kamen  die 
Akten  der  Kleriker  in  seine  Hände. 

Bdtt^r,  Christian  Adam  Heinrich, 
|eb.  2.  Okt.  1801  in  Forste  am  Harz,  gest. 
29.  Au^.  1891,  studierte  in  Göttingen 
Theologie.  W^en  seiner  wissenschaftlichen 
Überzeugung  konnte  er  keine  Anstellung 
ab  Pfarrer  erhalten.  Er  widmete  8i<£ 
daher  den  historischen  Studien,  wurde  1851 
Sekretär  bei  der  Königl.  Bibliothek  in 
Hannover,  1853  Vorsteher  desMünzkabinetts 
und  1860  zum  Bibliotheksrat  ernannt.  — 
In  den  Freimaurerbund  aufgonommen 
wurde  B.  1849  in  der  Loge  Zum  schwarzen 
Bär  in  Hannover,  deren  Redner  und  vor- 
bereitender Bruder  er  war.  Später  schloss 
er  sich  der  Loge  Zu  den  drei  Cedem  in 
Stuttgart  an.  ^ine  Schriften  sind  zumeist 
historischen  Lihalts.  Für  die  Freimaurerei 
von  Bedeutung  ist  »Das  Urchristentum« 
(Lpz.  1882).    [Vgl.  FZ.  1891,  S.  829.] 

BOttteher,  August  Ludwig  v^  braon- 
schweigischer  Kanunerrat  und  Kammer- 
junker, geb.  28.  Juni  1746  in  Wolfenbüttel, 
gest  1885  in  Linden  als  Geheimrat  a.  D., 
wurde  Johannis  1771  zum  Meister  vom 
Stuhl  der  Loge  St.-Charle8  de  la  concorde 
in  Braunschweig  gewählt,  trat  17.  Jan.  1771 
dem  V.  Hundschen  Tempelherrensystem  zu, 
wurde  18.  Juni  1778  als  Meister  vom  Stuhl 


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120 


Böttiger  —  Boyen. 


der  Loge  Zur  gekrönten  Säule  das.  ein- 
gesetzt, legte  aber  wegen  überhäufter  Be- 
rufsgeschfiite  Johannis  1777  nieder. 

BÖttigr^r,  Karl  August,  Altertums- 
forscher, geb.  8.  Juni  1760  in  Reichen- 
bach im  Voigtlande,  gest.  17.  Nov.  1835 
in  Dresden,  in  Schulpforta  gebildet, 
ward  1784  Bektor  am  Gymnasium  in 
Guben,  1790  in  gleicher  Eigenschaft  nach 
Bautzen  und  1791  als  Direktor  des  Gym- 
nasiums nach  Weimar  berufen,  wo  er  in 
vielfachem  Verkehr  mit  Schiller,  Goethe, 
Bode,  Wieland  und  Herder  lebte.  Nachdem 
er  sich  durch  schriftstellerische  Leistungen 
hier  vielfach  thätig  erwiesen  hatte, 
wurde  er  1804  als  Hofrat  und  Studien- 
direktor des  Pagenhauses  nach  Dresden 
berufen  und  1814  Studiendirektor  bei  der 
Eitterakademie  und  Oberaufseher  über  die 
königlichen  Museen  der  Antiken  und  der 
Mengsschen  Gipsabgüsse.  Von  1821  lebte  er 
.ganz  schriftstellerischen  Beschäftigungen. 
Von  seinen  Schriften  sind  zu  nennen: 
»Sabina^  oder  Morgenscenen  im  Putzzimmer 
einer  reichen  Römerin«  (Lpz.  1803;  3.  Ausg. 
M.-Gladbach  1878);  Ȇber  Museen  und  An- 
tikensammlungen« (Lnz.  1808).  Aus  seinem 
handschriftlichen  Nacnlass  erschien:  »Litte- 
rarische Zustände  und  Zeitgenossen« 
(2  Bdchn.,  Lpz.  1838).  [Vgl.  K.  W.  Böttiger, 
Karl  August  B.,  eine  biographische  Skizze 
(Lpz.  1837).]  —  B.  wurde  8.  Nov.  1781  in 
Dresden  in  der  Loge  Zum  goldnen  Apfel 
in  den  Bund  aufgenommen  und  1782  in 
der  Loge  Zu  den  drei  Rosen  in  Rüssdorf 
(s.  d.)  in  den  2.  und  3.  Grad  befördert.  Er 
lernte  die  Bestrebungen  der  strikten  Ob- 
servanz, das  Zinnendorfsche  System,  die 
rosenkreuzerschen  Umtriebe,  die  Schrepfer- 
schen,  Starckschen  und  Olermontschen  Be- 
einflussungen kennen,  teilweise  durchBerüh- 
rung mit  deren  Anhängern,  teilweise  durch 
Studium  der  betreffenden  Schriften.  Von 
klärendem  Einfluss  war  sein  Aufenthalt  in 
Weimar.  1796  reiste  er  nach  Berlin  und 
wurde  da  Vermittler  zwischen  der  Grossen 
Mutterloge  Royal  York  und  Fessler;  1797 
knüpfte  er  mit  Schröder  in  Hamburg  ein 
inniges  Freundschaftsbündnis,  das  bei 
dessen  Gegenbesuch  in  Weimar  1800  be- 
festigt wurde.  1806  bewirkte  B.  den  An- 
schluss  seiner  Loge  an  die  von  Schröder 
in  Hamburg  begründete  Arbeitsweise.  1807 
stiftete  er  den  geschichtlichen  Engbund 
(s.  d.)  für  Dresden,  den  er  bis  1825  als 
Vorsitzender  leitete.  Leider  kam  er  hier- 
bei mit  Mossdorf  (s.  d.),  der  die  Protokolle 
und  den  brieflichen  Verkehr  dieses  Bundes 
ftOirte  und  dessen  Archiv  verwaltete,  in 
Zwiespalt.  Durch  viele  Aufsätze  wirkte 
er  belebend  und  fördernd  für  die  maure- 
rische geschichtliche  Forschung.  1811 
machte  er  sich  als  einer  der  Hauptstifter 
der  sächsischen  Grossloge  verdient.  lii 
nichtmaurerischen  Kreisen  hatte  er  vielfach 
Gelegenheit,  Bedenken  ge^en  die  Frei- 
maurerei zu  heben,  so  auch  in  Gesprächen 


mit  dem  Hofprediger  Reinhard  und  dem 
Geschichtschreiber  Job.  v.  Müller.  Am 
8.  Nov.  1831  feierte  die  Grosse  Landesloge 
von  Sachsen  im  Verein  mit  der  Loge  Zum 
goldnen  Apfel  die  50  jährige  MitgliSischaft 
B.s  durch  eine  Jubelfesttafelloge.  Seine 
Loge  überreichte  ihm  einen  silbernen,  mit 
seinem  Bildnis  geschmückten  Pokal,  und 
die  Grossloge  erteilte  ihm  »als  Zeichen 
dankbarer  und  ehrender  Anerkennung  viel- 
jähriger hoher  Verdienste  um  die  gesamte 
Maurerei,  um  deren  vergeistigende  Auf- 
fassung, besonders  in  den  Logen  des 
sächsischen  Vaterlandes,  sowie  um  die 
Stiftung  und  das  Gedeihen  des  sächsi- 
schen Logenbundes«  ein  Ehrendiplom, 
das  ihn  zu  ihrem  Mitgliede  erklärte.  Von 
ihm  erschienen:  Denkschrift  auf  Bode 
(Weimar  1796);  Diis  manibus  Chro.  Mart. 
Wieland  a.  d.  XH.  Kai.  Febr.  MDCCCXni; 
Der  Glühwurm,  eine  Sage,  am  Joh.-Feste 
1812  (Dresden);  Zum  Andenken  des  5.  und 
6.  Januar  1821;  Das  Haupt  Johannis,  am 
Johannisfeste,  den  24.  Juni  1823;  Das 
wahre  Licht,  den  7.  Sept.  1809  (7.  Dez. 
1810)  (Dresden).  —  Zu  seinem  70.  Geburts- 
tage 1830  wurde  eine  Denkmünze  geprägt 
[Skw.  Nr.  55].  [Vgl.  B.'s  Selbstbiographie 
in:  Die  Freimaurerloge  Zum  goldnen  Apfel 
1776—1876.  Beilage  V;  Protokoll  der  dem 
B.  in  der  Grossen  Landesloge  von  Sachsen 
am  8.  Nov.  5831  gewidmeten  Jubel-Fest- 
Feier  (Dresden  1832)J 

Bonmann,  Mich.  Friedr.,  höherer  Be- 
amter, geb.  22.  April  1747  in  Potsdam, 
gest.  2.  Aug.  1803  in  Berlin  als  Geh.  Ober- 
nnanzrat  und  Ober  -  Hof  bau  -  Litendant, 
Direktor  desKönigl.  Ober-Baudepartements, 
wurde  aufgenommen  3.  Aug.  1775  in  der 
Loge  Eintracht  zu  Berlin,  1795  Mitglied 
der  Mutterloge  und  altschottischer  Ober- 
meister, und  22.  Nov.  1797  Mitglied  des 
altschottischen  Direktoriums.  Auf  sein 
Lnmediatoesuch  als  zugeordneter  Meister 
der  Loge  ZurVerschwiegenheit  erliess  König 
Friedlich  Wilhelm  H.  9.  Febr.  1796  das 
Konfirmations-Patent  undProtektorium  für 
dieGrosse  National-Mutterloge  Zu  den  drei 
Weltkugeln.  B.  erwarb  sich  grosse  Ver- 
dienste um  die  Grosse  National-Mutterloge 
durch  die  Einfuhrung  der  Grundverfassung 
vom  Jahre  1797.  Ihm  zu  Ehren  wurde  1867 
der  Obermeister  Boumannsche  Stipendien- 
fonds zur  Unterstützung  unbemittelter 
Maurersöhne  gestiftet.  H^gl.  Geschichte 
der  Grossen  National-Mutterloge  (1890),  S. 
97,  411;  Bbl.  1892,  S.  384;  1897,  S.  423.] 

Bojen,  Leopold  Herrn.  Ludw.  v., 
preuss.  General,  geb.  20.  Juni  1771  in  Eareuz-^ 
bürg  in  Ostpreussen,  gest.  15.  Febr.  1848 
in  Berlin,  trat  1784  in  Königsberg  in  die 
Armee,  machte  den  Feldzug  in  Polen 
1794—96,  ebenso  denKrieg  von  1806  mit.  Bei 
der  Begründung  der  neuen  Heeresverfassung 
war  er  Schamhorsts  eifrigster  Gehilfe. 
Als  Chef  des  G^neralstabs  des  3.  Armee- 
korps war  er  bei  den  Schlachten  von  1813 


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Braband  —  Brand. 


121 


und  1814,  wurde  zum  Generalmajor 
befördert  und  nach  dem  ersten  Pariser 
Frieden  Kriegsminister.  Er  organisierte 
die  Landwehr  und  gab  das  berühmte  Dienst- 
pflichtgesetz von  1814,  das  die  allgemeine 
Wehrpflicht  in  Preussen  einfcLhrte.  1819 
nahm  er  seinen  Abschied,  wurde  aber  nach 
21  Jahren  von  Friedrich  Wilhelm  IV.  als 
General  der  Infanterie  in  den  aktiven 
Dienst  zurückberufen  und  von  neuem 
Kriegsminister.  1847  trat  er  wieder  zurück 
und  wurde  zum  Generalfeldmarschall  imd 
Gouverneur  des  Invalidenhauses  ernannt. 
Er  war  auch  litterarisch  thätig.  In  den 
Freimaurerbund  trat  er  7.  Juni  1808  in  der 
Loge  Zu  den  drei  Kronen  in  Königsberg  i.  Pr. 

Braband,  Eugen  Julius  Theodor, 
Jurist,  geb.  30.  Okt.  1843  in  Hamburg, 
gest  das.  8.  Dez.  1887,  wurde  1866  Dr. 
jur.  und  Rechtsanwalt  in  Hamburg,  1876 
Oberstaatsanwalt  und  16.  März  1887 
Senator.  Schon  als  Student  erhielt  er 
in  der  Loge  Absalom  in  Hamburg  19. 
März  1863  das  maurerische  Licht,  und  zwar 
am  25jährigen  Grossmeisteijubiläum  von 
Buek  (s.  d.)  und  unter  dessen  Bürgschaft. 
1869  wurde  er  Meister  vom  Stuhl  der  Loge 
Absalom,  1870  Grossredner,  1872  bis  1880 
zugeordneter  Grossmeister,  dann  Ehren- 
grossmeister. Bastlos  bestrebt,  die  Maurerei 
zu  fördern,  war  er  hervorragend  thätig  bei 
der  in  Hamburg  1870  vorbereiteten,  1872  in 
Berlin  vollzogenen  Gründung  des  Deutschen 
Grosslogentags,  sowie  an  den  Arbeiten 
der  Ausschüsse  zur  Entwerfung  einer 
Verfassung  für  den  Deutschen  Grosslogen- 
bund, über  das  Aufhahmegesetz  und  das 
Verfahren  bei  Verletzung  maurerischer 
Pflichten.  Er  schrieb  die  Broschüre:  »Die 
Entgegnung  der  Grossen  Loge  von  New 
York  auf  die  Denkschrift  des  Br.  Glitza 
über  das  Sprengelrechtc  (Hmbg.  1874). 

Brabb^,  Gustav,  Sparkassenbeamter, 
geb.  5.  Febr.  1822  in  Wien,  wurde  28.  Aug. 
1848  in  der  Wiener  Loge  Zum  heiligen 
Joseph  aufgenommen  und  war  seit  1868 
als  maurerischer  Geschichtsschreiber  thätig, 
doch  meist  in  anonymer  Weise.  Seine 
maurerischen  Arbeiten  zeichnen  sich  vor 
allem  dadurch  aus,  dass  sie  mit  ungemein 
Glücklichem  Griff  stets  ein  interessantes 
Thema  behandeln,  das  so  gut  wie  gar 
nicht  bekannt  war,  bis  es  der  Verfasser 
aus  einem  alten  Archiv,  einem  vergessenen 
Werke  u.  s.  w.  hervorholte.  Sie  behandeln 
meist  die  Zeit  Maria  Theresias  und 
Josephs  n.,  wo  das  frisch  aufblühende 
Kulturleben  Wiens  und  Österreichs  so  viel 
erfreuliche  und  unerfreuliche,  stets  aber 
interessante  Erscheinungen  zu  Tage  treten 
liess.  Eine  Sammlung  seiner  Arbeiten  er- 
schien unter  dem  Titel  >Sub  Eosa.  Ver- 
trauliche Mittheilungen  aus  dem  maur. 
Leben  unserer  Grossväterc  (Wien  1879). 

BraekTOgeLA  IbertEmil,  dramatischer 
Dichter  und  Eomanschriftsteller,  geb.  29. 
Aug.  1824  in  Breslau,  gest.  27.  Nov.  1878 


in  Bertin,  versuchte  sich  1845  als  Schau- 
spieler, studierte  darauf  und  wurde  1854 
Sekretär  des  Krollschen  Theaters  in  Ber- 
lin. Von  1 855  lebte  er  als  Schriftsteller  meist 
in  Berlin.  Seinen  Buf  als  Dramendichter  be- 
gründete er  1856  mit  dem  »Narziss«.  —  Er 
wurde  14.  Februar  1857  in  der  Berliner 
Loge  Friedrich  Wilhelöi  zur  Morgenröte 
au&enommen  und  war  1858—68  deren 
Bedner  und  1873 — 78  deren  abgeordneter 
Meister.  Seit  1874  war  er  auch  stellver- 
tretender Grossschriftfiihrer  der  Grossen 
Landesloge  in  Berlin.  [Vgl.  BZC.  1899, 
S.  384  fg.] 

Brand,  1)  Karl  Friedrich  v.,  Ge- 
heimrat in  Dresden,  geb.  31.  Okt.  1757 
in  Hatroth  bei  Weissenfeis,  gest.  18.  Nov. 
1833  in  Dresden.  Als  Polizeidirektor  in 
Dresden  während  der  für  Dresden  so 
schweren  Zeit  von  1805—1814  zog  er  sich 
viel  Anfeindung  zu,  hervorgerufen  durch 
seine  treue  Anhänglichkeit  an  seinen  König 
Friedrich  Au^t  I.  Nach  der  Bück- 
kehr des  Königs  in  sein  Land  erbat  er 
seine  Entlassung  ans  dem  Staatsdienst,  die 
ihm  ehrenvoll  mit  vollem  Gehalt  gewährt 
wurde.  Von  da  an  widmete  er  seine  Dienste 
der  Stadt,  der  Loge  und  dem  Freimaurer- 
Institut.  Am  4.  März  1786  in  der  Loge 
Zu  den  drei  Schwertern  in  Dresden  aufge- 
nommen, wurde  er  1805  zum  zugeordneten 
und  1810  zum  Meister  vom  Stuhl  ernannt, 
welches  Amt  er  bis  1813,  dann  1816—23 
und  von  1824  bis  1832  verwaltete,  v.  B. 
war  einer  der  ersten  Mitbegründer  der 
Grossen  Landesloge  von  Sachsen.  1816  bis 
1824  war  er  Leiter  des  Dresdner  Frei- 
maurer-Instituts, dessen  Zöglingen  er  ein 
zweiter  Vater  wurde.  [VgL  Lpz.  Ztg.  1833 
Nr.  286.  Festschr.  zum  Jubil.  des  150 jähr. 
Bestehens  der  Loge  Zu  den  drei  Schwer- 
tern (1890),  S.  21,  wo  auch  sein  Bild^ 

2)  Philipp,  Industrieller,  geb.  30.  Dez. 
1835  in  Worms,  trat  1856  in  Alzey  als 
Gerichtsakzessist  in  den  hessischen  Staats- 
dienst, den  er  im  August  1864  verliess.  um 
zunächst  Sekretär  und  dann  Syndikus 
der  hessischen  Ludwigsbahn  zu  werden. 
1871  trat  er  als  Direktor  zur  Süddeutschen 
Immobiliengesellschaft  in  Mainz  über,  wel- 
che Stellung  er  heute  noch  inne  hat.  Dem 
deutschen  Beichsta^  gehörte  er  von  1887 
bis  1890  an;  Mitglied  der  hessischen  Landes- 
synode ist  er  seit  dem  Jahre  1883  ununter- 
brochen bis  jetzt.  Dem  Freimaurerbunde 
trat  er  in  der  Loge  Carl  zum  neuen  Lichte 
in  Alzey  28.  Februar  1863  bei  und  wurde 
von  dieser  bereits  im  Jahre  1867  zum 
Mitglied  der  Grossloge  Zur  Eintracht,  im 
Jahre  1876  zum  zugeordneten  Meister  vom 
Stuhl  und  im  Jahre  1886  zum  Ehren- 
meister ernannt.  Seit  1879  war  B.  fort- 
während Abgeordneter  zum  Deutschen 
Grosslogentage  und  als  solcher  Mitglied 
fast  aller  von  diesem  eingesetzten  Aus- 
schüsse, insbesondere  der  zur  Errichtung 
der  Victoria-Stiftung  im  Jahre  1883.    Im 

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122 


Brandenburg  —  Brasilien. 


Jahre  1882  wurde  er  zum  zugeordneten 
Grossmeister  der  Grossloge  zur  Eintracht 
erwählt  und  trat  20.  April  1884  als  Gross- 
meister an  deren  Spitze,  welchem  Amt  er 
auch  jetzt  noch  vorsteht.  Seine  Thätigkeit 
war  allezeit  hauptsächlich  auf  eine  grössere 
Einigung  der  deutschen  Freimaurerei  ge- 
richtet, und  es  fiCnden  Bestrebungen,  wie 
Schaffung  einer  deutschen  National-Gross- 
löge,  Einrichtung  eines  deutschen  Maurer- 
tags und  zuletzt  noch  Ausgestaltung 
des  Deutschen  Grosslogenbundes  in  ihm 
einen  eifrigen,  zielbewussten  Vorkämpfer. 
Die  Pflege  persönlicher  Beziehungen  nicht 
nur  in  dem  engem  Vaterland,  sondern  auch 
in  Belgien,  Italien  und  der  Schweiz  war 
ihm  eine  eiirige  Sorge,  und  es  kamen  ihm 
dabei  viele  Reisen  zu  statten.  Seine  um- 
fassende maurerische  Wirksamkeit  findet 
allseitige  verdiente  Anerkennung. 

Brandenburg  (St.  in  der  preuss.  Prov. 
Brandenburg,  42690  E.).  Logen  das.  unter 
der  Grossen  National-Mutterloge  Zu  den  drei 
Weltkugeln:  1)  Johannisloge  Friedrich 
zur  Tugend,  ffegr.  28.  Okt.,  eingew.  10. 
Nov.  1 779.  Logenhaus :  Neustädtische  Heide- 
strasse 22/28.  Besitzt  ausser  einem  Sterbe- 
kassenverein drei  milde  Stiftungen  mit 
einem  E^apital  von  10000  M.  Mitgliederzahl 
(1900):  108.  Vers.  Dienstags.  Ferien:  Juli 
und  Au^t.  Hausgesetze  von  1898.  [Vffl. 
Geschichte  der  Loge  1779—1879  von  Sachs 
a879).]  2)  Delegierte  altschottische  Loge 
Constantia  zur  Freundschaft,  gegr. 
20.  Okt  1781. 

Bnuidenbvrg  -  AnslNieh.  Aus  dieser 
Nebenlienie  des  Hauses  Hohenzollem  war 
das  letzte  Glied,  Christian  Friedrich  Karl 
Alexander,  seit  1757  Markgraf  von  B.-A. 
und  seit  1769  auch  von  Brandenburg-Bay- 
reuth, geb.  24.  Febr.  1786,  gest.  6.  Jan. 
1806  in  London,  Freimaurer.  Er  trat  1791 
seine  Markgrafischaften  gegen  eine  Jahres- 
rente an  König  Friedrich  Wilhelm  H.  von 
Preussen  ab  und  lebte  darauf  in  England. 
In  den  Freimaurerbund  wurde  er  1754 
durch  eine  Abordnung  der  Bayreuther  Loge 
auf  seinem  Schlosse  in  Wassertrüdingen 
aufgenonmien  und  12.  Juli  1754  vom  Mark- 
gruen  Friedrich  von  Brandenburg-Bayreuth 
(s.  d.)  zum  Meister  erhoben.  1758  grün- 
dete er  die  Ansbacher  Lo^e  Zu  den  drei 
Sternen  [vgl.  Findel,  Geschichte  der  Gross- 
loge Zur  Sonne  in  Bayreuth  (Lpz.  1898), 
S.  15],  Hess  sich  17.  Jan.  1766  vom  Kammer- 
herm  von  Metzsch  als  erster  regierender 
Fürst  in  das  v.  Hundsche  Tempelherren- 
system einweihen  und  wurde  Protector 
ordinis  in  Franconia.  Er  wohnte  den 
Kapiteln  und  Logenversammlungen  in 
Ansbach  (s.  d.)  bei,  räumte  selbst  dazu 
Zimmer  im  Schlosse  ein  und  wollte  den 
im  15.  Jahrh.  blühenden  Schwanenorden 
wiederherstellen,  um  den  Templerorden  da- 
hinter zu  verstecken.  Der  Plan  zerschlug 
sich  aber  aus  unbekannten  Gründen.  Avd 
seinen  Geburtstag  liess  1759  die  Loge  in 


Ansbach  eine  Denkmünze  schlagen  [vgl. 
HMW.  Nr.  4.] 
Brandenburg  -  Bapenth     (Knlmbaek). 

Aus  dieser  Nebenlinie  des  Hauses  Hohen- 
zollem sind  zwei  Mitglieder  dem  Frei- 
maurerbunde beigetreten:  1)  Friedrich, 
seit  17.  Mai  1735  Markgraf  von  B.-B.,  Sohn 
des  Markgrafen  G^org  Friedrich  Karl,  geb. 
10.  Mai  1711,  eest.  16.  Febr.  1763,  ver- 
mählt mit  Friederike  Sophie  Wilhelmine, 
der  Schwester  Friedrichs  des  Grossen. 
Unter  ihm  erreichte  Bayreuth  seinen  höch- 
sten Glanz.  Er  wurde  in  den  letzten  Tagen 
des  Okt.  1740  von  Friedrich  dem  Grossen 
in  Bheinsberg  »in  den  Zimmern  des  Königs« 
[vgl.  Brief  von  Bielfelds  vom  30.  Nov.  1740] 
aiSgenommen  und  stiftete  21.  Jan.  1741 
die  Schlossloge  Zur  Sonne  in  Bayreuth, 
die  er  bis  zu  seinem  Tode  leitete.  (YgL 
BZO.  1889,  S.  309.1  Auf  seine  Vermählung 
1759  wurden  von  der  Bavreuther  Loge  Zur 
Sonne  und  von  der  Erlanger  Loge  Liba- 
non zu  den  drei  Cedem  Denkaaünzen  geprägt 
[vgl.  HMW.  Nr.  6,  62].  2)  Friedrich 
Christian,  Oheim  des  Vor^n  und  Sohn 
des  Markgrafen  Christian  Heinrich  von 
B.-B.  (gest.  1708),  geb.  17.  Juü  1708,  gest. 
20.  Jan.  1769,  fol^  1763  seinem  vorge- 
nannten Neffen  in  der  Regierung  der 
Markgrafschaft  B.-B.  und  war  Protektor 
der  Bayreuther  Loge.  Mit  ihm  erlosch 
die  Linie  B.-B.,  und  es  ging  die  Mark- 
mfschaft  an  Markgraf  Alexander  von 
Brandenburg-Ansbach  (b,  d.)  über. 

Brandenburg-Soliweat  (Markgrafen  von) 
s.  FreuMen  (Königshaus)  Nr.  4  und  5. 

Brandt,  Ferdinand,  geb.  2.  März  1828 
in  Hamburg,  gest.  das.  14.  Febr.  1896,  war 
zuerst  Lehrer,  trat  dann  in  den  Dienst  der 
ersten  deutschen  Marine,  später  in  den 
Eisenbalmdienst  und  war  zuletzt  Bureau- 
vorsteher der  Berlin-Hamburger  Bahn.  Er 
wurde  am  23.  Mai  1876  in  die  LogeEmanuel 
aufgenommen.  Nacheinander  war  er  Schaff- 
ner, Redner,  zugeordneter  Meister,  erster 
Au&eher  seiner  Loge,  wurde  1880  zweiter 
Grosssekretär,  dann  Grossschaffner,  von 
1887  bis  zu  seinem  Tode  Grossarchivar, 
GeneralschriftfQhrer,  Bibliothekar  und  Ar- 
chivar der  fClnf  vereinigte^  Logen  und 
kurz  vor  seinem  Tode  Leiter  des  Ham« 
burger  Logenblattes.  Er  hat  Aufsätze, 
die  soziale  Frage  betreffend,  veröffent- 
licht, freimaurerische  Gedichte  verfasst, 
vor  allem  das  vortreffliche  Werk:  »Ge- 
schichte des  alten  Logenhauses  der  fQnf 
vereinigten  Logen  zu  Hamburg«  (Hmbg. 
1891)  geschrieben. 

Braailien,  Vereinigte  Staaten  von, 
(Föderativrepublik  in  Südamerika).  Die 
Maurerei  fand  in  diesem  Lande,  wie  in 
dem  Mutterlande  Portugal,  einen  nur  sehr 
wenig  geeigneten  Boden.  1800  wurde  zwar 
eine  Ix>ge  in  Bio  de  Janeiro  gegründet, 
die  sich  einer  französischen  Loge  auf 
Mauritius  anschloss;  sie  musste  sich 
aber,  da  der  Grossorient  von  Lusitanien 

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Brasilien. 


123 


sie  zwingen  wollte,  sich  unter  ihn  zu  stellen, 
und  zwei  Tochterlogen  in  Bio  de  Janairo 
stiftete,  1805  aof  lösen.  Das  gleiche  Schick- 
sal traf  die  beiden  andern  Logen,  da  eine 
Verfolgung  der  Maurerei  eintrat.  Erst  1815 
trat  wieder  eine  Loge  in  Bio  de  Janeiro  in 
Th&tigkeit.  Diese  teilte  sich  1822  zum 
Zweck  der  Errichtung  einer  Grossbehörde 
in  drei  Logen,  worauf  die  Vertreter  dieser 
drei  Körperschaften  zusammentraten  und 
einen  Gran  Oriente  do  Brazil  bildeten.  In 
einer  der  so  errichteten  Logen  ward  bald 
nachher  der  damals  regierende  Kaiser  von 
Brasilien  Dom  Pedro  L  (S.  124)  eingefUhrt 
und  sofort  zum  Grossmeister  ausgerufen.  Da 
er  jedoch  bald  inne  wurde,  dass  die  dort 
bestehenden  Logen  jener  Zeit  fast  nichts 
anderes,  als  politische  IQubs  waren,  befahl 
er  schon  29.  Okt.  1822,  sie  zu  schliessen. 
Nach  seiner  1831  erfolgten  Abdankung  be- 
gannen die  Freimaurer,  sich  wieder  zu  er- 
heben; man  hielt  mehrere  Versammlungen, 
und  es  wurde  der  Gran  Oriente  Brazilleiro 
errichtet.  Einige  der  alten  Mitglieder  des 
Gran  Oriente  do  Brazil,  durch  diese  Hand- 
lungaus ihrer  Erschlafituig  aufgerüttelt,  yer- 
sammelten  sich  ebenfalls  und  verkündeten 
die  Wiederbelebung  jenes  Grosskörpers  im 
Monat  November  1831.  So  gab  es  denn 
zwei  maurerische  Oberbehörden,  die  beide 
nach  französischem  Bitus  in  sielten  Graden 
arbeiteten,  sich  jedoch  gegenseitig  ihre  ge- 
setzliche Stellung  bestritten  und  Krieg  mit 
Wort  und  Feder  gegeneinander  führten. 
In  Bezug  auf  politische  Grundsätze  war  bei 
ihnen  der  Unterschied  bemerkbar,  dass  der 
Gran  Oriente  do  Brazil  mehr  als  konser- 
vativer Körper  betrachtet  wurde,  während 
der  Gran  Oriente  Brazilleiro  sich  mehr 
nach  der  republikanischen  Seite  hinneigte. 
In  jenem  Grossorient  zeichnete  sich  be- 
sonders Commodore  Jewett  durch  Eifer 
und  Thätigkeit  aus;  er  war  der  Gründer 
mehrerer  Logen  und  später  Mitglied  des 
gedachten  Grossorients.     Eine   andre  zu 

iener  Zeit  durch  maurerische  Thätigkeit 
lervorragende  Persönlichkeit  war  Monte- 
zuma  Visconde  de  Jequitinhonha,  der  bra- 
silianischer Gesandter  an  mehreren  Höfen 
Euroj^as  war  und  bei  seiner  Bückkehr  nach 
Amerika  die  ihm  vom  Suprdme  Conseil 
von  Belgien  erteilte  Erlaubnis  zur  Errich- 
tung eines  Supremo  Gran  Consejo  mit- 
bradite.  Diese  Vollmacht  benutzte  er  auch 
und  errichtete  im  November  1832  eine 
Ghrossbehörde  unter  dem  gedachten  Namen. 
Bald  jedoch  begannen  die  Feindseligkeiten 
der  beiden  Grossoriente  gegen  das  Supr^me 
Ck>nseil,  und  jene  Hessen  sich  in  der  Ab- 
sicht, ihm  zu  schaden,  sogar  herbei,  Kapitel 
und  höhere  Körperschaften  des  schottischen 
Bitus  und  sogar  ihr  eignes  Suprdme  Conseil 
zu  errichten.  1835  brachen  in  dem  alten 
Supremo  Gran  Consejo  Zwistigkeiten  aus, 
infolge  deren  sich  die  untergeordneten 
Logen  und  Kapitel  grösstenteils  auflösten. 
Einige  von  ihnen  schlössen  sich  dem  Gran 


Oriente  do  Brazil  an  und  ernannten  dessen 
Grossmeister  zu  ihrem  Gran  Comendador, 
ein  andrer  Teil  der  revolutionären  Fraktion 
gründete  ein  eignes  SuprSme  Conseil  und 
erklärte  das  alte  für  aufgelöst  und  dessen 
Grosskommandeur  für  entlassen.  Der  Best 
endlich  verblieb  bei  dem  gesetzlich  aner- 
kannten Grosskörper,  der  unter  der  Kon- 
stitution des  Montezuma  Visconde  de 
Jequitinhonha  errichtet  worden  war.  Der 
revolutionäre  Teil  vereinige  sich  1842  mit 
dem  Gran  Oriente  Brazilleiro,  und  nachdem 
dieser  eine  Erklärung  erlassen,  dass  er  den 
französischen  Bitus  gänzlich  aufgegeben 
habe,  erklärte  er  sich  für  die  einzige 
gesetzliche  Körperschaft  des  schotti- 
schen Bitus  in  B.  Er  wurde  zwar  durch 
kaiserlichen  Erlass  vom  30.  Sept.  1860 
aufgelöst;  allein  die  dadurch  angebahnte 
Vereinigung  der  brasilischen  Logen  kam 
auf  die  Dauer  nicht  zu  stände.  Vielmehr 
trat  1862  eine  neue  Spaltung  ein,  in  deren 
Folge  zwei  Grossoriente  einander  gegen- 
überstanden, die  nach  ihren  Versamnuungs- 
lokalen  benannt  wurden:  der  Grossorient 
Valle  dos  Benedictinos  (gest.  1863)  und  der 
Grossorient  Valle  do  Lavradio,  der  seine 
Gründung  aus  dem  J.  1821  datiert.  fS. 
hierüber  die  nähern  Berichte  in  L.  y^TiT^ 
63  fg.,  226  fg. ;  XXIV,  320  fg.,  883  fg.!  Erst 
20.  Mai  1872  wurden  die  beiden  Gross- 
oriente und  Supr^mes  Conseils  vereinigt. 
Die  Einigung  war  jedoch  nicht  von  Dauer. 
Nach  weni^n  Monaten  schon  trennten 
sich  die  beiden  Grossoriente  von  neuem. 
Die  beiden  Grossoriente  kennzeichneten 
sich  übrigens  am  besten  durch  ihr  Ver- 
halten gegenüber  der  geistlichen  Gewalt, 
das  seiulem  den  hervorstechendsten  Punkt 
in  der  Geschichte  der  Freimaurerei  in  B. 
bildete.  Der  Grossorient  dos  Benedictinos 
kämpfte  mannhaft  gegen  priesterliche  Un- 
duldsamkeit, gegen  die  sich  der  Gross- 
orient von  Lavnäio  passiv  verhielt,  daher 
die  Klerikalen  die  Mitglieder  jenes  die 
»bösen  €  und  die  dieses  Grossorients  die 
»guten«  Freimaurer  nannten  [FZ.  1878, 
S.  383].  So  erhielt  die  Trennung  einen 
politischen  Charakter,  und  1873  gingen 
23  Logen  aus  Abneigung  ^egen  den  Kleri- 
kalismus von  Lavradio  zu  den  Benedictinos 
über.  Es  war  namentlich  der  noch  junge, 
aber  zelotische  Bischof  von  Pemambuco, 
Vital,  der  sich  zur  Verfolgung  der  »bösen« 
Freimaurer  berufen  fühlte;  ja  er  drohte 
den  Freimaurern  geradezu  mit  Ausstossung 
aus  den  Gemeinden  und  Bruderschaften, 
wenn  sie  den  Bund  nicht  abschwörten. 
Dieses  VerfEdiren  verstärkte  nur  die  Beihen 
des  Bundes,  und  die  öffentliche  Meinung 
wandte  sich  diesem  zu.  Der  Bischof  wurde 
wegen  seiner  Anmassung  gerichtlich  be- 
straft und  musste  vier  Jahre  Gefängnis 
ausstehen,  worauf  der  Erzbischof  von  Bahia 
dieselbe  Striae  auch  für  sich  verlangte  und 
der  Bischof  von  Parä  sie  ohne  Verlangen 
erhielt.  Die  Zahl  der  Logen,  die  zum  Gross- 
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124 


Brasilien  —  Braonschweig. 


Orient  dos  Benedictinos  übertraten,  stieg 
auf  38.  Indessen  wurde  von  den  Fana- 
tikern der  Pöbel  gegen  die  Freimaurer,  wie 
gegen  die  Begierung  aufgehetzt,  und  es 
kamen  arge  Ausschreitungen  vor.  Auch 
wurden  den  Freimaurern  die  Sakramente 
verweigert.  Doch  Hessen  sich  jene  dadurch 
nicht  schrecken.  Rastlos  wirkten  sie  für 
Aufhebung  der  Sklaverei,  f&r  Volksbildung, 
besonders  durch  Bibliotheken  und  Vor- 
träge; der  Grossorient  (dos  Benedictinos) 
erteilte  den  Logen  Aufinunterungspreise 
und  der  Grossmeister  unternahm  Inspek- 
tionsreisen durch  das  Land,  die  Triumph- 
zügen glichen.  Am  21.  Dez.  1882  vereini^n 
sidi  endlich  die  beiden  Grossoriente  dau- 
ernd zum  Grossorient  von  Brasilien.  Die 
Freimaurerei  nimmt  seit  dieser  Gründung 
einen  neuen  gewaltigen  Aufschwung  in 
B.,  trotz  der  Gegenarbeit  der  Jesuiten. 
Ungeachtet  frühzeitig  eigne  Grosslogen  hier 
bestanden,  sind  doch  auch  von  auswärtigen 
Grosslogen  hier  Logen  errichtet  worden, 
so  1823  eine  Tochterloge  des  Grossorients 
von  Frankreich  in  Rio  de  Janeiro,  1856  je 
eine  der  Grosslogen  von  England  und  Irland, 
1867  eine  solche  der  Grossloge  von  Schott- 
land, 1885  die  Loge  Zur  Friedenspalme 
in  Blumenau  (s.  d.)  von  der  Grossen  Loge 
von  Hamburg,  in  deren  Verbände  auch 
1859-76  die  Loge  Deutsche  Freundschaft 
zum  südlichen  Kreuz  in  Joinville  (s.  d.) 
stand,  und  1899  die  Loge  Premetheus  in 
Säo  Paulo  (s.  d.)  von  der  Grossen  National- 
Mutterloge  Zu  den  drei  Weltkugeln.  Jetzt 
bestehen  nur  die  genannten  Logen  in 
Blumenau  und  Säo  Paulo  und  drei  Tochter- 
logen des  Grossorients  von  Italien  in  Sao 
Paulo  unter  fremden  Grosslogen,  während 
die  Joinviller  Loge  unabhängig  ist 
Der  Grande  Oriente  e  Supremo  Oonselho 
do  Brazil  zählte  1899  1  Konsistorium,  5 
Kadoschräte,  244  Rosenkreuzerkapitel  und 
372  Logen,  die  zum  weitaus  grössten  Teil 
nach  schottischem  Ritus  arbeiten.  Unter 
den  Logen  befinden  sich  zwei  deutsche: 
Zur  Eintracht  in  Rio  de  Janeiro  (s.  d.) 
und  Zu  den  drei  Palmen  in  Porto  Alegre 
(s.  dX  Die  Logen  in  den  Staaten  Bidiia, 
Rio  Grande  do  Sul  und  Säo  Paulo  bilden 
eigne  Staats-Grosslogen  unterm  Grossorient 
von  B.  [Vgl.  L.  1900,  S.  15.]  Ausserdem 
bestanden  im  Staate  Rio  Grande  do  Sul 
1895  fünf  deutsche  Logen  in  Porto  Alegre, 
Santa  Cruz,  Candelana,  Nova  Petropolb 
und  Neu-Hamburg  (s.  d.  alle),  [vgl.  L.  1896, 
S  16j,  die  indes  nicnt  mehr  tnätig  zu  sein 
scheinen. 

BrMllieii(E aiser).  Von  den  brasilischen 
Kaisem  war  Dom  Pedro  L  d'Alcantara, 
geb.  28.  Okt.  1798  in  Lissabon,  gest.  24. 
Sept  1834  das.,  1822—31  Kaiser  von  B., 
Freimaurer.  Er  wuchs  seit  1807  in  B.  auf, 
erhielt  1816  den  Titel  Prinz  von  B.,  schuf 
1820  eine  freisinnige  konstitutionelle  Ver- 
fassung, wurde  1821  von  seinem  Vater  zum 
Regenten  bestellt  und  1822  zum  Kaiser 


von  B.  ausgerufen.  Er  kam  aber  n>äter 
in  Streit  mit  den  Kortes,  und  ein  Volks- 
aufstand bewog  ihn  1831  abzudanken.  Dom 
Pedro  I.  wurde  1822  in  der  Loge  Commercio 
e  artes  in  Rio  de  Janeiro  aufgenommen 
und  alsbald  zum  Grossmeister  des  Gross- 
orients von  B.  ernannt,  liess  aber  schon 
29.  Okt.  1822  sämtliche  Logen  schliessen. 

Brftslarap,  Christian  Jakob  Cosmus, 
dänischer  Staatsbeamter,  geb.  26.  Dez.  1789 
in  Kopenhagen,  gest.  11.  Juli  1870,  nahm 
als  Auditor  1818  und  in  den  fönenden 
Jahren  an  den  Napoleonischen  Kriegen 
teil,  wurde  damacn  Polizeidirektor  in 
Kopenhagen  und  Oberpräsident  daselbst, 
stieg  zu  den  höchsten  Würden  im  dänischen 
Staate  empor  und  bekleidete  auch  eine 
Zeit  lang  das  Ministerium  des  Kirchen- 
und  Unterrichtswesens.  Er  wurde  12.  Mai 
1819  in  der  Loge  Karl  zum  roten  Löwen 
in  Rendsburg  zum  Freimaurer  aufgenom- 
men. Unter  König  Friedrich  VII.  emjpfing 
er  die  höchsten  Grade  des  Ordens.  Mehrere 
Jahre  lang  leitete  er  die  Andreasloge  Cubus 
F^ederici  VII.  in  Kopenhagen.  B.  genoss 
in  der  dänischen  Freimaurerei  ein  so  grosses 
Ansehen,  dass  er  nach  dem  Tode  des 
Königs  Friedrich  VIL  zu  seinem  Nachfolger 
als  Ordensgrossmeister  erwählt  und  9.  Juni 
1864  eingesetzt  wurde,  was  er  bis  zu  seinem 
Tode  verblieb.  1869  feierte  er  sein  50- 
jähriges  Jubiläum  als  Freimaurer,  wobei 
eine  B.-Stiftung  gegründet  wurde.  [Vgl. 
seine  Biographie  in  FZ.  1874,  S.  60.] 

BratoMheck,  Ernst,  Philosoph,  geb. 
8.  März  1837  in  Auleben  bei  Nordhausen, 
gest.  15.  Jan.  1883  in  Giessen,  liess  sich  1871 
als  Privatdozent  nieder  und  wurde  1873 
ordentlicher  Professor  der  Philosophie  und 
Pädagogik  an  der  Universität  Giessen.  Er 
wurde  aufgenommen  in  den  Freimaurer- 
bund 25.  Nov.  1869  in  Berlin,  schloss  sich 
27.  Febr.  1874  der  Loee  Ludewig  zur  Treue  in 
Giessen  an  und  war  aeren  Meister  vom  Stuhl 
1879—^1.  Abgesehen  von  seinen  wissen- 
schaftlichen Schriften  philosophischen  und 
philologischen  Inhalts  sind  fCbr  Freimaurer 
Demerkenswert:  «Kaiser  Wilhelm's  Ver- 
dienste um  die  Einigung  der  deutschen 
Freimaurerei«  (Lpz.  1878).  »Die  Erziehung 
Friedrichs  des  Grossen«  (Brl.  1885). 

Braansberg  (St.  in  der  preuss.  Prov. 
Ostpreussen,  11856  E.).  Loge  das.  unter 
der  Grossen  National- Mutterloge  Zu  den 
drei  Weltkugeln:  Bruno  zum  Doppel- 
kreuz, gegr.  15.  Okt  1835,  gest.  18.  März, 
eingew.  29.  Okt.  1836.  Mitgliederzahl 
(1899):  55.  Vers,  den  1.  Dienstag  im  Monat. 

Braonsekweig  (Herzogtum).  In  diesem 
bestehen  drei  Freimaurerlogen:  in  Braun- 
schweig (s.  d.)  und  Wolfenbüttel  (s.  d,) 
unter  der  Grossloge  von  Hamburg,  die 
Loge  in  Helmstedt  (s.  d.)  unter  der  Grossen 
National -Mutterloge  Zu  den  drei  Welt- 
kugeln. 

BraiiB8€hweig(Fürstenhaus).  Aosdie- 
sem  Fürstenhaus  sind  mehrere  Mitglieder 

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Braunschweig. 


125 


zumFreimaurerbund  iDBeziehunggetreten: 
1)  EarlL,  seit  1735  Herzog  von  B.-Lüne- 
buig,  Sohn  des  Herzogs  Ferdinand  Al- 
brecht n.,  geb.  1.  Aug.  1713,  ^est.  26. 
Mäiz  1780,  war  fttr  seine  Zeit  ein  hoch- 
gebildeter Mann;  unter  ihm  wurden  Kunst 
und  Wissenschaft,  Gewerbe  und  Land- 
wirtschaft gefördert;  1745  gründete  er  das 
Collegium  Carolinum  in  B.  und  berief  1770 
Lessing  als  Bibliothekar  an  die  berühmte 
Bibliotiiek  in  Wolfenbüttel.  Obgleich 
Herzog  K.  die  maurerische  Weihe  nicht 
empfangen  hatte,  waren  ihm  als  Protektor 
der  Loge  in  B.  Bitual  und  Symbole  voll- 
ständig bekannt.  Zeitweise  durfte  niemand 
ohne  seine  Genehmigung  aufgenommen 
werden.  Li  das  v.  Hundsche  Tempelherren- 
system liess  er  sich  historisch  aufnehmen 
und  nahm  den  Bitterring,  aber  keinen 
Namen  an.  Seinen  Söhnen  Friedrich 
und  Leopold  (s.  Nr.  4  und  6)  gestattete 
er  den  Eintritt  in  den  Freimaurerbund. 
1770  gründete  er  mit  seinem  Bruder  Herzog 
Ferdinand  (s.  Nr.  2)  das  Lehrinstitut,  das 
seit  1881  in  veränderter  Form  als  Herzog 
Leopold-Stiftung  (Knabenhort)  fortbesteht. 
Die  Loge  erhielt  von  ihm  ausser  wertvollen 
Geschenken  auch  ein  von  ihm  selbst  einer 
alten  herzoglichen  Rüstung  entnommenes 
Schwert  als  Ordensschwert.  Er  trug  auch 
sämtliche  Unkosten  für  die  1775  in  B.  und 
1778  in  Wolfenbüttel  gehaltenen  Maurer- 
konvente. 

2)   Ferdinand,   Herzog  von  B.-Lüne- 
burg- Wolfenbüttel,   Bruder   des   Vorigen, 

rb.  12.  Jan.  1721  in  Wolfenbüttel,  gest. 
Juli  1792  in  Braunschweig,  trat  in 
preussische  Dienste  und  ging  1741  mit  Fried- 
rich dem  Grossen,  der  seine  Schwester  zur 
Gemahlin  hatte,  nach  Schlesien.  Beim 
Beginn  des  siebenjährigen  Kriegs  General- 
leutnant, entschied  er  1757  den  Sieg  bei 
Prag.  Auf  Wunsch  des  Königs  Georg  IL 
von  England  und  mit  Genehmigung  Fried- 
richs des  Grossen  übernahm  er  den  Ober- 
befehl über  die  in  der  Schlacht  bei  Hasten- 
beck  geschlagene  verbündete  Armee.  In 
der  Schlacht  bei  Minden  (1.  Aug.  1759) 
besiegte  er  die  unter  dem  Befehl  des 
Marschalls  Ck>ntades  stehende  französische 
Armee.  Nach  dem  Präliminarfrieden  zu 
Fontainebleau  (3.  Nov.  1762)  verliess  F. 
sein  tapferes  Heer,  an  dessen  Spitze  er 
fünf  Jahre  gegen  einen  übermütigen  Feind 
siegreich  gekämpft  hatte,  blieb  bis  1766, 
wo  er  seinen  Abschied  nahm,  Gouverneur 
und  Domherr  in  Magdeburg  und  lebte 
dann  in  B.  oder  auf  seinem  Lustschloss 
in  Vechelde  bei  B.  dem  Maurerbunde  und 
derWohlthätigkeit.  Zum  Freimaurer  wurde 
F.  21.  Dez.  1740  in  der  Lo^e  Aux  trois 
globes  in  Berlin  ztisammen  mit  dem  Mark- 
grafen Heinrich  von  Schwedt  auf  Vor- 
schlag des  Prinzen  Wilhelm  von  Preussen 
g.  d.)  aufgenommen.  1743  erhielt  er  in 
reslau  den  Meistergrad  und  wurde  1764 
Protektor   der  Loge   St. -Charles  de  Tin- 


dissoluble  fraternit^  in  B.  und  1770  eng- 
lischer Provinzialgrossmeister  für  das  Her- 
zogtum B.  Am  15.  und  17.  Jan.  1771  trat 
er  dem  v.  Hundschen  Tempelherrensystem 
als  Amicus  und  Protektor  bei  und  wurde 
1772  auf  dem  Konvent  zu  Kohlo  (s.  d.) 
zum  Grossmeister  aller  schottischen  Logen 
unter  dem  Titel  Magnus  Superior  ordmis 
per  Germaniam  inferiorem  erwählt  und 
am  21.  Okt.  in  B.  eingesetzt;  auch  von  den 
französischen  und  den  italienischen  Ka- 
piteln wurde  er  als  solcher  anerkannt.  Das 
Direktorium  der  VH.  Provinz  wurde  von 
Dresden  nach  B.  verlegt.  1777  gab  er  die 
Erklärung  ab,  das  grossmeisterUche  Amt 
so  lange  verwalten  zu  wollen,  bis  der  wirk- 
liche Grossmeister  bekannt  gemacht  und 
sich  legitimiert  habe.  F.'s  Bestreben  war 
darauf  gerichtet,  nützliche  Anstalten,  Fa- 
briken und  Schulen  ins  Leben  zu  rufen. 
So  verdanken  ihm  die  Logen  in  Magde- 
burg und  B.  sehr  vieles,  namentlich  die 
letztere,  und  zwar  durch  das  1770  im  Verein 
mit  seinem  Bruder  Herzog  Karl  I.  (Nr.  1) 
für  arme  Knaben  errichtete  Lehrinstitut, 
aus  dem  1881  die  unter  Aufsicht  der  Loge 
stehende  Leopold-Stiftung  (Knabenhort) 
hervorgegangen  ist.  1782  erkannte  F.,  dass 
das  bisher  befolgte  Tempelherrensystem  ein 
irriges  sei;  auf  dem  durch  ihn  nach  Wil- 
helmsbad berufenen  Generalordenskonvent 
wurde  beschlossen,  es  aufzugeben  und  dafür 
den  Grad  der  Ritter  der  Wohlthätigkeit 
einzuführen.  F.  verblieb  General^oss- 
meister  und  trat,  nicht  aus  Neugierde, 
noch  weniger  aus  Ehrsucht,  1783  dem 
Illuminatenorden  (s.  d.)  bei,  auch  nahm 
er  1786  die  Würde  eines  Generalobermeisters 
im  System  der  Asiatischen  Brüder  (s.  d.) 
an.  Dass  er  mit  jedem  neu  auftauchenden 
System  in  nähere  Verbindung  zu  treten 
suchte,  wurde  ihm  als  Schwäche  ausgelegt; 
dadurch  hat  man  ihm  aber  Unrecht  gethan; 
es  war  nicht  das  eigne  Ich,  für  das  er  mit 
Aufopferung  bedeutender  Geldmittel  Ge- 
heimnisse zu  erfahren  suchte,  er  wollte 
sie  vielmehr  zum  Nutzen  der  ganzen 
Menschheit  verwerten.  1791  teilte  er  den 
Brüdern  mit,  dass  er  über  fünfzig  Jahre 
als  Maurer  gearbeitet  habe.  1792  war  er 
zum  letztenmal  in  der  Loge;  bald  darauf 
erkrankte  er  und  starb.  Die  Behauptung, 
der  Herzog  habe  in  Vechelde  chemisch 
laboriert,  ist  nach  Durchsicht  seines,  im 
Archiv  der  Loge  in  B.  aufbewahrten  mau- 
rerischen Nachlasses  nicht  zu  beweisen. 
F.  war  ein  Fürst  im  wahrsten  Sinne  des 
Wortes,  dabei  leutselig,  herablassend  und 
wohlthätig,  oftmals  bis  zur  Verschwen- 
dung, von  seinen  Zeitgenossen  erhielt 
er  den  Beinamen:  der  Menschenfreund. 
Auf  seine  Wahl  zum  Grossmeister  liess 
er  1772  eine  Denkmünze  schlagen  [vgl. 
HMW.  Nr.  33],  auch  1773  eine  Denk- 
münze in  Silber  prägen,  die  den  fleissigsten 
Schülern  des  Lehrinstituts,  am  blauen 
Bande  öffentlich  zu  tragen,  von  ihm  als 
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126 


Braunschweig. 


Prämie  überreicht  wurde  [vgl.  HM  W.Nr.  82]. 

El  gl.  Ferdinand  Aleides,  Herzog  zu  B.- 
üneburg  (Braunschw.  1793).  Mauvillon, 
Geschichte  F.'s,  Herzogs  zu  B.-Lünebun^ 
(2  Tle.,  Lpz.  1794).  Lachmann,  Herzog  F. 
von  B.  in  Nr.  86  der  FZ.  1859.  H.  L. 
1897,  Nr.  299.] 

8)  Albrecht,  Prinz  von  B.-Lüneburg, 
Bruder  des  Vorigen,  geb.  4.  Mai  1725,  gest. 
80.  Sept.  1745  im  Treffen  bei  Soor  in 
Böhmen,  preuss.  General,  wurde  27.  Dez. 
1744  in  der  Loge  Jonathan  in  B.  aufge- 
nommen. 

4)  Friedrich  August.  Herzog  von  B.- 
Lüneburg, zweiter  Sohn  aes  Herzogs  Karl  I. 
(Nr.  1),  geb.  29.  Okt.  1740  in  Wolfenbüttel, 
gest.  8.  Okt.  1805  in  Weimar,  nahm  im 
Heere  seines  Oheims  Herzogs  Ferdinand 
von  1761  an  rühmlichen  Anteil  an  den 
Feldzüff  en  des  siebeni  ährigen  Kriegs.  Durch 
die  Befreiung  der  Stadt  B.  von  den  Fran- 
zosen hat  er  sich  unvereänfflichen  Buhm 
und  hohe  Anerkennung  des  Königs  Fried- 
rich n.  erworben.  Nach  Beendigung  des 
Kriegs  trat  er  als  Greneridleutnant  in 
preussische  Dienste,  war  Kommandant  von 
Küstrin,  Domherr  in  Lübeck,  später  Dom- 

Srobst  von  Brandenburg.    Als  em  Liebling 
es  Königs  befand  er  sich  stets  in  dessen 
Nähe.     1780   erhielt  er  den  Titel  Herzog 
von   B.;   1788   ward   er   General  der  Li- 
fanterie.    Durch  Heirat   einer  Prinzessin 
von  Württemberg  erbte  er  1792  das  Fürsten- 
tum Öls  in  Schlesien.    1798  griff  er  noch 
einmal  zum  Schwert  und  trieo   die  Fnui- 
zosen  aus  Westfalen  und  Holland  über  die 
Scheide  zurück.    Auf  Antrag  der  drei  Ber- 
liner Logen   erfolgte   seine  Au&ahme  in 
den  Freimaurerbund;  der  Tag  seiner  Auf- 
nahme  ist  unbekannt.    1771   trat   er  als 
Socius,  AmicusetFautorordinis  der  strikten 
Observanz  bei   und  wurde  als  Präfekt  in 
Templin  (Berlin)  1773  zum  Superior  und 
Protector  ordinis  erklärt.    Von  1772—99 
war  er  Nationalgrossmeister   in   den   drei 
Weltkugeln.      1778   versuchte   er,   jedoch 
vergebens,     die     strikte    Observanz    mit 
V.  Zinnendorf  auszusöhnen.    Da  er  sich 
sehr  stark  der  Mystik  zuneigte,  ist  nicht 
zu  verwundem,  dass  er,  da  ihm  das  Bitter- 
spiel, noch  weniger  die  einfache  Maurerei 
genüge,    mit    Schwindlern,    namentlich 
Schrepfer  und  Frölich,  die  behaupteten, 
höhere  Kenntnisse  zu  besitzen  und  mit  ge- 
heimen Obern  in  Verbindung  zu  stehen, 
in  schriftlichen  Verkehr  zu  treten  suchte. 
Aus   seinem  umfangreichen   Briefwechsel 
ersieht    ma^   wie    er    durch    Anhänger 
Schrepfers,  Herzog  Karl  von  Kurland,  v. 
Bischoffvverder,  v.  Brenckenhof  (s.  d.)  und 
V.  Wurmb,  in  seinen  Verirrun^en  unterstützt 
wurde.     1776  wandte   er  sich,   trotz   der 
Warnung  du  Bosc's  an  Gugomos  und  for- 
derte 1777  St.  Germain  (s.  d!)  auf,  zu  ihm  zu 
kommen;  auch  v.  Wächter  musste  ihn  be- 
lehren.   Obgleich  er  1779  im  Verein  mit 
derNational-Mutterloge  den  hohem  Graden 


der  strikten  Observanz  entsagte  und  das 
äussere  Band  mit  ihr  aus  Bücksicht  für 
Herzog  Ferdinand  scheinbar  bestehen  blieb, 
fuhr  er  dennoch  fort,  mit  Wöllner  (s.  d.),  v. 
Bischoffv^erder  (s.  d.)  und  dem  Kronprinzen 
alchemystiBche  und  magische  Versuche  an- 
zustellen; er  bereitete  auch  Arzneien  für 
Menschen  und  Vieh.  Seinem  Ohein^  Fer- 
dinand schrieb  er,  er  sei  überzeugt,  die 
Geister  hätten  Schrepfer  gestraft,  wäl  sich 
dieser  anstatt  mit  der  weissen,  mit  der 
schwarzen  Magie  befasst  habe.  Bei  all 
diesem  Treiben  war  der  Lebenswandel  des 
Herzogs  tadellos.  Sein  maurerischer  Nach- 
lass,  worunter  sich  auch  zwanzig  teuer  er- 
kaufte Manuskripte  rosenkreuzerischen, 
alchemistischen  und  magischen  Loihalts 
befinden,  wird  in  der  herzoglichen  Biblio- 
thek zu  Wolfenbüttel  aufbewahrt;  die  Loge 
in  B.  besitzt  nur  die  Kopien  davon.  (Vgl. 
HMW.  Nr.  8.  Militärische  Geschichte  des 
Prinzen  F.  A.  von  B.-Lüneburg  (Öls  1797).] 

5)  Wilhelm  Adolf,  Prinz  von  B.,  Bru- 
der des  Vorigen,  geb.  18.  Mai  1745,  gest. 
24.  Aug.  1770  an  seinen  Wunden.  Der  Tag 
der  AiShahme  ist  unbekannt.  W.  trat  26. 
Febr.  1769  der  soe.  Beform  bei  und  wurde 
14.  Dez.  1769  ins  v.Mundsche  Tempelherren- 
system eingefilhrt;  am  8.  Dez.  1769  hatte 
er  die  Mitgliedschaft  der  Loge  St.-Charles 
de  l'indissoluble  fratemit^  in  B.  ange- 
nommen. 

6)  Maximilian  Julius  Leopold,  Herzog 
von  B.,  Bruder  des  Vorigen,  geb.  11.  Okt. 
1752  in  Wolfenbüttel,  gest.  27.  April  1785 
in  Frankfurt  a.  0.     Wie   alle  seine   Ge- 
schwister  genoss  auch  er  eine  gediegene, 
vielseitige  Bildung  durch  die  bedeutendsten 
Lehrer  des  CoUegium  Carolinum  in  B.;  von 
1770 — 75   machte  er  grössere  Eeisen,   die 
letzte   durch   ganz   Itolien   an    der  Seite 
Lessings:      Auf  Wunsch    seiner    Mutter, 
einer  Schwester  Friedrichs  H.,  trat  er  in 
die  preussische  Armee  ein.    Am  1.  Sept. 
1772  wurde  er  zu  Sonnenburg  in  den  Jo- 
hanniterorden   aufgenommen;   zu  Anfang 
des  Jahres  1776  verlieh  ihm  Friedrich  IL 
das  Lifanterieregiment  von  Dierii^gshofen; 
1777   verlegte  L.   seinen  Wohnsitz   nach 
Frankfurt  a.  0.    Für  die  vielen  Soldaten- 
kinder baute   er  1779   eine  Schule,  trug 
selbst  die  Kosten  der  Lehrerbesoldungen 
und  bezeugte  sein  Interesse  durch  fast  äg- 
lichen    Besuch    der    Unterrichtsstunden. 
1780  verlieh   ihm   sein  Bmder  Karl  Wil- 
helm  Ferdinand   den   Herzogtitel.     Stets 
unvergleichlich  liebenswürdig,  bei  jedem 
Anlass  wohlzuthun  und  zu  helfen  bereit, 
hatte  er  bald  die  Herzen  aller  Kreise  für 
sich  gewonnen.    Er  war  der  ¥^hre  Freund 
seiner   Soldaten.     Die  Aufaahme  L.'s   in 
den  Freimaurerbund  fand  11.  Okt  1770  in 
der  Loge  St-Charles  de  la  concorde  in  B. 
statt;  5.  Nov.  1770  wurde  er  zum  Gesellen 
und  Meister  bef5rdert.    Am  8.  Febr.  1774 
trat   er    dem   Templerorden    als   Socin», 
Amicus  et  Fautor  septimae  provinciae  bei. 


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Braimsohweig. 


127 


Nach  seiner  Übersiedlung  nach  Frank- 
furt a.  O.  war  er  viele  Jahre  Meister  vom 
Stuhl  der  dortigen  Loge.  Im  Frfil^jahr 
1785  war  die  Oder  aus  ihren  Ufern  ge- 
treten und  hatte  dieVorst&dte  Frankfurts 
vollständig  überschwemmt.  L.  war  überall, 
wo  es  Not  that,  zugegen;  mit  seinen  Mann- 
schaften beteiligte  er  sich  in  hervorragen- 
der Weise  an  den  Eettungsarbeiten;  am 
27.  April,  als  die  Gefiahr  am  höchsten  ge- 
stiegen war,  bestieg  er,  obgleich  von  An- 
strengung erhitzt,  einen  ^ahn,  um  Men- 
schen zu  retten;  dieser  schlug  um,  der 
Herzog  fiel  rücklings  ins  Wasser  —  eine 
hohe  Woge  brach  über  ihm  zusammen. 
An  der  SteUe,  wo  man  seine  Leiche  fand, 
Hess  die  Loge  in  Frankfurt  ein  Denkmal 
errichten,  zu  dem  noch  jetzt  die  Schüler 
der  Leopoldschule  an  seinem  Todestage 
feierlich  hinausziehen.  Ln  Garten  der 
Loge  Kaxl  zur  gekrönten  Säule  in  B.  liess 
sein  Oheim,  Herzog  Ferdinand,  ein  ihm 
gewidmetes  Denkmal  errichten,  das  im 
»Freimaurer«  1877,  S.  128  und  HZC. 
1897/8,  S.  106  abgebildet  ist  Drei  auf 
seinen  Tod  geprägte  Denkmünzen  s.  E^dW. 
Nr.  67,  68,  69. 

Brausehweig  (Hauptstadt,  125000  £.) 
Am  12.  Febr.  1744  wurde  hier  unter  der 
Provinzialgrossloge  für  Hamburg  und 
Niedersachsen,  durch  den  fürstlichen 
Kammerjunker  £.  0.  L.  v.  Kissleben  (s.  d.) 
eine  Loge  unter  dem  Namen  Jonathan 

gestiftet  und  am  27.  Dez.  1744  von  ihm  als 
eständigen  abgeordneten  Grossmeister  und 
unter  Beteiligung  des  kurz  zuvor  aufge- 
nommenen Prinzen  Albrecht  von  Braun- 
schweig (s.  d.)  eingeweiht.  Die  Loge,  deren 
Mitglieder  grösstenteils  aus  hohem  Staats- 
beamten und  Offizieren  bestand,  nahm  als 
Wappen  die  gekrönte  Säule  im  herzog- 
lichen Wappen  an.  [HMW.  Nr.  26  und 
27.1  Von  1757—58  fanden,  da  fiast  sämt- 
liche Offiziere  infolge  der  Eriegsereignisse 
ausser  Lands  waren  und  die  Stadt  sich 
im  Besitz  der  Franzosen  befand,  keine 
Versammlungen  statt  Während  der  Be- 
setzung war  1757/58  von  französischen 
Offizieren  eine  Schottenloge  Zu  den  drei 
Lilien  (Am  trois  lys)  errichtet  worden; 
sie  wurde  aber  bald  nach  Abzug  jener  1760 
von  der  hiesigen  Loge,  in  der  1760  von 
Kissleben  den  ersten  Hammer  wieder 
übernommen  hatte,  unterdrückt.  In  diesem 
Jahre  nahm  die  Loge,  die  nach  den  eng- 
lischen Ritualen  arbeitete,  ein  eignes  Mit- 
gliedszeichen an,  auch  nahmen  die  Arbeiten 
durch  den  regen  Eifer  ihres  Meisters  vom 
Stuhl  und  durch  die  Aufnahme  geistig 
hervorragender  Mitglieder  einen  bedeuten- 
den Aufiichwung;  ebenso  gelang  es  ihm 
durch  seine  Strenge,  die  in  den  letzten 
Jahren  eingerissene  Lässigkeit  in  der  Er- 
füllung maurerischer  Pflichten  zu  besei- 
tigen und  den  Geist  der  Ordnung  zu  heben, 
r^ch  das  rücksichtslose  Yorffehen  von 
Kisslebens  fühlten  sich  die  altem  Mit- 


glieder verletzt;  dazu  kamen  noch  andre 
Momente  und  die  willkürliche  Stiftung 
einer  Schottenloge  ohne  Stiftungsbriel 
Johannis  1761  kam  es  bei  der  Meisterwahl 
zu  stürmischen  Auftritten,  wobei  es  seinen 
Gegnern  gelang,  seine  Wiederwahl  zu 
hintertreiben.  Es  wurde  der  Oberstleutnant 
und  Pagengouvemeur  Baron  Ernst  v.  Lest- 
witz  (s.  d.)  zum  Meister  gewählt,  ein  Mann, 
befangen  in  den  Lrrtümem  seiner  Zeit,  der 
trotz  hervorragender  Gaben  des  Geistee 
und  Gemüts  sich  zur  richtigen  Anpassung 
über  die  Aufgaben  der  Freimaurerei  nicht 
durchzuringen  vermochte.  Seine  ^nze 
geistige  Kraft  setzte  er  für  die  Verbreitung 
eines  Systems,  dessen  Ziele  mit  den  Zielen 
der  Freimaurerei  nicht  vereinbar  waren, 
ein.  Mehrere  Mitglieder,  mit  ihnen  v.  Lest- 
witz,  ^ngen  1762  zu  dem  von  Berlin  aus 
verbreiteten  sog.  Rosaschen  Kapitel  (s. 
Bosa)  über.  1764  hatte  die  Loge  auf  ihre 
Bitte  von  der  Grossen  Loge  von  England 
ein  Provinzial-Grossmeiste^atent  für  ihren 
Meister  vom  Stuhl  von  Lestwitz  erhalten; 
dieser  war  aber  inzwischen  mit  noch  an- 
dern Mitgliedern  zur  neuen  Reform  (Tempel- 
herrensystem) übergegangen  und  richtete 
die  Provinzialloffe  gar  nicht  ein.  Hierdurch 
wurde  B.  derPrä^tur  Kalenberg(Hannover) 
unterstellt.  Eine  Anzahl  Mitgli^er  erhoben 
dagegen  Einspruch;  sie  beanspruchten 
Namen,  Lokal  und  Utensilien  für  sich, 
auch  musste  die  reformierte  Loge  sich  zum 
Unterschied  Jonathan  zum  Pfeiler 
nennen.  Dies  war  ohne  Wissen  des  Re- 
genten geschehen.  1764  wurde  unter  Pro- 
tektion des  Herzog  Karl  (s.  d.)  von  firan- 
zösischen  Schauspielern,  an  ihrer  Spitze 
Le  Boeuf  eine  in  französischer  Sprache 
und  mit  französischen  Hochgraden  arbei- 
tende Loge  St.-Charles  de  l'indisso- 
lublefraternit^  (ohneStiftungsbrief  einer 
Grossloge)  gestiftet.  Obgleich  diese  Loge  sich 
der  ganz  bindern  Gunst  ihres  Protektors 
zu  erfreuen  hatte  und  von  ^er  alten  Loge 
Jonathan  anerkannt  worden  war,  stand  ihr 
die  Loge  Jonathan  zum  Pfeiler  wegen 
Bearbeitung  ganz  verschiedner  Hoch^rade 
feindselig  gegenüber.  Um  allen  Zwistig- 
keiten  ein  Ende  zu  machen,  verfügte  der 
Herzog  am  7.  Mai  1770,  alle  Arbeiten  bei 
schwerer  Strafe  einzustellen  und  die  drei 
Logen  zu  schliessen.  Sein  Elabinettsrat 
Liebeherr  wurde  von  ihm  beauftragt,  zwei 
Logen,  eine  in  französischer  Sprache  ar- 
beitende Mutterloge,  St.- Charles  de  la 
Concorde,  und  eine  deutsche  Tochterloge, 
Jonathan  zu  den  drei  Säulen,  unter 
dem  Protektorat  der  Herzöge  Karl  und 
Ferdinand  (s.  d.),  von  dem  sie  ihre  Ge- 
setze erhielten,  zu  errichten.  Am  10.  und 
11.  Okt.  fand  die  Einweihung  beider  Logen 
durch  Herzog  Ferdinand  sxS  Grund  eines, 
ihm  von  der  englischen  Grossloge  ausge- 
stellten Provinzial-Grossmeisterpatents  in 
Gegenwart  des  Herzogs  Karl  von  Süder- 
manland  (s.  d.),  des  Prinzen  Friedrich 
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128 


Braunsohweig. 


August  von  Braunschweig  (s.  d.)  und  des 
Generals  von  Ehetz  (s.  d.)  statt.  In  der 
französischen  Loge  wurde  Herzog  Leopold 
(s.  d.)  aufgenommen.  Den  Anhängern  des 
Templerordens  war  es  feiungen,  beide 
Herzöge,  Karl  und  Ferdinand,  für  ihr 
System  zu  gewinnen;  um  es  kennen  zu 
lernen,  musste  Liebeherr  sich  fdr  sie  in  den 
Orden  aufnehmen  lassen.  Auf  dem  Kon- 
vent zu  Kohlo  (1 772)  ward  Herzog  Ferdinand 
zum  Grossmeister  aller  vereinigten  deut- 
schen Logen  erwählt.  Als  solcher  stand 
ihm  das  Kecht  zu,  das  dort  verabredete 
gemeinschaftliche  Bitual  in  den  Braun- 
schweiger Logen  einzufahren.  Hierüber 
entstand  abermals  Streit  zwischen  den 
Anhängern  strikter  und  later  Observanz, 
wodurch  sich  der  Grossmeister  veranlasst 
sah,  ein  geharnischtes  Reskript  an  beide 
Logen  zu  erlassen.  Mit  Einwilligung  seines 
Bruders  liess  er  diese  schliessen  und 
der  nunmehr  anerkannten  schottischen 
Ordensloge  Zu  den  neun  Sternen  den 
Befehl  zugehen,  eine  einzige  Loge  Zur 
gekrönten  Säule  zu  errichten.  Am  18. 
Juni  1778  fand  die  Einweihung  der  Loge 
in  dem  neu  erworbnen,  jetzt  noch  be- 
stehenden Hause  durch  Herzog  Ferdinand 
statt.  Über  der  Thür  des  Hauses  wurde 
1774  das  vom  regierenden  Herzog  der 
Loge  verliehene  Wappen,  das  Bezug  hatte 
auf  die  VH.  Provinz,  aufgestellt.  1775 
wurde  hier  ein  allgemeiner  Provinzial- 
konvent,  auf  dem  auch  der  Freiherr  von 
Hund  zugegen  war,  gehalten.  (S.  Konvent.) 
Auf  dem  1779  hier  abgehaltenen  De- 
putationstage, an  dem  ausser  einigen  aus- 
wärtigen nur  Mitglieder  des  Br.  Kitpitels 
als  Vertreter  andrer  Kapitel  teilnahmen, 
wurde  der  Herzog  Karl  von  Südermanlana 
zum  Provinzialgrossmeister  erwählt  und 
sein  Stellvertreter,  Baron  v.  Leijonhufvud, 
an  seiner  Statt  eingesetzt.  Nach  Beschluss 
des  1782  in  Wimelmsbad  abgehaltenen 
Generalkonvents  wurde  auch  hier  wieder 
nach  englischem  Bitual  gearbeitet,  jedoch 
der  Name  der  schottischen  Ordensloge, 
weil  auf  ihm  das  Besitzrecht  des  Logen- 
hauses ruhte,  beibehalten.  Am  3.  Juli 
1792  starb  nach  kurzer  Krankheit  Herzog 
Ferdinand.  Mit  ihm  sank  die  letzte  Säule, 
welche  die  Beste  eines  einst  so  stolzen 
Baues  noch  stützte,  ins  Grab.  Nun  galt 
es  auf  festerm  Grund  einen  dauerhaftem 
Bau  in  Angriff  zu  nehmen.  Im  Januar 
1802  nahm  die  Loge  das  von  Schröder 
bearbeitete,  in  der  Provinzial-Grossloge 
von  Hamburg  eingeführte  altenglische 
Bitual,  das  Hamburger  Konstitutionsbuch 
und  mit  diesem  den  Namen  Carl  zur 
gekrönten  Säule  an,  unterwarf  sich 
aber  nicht  der  Pro  vinzialgrossloge  von  Ham- 
burg, sondern  blieb  selbständig.  Der  zum 
Nachfolger  des  Herzogs  Ferdinand  erwählte 
Generalgrossmeister,  Landgraf  Karl  von 
Hessen  (s.  d.),  wurde,  weil  er  in  seinen 
Logen  noch  immer  das  auf  dem  Wilhelms- 


badner  Konvent  verworfene  Bitual  mit 
seinen  Bittergraden  befolgte,  nicht  aner- 
kannt. 1808,  während  der  westfälischen 
Begierung,  war  auf  Veranlassung  des  fran- 
zösischen Ministers  Grafen  Sim^on  in 
ICassel  eine  in  französischen  Hochgraden 
arbeitende  Grossloge  Hieronymuß  zur  Treue 
errichtet  worden;  dieser  soUte  die  hiesige 
Loge,  obgleich  die  Kassler  Loge  eine 
jüngere  und  Filialloge  der  hiesigen  ge- 
wesen war,  unterstellt  werden.  Auf  Für- 
sprache des  Ministers  Sim^on  genehmigte 
der  König  bei  seiner  AnweseiSieit  in  B., 
dass  die  Loge  ihre  Arbeiten  ungestört  fort- 
setzen könne.  Die  isolierte  Stellung  der 
Loge  führte  für  diese  manche  Nachteile 
herbei;  sie  trat  endlich  in  ihr  erstes  Ver- 
hältnis zurück,  indem  sie  sich  8.  Dez.  1885 
der  Grossen  Loge  von  Hamburg  wieder 
anschloss.  Am  11.  und  12.  Febr.  1844  feierte 
die  Loge  ihr  hundertjähriges  Stiftungsfest. 
[HMW.  Nr.  35]  und  trat  in  demselben  Jahre 
mit  den  Logen  in  Celle,  Goslar,  Halber- 
stadt und  Hildesheim,  zu  einem  Verein 
zusammen,  dem  sich  1847  die  Lo^e  in 
Wolfenbüttel  anschloss.  Die  Vereinigung 
bestand  bis  1876,  lebte  aber  19.  März  18»2 
wieder  auf.  Im  Dez.  1848  starb  der  Ge- 
heime Finanzrat  Langerfeldt  (s.  d.),  Meister 
vom  Stuhl  von  1818-48.  [HMW.  Nr.  84.] 
1858  wurde  der  türkische  Gesandte  in 
Berlin  Ali  Bizza  Bey  in  der  Loge  auf- 
genommen; der  erste  derartige  Fall  in 
Deutschland.  Die  1774  der  schottischen 
Ordensloge  Zu  den  neun  Sternen  verliehenen 
Korporationsrechte  wurden  1859  der  Loge 
aufs  neue  verliehen.  Eine  1824  von  Mans- 
feld  gestiftete  Speiseanstalt  für  dürftige 
Wiedergenesende  wurde  1863  von  der 
Loge  übernommen.  Der  als  maurerischer 
Geschichtsforscher  allgemein  bekannte 
Sanitätsrat  Dr.  med.  H.  Lachmann  (s.  d.), 
feierte  1867  sein  50  jähriges  Maurerjubiläum. 
Am  11.  Febr.  1869  fand  die  Feier  des 
125 jahrigen  Stiftungsfestes  der  Loge  statt. 
[HMW.  Nr.  36.1  Vom  Zentralkomitee  für 
Verpflegung  Verwundeter  im  Felde  in 
Berlin  wurde  die  Loge  1870  aufgefordert, 
ein  Lazarett,  wenn  nötig,  einzurichten. 
Sie  erklärte  sich  hierzu  bereit.  Zum 
ersten  Male  wurde  am  22.  März  1871  das 
Geburtsfest  Kaiser  Wilhelms  L  und  mit 
diesem  das  Friedensfest  gefeiert.  Der 
hundertjährige  Gedenktag  der  ersten  Arbeit 
im  eignen  Logenhause  wurde  18.  Juni 
1873  festlich  begangen.  Die  bisherigen 
Arbeitsräume  entsprachen  nicht  mehr  den 
Zeitverhältnissen;  nach  sorgfältiger  Prüfung 
der  zur  Verfügung  stehenden  Mttel  wurde 
die  Herstellung  eines  Anbaus  beschlossen. 
Am  14.  Januar  1875  wurden  die  alten 
Logenräume  geschlossen  und  am  7.  Febr. 
die  neuen  Bäume  feierlich  eröffnet.  1877 
fand  eine  zeitgemässe  Veränderung  der 
Satzungen  der  Logensterbekasse  statt. 
Zum  fünfzigjährigen  Begierungsjubiläum 
des  Herzogs  Wilhelm  von  Braunschweig 

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Brehm  —  Bremen. 


129 


(25.  April  1881),  Protektor  der  Logen  im 
Herzogtum,  wiirde  diesem  im  Namen  der 
Loffen  in  Braunschweig,  Wolfenbüttel  und 
Heunstedt  eine  Adresse  überreicht.  Zum 
Andenken  an  diesen  Tag  schenkte  der 
Herzog  der  Loge  sein  Bild.  1881  wurde 
das  von  den  Herzögen  Karl  L  undFerdinand 
gegründete  Lehrinstitut,  aus  dessen  Mitteln 
später  Studierende  zeitweise  Stipendien 
erhielten,  als  solches  aufgehoben  und  an 
dessen  Stelle  eine  Knabenbewahranstalt 
ins  Leben  gerufen;  auch  beschloss  die  Loge, 
eine  maurerische  Zeitschrift  unter  dem  Titel 
»Braunschweiger  Logen  -  Correspondenz« 
herauszugeben.  Unter  den  Scnutz  der 
Loge  wurde  eine  Yon  Mitgliedern  gegründete 
Mädchen-Fortbildungsschule  gestellt  Zur 
Erinnerung  an  die  vor  150  Jahren  (21.  Dez. 
1740)  in  der  Loge  Aux  trois  globes  in 
Berlin  erfolgte  Aufnahme  des  Herzogs 
Ferdinand  in  den  Freimaurerbund  wurde 
eine  den  Namen  des  Herzogs  tragende 
Stiftung  gegründet.  1894  feierte  die  Loge  ihr 
1 50 jähriges  Stiftungsfest;  zur  Erinnerung 
daran  ist  eine  Jubiläumsstiftung  gegründet 
und  eine  Deiikmünze  geschlagen  worden. 
[HMW.  Nr.  37.]  Die  Loge  besitzt  z.  Z. 
folgende  Stiftungen:  1)  Witwen-  und 
Waisen-Sozietät,  seit  1806,  Vermögen: 
70377  M.  2)  Schwesternhilfe,  zur  Unter- 
stützung elternloser,  hilfsbedürftiger  Mau- 
rertöchter, seit  1851;   Kapital:  21000  M.. 

3)  Sterbekasse,  seit  1861 ;  Kapital:  15260  M. 

4)  Speiseanstalt  für  dürftige  Genesende, 
seit  1824;  Kapital:  11000  M.  5)  Herzog 
Leopold-Stiftung  (Knabenhort),  seit  1881; 
hervorgegangen  aus  dem  1770  gestifteten 
Lehrinstitut;  Kapital:  44000  M.  6)  Herzog 
Ferdinand  -  Stiftung  zur  Unterstützung 
hilfsbedürftiger  Bbr.  und  deren  Familien, 
seit  1890;  Kapital:  8400  M.  7)  Jubiläums- 
Stiftung  zur  Unterstützung  hilfsbedürf- 
tiger Schwestern,  seit  1894; Kapital:  7000 M. 
l&i  erschien  eine  Geschichte  der  Frei- 
maurei  in  B.  und  1869  ein  Nachtrag  dazu 
von  Fr.  H.  A.  Lachmann.  Die  Loge  liess 
eine  Anzahl  Denkmünzen  schlagen,  die  teil- 
weise bei  MerzdorfundMarvin  beschrieben 
und  im  HMW.  Nr.  26,  27,  28,  31,  32,  34,  35, 
36, 37  abgebildet  sind.  Die  Loge  zählte  1899 
283  Mitglieder.  Verzeichnis  der  in  der 
Bibliothek  der  Loge  vorhandnen  Bücher 
von  1860  und  1894.  —  Ein  Kränzchen  Wil- 
helm zum  Löwen  wurde  unter  Aufsicht 
der  Loge  Globus  in  Hamburg  24.  Mai 
1883  gegründet  und  2.  Juni  1883  einge- 
weiht, ist  aber  wieder  eingegangen. 

Brehm,  Alfred  Edmund,  Zoolog,  geb. 
2.  Febr.  1829  in  Renthendorf,  gest.  11.  Nov. 
1884,  berühmt  durch  sein  »Illustriertes 
Thierleben«,  wurde  in  den  Freimaurerbund 
aufgenommen  in  der  Loge  Apollo  in 
Leipzig  22.  Apr.  1861.  Mehrere  Vorträge 
hat  er  in  der  Freimaurerzeitung  veröffent- 
licht. [Vgl.  FZ.  1885,  S.  37.   Z.  1885,  S.  22.] 

Bremen  (Freistaat).  In  der  Stadt  B. 
(s.  d.)  bestanden  schon  im  18.  Jahrhundert 

AllgemeinM  Handbuch  der  Freimaorarei. 


mehrere  Logen.  Gegenwärtig  giebt  es  im 
Freistaat  B.  fünf  Johannislogen,  von  denen 
zwei  zur  Grossen  Loge  BoyaJ  York  in 
Berlin  (Bremen -Friedrich  Wilhelm  zur 
Eintracht  und  Vegesack)  und  le  eine  zur 

grossen  Landesloge  von  Deutschland  (Zum 
Izwejg  in  Bremen),  zur  Grossen  Loge 
von  Hamburg  (Bremerhaven)  und  zur 
Grossloge  Zur  Sonne  (Hansa  in  Bremen) 
gehören. 

Bremen  (Freie  Stadt,  141894  £.).  I.  Am 
5.  Okt.  1744  wurde  hier  von  der  Grossen 
National -Mutterloge  Zu  den  drei  Welt- 
kugeln eine  Loge  Zu  den  drei  Ankern 
gestiftet,  die  aber  wohl  nie  in  Wirksam- 
keit getreten  ist.  U,  Am  5.  Okt.  1766  er- 
öffnete auf  Grund  eines  englischen  Freibriefs 
von  1759  der  Kapitän  J.G.Smith  eine  Feld- 
loge, die  III.  schon  Anfang  1767  in  eine 
Filial-  (d.  i.  Deputations)-Loge  der  Logen 
in  Braunschweig  und  Celle  überging.  Diese 
war  auf  Betreiben  Rulffs  (s.  d.)  ins  Leben 
getreten  und  hing  der  strikten  Observanz 
an.  Ihre  erste  Versammlung  hielt  sie  am 
12.  April  1767  ab.  Auf  ihr  Ansuchen 
wurde  sie  von  der  Präfektur  Hannover 
1770  zu  einer  selbständigen  Loge  erhoben 
und  nahm  am  3.  April  1772  den  Namen 
Zum  silbernen  Schlüssel  nach  dem 
Bremer  Stadtwappen  und  ihrem  Vorsitzen- 
den Schulz  (Eques  a  claustro^  an.  Ein 
Präpositurkapitel  (Schottenloge)  wurde  ihr 
1773  noch  nicht  zugestanden,  es  wurde  aber 
31.  Okt.  1776  eine  Schottenloge  unterm 
Namen  Johannes  zum  Neumond  (ge- 
nannt nach  Pundsack,  Eques  a  novilunio) 
und  31.  Dez.  1777  eine  Präpositnr  unterm 
Namen  Johannes  zu  den  sieben  Ster- 
nen errichtet.  Die  Johannisloge  trat  1790 
dem  Deutschen  Freimaurerbunde  bei  und  be- 
stand sicher  bis  1794,  vielleicht  auch  länger; 
denn  die  Schottenloge  erteilte  noch  1800  der 
Deputationsloge  Zum  silbernen  Schlüssel 
in  Jever  (s.  d.)  das  Becht  einer  selbständigen 
Loge.  Vgl.  über  die  Logen  I — HI:  Merz- 
do^,  Beiträge  zur  älteren  Logengeschichte 
B.'s  (Bremen  1877)  und  Martens,  Erinne- 
rungsblätter aus  aer  Geschichte  der  Loge 
Zum  Ölzweig  und  der  älteren  Logen  in  B. 
(Bremen  1888).  —  Jetzt  bestehen  hier 
IV.  unter  der  Grossen  Landesloge  in 
Berlin  1)  die  Johannisloge  Zum  Ölzweig, 
gest.  16.  Juni  1788,  eingew.  26.  Aug.  1788. 
Ihr  Haus,  das  1852  eingeweiht  wurde,  hat 
sie  1898  verkauft  und  durch  einen  grossem 
Neubau  ersetzt,  der  5.  Nov.  1899  bezogen 
worden  ist.  Sie  hat  drei  milde  Stiftungen 
mit  einem  Gesamtvermögen  von  67000  M. 
Eine  Zeit  lang  versammelte  sie  sich  mit 
den  Logen  in  Hannover,  Nienburg,  Olden- 
burg und  Verden  zu  jährlicnen  ge- 
meinsamen Festen.  Vers,  jeden  ersten 
Donnerstag.  Ferien  im  Juli  und  August. 
Mitgliederzahl  (1899):  300.  Geschichte  der 
Loge  von  Martens  s.  oben.  2)  Andreasloge 
Assidua,  gest.  19.  Sept.  1853.  V.  Unter 
der  Grossen  Loge  Royal  York  in  Berlin 

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130 


Bremerhaven  —  Breslau. 


die  Johannisloge  Friedrich  Wilhelm 
zur  Eintracht,  gegr.  27.  Dez.  1874. 
1899  z&hlte  sie  214  Mitglieder.  Logen- 
lokal, eingew.  1880,  auf  der  Sögestrasse  16. 
Vers.:  Donnerstags.  Klub:  Dienstags 
und  Sonntag  Morgens.  Milde  Stiftungen: 
1)  Sterbekasse  ohne  Kapital  mit  Umlage- 
yerfahren.  2)  Witwenkasse  Vidua  mit 
ungefähr  39000  M.  Kapital.  3)  Biermanns 
Hilfsfonds  mit  10000  M.  Kapital.  4)  Sti- 
pendienstiftung, mit  jährlich  1200  M. 
jJ'euestes  Ortsgesetz  vom  9.  April  1894. 
Mit  dieser  Loge  ist  ein  Innerer  Orient 
verbunden.  vL  Unter  der  Grossloge  Zur 
Sonne  die  Loge  Hansa,  gegr.  4.  Nov. 
1883.  Mitgliederzahl  (1900):  213.  Eignes 
Logenhaus,  Langestrasse  20,  eingew.  20. 
Nov.  1887.  Milde  Stiftungen:  Witwen- 
und  Waisenstiftung  Caritas,  Kasse  zur 
Unterstützung  Krauker  und  Hilfabedürf- 
tiger,  Waisenerziehungskasse,  Logenstipen- 
dium, Degener-Stiffcimg  zur  Weihnachts- 
bescherung Armer,  Neuhaus-Stiftung  zur 
Bekleidung  armer  Konfirmanden. 

Bremerhaven  (St.  im  Freistaat  Bremen, 
18366  E.).  Hier  wurde  unter  dem  Namen 
Zu  den  drei  Ankern  von  der  Grossen 
Loge  von  Hamburg  am  2.  Mai  1861  eine 
Loge  gestiftet  und  am  18.  Aug.  1861  ein- 
geweiht. [Vgl,  Bh.  1861,  S.  309.]  Seit 
1863  besitzt  sie  ein  eignes  Logenhaus  am 
Deich  116,  das  1894  umgebaut  wurde. 
Mitgliederzahl  (1899):  134.  Vers,  am 
2.  Dienstag  jedes  Monats.  Ferien:  Juli 
und  August.  Klub:  Sonntags  und  Diens- 
tags. Stiftung  Humanitas  mit  einem  Be- 
stand von  18000  M.  Eine  besondere  Wit- 
wen- und  Waisenkasse  ist  gegr. I.Jan.  1900. 
[Vgl.  Geschichte  der  Loge  Zu  den  drei 
Ankern  1861—86  von  Dr.  Hildenhagen.] 
Neueste  Hausgesetze  1887. 

Brenokenhof,  v.,  Dragonerleutnant  in 
Sagan,  nachher  in  Grüneberg,  Mitglied 
der  Loge  Zur  goldnen  Himmelskugel  in 
Nistitz  (Osten  in  Schlesien),  war  ein  gläu- 
biger Schüler  Frölichs  (s.d.),  des  Gehilfen  und 
Nachfolgers  von  Schrepfer,  und  trat  in 
dessen  und  der  geheimen  Obern  Interessen 
1776  und  1777  mit  dem  Prinzen  Fried- 
rich August  von  Braunschweig  (s.  d.)  in 
Briefverkehr.  Er  suchte  ihn  zu  bereden, 
Schrepfers  (s.  d.)  gewesnen  Marqueur  und 
Bedienten,  der  gewiss  die  meisten  theore- 
tischen Kenntnisse  von  allen  Brüdern  der 
Schrepferschen  Partei  besitze,  weil  er  fast 
allen  seinen  Arbeiten  beigewohnt,  in  seinen 
Dienst  zu  nehmen,  um  ihn  für  die  Zukunft 
zu  Frölichs  Hilfe  zu  erhalten,  der  ihn 
der  Verfolgungen  in  Görlitz  wegen  ent- 
lassen müsse.  Er  verfertigte  auch  für  den 
Prinzen  eine  nur  ihm  und  Frölich  bekannte 
Chiflfer.  Am  11.  April  1776  entsagte  er 
der  Mitgliedschaft  seiner  zur  strikten  Ob- 
servanz gehörenden  Loge  und  soll  sich 
nebst  Frölich  der  Loge  Balduin  in  Leip- 
zig angeschlossen  haben,  in  deren  Liste 
er  allerdings  nicht  zu  finden  ist. 


Brentano,  Dominicus  v.,  ein  philo- 
sophisch gebildeter,  aufgeklärter  katho- 
lischer Theolog,  Übersetzer  des  Neuen 
Testaments,  geb.  1740  in  Rappersweil  am 
Zürichersee,  gest.  Juni  1797,  war  Hof- 
kaplan und  geistlicher  Bat  des  Fürstabts 
Honorius  in  Kempten  und  1794  Pfarrer  in 
Gebratshofen  mit  dem  Titel  Geheimrat. 
Nachdem  er  mehrere  Schriften  im  Geiste 
der  Josephinischen  Bestrebungen  heraus- 
gegeben, übersetzte  er  das  Neue  Testament 
(3.  Auflage,  3  Bde.,  Frkf.  1799)  und 
schrieb  ein  Andachtsbuch  ftir  die  katho- 
lische Eidgenossenschaft  (Bregenz  1794). 
B.  war  Mitglied  der  vom  Eklektischen 
Bunde  1787  gestifteten  Loge  Zur  auf- 
gehenden Sonne  in  Kempten  und  erwarb 
sich  als  Bedner  dieser  Loge  namhaft« 
Verdienste  um  deren  geistiges  Leben. 

Breslau  (Hauptstadt  der  preuss.  Prov. 
Schlesien,  373163  E.)  ist  der  Sitz  mehrerer 
maurerischer  Oberbehörden  und  Logen. 
I.  Unter  der  Grossen  National-Mutterloge 
Zu  den  drei  Weltkugeln  bestehen  hier: 
1)  die  Johannisloge  Friedrich  zum 
goldnen  Zepter,  von  der  Provinzial- 
loge  zu  Glogau  10.  Dez.  1776  gegründet 
und  eingeweiht,  bei  dem  Bunde  der  drei 
Weltkugeln  angenommen  1.  Mai  und  ein- 
geweiht 10.  Juli  1803.  Mitgliederzahl 
(1899):  301.  Vers,  den  1.,  2.  und  3.  Dienstag 
jeden  Monats.  Zum  50jährigen  Jubiläum 
wurde  eine  Denkmünze  geprägt.  [Vgl. 
HMW.  Nr.  44.]  Verzeichnis  der  Bücher- 
sammlung von  Ockler  (1897).  2)  Die 
delegierte  altschottische  Loge  Fried- 
rich zum  goldnen  Zepter,  gegr.  1. 
Mai  1803.  3)  Der  Innere  Orient 
für  den  siebenten  Logensprengel,  gegr. 
29.  Dez.  1803.  Die  Johannisloge  besitzt 
eine  allgemeine  Witwen-  und  Waisen- 
kasse (Statut  vom  10.  Jan.  1888),  ein 
Logenheim,  eine  Joh.  Wendtsche  Stipen- 
dienstiftiung  und  eine  Prof.  Dr.  Lud- 
wig Hirtswie  Stiftung  (zur  alljährlichen 
Prämiierung  von  Seminaristinnen.)  [Vgl. 
Behbaum,  F.  C.  Chr.,  Chronik  der  Loge 
von  1776—1869  (Brsl.  1869).]  H.  Unter 
der  Grossen  Lanaesloge  von  Deutschland : 
1)  die  Vereinigte  JohannislogeZuden 
drei  Totengerippen,  zur  Säule  und 
zur  Glocke,  aus  den  Logen:  a)  Drei 
Totengerippe,  gest.  18.  Mai  1741,  von 
der  Grossloge  Zu  den  drei  Weltkugeln 
19.  Febr.  1775  zum  Verband  der  Grossen 
Landesloge  übergetreten;  b)  Säule,  gest. 
19.  Mai  1774;  c)  Glocke,  gest.  13.  Juni 
1776,  vereinigt  22.  Jan.  1844.  [Vgl.  L.  1844, 
S.  133.]  Mitgliederzahl  (1899):  413.  Vers, 
jeden  Montag.  Logenhaus:  Stemstrasse 
28/30.  Zum  Eintritt  in  das  41.  Logenjahr, 
zur  Einweihung  des  Gebäudes  der  drei 
vereinigten  Logen  1817,  zur  50jährigen 
Anerkennung  der  Loge  zu  den  drei  Toten- 

Serippen  1822,  zur  50jährigen  Jubelfeier 
er  Lo^e  Zur  Säule  1824,   zur  gleichen 
Jubelfeier  der  Loge  Zur  Glocke  13.  Juni 


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Bressler  —  Bretschneider. 


13t 


1826,  zum  1.  Stiftungsfest  nach  der  Ver- 
einigung 1845  wurden  Denkmünzen  ge- 
prägt, ebenso  1891  zur  150jfthrigen  Jubel- 
feier. [Vrf.  HMW.  Nr.  88,  39,  40,  41,  42, 
43,  46  und  47.]  Katalog  der  Büchersamm- 
lung  von  1897.  [Vgl.  Frenzel,  Aus  ver- 
gangnen Tagen.  Zum  150jährigen  Jubel- 
feste der  Vereinigten  Loge  (Lpz.  1891).] 
2)  Die  Andreasloge  Montana,  fest.  1. 
April  1818.  3)  Das  vollkommne  Provin- 
zialkapitel  für  Schlesien  Integra,  gest. 
6.  Aug.  1828.  4)  Die  Provinzialloge 
von  Schlesien,  errichtet  20.  Juni  1776, 
zu  der  die  Logen  in  Breslau,  Schweidnitz, 
Neisse,  Schmiedeberg,  Löwenberg,  Tamo- 
witz,  Waidenburg,  Glogau,  Bunzlau,  Jauer, 
Striegau,  Bawitsch,  Kattowitz,  Freiburg, 
Haynau,  Görlitz  gehören.  —  HI.  Unter 
der  Grossen  Loge  Royal  York:  1)  Die 
Johannisloge  Horus,  gest.  23.  Febr.  1813. 
Mitgliederzahl  (1900):  186.  Vers,  jeden  Mon- 
tag und  Donnerstag  TKlub).  Milde  Stif- 
tungen: a)  Witwen-  una  Waisenkasse;  Kapi- 
tal:  ca.35380M.,  b)  Steinbock-Stiftung ;  Kapi- 
tal: ca.  5750  M.,  c)  Vereinigte  Middeldoipf- 
Kleemann-Stiftung;  Kapital:  ca.  8910  M., 

d)  Klopsch-Stiftung;  Kapital:  ca.  2270  M., 

e)  Begräbniskasse;  Bestand  ca.  8020  M. 
[Vgl.  Bh.  1864,  S.  51.]  2)  Der  Innere 
Orient;  Mitglieder:  92.  3)  Die  Grosse 
Provinzialloge  von  Schlesien,  gest. 
6.  Sept.  1816,  zu  der  die  Logen  in 
Schweidnitz,  öleiwitz,  Breslau,  I^ichen- 
bach,  Landeshut,  Goldberg,  Lauban,  Sprot- 
tau,  Leobschütz,  Forst,  Lassa,  Kreuzburg, 
Grünberg,  Goldberg  gehören,  IV.  Unter  dem 
Eklektischen  Freimaurerbund:  Hermann 
zur  Beständigkeit.  Ursprünglich  eine 
am  15.  Sept.  1898  gestiftete  und  14.  Jan. 
1894  eingeweihte  Tochterloge  der  Grossen 
Loge  von  Preussen,  gen.  Kaiser  Friedrich 
zur  Bundestreue,  trat  sie  zum  Eklektischen 
Freimaurerbund  über,  weil  sie  nicht  an- 
erkannt wurde;  Stiftungsurkunde  vom  22. 
Nov.  1896;  nach  verschiednen  Verhand- 
lungen durch  Schiedsspruch  vom  80.  Jan. 
1899  vom  Deutschen  Grosslogenbund  an- 
erkannt (HZC.  1898/9,  Nr.  161).  Lokal- 
^esetz  vom  Dez.  1896.  Mitgliederzahl 
(1899):  50.  Versammlung  jeden  Dienstag. 
Geisamtkapital  der  Stiftungen  ca.  10000  M. 
V.  Eine  1849  hier  errichtete  Loge  Kos- 
mos wollte  sich  dem  Eklektischen  Bund 
{s.  d.)  anschliessen,  der  sich  hierzu  auch 
1850  geneigt  zeigte.  Allein  die  drei  preussi- 
schen  Grosslogen  konnten  dies  nicht  ge- 
nehmigen; sie  hielt  14.  Nov.  1851  ihre 
letzte  Versammlung.  [L.  Xm,  198.]  VI. 
Unter  der   Grossen   Loge   von   Preussen, 

fm.  Kaiser  Friedrich  zur  Bundestreue  in 
erlin:  die  Loge  Settegast  zur  deut- 
schen Treue,  gegr.  9.  Juli  1899. 

Bressler  l)Karl  Christian  Gottlieb, 
Graf  V.,  Erbherr  auf  Nieder-Eengersdorf, 

feb.  21.  März  1777  in  Latiske  bei  Weissen- 
erg  in  der  sächsischen  Oberlausitz,  gest. 
17.  Nov.  1849  zu  Nagybanya  in  Ungarn 


als  kaiserlicher  Bergrat  und  Oberwald- 
meister, ward  1804  in  der  Loge  in  Bautzen 
in  den  Bund  aufgenommen. 

2)  Hans  Wilhelm  Karl,  Graf  v.,  Sohn 
des  Vorigen,  Maioratsherr  aufLauske,  sowie 
auf  Kemnitz  in  Schlesien,  geb.  9.  März  1801 
in  Kotitz  bei  Weissenberg,  gest.  3.  Nov. 
1865  in  Dresden,  wurde  in  den  Freimaurer- 
bund 9.  Juli  1835  in  der  Loge  Zur  heissen 
Quelle  in  EUrschberg  aufgenommen.  Am  19. 
Febr.  1844  schloss  er  sich  der  Loge  in 
Bautzen  an,  die  er  mehrfach  durch  geist- 
volle Vorträge  erfreute.  Als  maurerischer 
Schriftsteller  hat  er  sich  besonders  in  der 
A.  bethätigt,  wo  sich  mehrere  seiner  Vor- 
träge und  Gedichte  befinden. 

Bretsolmeider,  1)  Heinr.  Gottfr.  v., 
Österreich.  SchriffcsteUer,  geb.  6.  März  1739  in 
Gera  (Reuss),  gest.  l.Nov.  1810  in  Krimitz  in 
Böhmen,  führte  als  Offizier  ein  abenteuer- 
liches Leben  und  kam  1774  nach  Wien, 
dann  als  Bibliothekar  an  die  Universität 
Ofen,  1784  als  Professor  an  die  Universität 
Lemberg,  4ind  trat  mit  dem  Titel  eines 
k.  k.  Hofrats  1802  in  Ruhestand.  Joseph  n. 
und  Leopold  n.  schätzten  ihn  und  eroaten 
seinen  Kat  in  wichtigen  Angelegen- 
heiten. 1761  in  einer  Wiener  Winkelloge 
aufgenommen,  zog  er  sich  bald  vom 
Bunde  zurück,  dem  er  sich  in  seinen 
Schriften  feindlich  zeigte;  so  schildert  er 
in  dem  Eoman  »Georg  Wallers  Leben  und 
Sitten«  (Köln  1793)  seine  Aufriahme  und 
deckte  manche  Schwächen  des  Logen- 
lebens auf.  1786  war  von  ihm  schon  ein 
»Vorbericht  und  Anmerkungen  zur  philo- 
sophischen Geschichte  der  heutigen  Frei- 
maurer und  Antifreimaurer«  erschienen. 
Nach  seinem  Tode  gab  Göcking  die  Reise- 
beschreibung B.'s  nach  London  und  Paris 
^rl.  1817)  heraus,  worin  S.  258—324  der 
Freimaurerei  gedacht  wird.  Auch  erschien 
eine  Auslese  seiner  Werke  unter  dem  Titel : 
»Denkwürdigkeiten  aus  dem  Leben  des 
k.  k.  Hofrats  H.  G.  Bretschneider«'  (Wien 
und  Lpz.  1892.) 

2)  Karl  Gottlob,  geb.  11.  Febr. 
1776  in  Gersdorf  im  Schönburgschen, 
gest.  22.  Jan.  1848  als  Oberkonsis- 
torialpräsident  und  Generalsuperinten- 
dent in  Gotha,  wurde  19.  Juli  1808  in 
Altenburg  in  der  dortigen  Loge  Archi- 
medes  zu  den  drei  Reissbrettem  fds  Maurer 
aufgenommen,  während  er  als  Superinten- 
dent in  Annaberg  lebte.  Obwohl  1816 
nach  Gotha  als  Generalsuperintendent  be- 
rufen, blieb  er  der  Loge  in  Altenburg  bis 
1829  treu  und  nahm  an  den  Arbeiten  der 
Loge  Ernst  zum  Compass  in  Gotha  nur 
als  Besuchender  teil.  1829  trat  er  letzterer 
als  ordentliches  Mitglied  bei  und  war 
von  da  an,  soweit  es  seine  Zeit  erlaubte, 
stets  bei  deren  Arbeiten.  Wiederholte  An- 
träge, den  ersten  Hammer  in  dieser  Loge 
zu  übernehmen,  lehnte  er  wegen  seiner 
amtlichen  Geschäfte  ab.  Fast  stets,  wenn 
er  die  Loge  besuchte,  ergriff  jer  das  Wort 
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132 


Brevet  —  Brieg. 


und  gehörte  dem  Bunde,  den  er  oft  im 
Gespräch  als  eine  der  segensreichsten  An- 
stalten pries,  bis  an  seinen  Tod  an.  Sein 
Verkehr  mit  den  Prinzen  Ernst  und  Albert 
von  Sachsen -Coburg  und  Gotha  (s.  d.) 
hatte  nach  dem  eignen  Zeugnis  des  Herzogs 
Ernst  U.  grossen  Einfluss  auf  deren  reli- 
giöse Entwicklung.  Maurerische  Schrif- 
ten: »Jubelfest  am  27.  Sept.  1841.  Gefeiert 
von  der  Loge  Ernst  zum  Compass  im 
Orient  von  Gotha  zur  Erinnerung  an  den 
ersten  Maurerischen  Hammerschlag  in  Thü- 
ringen im  September  1741«  (Gotha  1841) 
gasselbe  handelt  über  das  Verhältnis  des 
aurertums  zum  Kirchen-  und  Christen- 
tum); «Über  die  Echtheit  der  Kölner  Frei- 
maurerurkunde« vgl.  Corp.  Beformatorum, 
Tl.  U:  Annal.  vitae  Phil.  Melanchthonis, 
S.  11.  —  Maurerische  Keden  B.'s  in 
Bretschneider,  Freimaurer  kalender,  für 
1852,  S.  118;  für  1860,  S.  77,  86.  [Vgl. 
Zd.  1851,  S.  27.  Selbstbiographie  (Gotha 
1851)0 

8)  Karl  Anton,  Sohn  des  Vorigen,  geb. 
27.  Mai  1808  in  Schneeberg,  gest.  6.  Nov. 

1878  in  Gotha,  trat  bei  Gründung  der 
Realschule  in  Gotha  1835  als  Lehrer 
der  Mathematik  und  Geographie  mit  dem 
Titel  Professor  in  deren  Lehrerkollegium 
und  nach  Vereinigung  der  Bealschule  mit 
dem  Gymnasium  zum  Gymnasium  Emes- 
tinum  in  dessen  Lehrerkollegium  mit 
über.  Zu  Michaelis  1878  nötigten  ihn 
seine  Leiden,  in  den  Buhestand  zu  treten, 
wobei  er  zum  Hofrat  ernannt  wurde.  —  In 
die  Loge  Ernst  zum  Compass  wurde  er 
7.  Mai  1856  aufffenommen.  Von  1859—68 
war  er  deren  Bedner,  von  1865—72  Schrift- 
führer und  von  Johanni  1872  ab  bekleidete 
er  das  Amt  des  zugeordneten  Meisters,  des 
Stellvertreters  des  Meisters  vom  Stuhl,  Sr. 
Hoheit  des  Herzogs  Ernst  H.  Im  März 
1877  musste  er  infolge  seines  leidenden 
Zustands  den  Hammer  niederlegen.  [Vgl. 
Demuth,  Geschichte  der  Loge  Ernst  zum 
Compass  in  Gotha  (Gotha  1882).  Ge- 
dächtnisrede auf  Karl  Anton  B.  in  der 
Aula  des  Gymnasium  Emestinum  am  15. 
Januar  1879  gehalten  von  K.  Begel  (Gotha 
1879.)    Bh.  1879,  S.  47.] 

4)  Karl   Oskar,   Bruder  des  Vorigen, 

feb.  16.  Juli  1814  in  Annaberg,  gest.  29. 
'ebr.  1884  in  Jena,  wurde  nach  längerer 
ehrenvoller  Laufbahn  im  Justizdienst  des 
Herzogtums  Gotha  1871  zum  Appellations- 
gerichts-Vizepräsidenten  in  Eisenach  und 

1879  bei  der  neuen  Gerichtsorganisation 
zum  Senatspräsidenten  des  Gemeinschaft- 
lichen Thüringischen  Oberlandesgerichts 
in  Jena  ernannt.  —  Freimaurer  wurde 
er  20.  Jan.  1853  in  der  Loge  Ernst  zum 
Compass  in  Gotha.  1859 — 63  war  er  deren 
deputierter  Meister,  1865 — 71  bekleidete 
er  das  wichtige  Amt  des  zugeordneten 
Meisters,  Stellvertreters  Herzogs  Ernst  H. 

äi.  d.)^  und  war  von  1871—72   wiederum 
eputierter  Meister.    Von  ihm  ist  u.  a.  ge- 


druckt: »Der  Mangel  an  Bruderliebe.  Vor- 
trag, gehalten  in  der  Loge  Ernst  zum  Com- 
pass am  12.  Nov.  1860.«  [Vgl  Demuth, 
Geschichte  der  Loge  Ernst  zum  Compass 
in  Gotha  (Gotha  1882).] 

5)  Horst,  Bruder  des  Vorigen,  geb.  14. 
Aug.  1819  in  Gotha,  gest.  das.  10.  Okt.  1859 
als  Dr.  med.,  herzoglicher  Leibarzt,  Be- 
gierungs-  undMedizinalrat  und  vortragender 
Bat  im  Staatsministerium,  wurde  Frei- 
maurer 24.  Juni  1844  in  der  Loge  Ernst 
zum  Compass  in  Gotha,  widmete  sich  mit 
grossem  Eifer  der  Sache  der  Freimaurerei, 
war  auch  in  seiner  Loge  mehrere  Jahre 
hindurch  als  Beamter  thätig,  1846  als 
Zeremonienmeister,  1850  und  51  stellv. 
Beamter,  1852  stellv.  Aufseher  und  Biblio- 
thekar, 1856 — 58  Zeremonienmeister,  Archi- 
var und  Bibliothekar.  Bei  vorzüglicher 
Begabung  besass  er  eine  grosse  geistige 
Begsamkeit  und  Ausdauer,  die  ihn  zu  einem 
vorzüglichen  Kenner  der  maurerischen  Lit- 
teratur  machte.  Trotz  vielfacher  Abhal- 
tung durch  seinen  Beruf  bewahrte  er  bis 
zu  seinem  Tode  den  regsten  Eifer  für  die 
Maurerei,  die  er  auch  durch  die  Heraus- 
gabe eines  Freimaurerkalenders  (Jahrgang!, 
1852;  Jahrgang  H,  1855—56;  Jahrgang  III, 
1860,  aus  seinem  Nachlass  herausgegeben! 
bethätigte.  Ebenso  hat  er  das  Material 
zu  dem  nach  seinem  Tode  herausgegebenen 
Liederbuch  der  Loge  Ernst  zum  Compass 
gesammelt. 

Brevet,  s.  Logenpass. 

Brej,  Julius  Hermann,  Kaufmann  in 
Hamburg,  geb.  25.  Okt.  1822  in  Magdeburg, 
aufgenommen  in  der  Loge  Ferdinande 
Caroline  in  Hamburg  18.  Jan.  1853,  be- 
kleidete seit  1857  nach  einander  die  Äjnter 
des  zweiten  Schafihers,  des  zweiten  und 
ersten  Aufsehers,  des  zugeordneten  Meisters 
vom  Stuhl,  1869—71,  1874-77  und  1880 
bis  1881  das  Amt  eines  Meisters  vom  Stuhl 
seiner  Loge.  Seit  1873  ist  er  Vorsitzender 
des  Schatz-  und  Almosenkomitees,  jetzt 
Verwaltungsausschuss  genannt,  und  hat  in 
dieser  Stellung,  sowie  beim  Bau  des  neuen 
Freimaurerkr^kenhauses,  des  neuen  Logen- 
hauses und  bei  den  vielen  damit  verbun- 
denen wirtschaftlichen  Fragen  eine  so  hin- 
gebende Fürsorge  und  ausserordentliche 
Thätigkeit  gezeigt,  dass  ihm  aus  Dankbar- 
keit verschiedne  ehrenvolle  Auszeich- 
nungen zu  teil  geworden  sind,  unter  an- 
dern bei  der  25jähr.  Feier  seines  Vor- 
sitzes im  Verwaltungsausschuss  1898  die 
Stiftung  einer  Denkmünze.  [Vgl.  HMW. 
Nr.  283.] 

Brieg  (St.  in  der  preuss.  Provinz  Schle- 
sien, 21164  E.).  Logen  das.  unter  der 
Grossen  National-Mutterloge  Zu  den  drei 
Weltkugeln  in  Berlin:  1)  Johannisloge 
Friedrich  zur  aufgehenden  Sonne, 
gegr.  von  der  damaligen  Provinzialgross- 
und  Mutterloge  Zur  goTdnen  Himmelskugel 
in  Gross-Gloffau  15.  Febr.  1783.  eingew. 
24.  Mai  1783,  dem  Logenbund  der  drei  Welt- 
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Briesen  —  Broke. 


138 


kugeln  angeschlossen  21.  Nov.  1799,  eingew. 
24.  März  1800.  Mitgliederzahl  (1899):  169. 
Vers.  Freitags.  Ferien:  Juli  und  August. 
Eignes  Logenhaus,  Lindenstrasse  1 1 ,  eingew. 
1868.  Müde  Stiftungen:  7  mit  79000  M. 
Gesamtkapital.  Hausgesetz  1898.  —  2)  Dele- 
gierte altschottische  Loge  Friedrich 
zur  aufgehenden  Sonne,  ^egr.  4.  April 
1802;  erste  Au&ahmearheit  8.  Dez. 
1802.  —  3)  Delegierter  Innerer  Orient 
für  den  XV.  Logensprengel,  gegr.  8.  April 
1896,  eröffnet  8.  Mai  1896.  [Fitzner, 
Annalen  (1873).  Hoppe,  Bericnt  üher 
das  lOOjähr.  Stiftun^fest  (1883)J  —  In 
der  Loge  arbeitet  seit  1895  die  Vermitt- 
lungsstelle zum  Ein-  und  Austausch  (auch 
KauT)  freimaurerischer  Bücher,  geführt  von 
Dr.  Emil  Reinhold.  [4.  Verzeichnis  1899.] 
Umsatz  ca.  1100. 

Briesen  (St.  in  der  preuss.  Prov.  West- 
preussen,  5253  E.).  Hier  hat  sich  1899 
eine  freimaurerische  Vereinigung  unter  der 
Aufsicht  der  Loge  Zum  Bienenkorb  in 
Thorn  gebildet. 

Britisch -BetsehaanenlAnd  (brit.  Kron- 
land in  Südafrika).  Hier  bestehen  unter 
der  Grossloge  von  England  zwei  Logen  in 
Vrijburg  (gest.  1887)  und  Mafeking  (gest. 
1894). 

Britiseh-Goliimbia  (Prov.  der  brit.-nord- 
amerik.  Kolonie  Kanada).  Hier  gründete 
die  Grossloge  von  England  1859—67  vier 
und  die  von  Schottland  1862—69  fünf 
Logen.  Diese  errichteten  21.  Sepi.  1871  in 
Victoria  eine  Grossloge  von  B.-C.,  die  jetzt 
24  Logen  mit  1367  Mitgliedern  zählt. 

Briäsoh  -  Honduras  (brit.  Kolonie  in 
Zentralamerika).  Drei  Logen,  die  die  Gross- 
loge von  England  hier  1763,  1820  und  1831 
in  St.  George  Gay  und  Belize  gestiftet 
hat,  sind  ohne  langen  Bestand  gewesen. 

Brixen  (St.  in  Tirol,  [ISm  5525E.).  Hier 
soll  im  18.  Jahrhundert  eine  Loge  bestanden 
haben.  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  dass 
Graf  Spaur,  Bischof  von  B.,  Mitglied  der 
Innsbrucker  Loge,  hier  eine  Loge  stiftete. 
Dies  scheint  eine  Notiz  im  Fremdenbuch 
des  Bades  Schulders  bei  Brixen  zu  bestä- 
tigen, wonach  1780  »eine  Freimaurercom- 
pagnie  aus  B.«  das  Bad  besuchte. 

Brockan  (Dorf  bei  Breslau).  Hier  grün- 
dete 1744  Fürstbischof  Schaffgotsch  (s.  d.) 
von  Breslau  eine  Loge. 

Bröoker,  Johann  Karl,  Obertelegra- 
phensekretär, geb.  6.  Jan.  1824  in  Schwerin 
Mecklenburg),  wurde  als  damaliger  Vor- 
steher des  Grossherzo^l.  Telegramienamts 
in  Parchim  in  der  dortigen  Loge  Friderica 
Ludovica  zur  Treue  am  24.  Febr.  1867 
aufgenommen  und  im  selben  Jahre  zum 
Re£ier  der  Loge  ernannt.  Seit  dieser  Zeit 
war  B.  ununterbrochen  als  Logenbeamter 
in  den  verschiedensten  Ämtern  aller  Ab- 
teilungen des  Ordens  thätig,  so  acht  Jahre 
als  zugeordneter  Meister  der  Loge  Alma  an 
der  Ostsee  in  Kiel,  13  Jahre  als  zugeordneter 
Meister  der  Andreasloge  Fortunata  in  Kiel 


u.  s.  w.  B.  veröffentlichte:  »Geschichte 
der  Loge  Friderica  Ludovica  zur  Treue  in 
Parchim«  (1868);  »Die  Freimaurer-Lo^en 
Deutschlands  von  1737  bis  einschliesslich 
1893«,  mit  biogr.  und  histor.  Mitteilungen 
versehen  (Brl.  1894);  »Geschichte  der  Loge 
Carl  zum  Felsen  in  Altona.  22.  März  1796 
bis  22.  März  1896«  (Brl.  1897).  Ausser- 
dem leitete  B.  die  Bausteine  des  Logen- 
bundes Royal  York,  3.  und  4.  Jahrg.  (1888 
und  1884). 

Brolsem,  Karl  Viktor  August  v., 
wirkl.  Geh.  Kriegsrat,  geb.  20.  Dez.  1741 
in  Dresden,  gest.  das.  9.  Jan.  1812,  wurde 
1766  in  der  Loge  Aux  vrais  amis  in  Dres- 
den aufgenommen  und  1772  Mitglied  der 
Loge  Zu  den  drei  Schwertern  das.  Nach 
der  durch  die  politischen  Zeitverhältnisse 
bedingten  Unterbrechung  der  Arbeiten  der 
letztem  Loge  von  1790—97  wurde  auf 
seine  Veranlassung  1797  die  Logenthäti^- 
keit  unter  seiner  Hammerführung,  die  bis 
1810  dauerte,  wieder  eröffnet.  Seiner  Be- 
geisterung für  die  Maurerei  gelang  es,  die 
schwierigen  innem  und  äussern  Verhält- 
nisse der  Bauhütte  wieder  ins  Gleich- 
gewicht zu  bringen.  Unter  seiner  Hammer- 
mhrung  erklärte  sich  die  Loge  1805 
als  unabhängige  und  selbstänouge  Jo- 
hannisloge.  Nach  Niederlegung  seines 
Amtes  a&  Meister  vom  Stuhl  1810  wurde 
er  zum  Senior  ernannt.  Ihm  war  Aus- 
übung der  Wohlthätigkeit  ein  Herzens- 
bedürfnis; 1772  war  er  einer  der  ersten, 
die  dem  Rufe  v.  Ferbers,  Linderung  des 
Elends  in  Sachsen  zu  schaffen,  folgten. 
V.  B.  unterzog  sich  der  ersten  Einrichtimg 
des  Freimaurerinstituts  in  Dresden  und 
blieb  auch  ihr  erster  Vorsteher  bis  zum 
Eintritt  seiner  letzten  langem  Krankheit. 

B^gl.  Festschrift  zum  Jubiläum  des  150  jähr, 
estehens  der  Loge  zu  den  drei  Schwertern 
u.  8.  w.  (Dresd.  1890).  Peuckert,  Die  Loge 
zu  den  drei  Schwertem  u.  s.  w.  1738—1882 
(Lpz.  1883).] 

Broke,  Friedrich  Franz  v..  Geh. 
Justiz-  und  Appellationsgerichtsrat,  geb.  20. 
Aug.  1801,  gest.  15.  Juli  1872  in  Alten- 
burg, trat  1821  in  die  Loge  Archimedes 
zu  den  drei  Eeissbrettem  in  Altenburg  ein 
und  diente  dieser  in  den  verschiedensten 
Ämtem.  Von  1848--57  führte  er  den 
ersten  Hammer  und  machte  sich  besonders 
verdient  durch  die  Sicherheit,  mit  der  er 
die  Loge  durch  die  aufgeregten  Wogen 
der  Jahre  1848  und  1849  hindurchleitete. 
Von  1859 — 63  nahm  er  noch  einmal  die 
Wahl  zum  Meister  vom  Stuhl  an.  Unter 
seiner  Hammerführung  und  wesentlichen 
Mitwirkung  wurde  im  Sept.  1862  die  neue 
Verfassungsurkunde  una  am  Stiftungs- 
feste 1871  das  neue  Ritual  der  Loge  an- 
genommen und  eingeführt.  Er  brachte 
das  Rechnungswesen  der  Loge  in  bessere 
Ordnung  und  leitete  lange  Jahre  als  Vor- 
sitzender die  von  Waitz  (s.  d.)  gegründete 
und  von  Mitgliedern  der  Altenburger  Loge 
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184 


Bromberg  —  Brooklyn. 


erhaltene  Sparkasse.  Ausgezeichnet  durch 
Klarheit,  Sachlichkeit  und  knappe  Kürze 
waren  seine  Ansprachen  in  der  Loge.  [Vgl. 
Dietrich,  Aus  vergangenen  Tagen  (Aitbg. 
1889),  S.  164—189.    Bh.  1872,  S.  265.] 

Bronberg  (St.  in  der  preuss.  Prov.  Posen, 
46  417  E.).  Nachdem  1784  die  Versuche,  eine 
Loge  Aufstehender  Wolf  unter  der  Mutter- 
loge Zu  den  drei  Kronen  in  Königsberg  i.Pr. 
und  eine  Loge  Zu  den  drei  Bösen  unter  der 
Grossen  National-Mutterloge  Zu  den  drei 
Weltkugeln  zu  gründen,  missglückt  war 
[vgl.  Kienast,  Geschichte  der  Loge  Zu  den 
drei  Kronen  in  Königsberg  i.  Pr.  (1896)  I, 
65  fg.],  wurde  1)  von  der  Berliner  Loge  Boy  al 
Yonc  in  B.  die  Loge  La  fid^lit^  aux 
trois  colombes  (Die  Treue  zu  den  drei 
Tauben)  zunächst  als  Kommissions-,  d.  i. 
Deputationsloge,  30.  Juni  1784  gegründet, 
die  10.  Dez.  1784  selbständige  Tochterloge 
der  genannten  Mutterloge  wurde  und  1786 
die  hohem  Grade  erhielt.  Später  nahm 
sie  den  Namen  Zu  den  drei  Tauben  an, 
entzweite  sich  aber  wegen  der  Fesslerschen 
Beformen  mit  ihrer  Grossloge  und  wurde  25. 
Febr.  1800  aufgelöst.  Die  Mehrzahl  ihrer 
Mitglieder  schloss  sich  2)  der  unter  dem 
Namen  Janus  26.  März  1800  (unter  Eröff- 
nung der  Arbeiten  5.  Aug.  1800)  von  der 
Grossen  Landesloge  zu  Berlin  gestifteten 
Loge  an.  Diese  blieb  ihrer  Grossloge 
anfangs  auch  nach  der  Einverleibung  B.'s 
in  das  Herzogtum  Warschau  treu.  Indes 
hatte  sich  in  Warschau  die  Loge  Zum  Ost- 
stem  als  Grossloffe  aufgethan,  die  26.  Dez. 
1809  eine  Aufforderung  an  die  Lo^e  Janus 
erliess,  sich  ihr  anzuscnliessen.  Als  dieser 
Aufforderung  keine  Folge  geleistet,  die 
Verbindung  mit  Berlin  vielmehr  ununter- 
brochen unterhalten  wurde,  schloss  der 
Präfekt  V.  Glyszcasynski  in  B.,  der  selbst 
Maurer  war,  die  Lose  17.  Jan.  1812  auf 
hohem  Befehl,  una  sie  sah  sich  so 
genötigt,  sich  von  der  Grossen  Landes- 
loge zu  trennen.  Von  dieser  wurde  sie 
81.  Jan.  1812  aus  der  Abhängigkeit  von 
ihr  entlassen  und  betrieb  nunmehr  ihren 
Anschluss  an  den  Oststem  in  Warschau. 
8)  Dort  bereitwillig  angenommen,  aber 
genötig^  den  Namen  Jantis  gegen  den 
Namen  Zum  Bitterkreuz  zu  vertauschen, 
bildete  sie  sich  unter  diesem  Namen 
von  neuem  27.  Febr.  1812.  Man  beschloss 
abwechselnd  polnisch  und  deutsch  zu  ver- 
handeln und  deshalb  besondere  Beamte 
fär  die  polnischen  und  besondere  für  die 
deutschen  Verhandlungen  zu  bestellen. 
Dennoch  wurde  im  Anfang  nur  deutsch 
verhandelt.  Erst  5.  Juli  1812  trat  eine 
polnische  Übersetzung  der  deutschen  Ver- 
handlungen hinzu,  und  erst  6.  Aug.  1812 
fand  die  erste  polnische  Verhandlung  mit 
deutscher  Übersetzung  statt,  der  wenige 
ihresgleichen  folgten.  Infolge  der  kriege- 
rischen Ereignisse  und  der  die  Stadt  ver- 
heerenden ansteckenden  Krankheiten  wurde 
SO.  Nov.  1818   beschlossen,   die  Loge  zu 


schliessen.  4)  Am  24.  Juni  1815  wandte 
man  sich  wegen  Erneuerung  der  Loge  an 
die  Grosse  Landesloge  in  Berlin,  da  man 
sich  aber  mit  dieser  über  gewisse  Punkte 
nicht  einigen  konnte,  an  die  Grosse  National- 
Mutterloge  Zu  den  drei  Weltkugeln,  die 
7.  Dez.  1815  den  Stiftungsbrief  erteilte,  und 
zwar  unter  Wiederherstellung  des  Namens 
Janus.  Die  Einweihung  uind  8.  April 
und  die  erste  Arbeit  im  neuen  Verband 
5.  Mai  1816  statt.  Mitgliederzahl  (1899): 
198.  Vers.  Dienstags.  Ferien:  Anfang  Juli 
bis  Anfang  September.  Logenhatis:  seit 
1791  Grosse  Bergstrasse  6.  Hausgesetz 
vom  25.  April  1898.  Milde  Stiftungen: 
a)  Fröhner-ötiftung;  b)  Bögglen-Stiftung; 
c)  Giese-Bafalski-Stiftung ;  d)  Werckmeister- 
Stütung;  e)  Löscher-Stiftung;  f)  Jung- 
klass-Stiftung,  mit  einem  Gesamtkapital 
von  27846  M.  Ausserdem  besteht  eine 
Sterbekasse  (Statut  von  1865).  [Vgl  .Herrn, 
Schnitze,  Geschichte  der  Loge  (Bromberg 
1884).]  5)  Mit  dieser  Loge  verbunden  ist  die 
delegierte  altschottische  Loge  Zur  Säule 
am  Tabor,  gegr.  10.  Juli  1816,  eingew. 
28.  Nov.  1821. 

Brönner,  Johann  Karl,  Buchhändler 
und  Senator  in  Frankfurt  a.  M.,  geb.  das. 
4.  Juni  1788,  gest.  das.  22.  März  1812,  war 
ein  hochgeachteter  Mann,  der  sein  bedeu- 
tendes Vermögen  teilweise  zu  milden  Stif- 
tungen in  echt  freimaurerischem  Sinn  ver- 
wandte und  dadurch  seinen  Namen  für 
alle  Zeiten  unvergesslich  machte.  B.  war 
einer  der  thätigsten  und  begabtesten  Grün- 
der des  Eklektischen  Freimaurerbundes 
und  hatte  als  erster  Provinzialaufseher  an 
der  Abfassung  des  Bituals  und  Gesetzbuchs 
desselben  den  allerwichtigsten  Anteil. 
Nachdem  er  seit  Oktober  1789  das  Amt 
eines  zugeordneten  Grossmeisters  be- 
kleidet hatte,  traf  ihn  29.  Okt  1792  die 
Wahl  zum  Provinzial^ossmeister,  und  er 
blieb  dies  bis  an  seinen  Tod.  1759  in 
Lyon  als  Maurer  aufgenommen,  schloss  er 
sich  80.  Dez.  1768  der  Loge  Zur  Einigkeit 
in  Frankfurt  an  und  war  eins  der  eifrigsten 
Mitglieder,  wie  schon  seine  öftere  Wahl 
zum  Meister  vom  Stuhl  dieser  Loge  dar- 
thut.  1778  trat  er  auch  zur  strikten  Ob- 
servanz. Zahlreiche  maurerische  Au&ätze 
von  seiner  Hand  beweisen  seine  unermüdete 
Thätigkeit*  alle  atmen  einen  Geist  wohl- 
wollender Milde  und  Brüderlichkeit,  die 
mit  Festigkeit  und  klarer  Auffassung  ge- 
paart sind.  Darum  erfreute  er  sich  auch 
der  allgemeinsten  Achtung  und  Liebe.  Eine 
von  ihm  geschriebene  Geschichte  der  Loge 
Zur  Einigkeit  ist  vollständig  abgedruckt 
in  der  gleichen  G^eschichte  von  Beges(1892). 
Eine  Denkmünze  der  Loge  Zur  Einigkeit 
auf  sein  fünfzigjähriges  Freimaurerjubi- 
läum  s.  HMW.  Nr.  66.  rVgl.  Paul,  Anna- 
len  des  Eklektischen  Freimaurerbundes 
(Frkf.  a.  M.  1888),  S.  241.1 

Brookljü  (St.  im  nordamerikan.  Staat 
New  York,  (1890)  806848  E.).  Deutsch 
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Bruchsal  —  Bruderliebe. 


185 


arbeitende  Logen  das.:  I.  Unter  der  Gross- 
loge von  Hamburg:  Pythagoras  Nr.  1, 
fegr.  2.  April  1841,  angenommen  1851. 
I.  Unter  der  Grossloge  des  Staates  New 
York:  1)  Schiller  Nr.  304,  gegr.  21.  Jan. 
1858.  Vers.  2.  und  4.  Freitag.  Deutsche 
Sparbank,  Ecke  Broadway  undBuerum  Str. 
2)  Copernicus  Nr.  545,  gegr.  27.  Dez. 
1868,  gest  15.  Juni  1864.  Vers.  1.  und 
8.  Freitag;  1089  Broadway,  Ecke  Dodworth 
Street.  8)  Lessing  Nr.  608,  gegr.  10. 
Mftrz  1866.  Vers.  1.  und  8.  Mittwoch, 
Wurzlers  Halle,  815  Washington  Str.  4) 
Herder    Nr.  698,   gegr.  1869,    129  Mit- 

flieder.  Vers.  2.  und  4.  Freitag,  Masonic 
[idl.  Ecke  Meserole  und  Manhattan  Ave., 
Greenpoint.  5)  Allemannia  Nr.  740, 
gCjgr.  1873,  eingew.  10.  Juni  1874,  174  Mit- 
glieder. Vers.  1.  und  8.  Montag.  158  Pierre- 
point Str.  6)VonMensch  Nr.  765,  gegr. 
11.  Nov.  1875,  eingew.  12.  Juni  1876.  Vers. 
2.  und  4.  Montag;  Bushwick,  Pennsylvania 
und  Jamaica  Aves. 

Bmehsal  (St.  im  Grossherz.  Baden,  12614 
£.).  Hier  bestand  eine  Loge:  Zum  Tempel 
des  vaterländischen  Wohls,  gest.  24. 
Dez.  1808  vom  Grossorient  von  Baden  in 
Mannheim,  eingew.  12.  Febr.  1809,  die  1818 
wieder  einging.  [Vgl.  Schwarz,  Geschichte 
der  Loge  von  Mannheim  (1896),  S.  72.] 

Bmekenthal,  Karl  Samuel,  Freiherr 
V.,  österr.  Staatsmann,  geb.  (wahrscheinlich) 
26.  Juli  1721  zu  Löschkirch  in  Sieben- 
bürgen, gest.  9.  April  1803  in  Hermann- 
stadt, studierte  in  Halle  und  Leipzig  die 
Bechte.  Zurückgekehrt  nach  Siebenbürgen 
gelangte  er  1774  in  Hermannstadt  bis  zur 
Würde  eines  Gubemators  von  Siebenbürgen. 
Bei  seinem  Tode  hinterliess  er  der  Stadt 
Hermannstadt  das  B.'sche  Museum.  —  Auf- 
genommen wurde  er  in  den  Freimaurer- 
bund 2.  März  1743  in  der  Loge  Zu  den 
drei  Kanonen  in  Wien.  Während  seines 
Aufenthalts  in  Halle  gründete  er  die  Loge 
Zu  den  drei  goldnen  Schlüsseln  14.  Dez. 
1743,  deren  versitzender  Meister  er  bis  zum 
Febr.  1745  war.  Unter  seinem  Schutz 
blühte  die  Loge  Andreas  zu  den  drei  See- 
blättem  in  Hermannstadt  auf.  Ob  er  dieser 
Loge  angehört  hat,  steht  nicht  fest.  Wohl 
aber  waren  Mitglieder  sein  Bibliothekar 
Hahnemann(s.d.),  der  spätere  Begründer  der 
Homöopathie,  und  sein  Neffe  Karl  v. 
Bruckenthal.  [Vgl.  L.  1882,  S.  70;  1884,  S.9. 
FZ.  1886,  S.  209.  HZC.  1898/9,  Nr.  160. 
HMW.  Nr.  79.  Denkwürdigkeiten  aus  dem 
Leben  des  Freiherm  S.  v.  B.  (Hermann- 
stadt 1848).  SchuUer,  Maria  Theresia  und 
Freiherr  v.  B.  (Hermannstadt  1863).  Abafi, 
Geschichte  der  Freimaurerei  in  Österreich,  I, 
S.  107.] 

Brader.  Ausgehend  von  der  Familien- 
verwandtschaft, als  der  innigsten  und  fes- 
testen Verbindung,  werden  in  der  Bibel 
nicht  nur  die  weitiäu£gen  Verwandten,  wie 
Vettern,  Geschwisterldtider,  sondern  auch 
die    Genossen    desselben   Volkes   Brüder 


genannt  (2.  Mos.  2,  11).  Vertraute  Freunde 
nennen  sich  ebenfalls  mit  diesem  Namen 
(2.  Sam.  1,  26).  Zu  dem  allgemeinen  re- 
ligiösen Bande,  das  unter  allen  Menschen 
als  Ejndem  Gottes  stattfindet,  gesellt  sich 
bei  den  Christen  noch  das  Band  inniger 
Gemeinschaft  vermöge  des  sie  alle  besee- 
lenden Geistes  lauterer  Liebe;  daher  nennen 
die  Apostel  alle  Mitglieder  der  christlichen 
Gemeinden  Brüder  nach  dem  Gebot  Jesu 
(Matth.  28,  8):  »Ihr  seid  alle  Brüder».  In 
gleicher  Weise  bezeichnen  sich  auch  die 
Mönche  untereinander  als  Brüder.  Inner- 
halb der  Loge  gilt  dieser  Name  unter 
allen  Mitgliedern  als  Zeichen  ebenso  der 
höchsten  Ehre,  wie  der  allen  gemeinsamen 
Gleichheit  und  der  alle  umschlingenden 
Liebe.  Alle  ausser  der  Loge  geltenden 
Ehrenbezeigungen  und  Kangunterschiede 
verschwinden  m  dieser  vor  dem  einzig 
gebräuchlichen  Namen  Bruder.  Mit  dem 
Brudernamen  wird  daher  der  Neuaufge- 
nommene zuerst  begrüsst,  sowie  seine  Werne 
vollzogen  ist.  Ausserhalb  der  Loge  wird 
der  Brudemame  nicht  gebraucht.  [Vgl. 
FZ.  1898,  S.  805.    Zd.  1847,  S.  65.] 

Brüder  der  Begtftndigkeit  (Fratres  con- 
stantiae),  1795  Studentenorden  an  der 
Universität  Wien,  der  seine  Versamm- 
lungen Logen  nannte. 

Brüdergenossenschafl,  Deutsche,  v.  Sel- 
chow  in  Batibor  veröffentlichte  den  Ent- 
wurf zu  einem  Grundgesetz  der  D.  B.  zum 
Zweck  der  intellektueUen,  moralischen  und 
materiellen  Hebung  der  dem  Arbeiterstand 
angehörigen  Brüder,  der  aber  keine  Folge 
hatte.    [Vgl  Bh.  1868,  S.  105;  1872,  S.  131.] 

BrnderkuBS.  Am  Schluss  der  ersten 
christlichen  Versammlungen  pflegten  sich 
Mann  und  Mann,  Weib  und  Weib  zu  küssen ; 
dies  geschah  auch  bei  dem  heiligen  Abend- 
mahl zum  Zeichen  der  geschwisterlichen 
Gemeinschaft.  An  diese  innige  Gemein- 
sch^  erinnern  die  Apostel  Paulus  und 
Petrus  am  Schluss  ihrer  Sendschreiben, 
indem  sie  die  Christen  auffordern:  »Grüsst 
euch  mit  dem  heiligen  Kuss«  (Rom.  16, 16; 
1.  Kor.  16,  20;  2.  Kor.  13,  12;  1.  Thess. 
5,  26;  1.  Petr.  5,  14).  Dieser  heilige 
Kuss,  als  Zeichen  der  Bruderliebe,  findet 
sich  auch  in  der  Loge  als  ehrwürdiger 
Brauch  in  besonders  geweihten  Augen- 
blicken, wie  nach  der  Au&ahme  gegen- 
über dem  Neuaufgenommenen,  sowie  am 
Schluss  einer  festlidienLogenversammlun^, 
wo  die  Bruderliebe  zugleich  durch  die 
Schliessung  der  Kette  einen  lebendigen 
Ausdruck  gefunden  hat. 

Bruderliebe.  Zu  brüderlicher  Liebe  er- 
mahnen die  Apostel  in  ihren  Briefen  wieder- 
holt und  eindringend  die  Mitglieder  der 
christlichen  Gemeinden,  damit  sie  sich  als 
Genossen  der  innigen  christlichen  Geistes- 
und Herzensgemeinschaft  erweisen  möch- 
ten. Ein  Abbild  der  ersten  Clmstenge- 
meinde  will  die  vom  Grafen  Zinzendorf 
gestiftete  kirchliche  Gemeinschaft  dar- 
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136 


Bradermahl  —  Brühl. 


stellen,  daher  nennt  sie  sich  auch  eine 
Brüdergemeinde.  [Vgl.  L.  1885,  S.  25.] 
In  ähnlicher  Weise  ist  auch  der  Bund  der 
Freimaurer  ein  Bund  der  B. ;  die  B.  bildet 
den  Ausgangs-,  Mittel-  und  Zielpunkt  der 
freimaurerischen  Verbindung:  die  B.  führt 
die  Freimaurer  zusammen,  und  ihre  ge- 
meinsame Aufgabe  und  Arbeit  ist,  in  der 
Liebe  immer  vollkommener  und  dadurch 
Gott,  der  die  Liebe  ist,  immer  ähnlicher  zu 
werden.  Auf  die  letzte  Frage  im  Freimaurer- 
verhör:  Pflegen  wohl  die  Maurer  einander  so 
heftig  zu  lieben,  wie  man  B&gtl  lautet  die 
Antwort:  Ja,  fürwahr I  und  das  kann  nicht 
anders  sein;  denn  gute  und  redliche  Men- 
schen, die  einander  als  solche  kennen, 
pflegen  sich  jederzeit  desto  inniger  zu  lie- 
ben, je  mehr  sie  gut  sind.  Durch  die  auf 
sittlichem  Grunde  ruhende  B.  führt  die 
Freimaurerei  Männer  verschiedner  Län- 
der, Beligionen  und  Stände  zu  einem  trau- 
lichen verein  zusammen,  in  dem  sie 
auch  durch  den  häufigen  persönlichen  Ver- 
kehr Gelegenheit  erhalten,  in  herzlicher 
Teilni^ime  durch  Mitleid  und  Mitfreude, 
sowie  durch  aufopfernde  Hilfe  in  Rat  und 
That  die  Liebe  zu  bewähren.  Diese  B. 
macht  den  Freimaurern  die  Fremde  zur 
Heimat,  denn  sie  finden  überall  wie  im 
Vaterhaus  Brüder,  die  sie  mit  Freuden  in 
ihren  Logen  und  bei  ihren  geselligen  Ver- 
sammlungen willkommen  heissen,  wenn  sie 
einander  auch  noch  nie  im  Leben  geschaut 
haben.  So  verschieden  auch  die  Landes- 
sitten und  Sprachen,  so  verschieden  auch 
die  maureriscnen  Lehrarten  sein  mögen,  die 
besuchenden  Brüder  werden  überall  freu- 
dig begrüsst  und  haben  ein  besonderes 
Anrecht  auf  Erweisungen  brüderlicher 
Liebe.  Diese  B.  führt  notwendig  auch  zur 
allgemeinen  Menschenliebe.  Dsiher  treten 
die  Freimaurer  zusammen,  um  mit  ver- 
einten Kräften  ihren  Nächsten,  besonders 
den  notleidenden  durch  Gaben  wohlzuthun. 
Die  Freimaurerei  ist  die  Schule  der  edlen 
Menschlichkeit,  der  allgemeinen  Menschen- 
liebe hauptsächlich  dadurch,  dass  sie  in 
ihren  Kreisen  die  Gegensätze  der  Aussen- 
welt  versöhnt  und  zu  einhelligem  Zu- 
sammenwirken verschmilzt;  eben  dadurch 
aber  lehrt  sie  auch,  dass  die  Liebe  in  der  ge- 
samten Menschenwelt  endlich  alle  Gegen- 
sätze überwinden  und  alle  Herzen  zu  sitt- 
lichem Wirken  vereinigen  wird,  damit  die 
Menschheit  einen  allgemeinen  Bruderbund^ 
eine  grosse  Familie  Gottes  diu*stelle.  Diese 
messianische  Hofihung  der  Liebe  beseelt 
die  Freimaurerei  und  kräftigt  in  jedem 
Augenblick  der  unvollkommnen  Gegen- 
wart ihr  edles  Wollen  und  ihr  Streben 
nach  diesem  göttlichen  Musterbilde  der 
vollendeten  Menschheit,  dessen  Verwirk- 
lichung von  Jahrhundert  zu  Jahrhundert 
immer  gewisser  und  allgemeiner  hervor- 
treten soll  und  wird.  [Vgl.  FZ.  1855,  S. 
407;  1864,  S.  185;  1872,  S.  113.  M.  L, 
1897/98,  S.  183.  L.  1879,  S.  127.    Marbach, 


An  der  Säule  der  Weisheit  (Lpz.  1876), 
S.  127.1 

Bmdemialil  wird  das  gemeinschaftliche 
Mahl  genannt,  bei  dem  Freimaurer  ohne 
Anwesenheit  von  Nichtmaurem  versam- 
melt sind.  Von  den  Tafellogen  (s.  d.)  unter- 
scheiden sich  die  B.  durch  Wegfall  jeder 
maurerischen  Bekleidung  und  des  Bituab, 
sowie  durch  Abkürzung  oder  Wegfall  vor- 
schriftsmässiger  Trinksprüche.  In  grossem 
Logen  finden  sie  nach  jeder  Arbeitsloge 
statt.  (S.  Agapel.  [Vgl.  Fischer,  Entwurf 
zu  einem  Handbuch  für  die  Amtsthätig- 
keit  der  Logenmeister  (Lpz.  1891),  S.  64.] 

Bruderrerein  s.  Freimaurerverein. 

Bmgsoh,  Heinrich  Karl  Ferdinand, 
Ägyptolog,  geb.  18.  Febr.  1827  in  Berlin, 
gest.  9.  Sept.  1894  in  Charlottenburg,  wid- 
mete sich  schon  als  G3nnnasiast  dem  Stu- 
dium altä^ptischer  Denkmäler,  besuchte 
auf  königliche  Kosten  Ägypten,  habilitierte 
sich  1854  in  Berlin  als  Privatdpzent,  machte 
später  weitere  Beisen  in  Ägypten  und 
durch  Persien.  1870  trat  er  in  äßrptische 
Dienste  und  siedelte  1879  wieaer  nach 
Berlin  über,  wo  er  an  der  Universität 
Vorlesungen  hielt.  —  Er  wurde  10.  Dez. 
1859  in  der  Loge  Teutonia  zu  Potsdam 
aufgenommen,  trat  Okt.  1863  aus  und 
schloss  sich  später  der  Loge  Zum  Pilgrim 
in  Berlin  an.  Er  bethätigte  sein  Inter- 
esse in  mannigfacher  Weise.  [Vgl.  BZC. 
1899,  S.  39.] 

Brtthl,  1)  Aloysius  Friedrich. 
Eeichsgraf  V.,  Standesherr  von  Forste  und 
Pforten,  poln.  General -Feldzeugmeister, 
Starost,  ein  Sohn  des  bekannten  säch- 
sischen Ministers,  geb.  81.  Juli  1739  in 
Dresden,  gest.  30.  Jan.  1793  in  Berlin, 
lebte,  nachdem  er  später  in  österreichschen 
Diensten  gestanden  hatte,  zuletzt  auf 
seinem  Gute  Pforten  (Niederlausitz)  und 
widmete  sich  seinen  wissenschaftlichen  und 
künstlerischen  Neigungen,  v.  B.  war  ein 
für  die  Maurerei  in  Dresden  und  nament- 
lich für  die  Entwicklung  und  Ausbrei- 
tung der  strikten  Observanz  bedeutunfi;8- 
volles  Glied.  Auf  Grund  eines  von  der 
Grossloge  zu  London  erhaltnen  Frei- 
briefs, der  ihm,  sowie  v.  Weiler 
d'Agdollo  (s.  d.)  und  Leutnant  Borghesi 
die  Würde  eines  Provinzialgrossmeisters 
der  englischen  Logen  im  Kurfürstentum 
Sachsen  verlieh,  gründete  er  19.  April 
1766  in  Dresden,  wo  er  damals  lebte,  die 
Loge  St.-Jean  des  voyageurs.  Als  unter 
den  Mitgliedern  Unzufriedenheit  mit  den 
englischen  Bestimmungen  entstand,  erhielt 
er  durch  v.  Weilers  (s.  d.)  Vermittlung 
ein  Patent  als  »Grossdeputierter  der  Loge 
Eoyale  Militaire  de  Vienne  en  Autriche«, 
kraft  dessen  er  mit  den  ihm  treuge- 
sinnten Mitgliedern  der  Loge  die  neue 
Dresdner  L^ge  Aux  vrais  amis  (Zu 
den  wahren  Freunden)  1768  gründete. 
Durch  V.  Weiler  ^rurde  B.  bald  darnach 
dem  V.  Hundschen  System  zugeführt  und 
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BrUU  —  Brunn. 


137 


1770  zum  Praefectuö  ad  honorea  der  Pro- 
yinz  €k>mmem  (Dresden)  ernannt  und  1771 
zum  Subprior  der  Diözese  Polen.  Auf 
seiner  Besitzung  Eohlo  fand  1772  ein  Kon- 
yent  (s.  d.)  statt,  und  hier  ernannte  man 
Y.  B.  zum  Mitglied  des  Provinzialkapitels, 
sowie  zum  Visitator  prov.  und  Provisor 
domorum.  Nach  v.  Hunds  Tode  war  er 
als  Dekan  des  Provinzialkapitels  Covi- 
carius  der  7.  Provinz.  [Vgl.  Peuckert,  Ge- 
schichte der  Loge  zu  den  drei  Schwertern 
etc.  (Lpz.  1883).    Bh.  1897,  251.] 

2)  Karl  Adolf,  Graf  v.,  Bruder  des 
Vorigen,  Starost,  kurf.  sächs.  General- 
leutnant und  Chef  des  Carabiniers-Begi- 
ments,  dann  preuss.  General  und  Oberhof- 
meister des  Kronprinzen.  Herr  auf  Nisch- 
witz und  Lindenau,  geo.  4.  April  1741, 
gest.  4.  Juli  1802,  trat  1764  dem  v. 
Hundschen  System  bei,  wurde  Comthur 
ad  honores  und  Praepositus  der  heer- 
meisterlichen Kommenae  Hartha  und  1768 
Praefectus  und  Praepositus  der  Provinz 
€k>mmem  (Dresden). 

3)  AlbertChristian  Heinrich,  Graf 
V.,  Bruder  des  Vorigen,  geb.  12.  Juli 
1743,  gest.  30.  M&rz  1792,  war  kurf.  sächs. 
Eammerherr,  Oberst  und  Generaladjutant, 
Starost,  Herr  auf  Oberlichtenau  und  Naun- 
dorf.  Er  war  Mitglied  des  v.  Hundschen 
Systems,  wurde  1764  zum  Comthur  ad 
honores  ernannt,  trat  aber  1773  vom  Orden 
zurück. 

4)  Hans  Moritz,  Graf  v.,  Bruder 
des  Vorigen,  geb.  26.  Juli  1746  in  Dresden, 
eest.  31.  Jan.  1811,  war  französ.  Oberst, 
dann  kurf.  sächs.  Kammerherr,  später  stand 
er  in  preuss.  Diensten.  1767  trat  er  dem 
V.  Hundschen  System  bei. 

Brtm,  Ignaz,  Klavierspieler  und  Kom- 
ponist, geb.  7.  Nov.  1846  in  Prossnitz  in 
Mähren,  bekannt  durch  seine  Oper  >Das 
goldne  Kreuz«,  wurde  1877  in  der  Loge 
Sokrates  in  Pressburg  in  den  Freimaurer- 
bund aufgenommen,  trat  aber  schon  1879 
wieder  aus. 

Brfimmer,  Karl  Heinrich,  Hofrat, 
Begierungssekretär  und  Intendant  des  Hof- 
theaters, geb.  26.  Febr.  1771  in  Mensel witz, 
gest.  19.  Sept.  1842  in  Altenburg,  seit  22.  Jan. 
1800  Mitglied  der  Loge  Archimedes  zu  den 
drei  Reissbrettem  in  Altenburg,  war  bis  zu 
seinem  Tode  ununterbrochen  Musikmeister 
der  Loge  und  machte  sich  um  das  musi- 
kalische Leben  vielfach  verdient.  Von 
ihm  rühren  mehrere,  noch  jetzt  ge- 
sungene Kompositionen  zu  Logenliedem 
her.  Auch  enthält  das  Altenburger 
Logengesangbuch  zwei  schOne  von  ihm  ge- 
dichtete Lieder.  Von  ihm  erschienen 
einige  Liedersammlungen  unter  dem  Pseu- 
donym Nestorius  und  »Klänge  aus  den 
Hallen  des  Archimedes  zu  den  drei  Beiss- 
brettem  Altenburg«  LLieferung  12  Melodien 
mit  Klavierbegleitung  (1821).  In  Gemein- 
schaft; mit  Waitz  und  Mörlin  (s.  diese)  be- 
sorgte  er   die  Ausgabe    des  Altenburger 


Logengesangbuchs  von  1804,  während  er 
den  zweiten  Teil  1821  allein  herausgab. 
[VgL  Zd.  1843,  S.  28—  32.] 

BrOnii  (Hauptst.  der  österr.  Markgraf- 
schaft Mähren,  [1890]  94462  E^.  Hier 
soll  die  Freimaurerei  um  die  Mitte  des 
18.  Jahrhunderts  Eingang  gefunden  haben, 
allein  erst  1775  wird  eine  »ziemlich  starke« 
Loge  erwähnt,  die  vermuthlich  den  Namen 
Zur  aufgehenden  Sonne  fdhrte,  wenn 
es  nicht  eine  neue  Loge  war,  die  1782 
unter  diesem  Namen  aus  Berlin  Stiftunfi;s- 
brief  erwirkte.  Sie  schloss  sich  der 
österreichschen  Landesloge  an  und  wurde 
von  der  Provinzialloffe  von  Böhmen, 
der  sie  zugeteilt  worden  war,  6.  Juli 
1784  neu  gejgründet.  Die  Loge  war 
in  raschem  Aufblühen,  als  sie  zufolge  der 
Freimaurerverordnung  Anfang  1786  mit 
der  Loge  Zu  den  wahren  vereinigten  Freun- 
den sich  vereinigen  sollte,  es  jedoch  vor- 
zog, sich  ffänzlich  aufzulösen.  Letztere 
Loge,  angeblich  schon  1780,  wahrschein- 
lich aber  erst  1782  unter  dem  Namen  Zu 
den  vereinigten  Freunden  entstanden, 
wählte  zum  Meister  vom  Stuhl  den  K.  K. 
Kämmerer  und  Artillerie-Hauptmann  Franz 
Jos.  Graf  Kolowrat-Liebsteinsky,  der  kurz 
vorher  unter  den  Prager  Freimaurern  gi  ossen 
Unfrieden  gestiftet  hatte  und  nun  nicht 
wagte,  den  Stiftungsbrief  aus  Prag  zu  er- 
bitten. Er  suchte  diesen  daher  von  der 
Provinzialloee  von  Österreich  zu  erwirken, 
wurde  jedoch  abgewiesen  und  wandte  sich 
hierauf  an  den  Eklektischen  Bund,  von 
dem  er  27.  Febr.  1784  einen  Stiftungs- 
brief erhielt.  Man  dürfte  ihm  indes  in 
Wien  nahegelegt  haben,  dass  die  Loge 
unbedingt  von  der  Provinzialloge  von 
Böhmen  gegründet  werden  müsse,  zu  deren 
Gebiet  B.  gehörte.  Nun  erst,  zu  Neujahr 
1784  wandte  man  sich  dahin  und  erhielt 
die  Stiftungsurkunde  6.  Juni  1784.  Bei 
dieser  Gelegenheit  nahm  die  Loge  den 
Namen  Zu  den  wahren  vereinigten 
Freunden  an,  löste  sich  aber  infolge 
der  von  ihrem  Meister  vom  Stuhl  hervor- 
gerufenen Zwistigkeiten  gegen  dessen 
Willen  noch  im  selben  Jai^e  auf.  Fünf 
Mitglieder  erneuerten  Anfangs  1785  die 
Loge,  die  nun  unter  Fühnmg  des  K.  K. 
Kämmerers  imd  Oberstwachtmeisters  Anton 
Graf  Belcredi  bestens  zu  gedeihen  begann. 
Für  die  Erneuerung  der  Loge  dürfte  es 
bestimmend  gewesen  sein,  dass  Graf  Bel- 
credi dem  Illuminatismus  anhing  und  diesem 
ein  Heim  schaffen  wollte.  Es  gelang  ihm 
denn  auch,  die  tüchtigsten  Mi^lieder  für 
den  Illuminatenorden  zu  gewinnen.  Ihm 
gehörte  auch  der  genannte  Graf  Kolowrat 
an,  der  jedoch  Rache  brütete  und  die 
Loge  bei  der  Provinzialloge  verdächtigte, 
allein  ohne  Erfolg.  Hierauf  gab  er  bei  der 
Regierung  eine  Anklage  ein,  in  deren 
Folge  die  Loge  in  Gefahr  stand,  als 
Winkelloge  aufgehoben  zu  werden  (Juni 
1785),  was  indes  durch  das  energische  Ein? 
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188 


Brufitplatte  —  Buch,  das  weisse. 


schreiten  der  Provinzialloge  von  Böhmen 
verhindert  wurde.  Bald  danach,  anfangs 
1786,  sollte  die  Loge  infolge  der  Frei- 
maurerverordnung mit  der  Loge  Zur  auf- 
§ehenden  Sonne  vereinigt  werden,  die  je- 
och  lieber  vorher  deckte.  Die  Loge  nahm 
den  Namen  Zur  Sonne  der  vereinig- 
ten Freunde  an,  änderte  ihn  aber  1788 
in  den  frühem  Zu  den  wahren  vereinig- 
ten Freunden.  Die  Loge  gab  1786  auf 
eigne  Kosten  eine  «Wochenschrift  zum 
Besten  der  Armen«  heraus,  die  600  fl.  ein- 
trug, aber  1787  einginlg.  Mit  dem  Eklek- 
tischen Bunde  stand  die  Loge  bis  1789 
in  einer  freilich  sehr  losen  Verbindung. 
1794  dürfte  sie  sich  aufgelöst  haben.  [Vgl. 
Keller,  Geschichte  des  Eklektischen  Frei- 
maurerbundes (Giessen  1857),  S.  108.  Abafi 
Geschichte  der  Freimaurerei  in  Österreich- 
Ungarn  V.  128,  VI,  Vn.]  Hier  bestand 
auch  ein  Zirkel  der  Eosenkreuzer  (s.  d.). 
Brnstplatte,  das  viereckige  doppelte 
Brustscmld  des  Hohenpriesters  zu  Jeru- 
salem, von  gezwirntem  Byssus,  aus  purpur- 
blauen, purpurroten,  karmoisinroten  und 
goldnen  Fäden  gefertigt;  es  war  oben 
durch  goldne  Ringe  und  Ketten,  unten 
durch  goldne  Ringe  und  purpiirblaue 
Schnuren  fest  angebunden  und  mit  zwölf 
in  Gold  gefassten  Edelsteinen,  in  denen 
die  Namen  der  zwölf  Stämme  Israels  ein- 
gegraben waren,  in  vier  Reihen  besetzt 
Mit  dieser  B.  stand  das  heilige  Orakel 
des  Volkes  in  Verbindung,  genannt  Licht 
und  Recht,  indem  der  Hohepriester  aus 
dem  Glänze  der  Edelsteine  die  Zukunft 
vorhersagte.  [Vgl.  2.  Mos.  28,  4  fg.;  Sir. 
45,  8  fg.;  8.  Mos.  8,  8;  1.  Sam.  28,  9; 
Esr.  2,  68;  Neh.  7,  65;  Jos.  Ant.  8,  8,  9.] 
Die  B.  bildet  einen  Teil  der  Kleidung 
des  Hohenpriesters  in  einem  Royal-Arch- 
Kapitel.    [Abbildung  einer  solchen  in  L. 

Bmstieiohen  ist  eines  der  Meisterzeichen 
nach  Zinnendorfschem  oder  Schwedischem 
System. 

Babllti  (St.  in  der  preuss.  Prov.  Pom- 
mern, 4908  E.).  Hier  bestand  unter  der 
Loge  in  Neustettin  ein  Frelmaurerkränz- 
chen  Zinnendorf  zur  Treue,  gest.  11. 
Dez.  1886,  bestätigt  8.  April  1887,  seit 
1896  eingegangen. 

Buch,  da»  weisse  (ungeschriebene,  Gott 

geweihte),  liegt  in  den  Logen,  die  nach 
em  Fickeschen  (sogenannten  Freiburger) 
Ritual  arbeiten,  an  Stelle  der  Bibel  auf 
dem  Altar.  Diese  Neuerung  begründet 
Ficke  (s.  d.)  in  dem  Vorwort  zu  seinem 
Ritual  mit  folgenden  Worten:  «Da  Gott, 
die  Religion  und  die  Moral  des  Bundes 
nicht  in  ein  einseitiges  Glaubensbekennt- 
nis eingegrenzt  sind,  sondern  humanistisch, 
rein  und  allgemein  menschlich  aufgefasst 
werden  müssen,  so  ist  die  Bibel,  welche 
nur  den  Christen  als  heilige  Schrift  gilt, 
kein  entsprechendes  Emblem  für  alle.  Die 
Freimaurerei    erkennt    als    die   heiligste 


Schrift  diejenige,  welche  der  grosse  Bau- 
meister in  die  Brust  eines  jeden  Menschen 
geschrieben  hat.  Die  Bibel  genügt  daher 
nicht  auf  dem  Humanitätsaltar,  der  allen 
Glaubensbekenntnissen  gleich  angehört. 
Durch  ihre  Entfernung  wird  keine  Miss- 
achtung für  das  Christentum  angedeutet 
Mit  Freude  wird  ihr  hoher  innerer  Wert 
und  die  Dienste,  welche  sie  der  Mensch- 
heit geleistet  hat,  anerkannt.  Aber  weder 
das  Christentum,  noch  die  christlichen 
Kirchen  umfassen  die  ganze  Menschheit. 
...  So  wie  die  Bibel  und  alle  heiligen 
Bücher  die  Erzeugnisse  des  menschlichen 
Wissens  aus  der  Vergangenheit  sind,  so 
wird  die  Menschheit,  in  Gegenwart  und 
Zukunft  fortschreitend,  die  vorhandenen 
Lehren  vervollkommnen  und  vervollstän- 
digen. Alle  diese  Werke,  welche  die 
kommende  Zeit  uns  bringt,  sind  heute 
lauter  ungeschriebene  Bücher.  Da  nun 
die  Freimaurerei,  wenn  sie  lebensfähig 
bleiben  will,  für  Gegenwart  und  Zukunft 
arbeiten  muss,  so  passt  für  sie  das  unbe- 
schriebene Buch.«  —  Dasselbe  wird  im 
Freiburger  Ritual  folgendermassen  erklärt: 
«Auf  diesem  Buche  leuchtet  mit  goldner 
Schrift  das  Wort  ,Gott'.  Es  ist  uns  ein 
Symbol  Gottes.  Gott  ist  unser  allererstes 
grosses  Licht,  welches  alle  andern  Lichter 
entzündet,  —  das  Buch  aber  ist  unge- 
schrieben, jeder  gefimdnen  Wahrheit  offen. 
—  Was  bedeutet  das?  Gott  ist  das  ewige 
Problem,  welches  der  Mensch  aller  Erd- 
kreise und  aller  Zeiten  aufzulösen  und 
dadurch  seine  Religion  und  Moral,  sein 
Verdienst,  seine  Weisheit,  Schönheit  und 
Stärke,  zu  bethätigen  hat.  Der  Mensch 
thut  das  auch  seit  Jahrtausenden  auf  der 
Erde  und  hat  manches  heilige  Buch  voll- 
geschrieben. Das  Problem  ist  jedoch  nicht 
gelöst.  Daher  liegt  hier  ein  ungeschriebenes 
Buch.  Wir  erkennen  keine  unbedingte 
Autorität  in  Glaubenssachen  an;  es  passt 
also  für  uns.  Wir  sollen  es,  jeder  für  sich, 
vollschreiben  und  dadurch  unsre  geistige 
Selbständigkeit  an  den  Tag  legen.  Als 
Maiirer  sind  auch  Sie  dazu  berufen. «  — 
Die  in  Heidelberg  1872  abgehaltene 
Versammlung  der  Grossloge  Zur  Sonne 
von  Bayreuth  erkannte  dieses  weisse  Buch 
als  maurerisches  Symbol  mit  allen  gegen 
eine  Stimme  unter  der  Bedingung  an,  dass 
dem  Aufgenommenen  nach  der  Erklärung 
des  Buches  mitgeteilt  werde,  dass  in  andern 
Logen  die  Bibel  auf  dem  Altar  liege.  — 
In  neuerer  Zeit  ist  wiederholt  gegen  diese 
Neuerung  angekämpft  worden,  und  v.  Rein- 
hardt, Grossmeister  der  Grossloge  Zur  Sonne, 
erklärte  in  der  Jahresversammlung  des  Ver- 
eins deutscher  Freimaurer  in  Karlsruhe 
1898:  »Ich  halte  es  zwar  keineswegs  für 
ein  Verbrechen  am  Geiste  der  Freimaurerei, 
wenn  eine  Loge  andre  Symbole,  als  die 
herkömmlichen  für  sich  aufstellt,  aber  ich 
halte  es  für  gefährlich  und  zu  Missdeu- 
tungen  aller   Art   Veranlfssung^f^beud, 


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Bücherei,  Bücherkunde  (Bibliographie  und  Bibliotheken). 


139 


wenn  eine  Loge  sich  in  die  Lage  versetzt, 
durch  lange  Zeitlftufe  hindurch  bei  den 
verschiedensten  Veranlassungen  immer 
wieder  die  von  ihr  vorgenommene  Ab- 
weichung vom  allgemeinen  Gebrauch  be- 
gründen zu  müssen,  damit  ihr  nicht  Motive 
unterlegt  werden,  die  ihr  fremd  sind. 
Die  Kunst  ist  frei.  Aber  auch  eine 
Kunstgenossenschaft  schliesst  sich  stets 
durch  Annahme  gemeinsamer  Anschau- 
ungen und  Gebräuche  zusammen.  Auch 
die  Grosslogen  von  Peru  und  von  Ungarn 
haben  sich  diesen  Anschauungen  wieder 
anffeschlossen  und  das  Bibelsystem  wieder 
angerichtet«  Die  Grossloge  von  Ungarn 
und  Peru  haben  die  Bibel  wieder  auf  den 
Altar  bringen  müssen,  um  allseitige  An- 
erkennung sich  zu  erhalten.  [Vgl.  H.  L. 
1899,  S.  2740.] 

Bfleherei,  Btteherkunde  (BibliograDliie 
und  Bibliotheken).  Erst  in  der  Mitte 
des  18.  Jahrhunderts  fing  man  vereinzelt 
in  den  Logen  an,  fireimaurerische  Druck- 
schriften zu  sammeln  und  so  den  ersten 
Grundstock  zur  Anlage  freimaurerischer 
Büchersammlungen  zu  bilden.  Das  erste 
Verzeichnis  von  847  freimaurerischen 
Werken  giebt  Bode  in  seinem  »Almanach 
oder  Taschen-Buch  für  die  Brüder  Frey- 
mäurer«  (1776 — 79).  Ein  Verzeichnis  von 
196  Schriften  im  »Neuen  Taschenbuch  für 
Freymaurer  €  (Eostock  1801)  bezeichnet 
sich  ausdrücklich  als  Fortsetzung  dieser 
Sammlung.  Gleichzeitig  mit  Bode  ver- 
öffentlichte J.  F.  Reicham  in  der  »Samm- 
lung für  die  freyen  und  angenommenen 
Maurer  in  Deutschland«  ^Gotna  1776)  ein 
alphabetisches  Verzeichnis  von  77  frei- 
maurerischen Schriften  und  Liedern.  Femer 
enthält  das  erste  Stück  der  »Freymfturer- 
Bibliothek«  (Brl.  1778):  »Verzeichnis  der 
im  J.  1777  bey  der  Mutterloge  Zu  den 
drey  Weltkugeln  edirten  Ireymäurer- 
Schriften«  und  das  2.  Stück  (Brl.  1782)  zwei 
weitere  Verzeichnisse  der  seit  1771  bei  der 
Mutterloge  u.  s.  w.  und  der  bei  andern 
deutschen  Logen  herausgegebenen  Schrif- 
ten. Ln  folgenden  Jahre  erschien,  heraus- 
gegeben von  C.  L.  F.  Rabe,  das  erste  selb- 
ständige Werk:  »Anleitung,  eine  deutsche 
Freimäurerbibliothek  zu  ssuoamlen«,  I.Stück 
(2.  Stück,  Stendal  1788),  freilich  ohne  jeden 
entsprechenden  Wert.  Die  von  Mossdorf 
beabsichtigte  Herausgabe  einer  Bücher- 
kunde, deren  Schema  Gerlach  im  »Neuen 
Freymaurerischen  Taschenbuch  c  (Freyberg) 
Bd.  6,  S.  220  abdruckt,  kam  leider  nicht 
zu  Stande.  1830  gab  StUler  in  Rostock  eine 
»Deutsche  Bücherkunde  der  Freimaurerei 
u.  s.  w.«  heraus,  ein  alphabetisches  Ver- 
zeichnis von  1052  deutschen  Schriften  mit 
einer  systematischen  Lihaltsübersicht.  Der 
Verfiasser  nennt  sie  selbst  im  Vorwort: 
»Einstweiliges  Surrogat  bevor  der  Erschei- 
nung einer  s^stematisch-klassifizierten  Lit- 
teratur.«  Diese  erschien,  durch  15  jähriges 
Studium  vorbereitet,  1844  von  Kloss  (s.  d.): 


»Bibliographie  der  Freimaurerei  und  der  mit 
ihr  in  Verbindung  gesetzten  geheimen 
Gesellschaften  (Frankfurt  a.  M.)  und  bildet 
noch  heute  daa  Hauptwerk  über  Bücher- 
kunde der  Freimaurerei.  Es  enthält  in 
43  systematischen  Abteilungen  5398 
chronologisch  geordnete  Werke.  Einen 
Nachtrag  hierzu  bildet  Barthelmess'  »Bib- 
liographie der  Freimaurerei  in  Amerika« 
(New  York  1856.)  Auch  Findel  »Meine 
Maurerische  Büchersammlung«  (Lpz.  1866) 
bezeichnet  sich  als  Nachtrag  zu  Kloss  und 
will  »ein  Wegweiser  durch  die  neuere  und 
ältere  Litteratur  der  Freimaurerei«  sein. 
Ein  Supplement  zu  Kloss  ist  die  mit  litte- 
rarisch-kritischen Notizen  versehene  »Mau- 
rerische Bücherkunde«  von  R.  Taute  (Lnz. 
1886.)  Sie  ist  für  jeden,  der  sich  mit  der 
freimaurerischen  Litteratur  beschäftigen 
will,  unentbehrlich.  Als  Ergänzung  zu 
Kloss  und  Taute  könnte  bezeichnet  werden : 
»Alphabetisches  Verzeichnis  der  in  Kloss' 
Bibliographie  der  Freimaurerei  und  Tautes 
Maureriscner  Bücherkunde  angeführten 
anonymen  Schriften  mit  Hinweisung  auf 
die  laufenden  Nummern  in  beiden  Werken« 
(München  1898),  leider  ohne  jedes  Ver- 
ständnis für  Stichworte  angefertigt  und 
sehr  fehlerhaft.  Sonst  finden  sich  Auf- 
zählungen und  Besprechungen  freimau- 
rerischer Werke  in  fast  allen  freimaureri- 
schen Zeitschriften  und  Taschenbüchern. 
C^^'gl.  Taute,  Die  deutsche  Freimaurer- 
iblio^phie.  Mittheilungen  aus  dem  Verein 
deutscher  Freimaurer  1896/97,  S.  86.]  — 
Was  die  Einrichtung  einer  Logenbücherei 
betrifft,  gelten  dafür  dieselben  Vorschriften, 
wie  für  andre  Büchereien.  Für  kleinere 
Sammlungen  kann  man  die  einfache  alpha- 
betische Anordnung  der  Schriften  wählen, 
am  besten  dann  mit  einer  Inhaltsübersicht, 
wie  sie  z.  B.  Bergdolt  nach  dem  Vorbilde 
von  Stiller  in  dem  »Bücherverzeichnis  der 
Johannisloge  ,Augusta'  i.  Gr.  Augsburg« 
(1895)  durchgeführt  hat.  Grössere  Büche- 
reien werden  vorteilhafter  nach  wissen- 
schaftlichen Grundsätzen  geordnet:  Ein- 
teilung der  ganzen  Litteratur  ihrem  Inhalte 
nach  in  einzelne  Abteilungen,  z.  B.  Bücher- 
kunde, Zeitschriften,  Geschichte  u.  s.  w., 
vielleicht,  wenn  nötig,  jede  Abteilung 
wieder  in  Unterabteilungen  u.  s.  w.  In  jeder 
Abteilung  ordnet  man  die  Werke  am  rich- 
tigsten der  Zeitfolge  nach,  nicht  alpha- 
betisch, wie  dies  Taute  gethan  hat.  Je 
nach  dem  Büchereiwert,  den  man  dem 
Katalog  beilegt,  sind  Verfasser,  Titel  de» 
Buchs,  Verlagsort,  Verleger,  Jahreszahl, 
Seitenzahl,  Format  u.  s.  w.  genau  anzu- 
geben. In  jedem  Falle  aber  muss  die  Be- 
zeichnung des  Buchs  derartig  sein,  dass 
es  mit  keinem  andern  verwechselt  werden 
kann.  Für  jedes  Werk  werden  diese  An- 
gaben am  besten  auf  einen  besondem 
Zettel  geschrieben  (»Zettelkatalog«,  der  so 
beliebig  umgeordnet  werden  kann).  Man 
stellt  die  Bücher  dann  genau  m  4^^|^Ul*^^ 
y  y  ^r\ 


140 


Bttcherwart  —  Budapest. 


Beihenfolge  auf,  wie  sie  der  Zettelkatalog 
angiebt.  Bei  der  Drucklegung  wird  das 
Bücherverzeichnis  zumSchluss  mit  einem  ge- 
nauen alphabetischen  Verfasser-,  Personen- 
und  Stichwortverzeichnis  versehen.  Als 
Musterverzeichnis  sind  das  von  P.  Fischer, 
Verzeichnis  der  Büchersammlung  der  Frei- 
maurerloge Archimedes  zum  ewigen  Bunde 
in  Gera  (1892),  leider  ohne  Register,  und 
ganz  besonders  das  von  Dr.  A.  Ockler, 
Verzeichniss  derBüchersammlun^  der  Loge 
Friedrich  zum  goldenen  Zepter  m  Breslau 
(1897)  zu  emp^hlen.  Wer  sich  genauer 
mit  der  Einrichtung  einer  Bücherei  be- 
schäftigen will,  dem  sei  ganz  besonders 
A.  Graesel,  Grundzüge  der  Bibliotheks- 
lehre (Lnz.  1890),  empfohlen,  aus  denen 
jeder  viel  Belehrung  schöpfen  kann.  Über 
genaue  Einrichtung  und  Katalogisierung, 
besonders  von  Logenbüchereien  über  Be- 
nutzung der  Büchereien  Seiten  der  Logen- 
mitglieder  ist  eine  Ordnung  aufzustellen. 
[Vgl.  FZ.  1872,  S.  99,  wo  ein  »Regulativ« 
abgedruckt  ist.]  Es  ist  auch  notwendig, 
dass  für  möglichsten  Gebrauch  der  Bücher 
gesorgt  wird.  Deshalb  hat  der  Bücherwart 

S Bibliothekar)  sich  stets  bereit  zu  finden, 
en  Mitgliedern  bei  der  Auswahl  der  Bücher 
an  die  Hand  zu  gehen.  Anweisung,  wie  die 
Leistungsfähigkeit  der  Logenbüchereien 
erhöht  werden  kann,  findet  sich  L.  1891, 
S.  198.  Auch  ist  wegen  der  technischen 
Verwaltung  zu  vergleichen  R.  Fischer, 
Entwurf  zu  einem  Handbuch  der  Amts- 
thätigkeit  der  Logenmeister  (Lpz.  1891), 
S.  91.  Zu  bemerken  ist  die  Vermitt- 
lungsstelle fUr  den  Ein-  und  Austausch 
maurerischer  Bücher  in  Brieg  (s.  d.).  In 
Deutschland  haben  die  grössten  Büchereien 
die  drei  altpreussischen  Grosslogen  in 
Berlin  und  die  Grosse  Loge  von  Hamburg, 
die  grösste  maurerische  Büchersammlung 
überhaupt  besitzt  die  Grossloge  von  Massa- 
chusetts, ihr  ziemlich  gleich  ist  die  der 
Grossloge  von  Iowa,  die  12000  Bände 
umfasst.  [Vgl.  Bbl.  1892,  S.  119.  Bh.  1899, 
S.  152.] 
Bttcherwart,  s.  Büoherei. 
Baehsweiler  (St.  im  Unterelsass,  3144E.). 
Hier  soll  eine  Loge  Zur  Freundschaft 
(nach  andern  La  Bienfaisance)  bestanden 
haben.  Auch  eine  Loge  Johannes  der 
Evangelist  zur  Wohlthätigkeit  wird 
hier  aufgefdhrt,  in  der  der  Grossherzog  Lud- 
wig von  Hessen  1771  aufgenommen  worden 
sein  soll.  [Vgl.  Maurerjubelfest  zu  Ehren 
des  Durchl.  Br.  Christian  Ludwig,  Land- 
^;rafen  zu  Hessen  und  bei  Rhein,  gefeiert 
in  der  Loge  Johannes  der  Evangelist  zur 
Eintracht  im  O.  zu  Darmstadt  am  28.  Juli 
1828.  Nies,  Der  Freimaurerbund  zur  Ein- 
tracht (Mainz  1896),  S.  8.] 

Bttekebnrf  (Hauptst.  des  Fürstent. 
Schaumburg-Lippe,  5620  E.).  Hier  wurde 
unter  der  Grossloge  von  Hannover  29.  Sept. 
1860  die  Loge  Hermine  zum  Nessel- 
blatt gegründet,   die   sich  24.  Mai  1871 


nach  Auflösung  jener  Grossloge  der 
Grossen  Loge  von  Hamburg  anschloss. 
Mitgliederzahl  (1899):  29.  Vers.  Montags. 
Logenlokal:  Langestr.  20. 

Budapest  (Haupst  des  Eönigr.  Ungarn, 
[18901 500818  E.).  L  Frühere  Zeit.  l)In 
rest  bestand  schon  1768  eine  ausserordent- 
liche Loge,  in  der  der  französische  Oberst 
Le  Ciaire  auch  höhere  Grade  erteilte.  2) 
Anfangs  der  siebziger  Jahre  des  18.  Jahrh. 
entstand  die  Loge  Zur  Grossmut  (Magna- 
nimitas)  auf  Grund  eines  Stifbungsbriefs, 
den  sie  durch  Vermittlung  des  Herzogs 
Georg  von  Mecklenburg  (s.  d.)  erhalten 
haben  soll;  doch  dürfte  sie  schon  1775  zur 
Draskovichobservanz  (s.  d.)  übergetreten 
sein.  Die  rasche  Zunahme  der  Mitglieder- 
zahl und  der  Umstand,  dass  im  Winter  die 
Schilf  brücke  ausgehoben  wurde,  die  Ofiier 
Mitglieder  daher  monatelang  am  Besuch 
der  Loge  verhindert  waren,  führte  zu  einer 
räumlichen  Spaltung,  es  wurde  nämlich  in 
Ofen  3)  eine  Zweigloge  errichtet,  die  1780 
wieder  zur  Mutterloge  gezogen  worden  zu 
sein  scheint.  Als  der  Plan  einer  Landes- 
loge von  Österreich  auftauchte,  stimmte 
die  Lo^e  daför,  bezw.  fttr  die  Vereinigung 
mit  Wien.  Ein  Teil  der  Mitglieder  aber 
stemmte  sich  wider  den  Anschluss  an  irgend 
eine  ausserungarsche  Oberbehörde  und 
wünschte  die  Aufrechterhaltung  der  Dras- 
kovichobservanz. Diese  Minderheit  dürfte 
4)  1781  in  Ofen  eine  Loge  errichtet  haben, 
über  die  jedoch  jegliche  Nachricht  fehlt. 
Als  die  Landesloge  ins  Leben  trat,  ge- 
langte die  Loge  unter  2  zu  der  Überzeu- 
gung, dass  die  Satzungen  der  neuen  Gross- 
loge vollständig  zentralistisch  seien,  somit 
der  germanisierenden  Richtung  Vorschub 
leisten  und  die  ungarschen  Logen  mehr 
oder  weniger  von  Wien  abhängig  mache. 
Dazu  war  die  Mehrheit  der  Mitglieder 
nicht  geneigt  und  schloss  1784  den  Tempel, 
während  die  Minderheit  der  Loge  Zur 
Verschwiegenheit  beitrat.  Bei  Veröffent- 
lichung der  Freimaurerverordnung  (Dez. 
1785)  wurde  betont,  dass  in  Pest- Ofen 
Logen  bestehen  dürfen;  nachdem  jedoch 
derzeit  bloss  eine  Loge  in  Ofen  bestand, 
traten  zahlreiche  Freimaurer  zusammen 
und  erneuerten  5)  16.  März  1786  die  Loge 
Zur  Grossmut,  die  aber  von  der  Pro- 
vinzialloge  keine  Stiftungsurkunde  er- 
langen konnte,  daher  nach  dem  Drasko- 
vichritus  fortarbeitete.  Hauptmann  Aigner 
(s.  d.)  erhielt  von  Leopold  II.  die  Ermäch- 
tigung, neue  deutsche  Logen  in  Ungarn 
zu  errichten,  zugleich  aber  den  Auf- 
trag, alle  Logen  zu  untersuchen  und 
die  nicht  konstituierten  zu  schliessen. 
Demzufolge  musste  sich  die  Loge  1792 
auflösen.  Inzwischen  waren  in  Pest-Ofen 
andre  Logen  eröfibet  worden.  6)  Alexander 
Fürst  Murusi  gründete  1 1 .  Okt.  1 782  die  Loge 
St.  Alexander  zu  den  drei  silbernen 
Ankern;  Zwistigkeiten  führten  jedoch 
schon  Mai  1783  die  Aufhebung  der  Loge 
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Budapest. 


141 


herbei.  Insgeheim  eröffnete  man  bald 
darnach  die  Loge  wieder  und  richtete  1787 
sogar  eine  schottische  Loge  ein.  Die  Loge 
Zur  Grossmut  Hess  aber  die  Loge  über- 
rumpeln und  auflösen.  7)  Unter  dem 
Namen  Zur  ersten  Unschuld  gründeten 
zehn  Mitglieder  der  Pressburger  Loge  Zur 
Sicherheit,  die  als  Beamte  nach  Ofen  ver- 
setzt waren,  noch  vor  ihrer  Abreise  in 
Pressburg  24.  Au^.  1 784  eine  Loge,  die  in  Ofen 
7.  Nov.  1 784  erömiet  wurde.  Lifolge  der  Frei- 
maurerverordnung traten  die  Mitglieder  der 
Loge  Zur  Verschwiegenheit  dieser  Loge  bei. 
Am  30.  Dez.  1786  teilte  sich  die  Loge: 
die  Anhänger  des  Berliner  Bituals  blieben 
in  der  Loge  Zur  ersten  Unschuld,  diejenigen 
der  Draskovichobservanz  erneuerten  8)  die 
Loge  Zur  Verschwiegenheit.  Der  Obrig- 
keit gegenüber  bestanden  beide  nach  wie  vor 
als  e  i  n  e  Loge,  und  es  wurden  dieÄnderungen 
im  Personalstande  beider  durch  einen  der 
Stuhlmeister  bei  der  Statthalterei  ange- 
meldet. Die  Loge  ging  21.  Juli  1789  aus- 
einander. Kroyher  stiftete  in  Ofen  auch 
einen  Zirkel  der  Rosenkreuzer  (s.  d.).  9)  Ein 
grosser  Teil  der  Mitglieder  der  Press- 
burger  Loge  Zur  Verschwiegenheit 
gehörte  zu  den  höchsten  Landesstellen, 
die  1784  von  Pressburg  nach  Ofen  verlegt 
wurden.  Demzufolge  wurde  auch  die  Loge 
dahin  verlegt  und  1784  hier  wieder  eröffnet 
Zahlreiche  Mitglieder  andrer  Logen  traten 
ihr  bei,  und  sie  schien  einer  schönen  Blüte 
entgegen  zu  gehen,  als  die  Freimaurer- 
Verordnung  (Ende  1785)  erschien,  deren 
Anordnungen  sich  die  Mitglieder  nicht 
fagen  wollten  und  die  Loge  lieber  auf- 
lösten; 80  Mitglieder  schlössen  sich  der 
Loge  Zur  ersten  Unschuld  an,  traten  jedoch 
5.  Jan.  1787  wieder  aus  und  erneuerten 
die  Loge  Zur  Verschwiegenheit,  die  sich 
1789  auflöste.  10)  1790  wird  eine  Loge 
St.  Barbara  genannt.  Sie  gilt  als  Schutz- 
heilige der  Artilleristen,  die  Loge  war  also 
offenbar  eine  Militärloge.  Die  strikte 
Observanz  zählte  infolge  der  durch  den 
Fürsten  Murusi  in  und  ausserhalb  der 
Loge  St.  Alexander  bewirkten  Einweihungen 
in  den  Rittergrad,  bereits  zahlreiche  An- 
hänger, als  Hauptmann  Aigner  auf  Grund 
der  Vollmachten  des  Kaisers  und  der  Prager 
Präfektur  es  unternahm,  das  System  in 
Ungarn,  insbesondere  aber  in  der  Landes- 
hauptstadt einzuführen  und  als  altschotti- 
scher Obermeister  die  IV.  Balley  der  Vm. 
Ordensprovinz  wieder  herzustellen.  Zu- 
nächst errichtete  er  11)  13.  Jan.  1792  in 
Pest  die  Loge  Zu  den  sieben  Sternen, 
setzte  den  Universitätsprofessor  Kreil  zum 
Meister  vom  Stuhl  ein  und  behielt  sich 
bloss  die  oberste  Leitung  vor.  Allein  Kreil 
stellte  nachträglich  unerfüllbare  Beding- 
ungen, was  zu  seiner  Deckung  führte. 
Inzwischen  hatte  die  Loge  nach  dem  Tode 
Leopolds  n.,  der  ihre  Errichtung  (20.  Dez. 
1791)  ausdrücklich  gebilligt  hatte,  bei 
Franz  U.  um  Genehmigung  ihres  Fortbestan- 


des nachgesucht.  Die  Antwort  des  R^enten 
(19.  März  1792]  lautete  bejahend.  Im  Herbst 
1792  löste  Aigner  die  Pester  Loge  Zur 
Grossmut,  weil  sie  nicht  konstituiert  war, 
auf,  und  zog  einen  Teil  der  Mitglieder  zu 
seiner  Loge.  Hierauf  übertrug  er,  um 
eine  in  Ofen  errichtete  Loge  selbst  zu 
leiten,  8.  März  1793  den  Hammer  dem 
Advokaten  Madäch,  unter  dem  die  Loge 
jedoch  in  Verfall  geriet  und  sich  gezwungen 
sah,  (6.  Mai  1794)  sich  mit  der  Ofiier  Loge 
zu  vereinigen.  12)  Diese,  die  Loge  Zur 
Vereinigung,  hatte  Aigner  13.  Nov.  1792 
eröffnet  und  sie  selbst  geleitet.  Am 
6.  Mai  1794  nahm  die  Loge  infolge 
der  Vereinigung  mit  der  Pester  Loge 
den  Namen  Zu  den  sieben  Sternen 
undVereinigungan.  Mittlerweile  hatte 
Aigner  13)  6.  Febr.  1792  die  schottische 
Loge  Franz  zum  wachenden  Löwen 
und  bald  darnach  (12.  Febr.)  14)  auch 
die  altschottische  Loge  (oder  Ritterkapitel) 
gleichen  Namens  errichtet.  In  allen  diesen 
Werkstätten  führte  er  den  Vorsitz  und 
suchte  in  ihnen  die  reinen  Grundsätze  der 
Freimaurerei  zur  Geltung  zu  bringen,, 
auch  hielt  er  darauf,  dass  in  ilmen 
die  freimaurerischen  Formen  streng  ein- 
gehalten wurden  und  in  dem  Gebahren  die 
grösste  Ordnung  herrsche.  Diese  Loge 
war  diejenige,  die  sich  in  ganz  Öster- 
reich-Ungarn am  längsten  gehalten  hatte. 
Anfangs  der  vierziger  Jahre  des  19.  Jahrh, 
standen  in  Ungarn  noch  32  ältere  Frei- 
maurer in  einiger  Verbindung.  Zum  Jo- 
hannisfeste  kamen  deren  jährlich  18 — 20 
zusammen,  1846  lebten  noch  18  Freimaurer,, 
deren  11  erschienen.  Einer  von  ihnen,. 
Buchhändler  M.  A.  Thoma,  der  auch  der 
Loge  in  Füss  angehörte,  beabsichtigt» 
1845  15)  in  Pest  eine  Loge  zu  errichten 
und  frug  in  Frankfurt  a.  M.  wegen  Kon- 
stituierung an;  nachdem  diese  jedoch  an 
eine  behördliche  Erlaubnis  geknüpft  und 
diese  nicht  zu  erhalten  war,  scheiterte  der 
Plan.  Er  wurde  nach  den  Märztagen  1848 
wieder  angeregt,  und  man  ersuchte  die 
eklektische  Grossloge  in  Frankfurt  a.  M., 
die  neue  deutsche  Loge  Ludwig  Kossuth 
zur  Morgenröte  des  nöhern  Lichts  mit 
Stiftungsurkunde  zu  versehen.  Dies  wurde 
16.  Juni  1848  zugesagt,  die  Stiftungsurkunde 
aber  erst  24.  Aug.  unter  dem  Namen  Zur 
Morgenröte  des  höhern  Lichts  er- 
teilt.  Der  Einzug  des  Feindes  (Dez.  1848) 
und  der  verhängte  Belagerungszustand 
machte  der  Loge  ein  Ende.  16)  Nach 
einer  langem  Pause  erstand  eine  ungarsche 
Loge  Szent-Istvän  (St.  Stefan).  Die  Mit- 
glieder ersuchten  16.  Aug.  1861  Lewis  (s.d.), 
ihnen  eine  Stiftungsurkunde  zu  verschaffen, 
und  nachdem  die  Hamburger  Grossloge 
sich  hierzu  geneigt  erklärt,  suchten  sie  20. 
Okt.  1861  förmlich  darum  nach.  Nun  aber 
erklärte  man  (3.  Nov.),  dass  die  Stiftungs- 
urkunde nur  erteilt  werden  könne,  wenn 
eine  behördliche  Erlaubnis  vorliege  und 
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142 


Budapest. 


man  sich  verpflichte,  deutsch  zu  arbeiten. 
Ersteres  konnte,  letzteres  wollte  man  nicht. 
Die  Loge  arbeitete  somit  einige  Zeit  ohne 
ötiftungsurkunde  fort,  und  Graf  Csäky  soll 
später  auch  im  Lande  einige  Logen  er- 
richtet haben.  —  n.  Neuzeit,  a)  Jo- 
hannislogen.  Nach  Wiederherstellung 
der  Landesverfassung  (1867)  gründete  Pro- 
fessor L.  Lewis  (s.  d.)  25.  Mai  1868  die 
Loge  Einigkeit  im  Vaterlande,  welche 
die  Mutterloge  der  Johannisfreimaurerei 
in  Ungarn  wurde  und  nebst  den  übrigen  bis 
dahin  entstandnen  Logen  1870  die  Jo- 
hannisgrossloge  von  Ungarn  (s.  d.) 
bildete.  12.  Febr.  1875  löste  sich  die  Loge 
auf.  Aus  ihr  gingen  einige  Logen  hervor: 
ao  die  Loge  Szent-Istvän  (St.  Stefan), 
die,  15.  Jan.  1870  errichtet,  22.  Jan.  1894 
ihre  Arbeiten  einstellte;  die  liOge  Die 
alten  Getreuen  (gegr.  19.  Nov.  1870); 
die  Loge  Haladäs  (Fortschritt),  gest.  27. 
Mai  1871;  und  die  Loge  Kazinczy,  er- 
richtet 18.  Sept.  1878,  aufgelöst  1877.  Aus 
der  Loge  Die  alten  Getreuen  ging  hervor 
die  Loge  Galilei  (gest.  12.  Dez.  1871),  die 
sich  in  Ofen  aufthat,  während  die  übrigen 
in  Pest  arbeiteten.  —  b)  Schottische 
Logen.  Heimgekehrte  hervorragende  Emi- 
granten gründeten  28.  Mai  1869  die  Loge 
Corvin  Mätyäs  (Mathias  Corvinus),  die 
vom  schottischen  Grossorient  von  Frank- 
reich gestiftet,  zur  Mutterloge  der  schot- 
tischen Freimaurerei  in  Ungarn  wurde  und 
im  Verein  mit  den  inzwischen  entstandnen 
Logen  1871  den  schottischen  Grossorient 
vonUngarn  errichtete.  Li  rascher  Folge 
traten  nun  hier  folgende  Logen  ins  Leben: 
Humboldt  (gegr.  5.  Dez.  1869);  Zur 
Arbeit  (gegr.  11.  Mai  1871);  Hungaria 
{gegr.  9.  März  1872);  Öszetartäs  (Ein- 
tracht, gegr.  9.  April  1872,  in  vorige  auf- 
gegangen 29.  Jan.  1875);  Könyves  Kai- 
man (König  Koloman,  gegr.  24.  März  1872); 
Zur  Grossmut  (gegr.  26.  Juli  1872),  die 
Bich  1876  auflöste;  ihre  Mitglieder  errich- 
teten die  Loge  Eötvös  (5.  Jan.  1877); 
Deäk  Ferencz  (gegr.  16.  Juli  1885); 
fiowie  in  der  nunmehrigen  Vorstadt 
Alt-Ofen  die  Loge  Arpäd  (gegr.  1871, 
aufgelöst  1874).  Diese  Logen,  insofern 
noch  thätig,  errichteten  in  Gemeinschaft 
mit  den  übrigen  Schotten-  und  den 
Johannislogen  1886  die  Symbolische  Gross- 
loge von  Ungarn.  —  c)  Unter  der  Sym- 
bolischen Grossloge  von  Ungarn 
iirbeiten  hier  gegenwärtig  folgende  Logen : 
1)  Corvin  Mätyäs  (60  Mitglieder,  Vers, 
jeden  Mittwoch);  2)  Humboldt  (58  Mit- 
glieder, Vers,  jeden  Mittwoch);  8)  Die 
alten  Getreuen  (58  Mitglieaer,  Vers, 
jeden  Donnerstag);  4)  Haladäs  (97  Mit- 
glieder, Vers,  jeden  Donnerstag);  5)  Hun- 
faria  (46  Mitglieder,  Vers,  jeden  Freitag); 
)Könyve8Kälmän  (220  Mitglieder,  Vers, 
jeden  Dienstag);  7)  Eötvös  (5§  Mitglieder, 
Vers,  jeden  Mittwoch);  8)  Deäk  Ferencz 
<90  Mitglieder,   Vers,   jeden   Sonnabend); 


9)  Comenius,  gest.  16.  Mai  1888  (58  Mit- 
glieder, Vers,  jeden  Freitag);  10)  Demo- 
kratia,  gest.  17.  Okt.  1889  (197  Mitglieder, 
Vers,  jeden  Montag);  11)  Reform,  gest.  24. 
Apr.  1892  (52  Mitglieder,  Vers,  jeden  Mon- 
tag); 12)  Minerva,  gest.  20.  Febr.  1894  (36 
Mi^lieder,  Vers,  jeden  Dienstag) ;  18)  Pat- 
ria, gest.  17.Nov.  1898  (14  Mitglieder,  Vers, 
jeden  Freitag),  die  sämtlich  in  dem  neuen 
LiOgenhause  (r  est)  VI.  Bezirk,  Podmaniczky- 
gasse  45,  arbeiten;  sowie  14)  die  Loge 
Galilei  (155  Mitglieder,  Vers,  jeden 
Dienstag)  am  rechten  Donauufer  (Ofen)  im 
eignen  Hause,  U.  Bezirk,  Hauptgasse  8.  Von 
diesen  Logen  arbeiten  2,  4,  12  und  14  in 
deutscher,  die  übrigen  in  ungarscherSprache. 
Die  meisten  verfugen  über  mehr  oder 
minder  beträchtliche  Fonds,  so  Corvin  M. : 
Corvinfonds  2000  fl.;  Humboldt:  Hum- 
boldtfonds lOOOOfl.;  Haladäs:  Logenfonds 
1034  fl.,  Jubiläumsfonds  2668  fl.,  Witwen- 
und  Waisenfonds  24007  fl.,  A.  Laufferfonds 
138  fl.;  Galilei:  Galüeifonds  13844  fl.. 
Eiserner  Fonds  181  fl.,  J.  Abelesfonds  1  lOOfl. ; 
Hungaria:  Hungariafonds  1615  fl.;  Kö- 
nyves Kälmän:  Könyves  Kälmänfonds 
21 856  fl.,  Reservefonds  406  fl.,  M.  Ehrlich- 
fonds 174 fl.;  Eötvös:  Eötvösfonds  8964 fl., 
Felekifonds  250  fl.;  Deäk  Ferencz:  Deäk 
Ferenczfondsl4616fl.,Stipendienfonds250fl., 
Sz^cskayfonds  500  fl.;  Comenius:  Com- 
meniusfonds  8629  fl. ;  R  e  f  o  r  m :  Beformfonds 
2290  fl.,  Studienfonds  174  fl.;  Minerva: 
Minervafond88539fl.;Demokratia:Demo- 
kratiafonds  1442  fl.,  Wohlthätigkeitsfonds 
838 fl..  Grosse  Geisterfonds  711  fl.,  Hymnus- 
fonds 55  fl.,  A.  Glückfonds  1204  fl.  —  Von 
den  humanitären  und  sozial  wichtigen 
Schöpfungen  dieser  Logen  seien  nur  die 
bedeutendem  erwähnt.  Die  Loge  Corvin 
Mätyäs:  a)  Volksbildungsverein,  gegr. 
1870,  durch  den  bis  1898  über  28000 
Erwachsne  im  Lesen,  Schreiben  und 
Rechnen  Unterricht  erhielten;  b)  Sträf- 
lingsunterstützungsverein, gegr.  1874,  Ver- 
mögen ca.  200000  fl.;  c)  Verein  zur  Unter- 
stützung von  Taubstummen,  gegr.  1894, 
der  zwei  Asyle  hat.  —  Die  Loge  Hum- 
boldt: Kinderfreundverein,  gegr.  1887;  fer- 
ner führt  die  Loge  die  freimaurerische  Vor- 
mundschaft der  Waisen  ihrer  verstorbenen 
Mitglieder.  —  Die  Loge  Die  Alten  Ge- 
treuen: Asyl  verein  ffli  Obdachlose,  gegr. 
1888,  der,  von  städtischer  Seite  unterstützt, 
4  Asyle  mit  582  Betten  besitzt.  Auf  An- 
regung und  Betreibung  der  Loge  erbaute 
jüngst  die  Stadt  Budapest  4  Muster- 
arbeiterhäuser und  betraute  mit  deren 
Erbauung  den  Asylverein;  die  Loge 
aber  beschloss  1895,  in  dieser  Kolonie 
eine  Cr^che  zu  errichten  und  spendete  zu 
diesem  Zwecke  nebst  einzelnen  Brüdern 
2000  fl.  —  Die  Loge  Galilei:  Wärmestuben 
(1885),  Bekleidung  armer  Kinder  (jährlich 
ca.  120),  gegr.  1874,  die  1883  einem  grossen 
Verein  übertragen  wurde.  —  Die  Loge 
Haladäs:  Ferialkolonieverein,  g^r.  1882. 
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Badissin  —  Bulgarien. 


US 


—  Die  Loge  Könyves  Kälm&n:  Kin- 
derschutz verein,  gegr.  1889  mit  der  Auf- 
gabe, 6 — 18  jähr.  Kinder  beiderlei  G^ 
schlechts,  die  der  Gefahr  moralischer 
and  physischer  Verkommenheit  ausgesetzt 
sind,  zu  erziehen  und  eine  diesbezügliche 
Propaganda  im  ganzen  Lande  anzuregen.  — 
Die  Loge  Eötvös:  Verein  Teleia,  gegr. 
1892,  mit  der  Aufgabe.  Opfer  der  Pro- 
stitution zu  retten  und  eine  öffentliche 
Ordinationsanstalt  für  mittellose  Ge- 
schlechtskranke zu  unterhalten.  —  Die 
Loge DeäkFerencz:  Haushaltungsschule 
für  Mädchen,  gegr.  1897.  Ausserdem  werden 
die  Zinsen  des  Stipendienfonds  (5500  fl.) 
armen  Universitätshörem  und  Schülern  von 
Mittelschulen  zugewendet.  Die  Loge  De- 
mokratia  1896  einen  allgemeinen  Wohl- 
th&tigkeitsverein. 

Budissin,  8.  Bautzen. 

Buek,  1)  Heinrich  Wilhelm,  Arzt, 
geb.  10.  April  1796  in  Hamburg,  gest. 
10.  Febr.  1879  das.,  machte  als  Assistenz- 
arzt den  Feldzug  1815  mit,  wurde  1823 
Arzt  am  Freimaurerkrankenhaus  in  Ham- 
burg, 1827  Mitstifter  und  Vorsteher  des 
Hamburger  Taubstummeninstituts  und  1833 
Physikus.  —  In  den  Freimaurerbund  wurde 
B.  6.  April  1820  in  der  Loge  Absalom  in 
Hamburg  aufgenonmien,  deren  Meister  vom 
Stuhl  er  1829  wurde.  1838  wurde  er  vomGross- 
meister  Cords  (s.  d.)  zu  seinem  Stellvertreter 
gewählt,  und  als  dieser  1847  zurücktrat, 
wurde  B.  das  Grossmeisteramt  übertrafen, 
das  er  1872  niederlegte,  als  er  sein  25jähnges 
Grossmeisterjubiläum  feierte.  In  diesen 
25  Jahren  hat  er  neben  seiner  grossen  Be- 
rufsthätigkeit  und  seinen  Liebhabereien 
(allerlei  Sammlungen)  auch  für  die  Frei- 
maurerei grosse  Thätigkeit  entwickelt. 
Unter  seiner  Leitung  sind  viele  der  wesent- 
lichsten Verbesserungen  zu  stände  ge- 
^ekonmien,  die  der  Hamburger  Logenbund 
in  Bezug  auf  seine  Innern  Verhältnisse 
(Revision  des  Rituals  und  der  Instruktionen) 
erfahren  hat.  Zwei  der  wichtigsten  Fragen 
brachte  er  zur  vollsten  Geltung,  die  frei- 
maurerische Judengleichstellung,  wodurch 
der  Freimaurerbund  den  Charakter  eines 
allgemeinen  Menschheitsbundes  erlangte, 
den  er  gnmdsätzlich  beansprucht,  und  die 
Bekämpfung  des  Sprengelrechts,  die  ihn 
bewog,  trotz  des  Widerspruchs  der  Gross- 
logen Nordamerikas  dort  Logen  zu  grün- 
den. [Vgl.  L.  XVn,  59,  wo  auch  sein 
BUd-  Bh.  1879,  S.  86.] 

2)  Karl  £  duard,  Ajssekuradeur,  Bruder 
des  Vorigen,  geb.  20.  Febr.  1795  in  Hamburg, 
gest  das.  1.  Jan.  1887,  wurde  13.  März  1816 
aufgenommen  in  der  Pilgerloge  in  London, 
schloss  sich  7.  Aug.  1833  der  Loge  Absalom 
in  Hamburg  an  und  war  1838—1852  Präses 
des  Schatz-  und  Almosenkomitees,  1885  bis 
1843  Meister  vom  Stuhl  der  Loge  Ferdi- 
nande Caroline,  1844—1859  Grossaufseher 
und  1859 — 1871  zugeordneter  Grossmeister 
der  Grossloge  von  Hamburg. 


Buenos  Alreg  (Hauptst.  der  Argenti- 
nischen Republik,  [18921  543065  E.).  Hier 
bestehen  als  deutsche  Logen  1)  die  Loge 
Teutonia  unter  der  Grossen  Loge  von 
Hamburg,  entstanden  1882  aus  der  Ver- 
einigung der  Logen  Germania  (gegr.  24. 
Nov.  1863)  und  Deutschland  (gegr.  12. 
Mai  1877,  eingew.  26.  Sept.  1877  von  der 
Grossen  Loge  in  Hamburg);  2)  die  unab- 
hängige Loge  Friedrich  IH.  Im  übrigen 
s.  Argentinien. 

Buffalo  (St.  im  nordamerikanischen  Staat 
New  York,  [1890]  255664  E.).  Deutsche 
Logen  das.  unter  der  Grossloge  von  New 
York:  l)  Concordia  Nr.  143,  gegr.  24. 
Juni  1848,  Vers,  den  2.  und  4.  Mittwoch. 
2)  Modestia  Nr.  340,  gegr.  24.  Juni  1854. 
Vers,  den  1. und  3. Dienstag.  3) Harmonie 
Nr.  699,  gegr.  22.  Juni  1867.  Vers,  den 
1.  und  3.  Mittwoch. 

Bairette  von  öhlefeld,  1}  Job.  Friedr. 
Wilh.,  herzogL  sachs.-koDurg.  Geheim- 
rat, geb.  1722,  gest.  1792,  war  1778  Meister 
vom  Stuhl  der  Loge  Libanon  zu  den  drei 
Cedem  in  Erlangen. 

2)  Job.  Aug.  Adolf,  fürstl.  branden- 
burgscher Geheimrat,  geb.  1727,  gest.  12. 
März  1803,  war  Meister  vom  Stuhl  der  Loge 
Libanon  zu  den  drei  Cedem  in  Erlangen 
1774  bis  1775  und  1783  bis  1799. 

3)  Karl  Ludwig,  Gutsbesitzer  und 
Kammerherr,  geb.  1769,  aufgenommen  in 
den  Freimaurerbund  27.  Febr.  1789,  war 
Meister  vom  Stuhl  der  Loge  Libanon  zu 
den  drei  Cedem  in  Erlangen  1819  bis  1823 
und  deckte  auf  Befehl  der  Regierung  1824. 

Bukarest  (Hauptst.  des  Königreichs 
Rumänien,  [1891]  194633  E.).  Eine  deut- 
sche Loge  wurde  hier  3.  Apr.  1871  von 
der  Grossloge  von  Ungarn  gegründet:  Zur 
Brüderlichkeit,  die  sich  29.  Okt.  1881 
unter  die  Grossloge  von  Hamburg  und  12. 
Juli  1889  unter  die  Grossloge  Zur  Sonne 
stellte,  aber  später  ihre  Thätigkeit  als  Loge 
einstellte  und  seit  3.  Apr.  1^5  als  Kränz- 
chen mit  gleichem  Namen  unterm  Schutz 
der  Bayreuther  Loge  weiter  wirkt.  Im 
übrigen  s.  Bmnänien. 

Bukowina  (Herzogtum,  5sterr.  Kronland). 
In  der  deutschen  Ansiedlung  St.  Philippen 
ward  zur  Zeit,  als  das  Land  noch  zur 
Moldau  gehörte,  die  Loge  Zu  den 
tugendhaften  Weltbürgern  gestiftet  und 
sicherlich  von  der  Grossloge  in  Warschau 
konstituiert.  1782  wurde  sie  provisorisch, 
1787  aber  endgültig  zur  Provinzialloge  von 
Siebenbürgen  gerechnet,  stand  aber  mit 
dieser  nie  in  irgend  einer  Beziehung.  In- 
folge der  Freimaurerverordnung  vom  Dez. 
1785,  wenn  nicht  früher,  ist  sie  jedenfalls 
erloschen.  Später  bestand  hier  die  Militär- 
loge Zu  den  drei  Kanonen,  die  1789  ge- 
nannt wird 

Bulgarien  (Fürstentum).  Hier  wurde 
von  Ungarn  aus  1873  in  Sistowa  eine  Loge 
zu  gründen  versucht;  der  Plan  scheiterte 
jedoch  an  dem  Fanatismus  der  Bevölke- 

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144 


Ballen  —  Bürge. 


rungy  der  die  »Fannasonen«  als  Be- 
volutionftre  nnd  Ungläubige  verabscheute. 
Hierauf  gründeten  die  Grossloge  von  Ru- 
mänien 1882  inRustinok  und  18^  in  Warna, 
der  Groasorient  von  Italien  1883  in  Rust- 
Schuck  und  der  Grossorient  von  Lusitanien 
das.  und  1888  in  Sofia  Logen,  die  aber 
sämtlich  ohne  langen  Bestand  gewesen  zu 
sein  scheinen.  Nach  dem  Annuaire  des 
Grossorients  von  Frankreich  fttr  1898  hat 
in  Warna  auch  eine  eigne  Grossloge  be- 
standen mit  8  Tochterlogen,  die  aber 
sämtlich  ihre  Thätigkeit  eingestellt  haben. 
Jetzt  verlautet  über  maurerische  Thätig- 
keit in  diesem  Lande  nichts  mehr. 

Bullen,  s.  Päpste. 

Bund,  s.  Orden. 

Bund,  Der.  Unter  diesem  Titel  erschien 
ein  einziger  Jahrgang  (1878^  als  »Fort- 
schrittliches Organ  für  freimaurerische 
und  litterarische  Interessenc,  herausgegeben 
von  Hugo  Mandello  (s.  d.)  und  Dr.  Ludwig 
Bosenberg  (Pest,  Wien  und  Leipzig). 

Bnndesblatt  nennt  sich  ein  von  der 
Grossen  National-Mutterloge  Zu  den  drei 
Weltkugeln  in  Berlin  seit  1887  herausge- 
gebenes freimaurerisches  Blatt,  das  an  die 
Stelle  der  frühem  »Mittheilungen«  (s.  d.) 
getreten  ist  und  Amtliches  und  Nichtamt- 
liches enthält.  Schriftleiter:  Eelmann  bis 
mit  Nr.  7  von  1892,  von  da  Sellin  und  als 
dessen  »Stellvertreter«  von  Nr.  12  von  1897 
an  Dr.  Diercks. 

Bundes  •  Direktorfum  s.  Direktorium. 

Bandeslade.  In  dieser  wurden  die  mo- 
saischen Gesetztafeln  und  nach  Hebr.  9,  4 
auch  ein  Körbchen  mit  Manna  und  der 
blühende  Stab  Arons  (s.  d.)  aufbewahrt. 

fVgl.  2.  Mos.  25,  10  fg.:  5.  Mos.  10,  1  fg.; 
oseph.  Ant.,  3,  6,  5.]  Li  den  Hochgraden 
wird  die  Bundeslade  im  Abbild  als  Heilig- 
tum verehrt  und  durch  diese  die  Fest- 
haltung an  den  Gesetzen  der  Feimaurerei 
bezeichnet.  Li  der  Boyal-Arch-Maurerei 
ist  die  Bundeslade  vor  allem  hoch  und 
heilig  gehalten. 

Bange,  Emil,  Ereisdirektor  a.  D.  und 
Geh.  Regierungsrat  in  Bernburg,  geb.  das. 
1.  Juli  1817,  wurde  aufgenommen  in  der 
Loge  Alexius  zur  Beständigkeit  in  Bern- 
burg 13.  Mai  1854  und  steht  noch  jetzt  in 
jugendlicher  Frische  verschiednen  Wohl- 
thätigkeitsanstalten  vor.  Dem  Logenleben 
war  er  stets  mit  ganzer  Seele  ergeoen  und 
als  Meister  vom  Stuhl  (1873—1886)  ein  in 
Segen  arbeitendes  Mitglied.  Li  verschied- 
nen maurerischen  Schriften  erschienen 
von  ihm  Artikel  über  die  Judenfrage,  die 
Tafellogen,  über  das  Tragen  nrofaner  Orden 
und  Ehrenzeichen,  über  oie  Hochgrade 
u.  s.  w.  Zuletzt  schrieb  er  eine  Listruk- 
tion  zum  Lehrlingskatechismus  (2.  Aufl., 
Cöthen  1894)  und  eine  zum  Gesellengrad 
(Cöthen  1898). 

Banslaa  (St.  in  der  preuss.  Provinz 
Schlesien,  13870  £.).  Loge  das.  unter  der 
Grossen  Landesloge  in  Berlin:  Zurgold- 


nen  Kette,  gegr.  21.  Mai  1849,  eingew. 
19.  Sept.  1849.  MitffUederzahl  (1900):  64. 
Vers.  Mittwochs.  Xlub  täglich.  Ferien: 
Juli  und  August.  Eignes  Logengebäude 
in  der  Logenstrasse,  eingew.  13.  Dez.  1885. 
Stiftungen:  a)  Witwen-  und  Waisenstift- 
tung,  Kapital:  17000  M.  b)  Kimth-Stif- 
tung,  Kapital:  6300  M.  [Vgl.  Knuth, 
Ohronologische  Übersicht  nebst  geschicht- 
lichem Anhang  (1874).  Weitz,  Festschrift 
zur  Feier  des  50jährigen  Stiftungsfestes 
der  Loge,  den  14.  Mai  1899.1 
Bar&eh,  Karl  Friedrich,  Physiolog, 

feb.  12.  Juni  1776  in  Leipzig,  gest.  16. 
Uli  1847,  studierte  in  Leipzig,  habilitierte 
sich  hier  1798,  ging  1811  als  Professor 
nach  Dorpat  und  1815  nach  Königsberg. 
Er  wurde  1806  in  der  (nicht  anerkannten) 
Loge  Zur  Sonne  in  Leipzig  aufgenommen, 
5.  April  1808  in  der  Loge  Minerva  zu  den 
drei  Palmen  angenommen  und  war  1811 
deren  Redner,  wurde  1818  Mitglied  der 
Loge  Zu  den  drei  Kronen  in  Königs- 
berg und  war  1834—41  deren  Meister,  in 
welcher  Stellung  er  segensreich  bis  zu 
seinem  Tode  wirkte.  [Vgl.  Burdach,  Rück- 
blicke aus  meinem  L^ben  (1848),  8.  568.] 
Borg  (St.  in  der  peuss.  Prov.  Sachsen, 
19397  E.).  Logen  das.  unter  der  National- 
Mutterloge  Zu  den  drei  Weltkugeln:  1) 
Johannisloge  Adamas  zur  heiligen 
Burg,  gegr.  28.  Nov.  1821.  Mitglieder- 
zahl  (1899):  92.  Vers,  in  der  Regel  Mitt- 
wochs. Logenhaus:  Zerbsterstr.  81.  Milde 
Stiftungen:  a)  Sparkasse  für  die  Beerdi- 
gungskosten (Statut  vom  11.  Aug.  1858) 
und  b)  Witwen-  und  Waisenkasse  (Statut 
vom  11.  Aug.  1853).  2)  Delegierte  alt- 
schottische Loge  Elpizon,  gegr.  für 
Gardelegen  4.  Apr.  1820,  nach  B.  verlegt 
19.  Juli  1834. 

Bürge  (Pathe,  Cavent,  Proponent)  wird 
derjenige  Meister  Maurer  genannt,  der 
seiner  Loge  gegenüber  sich  für  die  Würdig- 
keit eines  Bewerbers  um  die  Aufnahme 
in  den  Bund  ausspricht,  dabei  auch  die 
Verpflichtung  übernimmt,  an  seinem  Teile 
den  Aufgenommenen  zu  erinnern  und  zu 
ermahnen,  wenn  er  nach  der  Aufnahme 
seinen  Verpflichtungen  nicht  nachkommen 
sollte.  Dieses  Verhältnis  besteht  fort,  bia 
der  Aufgenommene  in  den  Meistergrad 
befördert  ist.  Bei  der  grossen  Sor^alt, 
die  bei  der  Au&ahme  neuer  Mitgbeder 
beobachtet  wird,  ist  der  Bürge  vor  allem 
verpflichtet  zu  oedenken,  ob  er  den,  den 
er  empfiehlt,  genau  kennt  und  ob  er  sicher 
überzeugt  ist,  er  werde  im  Bunde  Befirie- 
digung  finden  und  zugleich  dem  Bunde 
zur  Ehre  gereichen.  Soweit  wie  m^^glich 
muss  er  die  Beweggründe  (s.  d.)  des  Auf- 
nahmesuchenden erproben  und  darf  bei 
der  Empfehlung  keinerlei  Rücksichten 
auf  seine  aussermaurerischen  Verhältnisse 
nehmen.  [Vgl.  Bh.  1873,  S.  852.  FZ.  1861, 
S.  343;  1892,  S.  393.  L.  XVm,  S.  85. 
Z.  1889,  S.  84.    R.  Fischer,  Entwurf  zu 

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Bürger  —  Burkhard. 


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einem  Handbuch  fOx  die  Amtsthätigkeit 
der  Logenmeister  (Lpz.  1891),  B.  8.] 
Bürger,  G  o  tt  f  r.  A  u  g. ,  deutscherDichter, 

feb.  1.  Jan.  1748  in  Molmerswende,  gest.  8. 
uni  1794  in  Göttingen,  Sohn  eines  Pre- 
digers, wurde  1772  Justizamtmann  in  Alten- 
gleichen,  gab  sein  Amt  nach  zwölQ&hriger 
Thfttigkeit  auf  und  wurde  1 784  akademischer 
Lehrer  in  Göttingen.  Sein  höchster  Ehrgeiz 
war,  ein  Volksdichter  zu  werden.  Den  glück- 
lichsten Wurf  that  er  mit  seiner  Ballade 
»Leonore«,  wodurch  er  seinen  Dichterruhm 
begründete.  Mangel  an  sittlicher  Haltung 
und  Würde  jedoch  verhinderte,  dass  er 
ein  echter  Volksdichter  wurde.  —  Er  wurde 
3.  März  1775  in  der  Loge  Zum  goldnen 
Zirkel  in  Göttingen  aufgenommen^  war 
ein  sehr  eifriges  Mitglied  und  machte 
sich  in  ihr  als  Bedner  beliebt,  welches 
Amt  er  vom  2.  Febr.  1777  mit  einer  drei- 
jährigen Unterbrechung  bis  zur  Unter- 
drückung der  Loge  inne  hatte.  Zwei 
Freimaurerreden  enthält  die  von  Bohtz 
besorgte  Ausgabe  seiner  Werke  (Göttingen 
1835),  abgedruckt  FZ.  1852,  S.  46  65. 
[Vgl.  Strodtmann,  Briefe  von  und  an 
August  B.  Ein  Beitrag  zur  Litteratur- 
geschichte  seiner  Zeit  (4  Bde.,  ßrl.  1874). 
Sauer,  B.'s  Biographie  und  Gedichte 
(Stuttg.  1883).  Heyne,  Mitteilungen  zur 
Vorgeschichte  der  Loge  Augusta  zum 
goldnen  Zirkel  in  Göttingen  (1896),  S.  17. 
Bh.  1877,  S.  230.  Bst.  R.  1882,  S.  110. 
FZ.  1894,  S.  187;  1898,  S.  41.  L.  1898, 
S.  22.] 

Bflrgerloge,  Allgemeine  (A.  B.  L.).  Diese 
geheime  Gesellschaft  entstand  1896  in 
Berlin.  Der  Aufruf  zur  Teilnahme  wendet 
sich  nur  an  solche,  die  keiner  Frei- 
maurer- oder  Odd-Fellow-Loge  ange- 
hören. Eintrittsgeld  wird  nicht  erhoben. 
Der  »für  die  Verwaltung«  zu  zahlende 
Jahresbeitrag  ist  für  jeden  »Logenbruder« 
auf  eine  Mark  festgesetzt.  Das  silberne 
Abzeichen  mit  (grün-rotem)  »Ordensband« 
wird  für  3  M.  verabreicht.  Beides  wird 
»nachgenommen«,  wenn  es  nicht  »vorher 
eingesandt«  wird.  Als  Zweck  wird  ange- 
gel^n:  »Unterstützung  der  wirtschaftlich 
Schwachen,  Hebung  sinkender  Existenzen, 
Hilfeleistung  in  Notlagen  und  bei  Sterbe- 
fällen, Veranstaltung  von  Festlichkeiten 
zu  wohlthätigen  Zwecken,  Errichtung  von 
Logenhäusem  und  Altersheimstätten,  Er- 
teilung von  Auskünften  über  Kredit- 
verhältnisse, Eechtssachen  in  Wissenschaft- 
lidien  und  andern  Fragen.«  »Politik  ist 
ausgeschlossen.«  Die  Grossloge  befindet 
sich  in  Berlin,  die  Hauptlogen  sind  in  den 
Provinzialhauptstädten,  Kesidenz-  und 
Freien  Städten  des  Deutschen  Beichs, 
Zweiglogen  dort,  wo  sich  mindestens  zwölf 
Logenbrüder  zur  Bildung  einer  solchen 
zusammenthun.  Die  Zweiglogen  sind  den 
Hauptlogen  und  diese  wiederum  der  Gross- 
loge unterstellt.  Die  Grossmeister  werden 
fti3  zwölf  Jahre,  die  Obermeister  auf  sechs 

Allgemeiiies  Handbuch  der  Freimaurerei. 


Jahre,  die  Meister  auf  drei  Jahre  ernannt. 
Wie  weit  diese  neue,  dem  Freimaurerbund 
nachgebildete,  auf  rein  realistischer  Grund- 
lage ruhende  Gesellschaft  sich  verbreitet 
hat,  ist  nicht  genau  bekannt.  Jeden- 
falls besteht  sie  noch,  ohne  auf  lange 
Dauer  rechnen  zu  können.  Anfang  1898 
ist  die  erste  Grossloge  in  Charlottenburg 
abgehalten  worden.  Die  A.  B.  L.  soll  an 
45  Orten  Deutschlands  vertreten  sein.  Als 
Grossmeister  wurde  der  Buchhändler  O. 
Hemfler  in  Berlin  gewählt.  Dass  sie  viel- 
fach mit  dem  Freimaurerbund  verwechselt 
werden  wird,  ist  leider  wohl  anzunehmen. 
Aus  ihr  sind  die  Beformierten  Johannis- 
Logen  (s.  d.)  hervorgegangen.  [Vgl.  L.  1896, 
S.  131.] 

Bilrgscliaft,  s.  Bürge. 

Bnrgsteinfart  (St.  in  der  preuss.  Prov. 
Westfalen.  5015  E.).  Der  Gründer  der  in 
B.  bestandnen  Loge  Ludwig  zum  flam- 
menden Stern  war  der  als  maurerischer 
Schriftsteller  bekannte  Siegfried  v.  Gou^ 
(s.  d.).  Sie  BcUoss  sich  dem  Eklektischen 
Bunde  an  und  wurde  22.  Nov.  1785  von 
Wetzlar  gegründet.  Schon  1789  scheint 
sie  wieder  entschlafen  zu  sein.  [Vgl.  Kloss, 
Annalen  der  Loge  zur  Einigkeit,  S.  199. 
A.  1857,  S.  335.] 

Bnrian,  Joseph  Julius,  Arzt,  geb. 
24.  Okt.  1828  in  Suczawa  in  der  Bukowina^ 
gest.  1891,  widmete  sich  in  Wien  dem 
Kechtsstudium,  trieb  dabei  noch  Natur- 
wissenschaften und  Medizin.  1848  beim 
Ausbruch  der  Revolution  wurde  er  Führer 
der  Studentenliga.  Am  31.  Okt.  wurde  er 
im  Strassenkampf  in  Wien  schwer  ver- 
wundet, floh  1849  aus  Österreich  und  ging 
1852  nach